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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §14 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der S H in V, vertreten durch Dr. Karl Wagner, Rechtsanwalt in 4780 Schärding, Unterer Stadtplatz 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 2. März 2000, GZ RV- 204.97/1-6/1997, betreffend Umsatzsteuer 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Ärztin. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ihre Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1994 als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beschwerdeführerin habe gegenüber dem Finanzamt erklärt, ab 1992 Vorsteuern nach der zu § 14 Abs. 1 UStG 1972 (in der Fassung vor dem SteuerreformG 1993, BGBl. 818/1993) ergangenen Verordnung mit einem Durchschnittssatz von 1,4% des Umsatzes zu ermitteln. Auch in der Umsatzsteuererklärung 1994 seien die Vorsteuern auf diese Weise ermittelt worden. Der erklärungsgemäß ergangene Umsatzsteuerbescheid 1994 sei rechtskräftig geworden.
Im Zuge einer 1997 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung sei hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin Sonderklassegebühren nicht zur Gänze, sondern um die vom Krankenhaus einbehaltenen Kostenbeiträge gekürzt erklärt habe. Das Finanzamt habe das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1994 wieder aufgenommen und im geänderten Umsatzsteuerbescheid die Sonderklassegebühren zur Gänze als Umsatz angesetzt sowie die pauschal geltend gemachten Vorsteuern entsprechend erhöht.
In der Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, sie habe zwar im Jahr 1992 die Pauschalierung der Vorsteuer gemäß § 14 UStG 1972 beantragt. Nach Verlegung ihres Arbeitsplatzes in das Landeskrankenhaus V sei ihr aber durch die Inanspruchnahme der Vorsteuerpauschalierung ein extrem großer Nachteil erwachsen. Das Gesetz würde in § 14 Abs. 3 UStG 1972 normieren, dass die Inanspruchnahme der Verordnung keinen wesentlichen Unterschied in den Vorsteuerbeträgen herbeiführe. Sie habe im Jahre 1993 nicht die Möglichkeit gehabt, die Vorsteuerermittlung zu wechseln, weil sie nach der anzuwendenden Verordnung für mindestens zwei Jahre gebunden gewesen sei. Das SteuerreformG 1993 habe ab 1994 eine zusätzliche Form der Pauschalierung eingeführt, bei welcher auch Sonderklassegebühren von Ärzten als Fremdlöhne berücksichtigt würden. Es müsse für die Beschwerdeführerin möglich sein, im nunmehr wieder aufgenommenen Verfahren auf diese zweite Form der Pauschalierung zu wechseln.
Die belangte Behörde könne der Berufung keine Folge geben. Nach § 14 Abs. 4 UStG 1972 binde die Erklärung, die Vorsteuern nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, den Unternehmer für mindestens zwei Jahre. Die Erklärung könne nur innerhalb der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum eines Kalenderjahres mit Wirkung ab Beginn dieses Kalenderjahres widerrufen werden. Die Beschwerdeführerin hätte den Widerruf daher im Jahr 1994 erklären müssen. Im Beschwerdefall sei eine Gleichheitswidrigkeit bzw Verletzung im Eigentumsrecht durch die Anwendung der Verordnung nicht auszumachen. Mit Wirksamkeit ab 1994 sei § 14 Abs. 1 UStG 1972 durch das SteuerreformG 1993 dahingehend geändert worden, dass Unternehmer die Vorsteuern entweder nach Z. 1 leg. cit. mit einem Durchschnittssatz von 1,8% der Umsätze zuzüglich bestimmter weiterer Vorsteuern oder nach Z. 2 leg. cit. mit den in der Verordnung festgelegten Durchschnittssätzen ermitteln könne. Nach dem SteuerreformG 1993 könne der Unternehmer, der ab 1993 die Vorsteuerbeträge nach der Verordnung ermittle, der also (wegen der Zweijahresbindung) sonst noch für das Jahr 1994 an seine Erklärung gebunden wäre, im Jahr 1994 auf die Ermittlung der Vorsteuerbeträge nach der Gesetzespauschalierung des § 14 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 übergehen. Auf die Beschwerdeführerin würden diese Voraussetzungen aber nicht zutreffen, weil sie nicht erst ab 1993 die Vorsteuern pauschal nach der Verordnung ermittelt habe und somit im Jahr 1994 gar nicht mehr an die Erklärung gebunden gewesen wäre.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 19. Juni 2000, B 772/00, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt die Beschwerdeführerin vor, bei rechtsrichtiger Anwendung des § 14 Abs. 1, 3 und 4 UStG 1972 sowie der Verordnung BGBl. 628/1983 hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die Vorsteuern nicht nach Durchschnittssätzen, sondern nach tatsächlich nachgewiesenen Vorsteuern zu berechnen gewesen bzw. Vorsteuern für Fremdlöhne zu gewähren gewesen wären.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Artikel VIII des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993,
lautet auszugsweise:
"Das Umsatzsteuergesetz 1972, zuletzt geändert durch
BGBl. Nr. 530/1993, wird wie folgt geändert:
...
4. § 14 Abs. 1 lautet:
(1) Unternehmer können die abziehbaren Vorsteuerbeträge wahlweise nach folgenden Durchschnittssätzen ermitteln:
1. Unternehmer, bei denen die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 für die Ermittlung der Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz vorliegen, können die abziehbaren Vorsteuerbeträge mit einem Durchschnittssatz von 1,8% des Gesamtumsatzes aus Tätigkeiten im Sinne des § 22 und § 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 mit Ausnahme der Umsätze aus Hilfsgeschäften berechnen. Eine Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge mit dem Durchschnittssatz ist gesondert für jeden Betrieb möglich. Mit diesem Durchschnittssatz werden sämtliche Vorsteuern abgegolten, ausgenommen
a) Vorsteuerbeträge für Lieferungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen und deren Anschaffungskosten 15 000 S übersteigen. Diese Ausnahme gilt sinngemäß für die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren, die diesen Lieferungen entsprechen;
b) Vorsteuerbeträge für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Herstellungskosten 15 000 S übersteigen;
c) Vorsteuerbeträge für Lieferungen von Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten (Umlaufvermögen) sowie Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand bilden. Diese Ausnahme gilt sinngemäß für die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren, die diesen Lieferungen entsprechen.
Diese Vorsteuerbeträge sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 zusätzlich abziehbar.
2. Der Bundesminister für Finanzen kann weiters mit Verordnung für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge Durchschnittssätze für Gruppen von Unternehmern aufstellen. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Unternehmern festzusetzen.''
5.
...
6.
§ 14 Abs. 3 lautet:
„(3) Die Durchschnittssätze gemäß Abs. 1 Z 2 müssen zu einer Vorsteuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich ohne Anwendung der Durchschnittssätze ergeben würde.''
7. § 14 Abs. 4 lautet:
„(4) Unternehmer, bei denen die Voraussetzungen für eine Ermittlung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen gegeben sind, können innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass sie ihre abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen ermitteln. Sowohl die Erklärung, die Vorsteuerbeträge nach Abs. 1 Z 1, als auch die Erklärung, die Vorsteuerbeträge nach Abs. 1 Z 2 zu ermitteln, bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.''
8. Dem § 14 wird folgender Abs. 5 angefügt:
„(5) Die Erklärung gemäß Abs. 4 kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum dieses Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu erklären. Mit dem Widerruf kann der Unternehmer erklären,
a) die Durchschnittssätze anstelle nach Abs. 1 Z 1 nach Abs. 1 Z 2 oder umgekehrt zu ermitteln. Diese Erklärung bindet den Unternehmer wieder für mindestens zwei Kalenderjahre;
b) die Vorsteuerbeträge nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln. Eine erneute Ermittlung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen ist frühestens nach Ablauf von fünf Kalenderjahren zulässig.''
9. Abweichend von der Z 7 kann der Unternehmer, der ab dem Jahre 1993 die Vorsteuerbeträge nach Abs. 1 Z 2 ermittelt hat, im Jahre 1994 auf die Ermittlung der Vorsteuerbeträge gemäß Abs. 1 Z 1 übergehen.
10. Abweichend von der Z 8 kann der Unternehmer, der im Jahre 1993 die Vorsteuerbeträge nach den allgemeinen Vorschriften ermittelt hat, in den Jahren 1994 bis 1997 auch vor Ablauf von fünf Kalenderjahren auf die erstmalige Ermittlung der Vorsteuerbeträge gemäß Abs. 1 Z 1 übergehen.
...
22. Z 3a, 4 bis 10, 12 und 13a sind anzuwenden auf Veranlagungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1993 beginnen.
..."
§ 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 14. Dezember 1983 über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge bei bestimmten Gruppen von Unternehmern, BGBl 627/1983 lautet:
"§ 4. (1) Soweit im Abs. 2 nicht anderes bestimmt ist, werden mit dem Durchschnittssatz sämtliche Vorsteuern abgegolten, die mit der freiberuflichen Tätigkeit der im § 3 bezeichneten Berufsgruppen zusammenhängen.
(2) Neben dem nach einem Durchschnittssatz berechneten Vorsteuerbetrag kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 des Umsatzsteuergesetzes 1972 abgezogen werden:
a) die von anderen Unternehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen und deren Anschaffungskosten nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechtes im Kalenderjahr der Anschaffung nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können;
b) die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren, die den unter lit. a bezeichneten Lieferungen entsprechen;
c) die den im § 3 unter Z 8 genannten Unternehmern von Rechenzentren für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Datenverarbeitungsaufträgen in Rechnung gestellte Steuer."
Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin rechtswirksam die Erklärung abgegeben hat, beginnend mit dem Jahr 1992 die abziehbaren Vorsteuerbeträge gemäß der Verordnung BGBl. 627/1983 nach Durchschnittssätzen zu berechnen.
Gemäß § 14 Abs. 5 UStG 1972 in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung des SteuerreformG 1993 wäre es der Beschwerdeführerin offengestanden, ihre Erklärung betreffend Anwendung der Verordnungspauschalierung durch schriftliche Bekanntgabe gegenüber dem Finanzamt innerhalb der Frist zur Abgabe der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum des Jahres 1994 mit Wirkung vom Beginn des Kalenderjahres 1994 an zu widerrufen. Ein derartiger Widerruf innerhalb des ersten Voranmeldungszeitraumes des Jahres 1994 ist nicht erfolgt.
Wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass der im Jahr 1997 erklärte Widerruf keine Rechtswirkungen für das Veranlagungsjahr 1994 entfalten konnte, ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen. Zu Recht hat die belangte Behörde daher die Vorsteuern nach Maßgabe der Verordnung BGBl. 627/1983 berechnet.
Die Bestimmung des § 14 Abs. 3 UStG richtet sich ausschließlich an den Verordnungsgeber. Insbesondere bei der Festlegung der Gruppen von Steuerpflichtigen, der für die Ermittlung der Durchschnittssätze maßgeblichen Merkmale und der Höhe der entsprechenden Durchschnittssätze hat der Verordnungsgeber darauf Bedacht zu nehmen, dass die Durchschnittssätze zu einem Vorsteuerbetrag führen, der nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, welcher sich ohne Anwendung der Durchschnittssätze ergeben würde. Nun liegt es in der Natur von Durchschnittssatzregelungen, dass sie in Einzelfällen den Steuerpflichtigen schlechter stellen, als dies bei konkreter Berechnung der Besteuerungsgrundlagen der Fall wäre.
§ 14 Abs. 3 UStG steht, da Adressat dieser Norm ausschließlich der Verordnungsgeber ist, auch bei einer solchen Schlechterstellung des Einzelfalles der Anwendung der Verordnung nicht entgegen (vgl. Ruppe, UStG2, § 14 Tz 31 f zur im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 14 Abs. 3 UStG 1994). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf zu verweisen, dass der Steuerpflichtige nicht gehalten ist, von der Durchschnittssatzregelung Gebrauch zu machen. Wenn sich die Verordnungspauschalierung für ihn (vorausschauend für einen Zweijahreszeitraum) als nachteilig erweisen kann, wird er nicht zur Anwendung der Verordnung optieren. Wie bereits ausgeführt, hätte die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall durch eine rechtzeitige Erklärung gegenüber dem Finanzamt die Anwendung der Verordnung, zu welcher sie im Jahr 1992 optiert hat, für das Jahr 1994 hintanhalten können.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen können nach dem diesbezüglich klaren Wortlaut der Verordnung BGBl. 627/1983 neben dem nach einem Durchschnittssatz berechneten Vorsteuerbetrag nicht Vorsteuern für Fremdlöhne berücksichtigt werden.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 30. Jänner 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000140133.X00Im RIS seit
10.05.2001