TE OGH 2010/11/18 13Os120/10m

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Veröffentlicht am 18.11.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Saadati als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ralf K***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Juli 2010, GZ 32 Hv 53/10m-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ralf K***** mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (A/I), mehrerer (richtig:) Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (A/II) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er vom Sommer 2006 bis zum Jahresanfang 2008 mit der am 1. Februar 1994 geborenen Katharina B***** und solcherart

(A) mit einer unmündigen Person bzw an ihr

I) dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er zweimal einen Finger in ihren After einführte, und

II) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er wiederholt ihre nackten Brüste betastete und sie zumindest einmal im Genitalbereich massierte, sowie

(B) durch die zu A beschriebenen Taten mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 21 S 17, 19) des Antrags auf zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. Michael E***** (ON 21 S 13) und der Christiane K***** (ON 21 S 15) Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Der Beweisantrag zielte in erster Linie darauf, die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen Katharina B***** und Elisabeth B***** zu erschüttern und war solcherart grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet, weil die Beweisführung zur Beweiskraft von - wie hier - schulderheblichen Beweismitteln ihrerseits für die Schuldfrage von Bedeutung ist (RIS-Justiz RS0028345; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 340, 350).

Berechtigt ist ein solcher Antrag aber nur dann, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, der betreffende Zeuge habe in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt, wenn also etwa dargetan wird, dass der Zeuge rechtskräftig wegen Verleumdung verurteilt worden ist, zum konkreten Verfahrensgegenstand bereits falsche Angaben gemacht hat oder eine habituelle Falschbezichtigungstendenz erkennen lässt (RIS-Justiz RS0120109, zuletzt 13 Os 97/09b).

Diesen Erfordernissen wird der gegenständliche Beweisantrag mit dem Vorbringen, Dr. Michael E***** könne bestätigen, dass die Aussagen Elisabeth B*****s über die Aufteilung der Haushaltsführung zwischen ihr und dem Beschwerdeführer nicht zutreffen, nicht gerecht. Hinzu kommt, dass der Antrag nicht erkennen lässt, warum Dr. E***** aufgrund von Wahrnehmungen „bei Besuchen“ (ON 21 S 15) in der Lage sein soll, die generelle Verteilung der Haushaltsagenden zu beurteilen.

Zu den weiteren Antragsthemen, nämlich - zusammengefasst dargestellt - zur Betreuung der Katharina B***** durch Dr. E*****, zu deren persönlicher Entwicklung sowie zur - im Antrag behaupteten, vom Genannten nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 18) aber gerade nicht bestätigten (ON 18 S 51) - Lügenhaftigkeit wurde Dr. Michael E***** im Rahmen der Hauptverhandlung ohnedies ausführlich als Zeuge befragt (ON 18 S 49 bis 53). Insoweit hätte der Antrag daher darlegen müssen, weshalb er von seinen bisherigen Depositionen im Sinn des Antragsbegehrens hätte abweichen sollen (13 Os 68/08m).

Welche Aussage der Elisabeth B***** zu „Körperübungen“ durch die verlangte Beweisaufnahme in Frage gestellt werden sollte, ist nicht ersichtlich.

Das Begehren um Vernehmung der Christiane K***** zum Beweis dafür, „dass Katharina notorisch gelogen hat“, lässt nicht erkennen, warum die beantragte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und zielt solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Die substratlose Behauptung, die Genannte habe „eigene Wahrnehmungen“, vermag hieran nichts zu ändern.

Soweit diese Zeugin schließlich zum Nachweis dafür geführt wird, dass „sich ab 2008 das Verhältnis zwischen Katharina und dem Angeklagten ganz massiv verschlechtert hat“, bezieht sich der Antrag nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die Aussagen der Zeuginnen Katharina B***** und Elisabeth B***** zu einem Vorfall, bei dem Letztere den Beschwerdeführer zur Rede gestellt habe, weil dieser mit erigiertem Glied neben Ersterer im Bett gelegen sei, würden einander erörterungsbedürftig widersprechen (Z 5 zweiter Fall), entfernt sich von der Aktenlage. Danach gab Elisabeth B***** nämlich an, sie habe den Beschwerdeführer gefragt, „was das soll“, sei daraufhin mit ihm in ein anderes Zimmer gegangen und habe ihn dort zur Rede gestellt (ON 18 S 59). Hiemit steht aber die Aussage der Katharina B*****, ihre Mutter (Elisabeth B*****) habe den Beschwerdeführer gefragt, „was das soll“ und sie habe von den darauffolgenden Vorkommnissen „nichts mitbekommen“ (ON 18 S 77 iVm ON 6 S 19), im Einklang.

Das übrige Vorbringen der Mängelrüge erschöpft sich darin, aus einzelnen Aussagedetails anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten und wendet sich somit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt sohin dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E95889

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00120.10M.1118.000

Im RIS seit

13.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

13.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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