TE OGH 2010/11/11 3Ob132/10y

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Veröffentlicht am 11.11.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Neumayr, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei M*****GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Ruggenthaler Rechtsanwälte KG in Wien, wider die verpflichtete Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. Mai 2010, GZ 46 R 630/09a-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 23. November 2009, GZ 68 E 4746/09i-4, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der verpflichteten Partei wurde aufgrund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 11. Jänner 2009, AZ 18 Cg 169/08d, geboten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen bei der Werbung mit Leser- und/oder Reichweitenzahlen unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Media-Analyse - insbesondere der Media-Analyse 07/08 - für die Tageszeitung „Ö*****“

„a) eine bestimmte Position, insbesondere eine Spitzenstellung oder Zweitplatzierung auf dem Zeitungsmarkt nach bestimmten Media-Analyse-Kriterien, -Differenzierungen oder -Wertungen zu behaupten und/oder graphisch darzustellen, welche im Rahmen der Media-Analyse tatsächlich weder vorgenommen noch veröffentlicht werden, insbesondere …;

b) zwecks direkter Erfolgsvergleiche mit den Konkurrenztiteln, Graphiken und Diagramme zu verwenden, bzw zu veröffentlichen, in welchen trotz erwarteter Vollständigkeit wichtigste Teilnehmermedien ohne sachliche Rechtfertigung durch entsprechende Differenzierung der zitierten Erhebung und/oder ohne inhaltlich und gestalterisch hinreichende Aufklärung über allenfalls sachgerechte Gründe nicht mit ihrer entsprechenden Media-Analyse-Position dargestellt werden, insbesondere ...“

Die betreibende Partei beantragte die Bewilligung der Exekution mit dem wesentlichen Vorbringen, die verpflichtete Partei habe am 11. Juni 2009 gegen Pkt b) der einstweiligen Verfügung verstoßen, indem sie auf S 20 der Sonderbeilage der von ihr herausgegebenen Tageszeitung eine Grafik veröffentlicht, in der die Anzahl der Leser wesentlicher am Markt befindlicher Tageszeitungen pro Woche und pro Tag mittels Balken grafisch dargestellt würden. Die von der verpflichteten Partei herausgegebene Tageszeitung scheine in dieser Graphik jeweils an erster Stelle auf. Obwohl sich der durchschnittliche Leser erwarte, dass sämtliche am Markt befindlichen wesentlichen Tageszeitungen dargestellt werden, sei die „Kronen-Zeitung“ nicht in der Graphik enthalten. Stattdessen finde sich neben der Graphik nur der lapidare Hinweis, „ohne Krone“. Für die Eliminierung der „Kronen-Zeitung“ lägen aber keine sachgerechten Gründe vor; solche würden dem Leser auch nicht genannt.

Weiters habe die verpflichtete Partei am 4. Oktober 2009 gegen Pkt a) der einstweiligen Verfügung verstoßen, indem auf Seite 24 und 25 der Ausgabe der von ihr herausgegebenen Tageszeitung unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Media-Analyse die Behauptung aufgestellt worden sei, ihre Zeitung sei die „Nummer zwei der überregionalen Tageszeitungen“. Dadurch werde der unrichtige Eindruck erweckt, die Media-Analyse würde eine Kategorie „überregionale Tageszeitungen“ enthalten bzw diese erheben und sei die von der Verpflichteten aufgelegte Tageszeitung in dieser Kategorie an zweiter Stelle. Dies treffe nicht zu.

Das Erstgericht bewilligte - nach Einholung einer Äußerung der verpflichteten Partei zu den Strafzumessungsgründen gemäß § 358 Abs 2 EO - wegen der Verstöße vom 11. Juni und 4. Oktober 2009 die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte eine Geldstrafe von insgesamt 5.000 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei nicht Folge, jenem der betreibenden Partei aber teilweise Folge und erhöhte die über die verpflichtete Partei verhängte Geldstrafe auf 20.000 EUR. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand bei jedem einzelnen Verstoß mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

1. Die Auslegung des Exekutionstitels im Einzelfall bzw die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten der verpflichteten Partei vom Exekutionstitel erfasst wird, geht über den konkreten Anlassfall nicht hinaus (RIS-Justiz RS0004662). Eine über ein außerordentliches Rechtsmittel wahrnehmbare Fehlbeurteilung zeigt die verpflichtete Partei nicht auf. Sie setzt sich über die sich aus Pkt b) des Titels ergebende Notwendigkeit hinweg, (inhaltlich und gestalterisch) hinreichende Aufklärung zu geben bzw sachgerechte Gründe dafür zu nennen, warum in einer Grafik ein Mitbewerber nicht entsprechend seiner Media-Analyse-Position dargestellt wird.

In Ansehung des Verstoßes in der Ausgabe vom 4. Oktober 2009 legt die Revisionsrekurswerberin ihrer Argumentation neuerlich die unzutreffende Annahme zu Grunde, in der Media-Analyse werde das Kriterium „überregionale Tageszeitung“ verwendet. Ohne dieses Kriterium liegt die verpflichtete Partei nach der vorgelegten Media-Analyse im Vergleich zu Mitbewerbern aber lediglich an dritter und nicht - wie behauptet - an zweiter Stelle. Zudem scheint die „Kronen-Zeitung“ wiederum nicht mit ihrer der Media-Analyse entsprechenden Position auf, ohne dass dem Leser hiefür sachliche Gründe genannt werden.

2. Die Vorinstanzen haben die Leistungsfähigkeiten der verpflichteten Partei als notorisch iSd § 269 ZPO iVm § 78 EO angesehen. Die Anwendung des § 269 ZPO in der Unterlassungsexekution ist zulässig (3 Ob 100/08i). Der verpflichteten Partei wurde gemäß § 358 Abs 2 EO bereits in erster Instanz die Möglichkeit zur Äußerung zu den Strafzumessungsgründen eingeräumt, insbesondere zu der von der betreibenden Partei im Exekutionsantrag behaupteten hohen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Dazu gab sie keine Äußerung ab; sie hat auch nicht behauptet, dass zwischenzeitig Änderungen der für die Strafbemessung wesentlichen Umstände eingetreten wären.

Fragen der Strafbemessung bilden im Hinblick auf deren Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen (stRsp RIS-Justiz RS0012388). Die Strafhöhe ist von der Anzahl der Verstöße beeinflusst; ein mehrfaches Zuwiderhandeln ist bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0013516 [T2]; RS0030819). Nur in diesem Sinn sind die Ausführungen des Rekursgerichts zur Strafhöhe zu verstehen. In Anbetracht des zweifachen Verstoßes gegen den Exekutionstitel ist eine dem Rekursgericht unterlaufene korrekturbedürftige Fehlbeurteilung nicht erkennbar. Ein Verstoß gegen das Absorptionsprinzip, nach dem für den Fall der Behauptung mehrere Verstöße pro Antrag nur eine Höchststrafe von 100.000 EUR verhängt werden darf (§ 359 Abs 1 EO), liegt nicht vor.

Schlagworte

5 Exekutionssachen,

Textnummer

E95594

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00132.10Y.1111.000

Im RIS seit

01.12.2010

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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