Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Hofer-Zeni, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH i.L., *****, vertreten durch Gloss Pucher Leitner Schweinzer Burger Gloss, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 26. Juli 2010, GZ 47 R 20/10d-28, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 9. Juli 2009, GZ 11 C 2/08w-22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.751,04 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 291,84 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin wurde mit Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Dezember 2005 verpflichtet, der beklagten Partei für erbrachte Werkleistungen 35.800,59 EUR sA und Kostenersatz zu leisten.
Die Klägerin begehrt das Urteil, dieser Anspruch der beklagten Partei, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, sei erloschen. Dabei bezieht sie sich auf eine am 23. Jänner 2008 abgegebene Aufrechnungserklärung wegen - nicht näher aufgeschlüsselter - behaupteter Gewährleistungsansprüche und Ansprüche auf Ersatz für Mängelfolgeschäden. Die beklagte Partei habe die Werkleistung mangelhaft erbracht. Das sei der Klägerin erst nach Schluss der Verhandlung im Titelverfahren bekannt geworden.
Die beklagte Partei wendet ua ein, dass die Baustelle der Klägerin am 12. August 2002 mängelfrei übergeben worden sei. Die Klägerin habe die vertraglich vereinbarte Rügepflicht nicht eingehalten und die behaupteten Mängel nicht innerhalb der Gewährleistungsfrist (zuzüglich der bei rechtzeitiger Erhebung der Mängelrüge vereinbarten einjährigen Nachfrist) geltend gemacht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es ging davon aus, dass die Klägerin das Vorbringen der beklagten Partei zum Übergabezeitpunkt und zum Bestehen einer Rügepflicht nicht substantiiert bestritten habe. Selbst wenn die von der beklagten Partei erbrachten Leistungen nicht mängelfrei gewesen sein sollten und die Klägerin diesen Umstand erst im Jahre 2006 entdeckt haben sollte, wäre für sie nichts zu gewinnen, weil eine rechtzeitige Rüge im Verfahren nicht behauptet worden sei und aufgrund der im Oppositionsverfahren geltenden Eventualmaxime auch nicht mehr nachgetragen werden könne.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil Rechtsprechung fehle, ob die notwendige Rüge bereits im Oppositionsverfahren konkret behauptet werden müsse oder später nachgetragen werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Berufungsurteil erhobene Revision der Klägerin ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig:
1. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Oppositionsklägerin das Vorbringen der beklagten Partei hinsichtlich der vertraglich vereinbarten Rügepflicht schlüssig als richtig zugestanden habe. Diese auf den Umständen des Einzelfalls beruhende Beurteilung des Berufungsgerichts (RIS-Justiz RS0039927 [T9-T11]) ist zumindest vertretbar: Die beklagte Partei hat in erster Instanz ein umfangreiches Vorbringen über die mängelfreie Übergabe der Baustelle und darüber (S 8 in ON 5) erstattet, dass eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und eine Rügepflicht vereinbart worden sei und dass eine entsprechende Rüge nicht erfolgte. Die Oppositionsklägerin bestritt das Vorbringen der beklagten Partei in diesem Schriftsatz ganz generell („KV bestreitet“), ohne auch nur ansatzweise ein Vorbringen darüber zu erstatten, wann sie die nun behaupteten Mängel der beklagten Partei gegenüber rügte. Unter diesen Umständen kann in der Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das entsprechende Vorbringen der beklagten Partei schlüssig zugestanden, jedenfalls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung erkannt werden.
2. Die nun in der Revision gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, die erkennbar darin liegen soll, dass das Berufungsgericht die Oppositionsklägerin zur Erstattung eines ergänzenden Vorbringens dahin anleiten hätte müssen, ob das Vorbringen der beklagten Partei in Ansehung der Rüge tatsächlich zugestanden worden sei und ihr Gelegenheit hätte geben müssen, Behauptungen zur Erstattung der rechtzeitigen Mängelrüge aufzustellen, liegt schon deshalb nicht vor, weil es die Klägerin auch in ihrer Revision verabsäumt, darzulegen, welches konkrete Vorbringen sie bei einer entsprechenden Anleitung des Berufungsgerichts erstattet hätte. Damit fehlt dem gerügten Verfahrensmangel aber bereits die Relevanz.
3. Daraus folgt, dass sich die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob die im Oppositionsverfahren geltende Eventualmaxime es erfordert, dass die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge bereits in der Klage selbst behauptet werden muss, damit eine Aufrechnungserklärung wegen eines Schadenersatzanspruchs für Mangelfolgeschäden wirksam als Oppositionsgrund geltend gemacht werden kann, nicht stellt: Die Klägerin hat im konkreten Anlassfall auch bis zum Schluss der Verhandlung im Oppositionsprozess kein entsprechendes Vorbringen erstattet.
4. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die verspätete Mängelrüge auch zum Verlust des Anspruchs auf Ersatz von Mangelfolgeschäden führe, zieht die Revision nicht in Zweifel.
Die demnach unzulässige Revision ist daher zurückzuweisen.
5. Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO: Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
Schlagworte
5 Exekutionssachen,Textnummer
E95663European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00197.10G.1111.000Im RIS seit
13.12.2010Zuletzt aktualisiert am
13.12.2010