Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P***** J*****, vertreten durch Ploil Krepp & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Mag. Judith Morgenstern, Rechtsanwältin in Wien, wegen Bekanntgabe eines Nachschussbetrags und Zahlung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juli 2010, GZ 7 Ra 47/10y-20, mit dem das Teilurteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 25. August 2009, GZ 3 Cga 201/08m-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.998,54 EUR (darin enthalten 333,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. 11. 1973 bis 1. 2. 1995 bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch berechtigten vorzeitigen Austritt. Seit 1. 1. 2006 befindet sich der Kläger im Ruhestand und bezieht eine ASVG-Pension. Am 22. 12. 1994 schloss der Vorstand der Beklagten mit dem zuständigen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung (BV) über eine zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung ab. Dadurch wurde die bisherige kollektivvertragliche Pensionsvereinbarung in ein Pensionskassensystem übergeführt.
Die Betriebsvereinbarung enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:
„ ...
§ 2 Geltungsbereich:
(1) Zeitlicher Geltungsbereich:
Diese Betriebsvereinbarung beginnt mit 1.1.1995 und wird unbefristet abgeschlossen.
(2) Persönlicher Geltungsbereich:
Sie gilt für alle Arbeitnehmer
1. die zum 31.12.1994 über eine Pensionszusage des Arbeitgebers verfügen oder
2. deren Dienstverhältnis zum Arbeitgeber nach dem 31.12.1994 begonnen hat und die vom BRA vertreten werden.
§ 3 Anwartschaften:
Die vom Arbeitgeber an die Pensionskasse entrichteten Beiträge und das gegebenenfalls überwiesene Deckungserfordernis ergeben eine Anwartschaft auf die in § 10 angeführten Leistungen. ...
Die Höhe der Anwartschaften ergibt sich aus der Höhe der Beiträge bzw des überwiesenen Deckungserfordernisses, dem Geschäftsplan der Pensionskasse und dem Veranlagungserfolg der für die Alterspension bestimmten Beitragsteile.
§ 4 Beiträge des Arbeitgebers:
(1) Laufende Beiträge:
Der Arbeitgeber leistet
1. für den Arbeitnehmer (Anwartschaftsberechtigten) gemäß § 2 Abs 2 Z 1 [Alt-Arbeitnehmer mit Pensionszusage] ...
2. für den Arbeitnehmer (Anwartschaftsberechtigten) gemäß § 2 Abs 2 Z 2 [Neu-Arbeitnehmer] ...
[Seitenumbruch]
Zeiten, in denen der Arbeitnehmer gegen Entfall der Bezüge karenziert ist, gelten nicht als Dienstzeit. Für solche Zeiten leistet der Arbeitgeber daher keinen Beitrag.
Endet das Dienstverhältnis unterjährig, erfolgt eine Anrechnung der Beiträge nur entsprechend der tatsächlichen Dauer des Dienstverhältnisses.
Fällt eine Invaliditätspension oder für die Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs 2 Z 1 eine vorzeitige Alterspension an, erfolgt die Finanzierung des zur Leistungserbringung allenfalls fehlenden Kapitals durch die Einbringung eines einmaligen Nachschusses durch den Arbeitgeber unter der Annahme, dass der Arbeitnehmer Beiträge geleistet hat.
Ist bei Anwendung des § 10 lit d) der Veranlagungserfolg unter Berücksichtigung der Auflösung einer allenfalls vorhandenen Schwankungsrückstellung geringer als der Rechnungszins, leistet der Arbeitgeber auch den sich aus dieser Differenz ergebenden Beitrag (Nachschusspflicht).
...
§ 7 Unverfallbarkeit der Anwartschaften:
Scheidet ein Anwartschaftsberechtigter gemäß § 2 Abs 2 Z 1 vor Eintritt eines Leistungsfalles aus dem Dienstverhältnis aus, so werden seine bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens erworbenen Anwartschaften auf Alterspension sowie Hinterbliebenenpension bei Tod als Pensionsbezieher unverfallbar im Sinne des Betriebspensionsgesetzes. ...
Über die unverfallbaren Ansprüche kann vom Ausscheidenden in folgender Weise disponiert werden:
a) Umwandlung in eine beitragsfrei gestellte Anwartschaft
b) …
...
Gibt der Ausscheidende binnen sechs Monaten ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine diesbezügliche Erklärung ab, so wird die Anwartschaft gemäß lit a) beitragsfrei gestellt.
...
§ 10 Leistungen:
a) Aus der Zusatzvorsorge gebühren die Alterspension, die vorzeitige Alterspension bzw die Invaliditätspension und die Hinterbliebenenpensionen (Witwen-, Witwer-, Waisenpension).
b) ...
c) ...
d) Valorisierung: Die Leistungen werden jährlich zum 1. 1. entsprechend der Differenz zwischen dem Rechnungszins (derzeit 6,5 %) und dem erzielten rechnungsmäßigen Überschuss der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft im vorangegangenen Geschäftsjahr valorisiert, sofern die gesetzlich vorgeschriebene Dotierung der Schwankungsrückstellung nicht einen davon abweichenden Valorisierungssatz notwendig macht.
...“
Mangels Erklärung des Klägers über die Verwendung des „Anwartschaftsbetrags“ („Unverfallbarkeitsbetrags“) wurde die Anwartschaft beitragsfrei gestellt.
Der Kläger begehrte - in Form einer Stufenklage - die Bekanntgabe des Nachschussbetrags iSd § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV bis einschließlich 2008 sowie die Zahlung dieses Betrags an die Pensionskasse, in eventu unter Berücksichtigung der Deckelung gemäß § 10 lit d) der BV. Laut Betriebsvereinbarung sei ein Rechnungszins von 6,5 % per anno vereinbart worden. Zudem sei eine Nachschusspflicht für den Dienstgeber normiert worden, um das durch Umstellung auf ein Pensionskassensystem auf die Arbeitnehmer überwälzte Ertragsrisiko zu beseitigen. Für jene Zeiträume, in denen der Veranlagungserfolg unter Berücksichtigung der Auflösung einer allenfalls vorhandenen Schwankungsrückstellung unterhalb des Rechnungszinses geblieben sei, hätte die Beklagte die Differenz an die Pensionskasse nachzahlen müssen. Da sie ihrer Nachschussverpflichtung aber nicht nachgekommen sei, liege die tatsächlich von der Pensionskasse ausgezahlte Pension weit unterhalb des Betrags, der aufgrund der jährlichen Mitteilungen zu erwarten gewesen sei. Die Nachschusspflicht bestehe auch gegenüber jenen Arbeitnehmern, die ihr Dienstverhältnis vor Eintritt des Leistungsfalls beendet hätten.
Die Beklagte entgegnete, dass mit der Betriebsvereinbarung die bisherige direkte Leistungszusage in ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell umgewandelt worden sei. Dementsprechend sei für den Kläger das Deckungserfordernis errechnet und auf das Konto der Pensionskasse eingezahlt worden. Die Nachschusspflicht iSd § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV bestehe gegenüber dem Kläger schon deshalb nicht, weil dieser gar keine Leistung iSd § 10 lit a) der BV beziehe. Vielmehr stehe ihm nur der Unverfallbarkeitsbetrag aus seiner Anwartschaft zur Verfügung. Davon abgesehen gelte die Nachschusspflicht nur für die vorzeitige Alterspension und für die Invaliditätspension, nicht aber auch für die reguläre Alterspension.
Das Erstgericht gab dem Begehren auf Bekanntgabe des Nachschussbetrags in Form des Eventualbegehrens mit Teilurteil statt. Bei den Bestimmungen auf Seite 3 der Betriebsvereinbarung handle es sich um eine lose Folge grundsätzlicher Regelungen. Jeder Absatz betreffe ein in sich geschlossenes Regelungsthema. Außerdem sei aus dem Verweis in § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV auf § 10 lit d) abzuleiten, dass sich die Nachschusspflicht auf sämtliche Leistungen iSd § 10 und damit auch auf die Alterspension erstrecke.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Beklagte bezeichne die Leistung, die der Kläger erhalte, selbst als Pensionsleistung. Ihre Schlussfolgerung, dass die Nachschusspflicht gemäß § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV auf den Unverfallbarkeitsbetrag nicht anzuwenden sei, könne nicht nachvollzogen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.
Mit seiner - vom Obersten Gerichtshof freigestellten - Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil der Auslegung der zugrunde liegenden Betriebsvereinbarung nach den Darlegungen der Beklagten für einen größeren Personenkreis Bedeutung zukommt und sich der Oberste Gerichtshof mit der in der Betriebsvereinbarung normierten Nachschusspflicht noch nicht beschäftigt hat (vgl RIS-Justiz RS0109942; 9 ObA 154/07y). Die zu beurteilenden Regelungen sind auch keineswegs so eindeutig, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung in Betracht käme (vgl RIS-Justiz RS0121516; 10 Ob 47/08x). Die Revision ist aber nicht berechtigt.
1. Das Pensionskassengesetz stellt den rein organisationsrechtlichen Rahmen für die sondergesetzlich ermöglichte Übertragung der Pensionsleistungspflicht auf eine Pensionskasse zur Verfügung. Nach wirksamer Übertragung der Leistungspflicht an die Pensionskasse schuldet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur mehr die Beitragsleistung an die Pensionskasse. Soweit er seine Pflicht zur Beitragsleistung erfüllt, wird er von der direkten Leistungsverpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer befreit. Ein - abgesehen von der Beitragszahlung - weiterer Erfüllungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber kann demnach grundsätzlich nur im Fall einer Nachschusspflicht bestehen. Regelmäßig ist nur bei leistungsorientierten Pensionsmodellen eine Deckungslücke iSd § 5 Z 3 PKG und damit eine Nachschusspflicht anzunehmen. Zur Frage, in welchen Fällen den Arbeitgeber eine Nachschusspflicht trifft, enthält das Pensionskassengesetz allerdings keine Aussage; sie ist vielmehr durch Auslegung der Übertragungsvereinbarung (Leistungszusage) zu beantworten (vgl dazu RIS-Justiz RS0119398; 8 ObA 52/03k; 8 ObA 99/04y).
2. Zur Auslegung von Übertragungsvereinbarungen (auch) in Form von Betriebsvereinbarungen hat der Oberste Gerichtshof bereits festgehalten, dass diese objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen hat (RIS-Justiz RS0121810; RS0050963; vgl auch RIS-Justiz RS0010088). Im Zweifel ist zu unterstellen, dass die Vertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und daher eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollten (vgl RIS-Justiz RS0008897; RS0008828).
3.1 Ohne Erklärung des vor dem Leistungsanfall aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedenen Dienstnehmers iSd § 7 der BV über die Verwendung des „Anwartschaftsbetrags“ („Unverfallbarkeitsbetrags“) wird die Anwartschaft beitragsfrei gestellt. Dies bedeutet, dass für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis keine weiteren laufenden Beiträge mehr gezahlt werden. Dies ändert aber nichts an der Unverfallbarkeit des Anwartschaftsbetrags, der in der Pensionskasse veranlagt bleibt.
Die zugrunde liegende Betriebsvereinbarung begründet Ansprüche auf zusätzliche Versorgungsleistungen („Zusatzvorsorge“) zur Alterspension, vorzeitigen Alterspension, Invaliditätspension und Hinterbliebenenpension. Die Argumentation der Beklagten, bei den Ansprüchen des Klägers aus dem Unverfallbarkeitsbetrag handle es sich um keine Leistungen aus der Alterspension, weshalb die Nachschusspflicht nach § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV von vornherein nicht anwendbar sei, ist nicht stichhaltig. § 3 der BV („Anwartschaften“) spricht ausdrücklich von einer Anwartschaft auf die in § 10 angeführten Leistungen. Anwartschaften betreffen demnach Ansprüche auf alle Pensionsleistungen iSd § 10 der BV (Alterspension, vorzeitige Alterspension, Invaliditätspension und Hinterbliebenenpensionen) für eine besondere Fallkonstellation, nämlich die Beendigung des Dienstverhältnisses vor dem Leistungsanfall. Auch bei den Ansprüchen aus einer Anwartschaft handelt es sich somit um Pensionsleistungen iSd § 10 der BV.
3.2 Nach § 10 lit d) der BV werden sämtliche Pensionsleistungen iSd § 10 lit a), somit auch die Leistungen aus dem Unverfallbarkeitsbetrag, grundsätzlich bis zum Rechnungszinssatz (unter Berücksichtigung einer speziellen Deckelung) valorisiert. Schon inhaltlich besteht ein systematischer Zusammenhang zwischen dieser Bestimmung und der Regelung über die Nachschusspflicht in § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV. Dieser Zusammenhang wird durch den ausdrücklichen Verweis in § 4 Abs 1 letzter Absatz auf § 10 lit d) bestätigt. Demnach trifft den Arbeitgeber „bei Anwendung des § 10 lit d)“, also im Hinblick auf die Valorisierung der Pensionsleistungen eine Nachschusspflicht, wenn der Veranlagungserfolg hinter dem Rechnungszins zurückbleibt. Während § 10 lit d) den Anspruch auf Valorisierung beschreibt, regelt § 4 Abs 1 letzter Absatz spiegelbildlich dazu die Nachschusspflicht des Arbeitgebers, um die Valorisierung decken zu können und auf diese Weise die zugesagte Wertentwicklung abzusichern. Da die Nachschusspflicht des Arbeitgebers dessen Beitragsleistung betrifft, ist diese auch systematisch richtig im Rahmen des § 4 der BV geregelt. Der Vorwurf der Beklagten, die Vorinstanzen würden die Regelungen über die Leistungserbringung (§ 10) mit jenen über die Beitragsaufbringung (§ 4) vermengen, ist somit nicht gerechtfertigt.
3.3 Entgegen der Ansicht der Beklagten regelt § 10 der BV nicht den Vorgang der Auszahlung der Pensionsleistungen, sondern beschreibt vielmehr die Leistungsansprüche aus der Zusatzvorsorge, die den Arbeitnehmern „gebühren“. Die Regelung über die Valorisierung der Leistungsansprüche nach Maßgabe des Rechnungszinses betrifft somit die Wertsteigerung des Deckungskapitals, das jährlich zu valorisieren ist. Der Ansicht der Beklagten, § 10 lit d) sehe eine Inflationsanpassung nur während der Leistungsphase vor, ist damit nicht beizutreten.
3.4 Auch die Auffassung der Beklagten, die Nachschusspflicht nach § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV gelte nur für die Invaliditätspension und die vorzeitige Alterspension, nicht aber für die reguläre Alterspension, ist nicht begründet. So wie für die übrigen Regelungen nach dem Seitenumbruch bei § 4 Abs 1 der BV wurde auch für die in Rede stehende Bestimmung ein eigener Absatz verwendet. Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, dass es sich bei diesen Bestimmungen auf Seite 3 der Betriebsvereinbarung um eine lose Folge eigenständiger Regelungen zu einem jeweils in sich geschlossenen Regelungsthema handelt.
Für das Vorliegen einer selbständigen Regelung in § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV, die sich nicht auf den vorhergehenden Absatz bezieht, spricht auch der Klammerausdruck („Nachschusspflicht“). Zunächst handelt es sich bei der Bezeichnung „Nachschusspflicht“ um den für ein leistungsorientiertes Pensionskassenmodell charakteristischen Ausdruck. Der Hervorhebung dieses Begriffs kommt vor allem dann ein vernünftiger Sinngehalt zu, wenn dieser als Abgrenzung zur speziellen Regelung im vorhergehenden Absatz verstanden wird, die einen lediglich einmaligen Nachschuss für einen Sonderfall betrifft. Die Verwendung des Wortes „auch“ in § 4 Abs 1 letzter Absatz spricht keineswegs gegen die Formulierung einer weiteren, gesonderten Nachschussleistung.
Die Auffassung der Beklagten, dass die Bestimmung des § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV, die sie als „Wertsicherung in der Anwartschaftsphase“ bezeichnet, nur für vorzeitige Alterspensionisten und Invaliditätspensionisten gelten soll, wird somit nicht geteilt. Ihre Argumentation ist auch nicht konsequent. Einerseits will sie streng zwischen Beiträgen (§ 4) und Leistungen (§ 10) unterscheiden, andererseits beschränkt sie die „Wertsicherung der Beiträge“ in § 4 auf vorzeitige Alterspensionisten und Invaliditätspensionisten, sieht diese Beitragsvalorisierung aber gleichzeitig als Pendant zur „Valorisierung“ bei den regulären Pensionisten, die sie aus § 10 lit d) ableitet. Würde man § 4 Abs 1 letzter Absatz der BV nur als „Wertsicherung für die fiktive Anwartschaftsphase“ zwischen vorzeitiger Alterspension bzw Invaliditätspension und regulärem Pensionsantritt ansehen, so wäre für reguläre Pensionisten keine Wertsicherung der Beiträge vorgesehen.
3.5 Dass die Betriebsvereinbarung in den fraglichen Bestimmungen von einer positiven Performance der Veranlagung ausgeht, ist für die Beschreibung von kapitalmarktabhängigen Veranlagungen typisch. Daraus kann aber freilich nicht der Schluss gezogen werden, dass bei negativer Performance dem Rechnungszins keine Bedeutung mehr zukommen und der Anspruch auf Valorisierung der Pensionsleistungen nicht bestehen soll.
4. Die Auslegung der zu Grunde liegenden Betriebsvereinbarung über eine zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung führt somit insgesamt zum Ergebnis, dass sich bei Zurückbleiben des Veranlagungserfolgs hinter dem Rechnungszins die in § 4 Abs 1 letzter Absatz normierte Nachschusspflicht des Arbeitgebers generell auf alle Pensionsleistungen iSd § 10 lit a) erstreckt, zu der auch die unverfallbaren Anwartschaften („Unverfallbarkeitsbetrag“) iSd § 7 lit a) gehören.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen stehen mit der Rechtslage somit im Einklang. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG.
Schlagworte
11 Arbeitsrechtssachen,Textnummer
E95823European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:009OBA00092.10K.1124.000Im RIS seit
29.12.2010Zuletzt aktualisiert am
08.06.2012