Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers P***** B*****, vertreten durch Rechtsanwaltspartner Haftner + Schobel in St. Pölten, gegen die Antragsgegnerin S***** B*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Aufteilung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom 17. August 2010, GZ 2 R 186/09d-92, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Eine Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, also wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben wurde und dieses fehlerhafte Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung zugrunde lag (RIS-Justiz RS0043347 [T1] ua). Das Rekursgericht hat aber die vom Antragsteller vorgelegte private Schätzung (Beilage ./N), deren Richtigkeit von der Antragsgegnerin bestritten wurde (Seite 3 in ON 12), nicht zur Begründung seiner Ermessensentscheidung herangezogen, sodass schon begrifflich keine Aktenwidrigkeit vorliegen kann.
Ist das Gericht lediglich einem Vorbringen des Antragstellers mangels hinreichender Überzeugung von seiner Richtigkeit nicht gefolgt, liegt darin ein Akt der Beweiswürdigung. Da der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren keine Tatsacheninstanz ist, hat er die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen seiner Entscheidung ohne eigene Prüfung zu Grunde zu legen (vgl RIS-Justiz RS0007236).
2. Grundsätzlich zutreffend zeigt der Revisionsrekurs auf, dass die vom Rekursgericht ausgesprochene Zuweisung der gesamten während der Ehe erwirtschafteten Wertsteigerung des Wohnhauses an die Antragsgegnerin insofern rechtlich verfehlt ist, als sie nur Miteigentümerin der Liegenschaft ist. Ein Wertzuwachs im Vermögen Dritter stellt nämlich kein aufzuteilendes Vermögen der früheren Ehegatten dar, auch unterliegen Kreditverbindlichkeiten, die zur Finanzierung des fremden Wertzuwachses eingegangen wurden, nicht der Aufteilung (RIS-Justiz RS0057363 [insb T7]). Auf diese Kreditanteile sowie auf eine weiterhin aufrechte Nutzung der früheren Ehewohnung durch den geschiedenen Ehegatten ist nur bei der Bemessung der Ausgleichszahlung nach Billigkeit Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz S0057363 [T3]).
Ebenfalls zutreffend erkennt aber der Antragsteller selbst, dass er in diesem Punkt kein rechtliches Interesse an der Bekämpfung der Rekursentscheidung hat, wird er doch im Ergebnis durch den aufgezeigten Mangel nicht benachteiligt, sondern begünstigt.
Die angestrebte Zuweisung eines um zwei Drittel reduzierten Vermögenswerts an die Antragsgegnerin könnte selbstverständlich nicht zu einer höheren Ausgleichszahlung an den Antragsteller führen. Da die Antragsgegnerin den Beschluss des Rekursgerichts unbekämpft gelassen hat, käme aber auch eine Herabsetzung der Ausgleichszahlung nicht in Betracht, sodass dem aufgezeigten Mangel der Rekursentscheidung im Ergebnis keine Relevanz beizumessen ist.
3. Ob die von den Vorinstanzen auferlegte Ausgleichszahlung dem Grundsatz der Billigkeit entspricht, richtet sich nach den Umständen des jeweils zu beurteilenden Einzelfalls, und wirft - außer bei einer groben Fehlbeurteilung - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf (vgl RIS-Justiz RS0115637). Ziel der Billigkeitserwägungen ist es, ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeizuführen, wobei nicht streng rechnerisch vorgegangen werden muss (Hopf/Kathrein, Eherecht² § 94 Anm 6; 8 Ob 61/10v). Dass das Rekursgericht hier seinen Bewertungsspielraum im Ergebnis zu Lasten des Antragsgegners in unvertretbarer Weise überschritten hätte, ist nicht zu erkennen.
4. Auch die Frage der Angemessenheit der vom Rekursgericht eingeräumten sechsmonatigen Zahlungsfrist ist nur eine des Einzelfalls. Bei der Festlegung von Ausgleichszahlungen im Aufteilungsverfahren gilt der Grundsatz des „Wohlbestehenkönnens“ der früheren Ehegatten (RIS-Justiz RS0057579, RS0057677 [T1]). Die Begründung des Rekursgerichts, mit der es der Antragsgegnerin wegen ihrer finanziellen Lage und der absehbaren Schwierigkeiten bei der erforderlichen Fremdfinanzierung des Ausgleichsbetrags eine sechsmonatige Zahlungsfrist eingeräumt hat, ist in diesem Sinn schlüssig und nachvollziehbar. Mangels aktenkundiger liquider Mittel der Antragsgegnerin erscheint es unwahrscheinlich, dass die Ausgleichsforderung in einem Exekutionsverfahren früher durchsetzbar wäre. Die vom Antragsteller ins Treffen geführte Verfahrenskostenschuld beträgt immerhin nur rund ein Fünftel der Ausgleichszahlung. Stichhältige Gründe für eine unverhältnismäßige Belastung des Antragstellers durch die eingeräumte Zahlungsfrist werden nicht geltend gemacht.
5. Gegen Entscheidungen der zweiten Instanz im Kostenpunkt ist nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG ein Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig (vgl RIS-Justiz RS0044233; RS0111498).
Schlagworte
FamilienrechtTextnummer
E95781European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00119.10Y.1123.000Im RIS seit
27.12.2010Zuletzt aktualisiert am
13.06.2012