Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer sowie den Hofrat Hon-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und den Hofrat Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Rudolf G*****, vertreten durch Herbst Vavrovsky Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, wegen 111.285,79 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. April 2010, GZ 5 R 30/10h-91, womit unter anderem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 11. Dezember 2009, GZ 41 Cg 99/07b-85, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Das Ersturteil wird in der Hauptsache mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass es durch den Ausspruch ergänzt und im Kostenpunkt abgeändert wird wie folgt:
„Die Einreden der Streitanhängigkeit und der Rechtskraft werden verworfen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.332,94 EUR (darin 8,80 EUR Barauslagen und 1.720,69 EUR USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 3.005,16 EUR (darin 500,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.164,14 EUR (darin 360,69 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit seiner am 5. April 2007 beim Landesgericht Eisenstadt eingebrachten Klage (die Rechtssache wurde am 27. September 2007 dem Handelsgericht Wien gemäß § 31a JN übertragen) begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von 166.571,91 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. April 2007 mit folgender wesentlicher Begründung:
Die beklagte Bank habe sich im ersten Quartal des Jahres 2000 entschlossen, einen eigenen Fonds, den sogenannten Double Value Fund aufzulegen. In einem zur Kundenwerbung aufgelegten mehrseitigen Prospekt sei dem Kunden vermittelt worden, dass es sich um einen konservativ veranlagenden und wertstabilen Fonds handle, weil er nur in Aktien von bekannten Unternehmen (VW, Coca Cola ua) investiere, bei denen der Börsewert im tatsächlichen Unternehmenswert seine Deckung finde. Langfristig hätte sich ein Kauf solcher „Blue Chips“ immer als gewinnbringend herausgestellt. Intern sei ein Mitarbeiter mit dem Management für diesen Fonds beauftragt worden. In einer schriftlichen Präsentation sei der Unterschied zwischen dem „Value-Ansatz“ (Aktien stabiler Unternehmen mit hohem Substanz- und Ertragswert) und dem „Growth-Ansatz“ (geringer Substanz- und Ertragswert) dargestellt worden. Bereits rund ein Jahr nach seiner Anstellung habe die beklagte Partei festgestellt, dass der Mitarbeiter in einer größeren Anzahl von Fällen gegen die internen Richtlinien verstoßen und ohne schriftliche Kundenaufträge über Kundenkonten Wertpapieran- und -verkäufe durchgeführt habe. Dennoch sei nach erfolgter Innenrevision nicht entsprechend reagiert und der Mitarbeiter bis zur daraufhin vereinbarten Beendigung seines Dienstverhältnisses nicht überwacht worden; er habe daher weitere Wertpapiertransaktionen durchgeführt. Er (der Kläger) habe 29.850 Stück Anteile aus diesem Fonds erworben. Der aus dieser Investition erwachsene Schaden sei Gegenstand des Verfahrens 4 Cg 8/04g des Landesgerichts Eisenstadt. Darüber hinaus habe dieser Mitarbeiter aber ohne Wissen und Willen des Klägers auf dessen Verrechnungskonto auf Kredit in den Jahren 2000 und 2001 weitere Anteile, insgesamt 36.150, erworben. Er habe davon keine Kenntnis gehabt und die Käufe auch nicht nachträglich genehmigt. Der Kläger habe zu 43 Cg 89/03s des Handelsgerichts Wien die Rückabwicklung klageweise, aber vergeblich, geltend gemacht. In diesem Verfahren sei unrichtigerweise von einer Genehmigung durch den Kläger ausgegangen worden. Die beklagte Bank habe somit entgegen der Ankündigung bei Auflage und Vertrieb des Fonds ihre Anlagestrategie krass vereinbarungswidrig umgestellt (durch Umschichtung des Fondsportefeuilles von wertstabilen Value-Aktien auf hochspekulative Growth-Aktien) und dies trotz ausdrücklichen Hinweises eines im Frühjahr 2001 beigezogenen externen Beraters, dass die verfolgte Anlagestrategie nicht jener entspreche, die den Anlegern zugesichert worden war, beibehalten. Die Anleger, darunter der Kläger, seien davon nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Die beklagte Partei, die für ihren Mitarbeiter gemäß § 1313a ABGB hafte, habe gegen zahlreiche Gesetzesbestimmungen verstoßen. Sie habe dem Grundsatz der Risikostreuung (§ 20 Investmentfondsgesetz) nicht entsprochen; bei der Veranlagung des Vermögens nicht die Interessen des Kunden gemäß § 11 Abs 1 WAG gewahrt; das Management des Fonds entgegen § 13 Z 1 und 4 WAG nicht mit der erforderlichen Sachkenntnis und Sorgfalt durchgeführt; kein geeignetes Kontrollsystem installiert (§ 16 Z 1 und 3 WAG); es darüber hinaus unterlassen, ihre Kunden von der „krassen Änderung“ der Investitionsstrategie zu informieren, und ihnen das dadurch entstandene hoch spekulative Risiko nicht dargestellt. Weiters habe sie gegen die Sorgfaltspflichten der §§ 39 und 42 BWG verstoßen. Sie habe nicht über die bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken informiert und trotz entdeckter Unregelmäßigkeiten beim genannten Mitarbeiter keine Überprüfungsmaßnahmen ergriffen. Als die beklagte Partei selbst Anfang des Jahres 2003 erkannt habe, dass der Fonds nicht mehr zu retten sei, habe sie ihn aufgegeben und einer Verschmelzung mit dem Fonds „ESPA STOCK GLOBAL“ zugestimmt. Der Kläger habe anstelle der 36.150 Stück Anteile am Double Value Fonds 1.238 Stück am ESPA STOCK GLOBAL erhalten. Ihm stehe nun jener Betrag zu, der sich aus der Differenz des Werts der 36.150 Anteile des Fonds, den sie nach der ursprünglich bedungenen, mittelfristigen Behaltedauer von 7 Jahren aufwiesen, gegenüber dem Durchschnittswert anderer zum Vergleich heranzuziehender Fonds zum gleichen Stichtag ergebe. Es sei von einer jedenfalls erzielbaren Wertsteigerung von 35 % des jeweils eingesetzten Kapitals auszugehen. Von den errechneten Werten sei der Wert der Anteile des Ersatzfonds zum Stichtag 31. März 2007 in Abzug zu bringen.
Die beklagte Partei wendete unter anderem auch die Streitanhängigkeit im Verfahren 4 Cg 8/04g des vormaligen Erstgerichts ein. Als einer von dort 20 Klägern mache der Kläger dort einen Schadenersatzanspruch von 204.520,92 EUR geltend. Weiters wurde die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache durch das Urteil vom 25. Jänner 2005 zu AZ 43 Cg 89/03s des nunmehrigen Erstgerichts erhoben. In der Sache machte die beklagte Bank geltend, die vom Kläger geltend gemachten Ersatzansprüche seien jedenfalls nicht von ihr zu vertreten. Sie sei nicht Vertragspartnerin des Klägers gewesen, ebenso wenig ihre Rechtsvorgängerin. Der Anspruch wäre an den Vertragspartner des Klägers, nämlich die Kapitalanlagegesellschaft, zu richten gewesen. Ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung auch der beklagten Partei bestehe nicht.
Der geltend gemachte Anspruch sei auch verjährt. Im Vorverfahren zu 43 Cg 89/03s des Erstgerichts sei bindend festgestellt worden, dass der Kläger mit den Dispositionen des fraglichen Mitarbeiters jedenfalls seit 24. April 2001 nicht mehr einverstanden gewesen sei. Spätestens im Zuge der strafgerichtlichen Verurteilung jenes Mitarbeiters am 16. April 2003 habe der Kläger als Privatbeteiligter umfassende Kenntnis über die klagsgegenständliche Geschäftsgebarung erlangt. Bestritten werde weiters ein Verschulden ihrer Rechtsvorgängerin an den eingetretenen Kursverlusten. Von seinem Standpunkt ausgehend hätte der Kläger sogleich die Geschäftsführung ihrer Rechtsvorgängerin vom Abweichen des Mitarbeiters von den Fondsbestimmungen und dem Verkaufsprospekt verständigen müssen und sich nicht auf Privatgeschäfte mit diesem einlassen dürfen.
Der Kläger erwiderte, im Verfahren 4 Cg 8/04g resultiere der Schadenersatzanspruch von 204.520,92 EUR aus jenen 29.850 Stück Anteilen am Double Value Fund, die er wissentlich und willentlich angeschafft habe. Daher bestehe keine Streitanhängigkeit. Das Klagebegehren sei auch nicht verjährt, weil er bis zur Zustellung des Ersturteils im Verfahren 43 Cg 89/03s des Erstgerichts begründet davon ausgehen habe können, dass die ohne sein Wissen und seine Zustimmung angeschafften 36.150 Anteile am Fonds nicht ihm gehörten. Die Zustellung sei erst am 2. Februar 2005 erfolgt. Vorher habe er nicht Kenntnis davon haben können, dass ihm auch die 36.150 Stück gehören würden und ihn aus dem Wertverlust dieser Anteile ein Schaden treffe. Während der Anhängigkeit jenes Verfahrens wäre es ihm nicht zumutbar gewesen, parallel einen Schadenersatzanspruch aufgrund des Missmanagements auch hinsichtlich dieser 36.150 Stück Anteile geltend zu machen, obwohl er auf dem Standpunkt gestanden sei, zu keinem Zeitpunkt eine Zustimmung zum Ankauf dieser Anteile erteilt zu haben.
Mit dem Urteil im Verfahren 43 Cg 89/03s des Handelsgerichts Wien sei auch nicht rechtskräftig über den vorliegenden Schadenersatzanspruch abgesprochen worden. Dort sei es um den Schaden auf dem Verrechnungskonto des Klägers aufgrund des nicht beauftragten Ankaufs gegangen. Es sollten die Kontobewegungen storniert werden. Erst nach der Entscheidung habe er den Schaden aus dem Wertverfall der ihm zugerechneten 36.150 Stück Fondsanteile geltend machen können.
Mit Beschluss vom 10. Jänner 2008 unterbrach das Erstgericht das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens 20 Cg 51/03h des Handelsgerichts Wien (aufgrund dieses Verfahrens war das Verfahren 4 Cg 8/04g des Landesgerichts Eisenstadt am 31. März 2004 unterbrochen worden).
Am 3. Juli 2008 (ON 12 des erstgerichtlichen Akts) stellte der Kläger einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens wegen rechtskräftiger Erledigung des Prozesses AZ 20 Cg 51/03h durch Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (AZ 1 Ob 43/08t). Im selben Schriftsatz erklärte der Kläger die Klagseinschränkung auf 111.285,79 EUR samt 4 % Stufenzinsen seit 19. April 2000. Dazu brachte der Kläger im Wesentlichen vor:
Zum Zeitpunkt der vom Erstgericht im Verfahren 43 Cg 89/03s angenommenen nachträglichen Genehmigung (Mitte des Jahres 2001) auch der nicht beauftragten Anschaffungen von Fonds-Anteilen habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass die beklagte Partei von der ursprünglich den Anlegern vermittelten und auch zugesicherten risikominimierten Anlagestrategie abgewichen sei. Sie habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung dazu darauf nicht hingewiesen. Sie habe somit für ihre falsche Beratung einzustehen. Grundlage für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch sei somit nunmehr ausdrücklich die sogenannte Beraterhaftung. Es sei sogar davon auszugehen, dass auch die ursprüngliche Beratung durch die beklagte Partei selbst und durch ihren damaligen Mitarbeiter insofern mangelhaft gewesen sei, als keine einzige Aktie als sogenannte Value-Aktie definiert werden könnte. Es befinde sich auch am Ende des Berichtsjahres kein einziger solcher Titel im Fonds. Vom Beginn an habe der Fonds die Prämisse, nur Aktien zu kaufen, die nahe am oder sogar unter dem „fairen Wert“ gehandelt würden, nicht verfolgt. Erst aus dem ihm im Oktober 2005 bekannt gewordenen Gutachten des Sachverständigen in jenem Verfahren habe er Kenntnis davon erlangt, dass die beklagte Partei von Anfang an die seinerzeit für den Erwerb der Fondsanteile entscheidende risikominimierte Anlagestrategie gar nicht verfolgt, sondern geradezu ins Gegenteil verkehrt habe. Von der Strategieänderung sei er durch die beklagte Partei nicht verständigt worden. Die ihm vom Gericht unterstellte nachträgliche Genehmigung des Erwerbs der verfahrensgegenständlichen Anteile habe er nur auf Basis des damaligen Wissensstands geben können. Es sei unzulässig, ihm zu unterstellen, er hätte die Genehmigung auch erteilt, wenn er von der geänderten spekulativen Anlagestrategie gewusst hätte. Für die Verjährung sei das Anfang Oktober 2005 in der Kanzlei der Klagevertreter eingelangte Ergänzungsgutachten relevant. Vorher habe er nicht gewusst, dass bereits die ursprüngliche Beratungstätigkeit fehlerhaft gewesen sei.
Die beklagte Partei hielt mit ihrem vorbereitenden Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 (ON 13) ihre Einwendungen (insbesondere der Rechtskraft, Streitanhängigkeit, fehlenden Passivlegitimation und Verjährung) aufrecht. Im Prozess 4 Cg 8/04g beim vormaligen Erstgericht sei ewiges Ruhen vereinbart worden, die Streitanhängigkeit dauere weiter an. In jenem Prozess sei keine Differenzierung zwischen den ursprünglich angeschafften 29.850 und den später angeschafften 36.150 Anteilen erfolgt. Vielmehr seien die Anteile auf demselben Wertpapierdepotkonto des Klägers untrennbar vermischt worden. Nach dem Urteil im Vorverfahren des Erstgerichts zu 43 Cg 89/03s habe der Kläger sämtliche Wertpapiergeschäfte des Mitarbeiters der beklagten Partei nachträglich genehmigt; jener habe diese Geschäfte nicht im Namen ihrer Rechtsvorgängerin, sondern als Eigenschäfte mit dem Kläger vorgenommen.
Dazu replizierte der Kläger (Schriftsatz vom 20. November 2008, ON 75; nach der Aktenlage existieren die ON 14 bis 73 nicht):
Im rechtskräftig gewordenen Urteil im Vorverfahren 43 Cg 89/03s habe das Erstgericht, von der zweiten Instanz gebilligt, festgestellt, dass die in jenem Verfahren „vorgebrachten und festgestellten“ 36.150 Anteile des Fonds (angeschafft in den Jahren 2000 und 2001) nicht mit den anderen 29.850 Stück identisch seien. Diese von der beklagten Partei in jenem Verfahren nicht bestrittenen Feststellungen entfalteten auch Bindung für das vorliegende Verfahren. Im Verfahren 4 Cg 8/04g des früheren Erstgerichts sei Schadenersatz aufgrund von Managementfehlern begehrt worden, weil die beklagte Bank die den Klägern schriftlich und mündlich dargestellte risikominimierte Value-Strategie des Fonds vereinbarungswidrig in eine gerade gegenteilige hoch spekulative Wachstumsstrategie verkehrt habe. Nunmehr werde ein krasser Beratungsfehler der beklagten Partei deshalb geltend gemacht, weil sie ihm nicht mitgeteilt habe, dass der Fonds zumindest ab dem 4. Quartal 2000 nicht mehr nach der vereinbarten Strategie gemanagt worden sei. Für die Frage der Verjährung sei nicht mehr länger darauf Bedacht zu nehmen, wann eine Änderung der Anlagestrategie erfolgt und damit verbunden der Primärschaden eingetreten sei. Die Verjährungsfrist habe frühestens Anfang Oktober 2005 zu laufen begonnen. Vor dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 27. September 2005 im Vorverfahren 20 Cg 51/03h des Handelsgerichts Wien habe der Kläger keinerlei Kenntnis davon gehabt, dass schon die ursprüngliche Beratungstätigkeit der beklagen Partei falsch gewesen sei.
Infolge der Entscheidung im Verfahren 43 Cg 89/03s des Handelsgerichts Wien liege auch keine entschiedene Rechtssache vor. Dort sei „zu keinem Zeitpunkt die unterbliebene und daher falsche Beratung“ Gegenstand des Verfahrens gewesen.
Nach dem Vermerk auf dem Schriftsatz ON 12 hatte die klagende Partei diesen den Vertretern der beklagten Partei direkt zugestellt.
Mit Beschluss vom 4. Juli 2008 beraumte das Erstgericht für den 22. Oktober 2008 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an und lud dazu die Vertreter der Parteien ohne Bekanntgabe eines Verhandlungsgegenstands.
Nach Verlesung insbesondere auch des Fortsetzungsantrags samt Klagseinschränkung schränkte der Kläger zu Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. Oktober 2008 (ON 74) das Klagebegehren ein wie in ON 12. In der Folge sprach sich die beklagte Partei in der Tagsatzung vom 24. Dezember 2008 (ON 76) gegen eine Klageänderung aus, soweit ON 12 eine solche darstellen würde. Die Sache sei bereits spruchreif, weil das geänderte Begehren jedenfalls verjährt sei. In der Tagsatzung vom 28. April 2009 trugen die Parteien keinen neuen Sachverhalt vor.
Das Erstgericht wies mit einem in sein Urteil aufgenommenen Beschluss (Punkt I.) die im Schriftsatz vom 3. Juli 2008 vorgenommene Klageänderung zurück und erklärte die in der mündlichen Streitverhandlung vom 22. Oktober 2008 vorgenommene (identische) Klageänderung für zulässig. Weiters wies es mit Urteil das Klagebegehren ab (Punkt II.).
Zu Punkt I. führte das Erstgericht unter anderem aus, die während Unterbrechung des Verfahrens vorgenommene Klageänderung habe gegenüber der beklagten Partei gemäß § 163 Abs 2 ZPO keine rechtliche Wirkung entfalten können und sei daher erst in der Tagsatzung wirksam geworden.
In der Hauptsache traf das Erstgericht noch folgende Feststellungen:
Der Kläger erwarb insgesamt 66.000 Stück Anteile des von der C***** GmbH als Kapitalanlagegesellschaft aufgelegten Kapitalanlagefonds D*****. Davon wurden dem Kläger die ersten 29.850 Anteile von der beklagten Partei vermittelt, die übrigen 36.150 Anteile privat von einem Mitarbeiter der beklagten Partei. Die C***** GmbH bediente sich der beklagten Partei für das Fondsmanagement. Dem Kläger wurde D***** von dieser als sichere konservative Anlagestrategie präsentiert. Das inhaltlich gegenteilige Ergänzungsgutachten aus dem Verfahrens zu 20 Cg 51/03h (des Erstgerichts) wurde dem Klagevertreter am 6. Oktober 2005 zugestellt. Mit diesem Zeitpunkt erlangte auch der Kläger Kenntnis vom Inhalt des Gutachtens.
In den Entscheidungsgründen verneinte das Erstgericht Streitanhängigkeit zwischen dem Verfahren 4 Cg 8/04g des vormaligen Erstgerichts und dem vorliegenden, weil in jenem nur die 29.850 Stück Gegenstand des Verfahrens seien. Im Verfahren zu 43 Cg 89/03s des Erstgerichts sei zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden worden, dass der Kläger die Erwerbsvorgänge für die 36.150 Stück Anteile nachträglich genehmigt habe, diese daher in seinem Eigentum stünden. Dabei sei auch über dem Kläger aus dem späteren Fondsmanagement allenfalls zustehende Schadenersatzansprüche entschieden worden. Es sei aber eine fehlerhafte Beratung durch die beklagte Partei nicht Gegenstand jenes Verfahrens gewesen. Demnach liege auch keine entschiedene Rechtssache für die gegenständlichen Ansprüche vor.
Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch sei aber gemäß § 1489 ABGB verjährt. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers zu seiner Klageänderung habe er erst durch die Zustellung des Ergänzungsgutachtens im Verfahren 43 Cg 51/03h des Erstgerichts von der fehlerhaften Beratung durch die beklagte Partei erfahren. Dieses sei ihm am 6. Oktober 2005 zugestellt worden. Daraus ergebe sich, dass ein allfälliger Schadenersatzanspruch selbst nach dem von ihm vorgebrachten, für ihn bestmöglichen Verjährungsbeginn verjährt sei.
Das Gericht zweiter Instanz gab zu Punkt I. seiner Entscheidung mit Beschluss dem Rekurs der beklagten Partei gegen den ins Urteil aufgenommenen Beschluss des Erstgerichts nicht Folge und sprach dazu aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei.
Zu Punkt II. seiner Entscheidung gab es der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass insoweit der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Die beklagte Partei verwies das Gericht zweiter Instanz mit ihrem Kostenrekurs auf seine Entscheidung in der Hauptsache.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts betreffe § 163 Abs 2 ZPO nur die Unterbrechung von prozessualen Fristen, während Fristen des materiellen Rechts unberührt blieben. Die Unterbrechung habe auf die Verjährung materieller Ansprüche dann keinen Einfluss, wenn die Parteien nach Fortfall des Unterbrechungsgrundes unverzüglich die Aufnahme des Verfahrens beantragen. Dann gelte das Verfahren als gehörig fortgesetzt. Eine nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens habe die beklagte Partei nicht behauptet. Die Klageänderung mittels Schriftsatzes sei auch nach Streitanhängigkeit zulässig und unterbreche mit dem Einlangen bei Gericht die Verjährung, sofern der neue Verfahrensgegenstand in der mündlichen Verhandlung nachträglich vorgetragen werde.
Es müsse gemäß § 164 ZPO ein Aufnahmeantrag gestellt werden, der bereits mit der Einbringung gegenüber dem Gericht wirksam werde; der vom Gericht daraufhin zu fassende Fortsetzungsbeschluss müsse aber nicht als solcher bezeichnet werden, er könne auch konkludent erfolgen. Voraussetzung dafür sei, dass der Verfügung des Gerichts der Entscheidungswille entnommen werden könne, das unterbrochene Verfahren wieder aufzunehmen. Nach diesen Erwägungen sei die Klageänderung mit dem Fortsetzungsantrag vom 3. Juli 2008, der auch das klageändernde neue Vorbringen enthielt, wirksam geworden, die Verjährung sei damit unterbrochen. Ausgehend vom Vorbringen des Klägers und der Annahme des Erstgerichts, er habe am 6. Oktober 2005 Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt, sei daher das Klagebegehren nicht verjährt gewesen.
Man könne die Verjährung aber noch nicht abschließend beurteilen, weil doch beide Parteien weitere noch keinem Beweisverfahren unterzogene Ausführungen zu diesem Punkt gemacht hätten. Dem Kläger werde im fortgesetzten Verfahren eine im Gegensatz zu bisher widerspruchsfreie Klarstellung seines Vorbringens zu Kenntnis von Schaden und Schädiger abzuverlangen sein. Die neuerliche Beurteilung der Verjährungsfrage sei aber davon abhängig, ob die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Streitanhängigkeit unberechtigt sei. Entgegen der Ansicht des Klägers ergebe sich das noch nicht aus dem Ersturteil des Verfahrens 43 Cg 89/03s des Erstgerichts. Eine Bindung an die Vorfragenbeurteilung in jenem Verfahren bestehe nicht. Tatsachenfeststellungen seien für sich allein nicht rechtskraftfähig. Es müsse daher die Berechtigung der Einrede der Streitanhängigkeit vom Erstgericht selbständig geprüft werden. Es fehle bisher an Beweisergebnissen dazu, ob die Klage zu 4 Cg 8/04g des Landesgerichts Eisenstadt in diesem Verfahren bereits die vorliegend geltend gemachten Fondsanteile enthalten habe.
Die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache im Bezug auf das Verfahren 43 Cg 89/03s des Erstgerichts sei jedoch nicht berechtigt. Gegenstand dieses Verfahrens sei nicht eine Haftung wegen der nun behaupteten fehlerhaften Beratung gewesen.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil zur Frage, wann klageänderndes Vorbringen in einem Fall wie dem vorliegenden - in dem das Verfahren unterbrochen und dieses neue Vorbringen im Fortsetzungsantrag enthalten ist, mit dem erst die Aufnahme des Verfahrens beantragt wird - wirksam werde, keine Rechtsprechung bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts ist zulässig und auch berechtigt.
1. Die Zulässigkeit des Rekurses ergibt sich schon daraus, dass, wie vom Berufungsgericht richtig dargelegt, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage nicht existiert, ob eine während Unterbrechung des Verfahrens mittels Schriftsatz erfolgte, in der Folge aber mit Beschluss zurückgewiesene Klageänderung die Verjährung unterbricht.
2. Klarzustellen ist zunächst, dass jener Teil der erstgerichtlichen Entscheidung, wonach die Klageänderung im Schriftsatz vom 3. Juli 2008 zurückgewiesen wurde, vom Kläger nicht angefochten wurde. Dies ergibt sich eindeutig aus Punkt II.2. der Berufung, wonach die „ursprüngliche“ Zurückweisung der Klageänderung auf einer unrichtigen Rechtsansicht des Erstgerichts beruhe; dennoch habe aber die Klageänderung die Unterbrechung der Verjährungsfrist bereits zum Zeitpunkt des Einlangens des Schriftsatzes bei Gericht unabhängig von § 163 Abs 2 ZPO bewirkt. Die nachträgliche Zulassung einer Klageänderung in der mündlichen Streitverhandlung wirke auf den Zeitpunkt der Änderung mittels Schriftsatzes zurück. Ungeachtet der Anfechtungserklärung, die auch den in das Urteil aufgenommenen Beschluss umfasst, wurde nämlich ausdrücklich nur Berufung erhoben und auch der Beschluss in den Berufungsanträgen nicht mehr erwähnt. Im Zusammenhalt mit der dargelegten Begründung, der eine Bekämpfung des zurückweisenden Teils des Beschlusses nicht entnommen werden kann und den reinen Berufungsanträgen kann daher im Einklang mit der Ansicht des Berufungsgerichts nur das Urteil des Gerichts erster Instanz als angefochten angesehen werden. Damit erwuchs der zurückweisende Teil des Beschlusses des Erstgerichts mit Ablauf der Rechtsmittelfrist in formelle Rechtskraft.
Wie aber noch zu zeigen sein wird, hätte auch eine unterbliebene Zurückweisung der Klageänderung mit dem Schriftsatz am Ergebnis nichts geändert. Soweit sich auch in dritter Instanz die beklagte Partei nochmals - ungeachtet der vollen Bestätigung der Genehmigung der Klageänderung - gegen diese wendet, ist sie mit dem Rekursgericht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zu verweisen.
3. Die beklagte Partei macht im Ergebnis zutreffend geltend, dass die Rechtssache schon im klagsabweisenden Sinn spruchreif ist.
3.1. Klar ist, dass der Kläger auch nach der (rechtskräftig) zugelassenen Klageänderung einen Schadenersatzanspruch geltend macht, der nach § 1489 ABGB in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger verjährt. Die Verjährung wird nach § 1497 ABGB unterbrochen, wenn derjenige, der sich auf Verjährung berufen will, von dem Berechtigten belangt und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Aus § 1497 zweiter Satz ABGB ist abzuleiten, dass erst die rechtskräftige Klagsstattgebung den Unterbrechungsgrund bildet, dann aber auf den Klagszeitpunkt zurückwirkt (Dehn in KBB3 § 1497 Rz 5 mwN). Sieht man von Auslandsklagen ab (vgl dazu 10 Ob 113/07a), bewirkt eine später zurückgewiesene Klage beim unzuständigen Gericht nicht die Unterbrechung der Verjährungsfrist (RIS-Justiz RS0034690). Auch aus der Rechtsprechung zu der Verjährung durch eine nicht formgerechte Klage und nachfolgende Verbesserung (RIS-Justiz RS0034836) ergibt sich, dass - auch unter dem Aspekt der gehörigen Fortsetzung - nur eine formgerechte Klage (falls sie zu einer stattgebenden Entscheidung führt) die Verjährung unterbrechen kann. Mit der Entscheidung des verstärkten Senats zu 7 Ob 707, 708/88 = SZ 62/69, wonach bei Klagsausdehnung mittels Schriftsatzes nach Streitanhängigkeit dessen Einlangen bei Gericht die Verjährung unterbricht und in welcher der Oberste Gerichtshof den materiellrechtlichen Charakter der Unterbrechung der Verjährung hervorhebt, wird klargestellt, dass die Unterbrechungswirkung von den Voraussetzungen des § 235 Abs 2 und 3 ZPO abhängig ist (also von der Einwilligung des Gegners oder der dessen ungeachtet erteilten Zulassung durch das Gericht). Auch dabei handelt es sich um Voraussetzungen des Prozessrechts. Dasselbe gilt für die ebenfalls vom verstärkten Senat in der zitierten Entscheidung verlangte Voraussetzung des späteren Vortrags des Schriftsatzes in der mündlichen Streitverhandlung (RIS-Justiz RS0034759, besonders [T3]). Aus all dem ist abzuleiten, dass nur prozessual zulässige und wirksame Klageänderungen zu einer Unterbrechung der Verjährungsfrist führen können. Damit ist aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch § 163 Abs 2 ZPO zu beachten. Für seine Ansicht, kann sich das Berufungsgericht nicht mit Recht auf die Ausführungen von Fink (in Fasching/Konecny, ZPO2 § 163 Rz 4 f) berufen. Dort ist in Wahrheit nur von der Unterbrechung prozessualer Frist nach § 163 Abs 1 ZPO einerseits und von der unverzüglichen Fortsetzung des Verfahrens nach Fortfall des Unterbrechungsgrundes die Rede. Zu Recht verwies dagegen das Erstgericht auf § 163 Abs 2 ZPO, wonach die während der Unterbrechung von einer Partei in Ansehung der anhängigen Streitsache vorgenommenen Prozesshandlungen der anderen Partei gegenüber ohne rechtliche Wirkung sind. Auch nach Fink (aaO Rz 29 mwN) sind Parteihandlungen während der Unterbrechung vom Gericht als unzulässig zurückzuweisen. Nur Parteihandlungen, die lediglich auf Feststellung, Aufrechterhaltung oder Beendigung der Unterbrechung abzielen, wären auch während des Stillstands zulässig (aaO Rz 35 mwN).
Egal in welcher gerichtlichen Handlung man einen allfälligen konkludenten Fortsetzungsbeschluss des Erstgerichts sehen will, kann dieser nicht vor der Ausschreibung der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 4. Juli 2008 erfolgt sein. Damit langte aber der Schriftsatz mit der Klageänderung (von der hier jedenfalls unstrittigerweise auszugehen ist) noch während der Unterbrechung des Verfahrens beim Erstgericht ein. Soweit mit dem Schriftsatz die Fortsetzung des Verfahrens beantragt wurde, war er zweifellos zulässig, in seinem klageändernden Teil dagegen unzulässig.
3.2. Daraus folgt aber im Sinne der obigen Ausführungen, dass ein derart unzulässiger und daher mit Recht vom Erstgericht zurückgewiesener Schriftsatz-(teil) nicht einer Klage iSd § 1497 ABGB gleichgehalten werden kann. Da auch kein weiterer Schriftsatz des Klägers eingebracht wurde, ehe (nach Ansicht des Erstgerichts) in der mündlichen Streitverhandlung vom 22. Oktober 2008 eine wirksame Klageänderung durchgeführt wurde, kommt richtigerweise auch für eine Unterbrechung der Verjährungsfrist kein früherer Termin als der eben genannte in Betracht.
4. Entgegen der Ansicht der zweiten Instanz kann daher dem Schriftsatz mit der Klageänderung eine Unterbrechungswirkung nach ABGB nicht zugebilligt werden. Eine wirksame Unterbrechung der Verjährungsfrist für das zuletzt allein anhängige Begehren auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Beratung konnte damit erst am 22. Oktober 2008 erfolgt sein. Nach den eigenen Behauptungen des Klägers wusste er aber seit Zustellung eines Ergänzungsgutachtens in einem Vorverfahren, nach der Feststellung des Erstgerichts am 6. Oktober 2005, auch persönlich vom Inhalt dieses Gutachtens und damit von der angeblich unrichtigen Beratung durch die beklagte Bank. Damit waren ihm aber neben der Person des Schädigers die Umstände bekannt, auf die er seinen Verschuldensvorwurf stützt. Demnach ist aber der Einwand der Verjährung berechtigt.
5. Soweit die beklagte Partei weiters geltend macht, mangels entsprechenden formellen Beschlusses des Erstgerichts über die Fortsetzung des Verfahrens seien alle bisherigen Verfahrensschritte nichtig, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass sie daraus insofern keine Konsequenzen zieht, als sie ja nicht die ersatzlose Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen zum Zwecke der Fassung eines Fortsetzungsbeschlusses fordert, vielmehr sogar in erster Linie die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt. Zwar trifft es zu, dass nach den §§ 165, 166 ZPO die Wiederaufnahme bzw Fortsetzung des Verfahrens mit einem ausdrücklichen Beschluss vorgesehen ist. Nach einhelliger Rechtsprechung kann aber in den Fällen der Verfahrensunterbrechung gemäß §§ 187 ff ZPO (wie im vorliegenden Fall) im Hinblick auf die Rechtsmittelbeschränkung des § 192 Abs 2 ZPO ein nicht ausdrücklich die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens anordnender Beschluss als Aufnahmebeschluss iSd § 165 Abs 2 ZPO gewertet werden, wenn der Entscheidungswille des Gerichts, das unterbrochene Verfahren aufzunehmen, deutlich erkennbar ist (RIS-Justiz RS0036654). Auch wenn der beklagten Partei durchaus einzuräumen ist, dass aus der Anordnung einer Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung ohne nähere Angaben ein solcher Fortsetzungswille noch nicht sicher ableitbar ist (wofür aber die Ausfertigung der richterlichen Ladung durch eine Kanzleikraft ohne Bedeutung ist), war der Fortsetzungswille spätestens in der Tagsatzung vom 22. Oktober 2008 nicht mehr zu übersehen, wurde darin doch nicht nur über die Fortsetzung, sondern sehr wohl in der Sache verhandelt. Weiters wurde auch in der Sache durch Verlesung von Urkunden Beweis aufgenommen. Da somit auch spätestens in der Tagsatzung vom 22. Oktober 2008 neben der schon erörterten Klageänderung auch das Verfahren iSd § 190 Abs 3 ZPO wiederaufgenommen wurde, ist auch nicht weiter zu prüfen, was rechtens wäre, wäre die Fortsetzung des Verfahrens erst nach dem Vortrag der Klageänderung in der mündlichen Streitverhandlung wirksam geworden.
6. Nicht gefolgt werden kann schließlich dem Gericht zweiter Instanz, wenn es vermeint, die Rechtssache zur Prüfung einer dem Ersturteil möglicherweise anhaftenden Nichtigkeit an die erste Instanz zurückverweisen zu können. Zwar kommt die beklagte Partei wie auch der Kläger in dritter Instanz auf ihre Einrede der Streitanhängigkeit nicht mehr zurück. Das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit ist aber nach § 230 Abs 3 ZPO in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu berücksichtigen. Nichtigkeiten sind im Rechtsmittelverfahren zu klären; der Berufungssenat hat nach § 473 Abs 2 ZPO die erforderlichen Erhebungen selbst durchzuführen oder durch einen beauftragten Richter oder das Prozessgericht erster Instanz durchführen zu lassen. Das Berufungsgericht darf nicht die Sachentscheidung des Erstrichters zwecks weiterer Prüfung einer möglichen Nichtigkeit aufheben und dem Erstgericht - das möglicherweise unheilbar unzuständig ist - eine Ergänzung eben dieses von der Nichtigkeit bedrohenden Verfahrens auftragen (RIS Justiz RS0041831).
Im vorliegenden Fall bedarf es aber keiner weiteren Erhebungen, weil sich aus dem ohnehin vom Erstgericht in seinem Urteil verwerteten Akt 4 Cg 8/04g des Landesgerichts Eisenstadt - das Verfahren wurde ohne weiterer Erörterungen unterbrochen und ist es nach wie vor - der Inhalt der Klage ohnehin ergibt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts kann daraus aber nicht abgeleitet werden, es sei bei dem vom Kläger (als einem von zwanzig Klägern) erhobenen Anspruch gerade um die auch hier gegenständlichen Fondsanteile gegangen. Es fehlt jegliche Angabe sowohl über das Kaufdatum als auch über die Anzahl der erworbenen Anteile. Dass zu dem angegebenen Kaufpreis von 303.411,15 EUR (auch) die 35.150 hier nach der Klageänderung den Gegenstand des Verfahrens bildenden Fondsanteile angeschafft worden wären, ergibt sich aus der Klage und dem ergänzenden mündlichen Vorbringen nicht. Eine Klarstellung könnte allenfalls nach Fortsetzung des Verfahrens erfolgen; dieses ungewisse Ereignis kann jedoch nicht abgewartet werden. Auf die bloßen Behauptungen des Klägers im vorliegenden Verfahren kann es nicht ankommen, da diese im Vorbringen des Vorprozesses keinen Niederschlag fanden. Daraus folgt aber für die zu treffende Entscheidung, dass eine Streitanhängigkeit schon mangels der Feststellbarkeit des Umstands, dass im angeführten Verfahren derselbe Anspruch wie im vorliegenden geltend gemacht wurde, zu verneinen ist. Ungeachtet der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der Prozessvoraussetzungen und der für ihre Feststellung erforderlichen Tatsachen trifft jene Partei, die eine für sie günstige Sachentscheidung will, die objektive Beweislast für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen (9 ObA 95/02i; 8 ObA 47/04a). Entsprechend geht die Nichtfeststellbarkeit der ein Prozesshindernis begründenden Tatsachen zu Lasten der beklagten Partei.
Über die Einrede der Rechtskraft wegen der rechtskräftig entschiedenen Rechtssache 43 Cg 89/03s des Handelsgerichts Wien hat das Berufungsgericht bereits bindend abgesprochen, weil es durch die Verneinung dieses Prozesshindernisses (wenn auch nur in den Entscheidungsgründen) der Sache nach eine Berufung wegen Nichtigkeit verworfen (und insoweit den schon im Ersturteil enthaltenen Beschluss betätigt) hat. Ein solcher Beschluss ist nicht mehr anfechtbar (RIS Justiz RS0043405 [T9, 10, 21, 23, 37]; RS0042917).
7. Somit erweist sich das Verfahren im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts als spruchreif. Gemäß § 519 Abs 2 ZPO ist daher über den Rekurs durch ein jenes des Erstgerichts wiederherstellendes Urteil zu entscheiden. Das Verbot der reformatio in peius gilt hier nicht (RIS-Justiz RS0043939).
8. Die beklagte Partei wendete sich in ihrem Rekurs auch gegen die Kostenentscheidung des Urteils erster Instanz; insoweit verwies sie das Berufungsgericht auf seinen Aufhebungsbeschluss. In diesem Rechtsmittel machte sie zu Recht geltend, dass die Klageänderung erst zu Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. Oktober 2008 wirksam wurde (wie oben zu 2. dargelegt). Daher ist richtigerweise der niedrigere Streitwert (entgegen dem Regelfall nach § 12 Abs 3 RATG) erst ab diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Daraus folgt ein um 55,20 EUR höherer Ansatz für den Schriftsatz ON 13. Insgesamt erhöhen sich die zu ersetzenden Kosten um 99,36 EUR. Da aber nur eine Erhöhung um 95,44 EUR begehrt wurde, kann der beklagten Partei nicht mehr zugesprochen werden. Damit stehen ihr nach § 11 RATG keine Kosten für den erfolgreichen Kostenrekurs zu (Barauslagen wurden nicht verzeichnet).
9. Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.
Textnummer
E95941European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00137.10H.1111.000Im RIS seit
13.01.2011Zuletzt aktualisiert am
11.05.2011