Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache der Gemeinschuldnerin W*****GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwalt in Völkermarkt, wegen Bestellung eines Sachwalters, über den Revisionsrekurs der I*****, vertreten durch Dr. Gerhard Brandl, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, als ehemalige Masseverwalterin, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 11. März 2010, GZ 3 R 30/10x-41, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 12. Februar 2010, GZ 41 S 56/09x-38, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Rekurs der Gläubigerin Republik Österreich zurückgewiesen wird.
Der Antrag auf Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 9. 4. 2009 der Konkurs eröffnet und die I***** in Klagenfurt zur Masseverwalterin bestellt. In der Zwangsausgleichs- und Rechnungslegungstagsatzung vom 14. 9. 2009 schloss die Gemeinschuldnerin mit ihren Gläubigern einen Zwangsausgleich, wonach die Konkursgläubiger eine Quote von 20 %, zahlbar in drei Raten, erhalten sollten. Nach Rechtskraft der mit Beschluss vom 3. 12. 2009 erteilten Bestätigung des Zwangsausgleichs stellte die ehemalige Masseverwalterin den Antrag, sie zur Sachwalterin zwecks Fortführung eines beim Landesgericht Klagenfurt anhängigen Anfechtungsprozesses gegen die Konkursgläubigerin Republik Österreich zu bestellen. Die Einbringlichmachung des Anfechtungsbetrags liege im Interesse der Konkursgläubiger, weil andernfalls die Finanzierung der Zwangsausgleichsquote ungewiss sei.
Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag ohne Begründung.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Konkursgläubigerin Republik Österreich gab das Rekursgericht Folge und wies den Antrag auf Sachwalterbestellung zurück. Mit der rechtskräftigen Bestätigung des Zwangsausgleichs sei der Konkurs aufgehoben und das Amt der Masseverwalterin beendet gewesen. Es sei kein Liquidations-, sondern ein Quotenausgleich zustandegekommen, bei dem eine Betrauung des Masseverwalters mit der Fortführung von anhängigen Anfechtungsprozessen nicht in Betracht komme. Für ein eigenes Antragsrecht der ehemaligen Masseverwalterin fehle überhaupt eine gesetzliche Grundlage. Da keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Möglichkeit der Fortsetzung eines Anfechtungsprozesses nach Abschluss eines Quotenzwangsausgleichs bestehe, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Gläubigerin Republik Österreich beantwortete Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Grenzen der Rechtsmittellegitimation von Konkursgläubigern in Widerspruch steht; er ist auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass nach den Übergangsbestimmungen des § 273 IO auf das vor dem 1. 7. 2010 eröffnete Konkursverfahren die Änderungen der KO durch das IRÄG 2010 nicht anzuwenden sind; im Folgenden werden daher noch die vor Inkrafttreten des IRÄG 2010 geltenden Gesetzesbegriffe verwendet.
Im Konkursverfahren ist grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der in seinem Recht verletzt wird; ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, kommt einzelnen Konkursgläubigern im Verwertungsverfahren kein Rekursrecht gegen Beschlüsse des Konkursgerichts zu (RIS-Justiz RS0114471, RS0102114).
Zum Zeitpunkt des gegenständlichen Antrags auf Sachwalterbestellung war der Konkurs infolge Bestätigung eines Quotenzwangsausgleichs bereits rechtskräftig aufgehoben, sodass eine Nachtragsverteilung, deren Anordnung die Interessen der einzelnen Gläubiger berühren könnte (vgl 8 Ob 240/02f), nicht mehr in Betracht kommt. Der Anspruch der Gläubiger auf Erfüllung des Zwangsausgleichs wird weder durch geplante Rechtshandlungen des wieder eigenberechtigten Schuldners selbst, noch durch solche des - mit oder ohne tauglicher Rechtsgrundlage - für ihn bestellten besonderen Sachwalters betroffen.
Nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses besteht auch keine Konkursmasse mehr, die mit Kosten eines allenfalls verlorenen Verfahrens belastet werden könnte. Selbst wenn zu befürchten wäre, dass durch eine kostenverursachende Prozessführung des ehemaligen Gemeinschuldners die Erfüllung des Zwangsausgleichs gefährdet ist, würden diese Bedenken bloß ein wirtschaftliches Interesse der einzelnen Gläubiger begründen. Ihre Rechtsposition wird davon nicht betroffen (vgl RIS-Justiz RS0065135).
Die Rekurswerberin konnte ihre Rechtsmittellegitimation auch nicht aus ihrer Stellung als Anfechtungsgegnerin ableiten. Ein Prozessgegner der Masse ist kein Beteiligter des Konkursverfahrens (8 Ob 26/94).
Mangels Rechtsmittellegitimation der Gläubigerin Republik Österreich war deren Rekurs unzulässig und die angefochtene Entscheidung spruchgemäß abzuändern.
Ein Kostenersatz kommt im Insolvenzverfahren nicht in Betracht (§ 173 Abs 1 KO; § 254 Abs 1 Z 1 IO).
Schlagworte
Gruppe: Konkursrecht,AusgleichsrechtTextnummer
E96210European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00056.10H.1123.000Im RIS seit
14.02.2011Zuletzt aktualisiert am
07.11.2011