Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Saadati als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michal B***** wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Juni 2010, GZ 72 Hv 13/10y-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Michal B***** zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (I) sowie jeweils des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB (II) und der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.
Danach hat er am 18. Dezember 2008 in Wien Susanne K*****
(I) dadurch, dass er sie aufforderte, mit ihm den Geschlechtsverkehr zu vollziehen, sonst würde er sie töten, in der Folge gegen einen Zaun warf und „von hinten vaginal vergewaltigte“, sie dann umdrehte, ihr drei Faustschläge ins Gesicht versetzte, sie zu Boden brachte und dann „von vorne vaginal vergewaltigte“, eine Person mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zum Beischlaf genötigt;
(II) nachdem er sie durch die unter Punkt I angeführte Tat in einem hilflosen Zustand gebracht hatte, 200 Euro und ein Mobiltelefon mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen;
(III) durch die Äußerung, er werde sie töten, sollte sie die Polizei verständigen, somit durch gefährliche Drohung, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Anzeigeerstattung zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 5, und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Die Nichtigkeitsbeschwerde argumentiert inhaltlich nur zu Punkt I des Schuldspruchs; im formaliter auch die Schuldsprüche II und III bekämpfenden Umfang war sie daher mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen bei Anmeldung oder Ausführung zurückzuweisen (§§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO).
Die Negativfeststellung, wonach „nicht festgestellt werden“ könne, „ob der Angeklagte tatsächlich beim Geschlechtsverkehr das Kondom benutzte“ (US 4), betrifft keine entscheidende Tatsache, weshalb die darauf bezogene Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) schon im Ansatz fehl geht (RIS-Justiz RS0106268). Dass der Beschwerdeführer sich „gleichzeitig ein Kondom“ übergezogen „und das Opfer am Zaun“ fixiert hätte, hat das Erstgericht davon abgesehen - dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider - gerade nicht festgestellt.
Bei Verletzungsfolgen handelt es sich mit Blick auf das Tatbild des § 201 Abs 1 StGB ebenfalls nicht um entscheidende Tatsachen, weshalb Bekämpfung auch der dazu getroffenen Konstatierungen (US 6) mit Mängelrüge (Z 5) ausscheidet.
Aus den gleichen Gründen scheitert eine Anfechtung der - entgegen der Beschwerdebehauptung abermals keine entscheidenden Tatsachen betreffenden - Feststellung zum Grad der Alkoholisierung des Opfers (US 4) wegen Begründungsmangels.
Ein hinsichtlich der Konstatierung, der Beschwerdeführer habe dem Opfer „mit der geschlossenen Faust drei wuchtige Schläge ins Gesicht“ versetzt (US 4), behaupteter Widerspruch zu angeblichen - von der Beschwerde ihrerseits aktenwidrig, weil unvollständig wiedergegebenen (vgl ON 2 S 8 f) - Ergebnissen der körperlichen Untersuchung des Tatopfers ist unter dem Aspekt der Z 5 dritter Fall unbeachtlich (RIS-Justiz RS0117402 [T8]).
Schließlich zeigt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) mit der - im Übrigen ohne Hinweis auf indizierendes Sachverhaltssubstrat vorgetragenen - Kritik am Fehlen von Feststellungen dazu, „ob“ der Beschwerdeführer versucht habe, „sich das Kondom überzuziehen“, und „ob“ das Opfer diesfalls „Fluchtmöglichkeiten“ gehabt habe, nicht auf, weshalb dies zu einer anderen rechtlichen Konsequenz führen sollte (RIS-Justiz RS0118580), und verfehlt solcherart eine prozessordnungskonforme Darstellung. Soweit damit „Freiwilligkeit des Geschlechtsverkehrs“ angedeutet wird, setzt sich die Beschwerde über die gegenteiligen Konstatierungen (US 4) hinweg.
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO). Dieses wird dabei die in der unterbliebenen Bedachtnahme (vgl US 3) auf das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 14. Juli 2009, AZ 501 Hv 93/09f, gelegene Nichtigkeit (Z 11 erster Fall; 13 Os 123/08z) zu berücksichtigen haben (RIS-Justiz RS0119220).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E95720European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00115.10A.1118.000Im RIS seit
02.01.2011Zuletzt aktualisiert am
02.01.2011