Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1.) Mag. W***** B*****, 2.) Mag. A***** B*****, beide vertreten durch Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Parteien 1.) M***** B*****, vertreten durch Thiery & Ortenburger Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2.) Verlassenschaft nach Dkfm. H***** B*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Peter Schulyok, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abberufung, Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis und Einwilligung, über den Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 29. September 2010, GZ 1 R 193/10z-22, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass
- eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Abberufungsanspruchs (§ 16 Abs 2 GmbHG) nur nach Maßgabe des § 381 Z 2 EO erlassen werden kann (6 Ob 52/08b mwN) und
- bei Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht das Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle nach einem strengen Maßstab zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0005300).
Das Rekursgericht hat ausführlich, unter Zitierung oberstgerichtlicher Rechtsprechung begründet, dass den Klägern die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des Anspruchs nicht gelungen ist, die nicht allein darin liegt, dass der Gegner der gefährdeten Partei seine Handlungsweise bis zur Rechtskraft des Urteils fortsetzen könnte (6 Ob 52/08b; 9 Ob 40/99v mwN). Es sind konkrete Umstände zu behaupten und zu bescheinigen, die einen Schaden als unwiederbringlich erscheinen lassen (6 Ob 52/08b mwN). Die Behauptungs- und Bescheinigungslast trägt ausschließlich die gefährdete Partei (RIS-Justiz RS0006311). Ob ein Anspruch gefährdet ist, kann nur aufgrund der im konkreten Fall als bescheinigt angenommenen Umstände beurteilt werden (RIS-Justiz RS0005118). Diese Frage hat daher in der Regel ebenso wenig erhebliche Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO (6 Ob 52/08b mwN) wie jene, ob das Vorbringen im Einzelfall zur Annahme einer konkreten Gefährdung als ausreichend anzusehen ist (RIS-Justiz RS0005103). Der Oberste Gerichtshof hat ausgesprochen, dass die sich aus der Verweigerung der Vollziehung von Gesellschafterbeschlüssen ergebenden möglichen Schäden noch keine konkrete Gefährdung darstellen, aus der sich die Bescheinigung eines unwiederbringlichen und nicht rückversetzbaren Schadens ergebe (9 Ob 40/99v mwN). Die Gefährdung des Unternehmensbestands rechtfertigt zwar die Bejahung einer Gefahrenvoraussetzung iSd § 381 Z 2 EO, aber eben nur im Bescheinigungsfall (RIS-Justiz RS0005309); gleiches gilt für die Gefahr des Verlusts von Kunden als ein im Geschäftsbetrieb drohender unwiederbringlicher Schaden (RIS-Justiz RS0005256). Bloße Allgemeinkundigkeit iSd § 269 ZPO kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für diesen Tatsachenbereich nicht genügen (7 Ob 92/04m mwN).
Vor dem Hintergrund der referierten Rechtsprechung vermögen die Ausführungen der Rechtsmittelwerber zur Zulässigkeit ihres Revisionsrekurses eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Frage der Gefährdungsbescheinigung durch das Rekursgericht nicht aufzuzeigen.
Gewalt iSd § 381 Z 2 EO muss in der Anwendung eines gegen den Anspruchsberechtigten gerichteten Zwangs oder in der Bedrohung mit einem solchen Zwang bestehen. Sie muss ihrem Gewicht nach dazu bestimmt sein, den zu erwartenden Widerstand des Berechtigten zu beseitigen (RIS-Justiz RS0005353). Im Anlassfall ist aber nur bescheinigt, dass einem Mitgeschäftsführer und einem Aufsichtsratsmitglied einmal der Zutritt zum Firmengelände durch von der Erstbeklagten beauftragte private Sicherheitskräfte verwehrt wurde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass nach den Ausführungen des Erstgerichts die Erstbeklagte ihren Standpunkt mittlerweile geändert und dem Mitgeschäftsführer den Zutritt gestattet hat.
Die Ausführungen der Rechtsmittelwerber gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, dass der bescheinigte Sachverhalt nicht zur Bejahung ihres behaupteten Anspruchs ausreicht, sind nicht entscheidungserheblich, ist ihnen doch die Bescheinigung der Anspruchsgefährdung nicht gelungen.
Textnummer
E95845European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0060OB00215.10A.1117.000Im RIS seit
04.01.2011Zuletzt aktualisiert am
27.06.2011