Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. K***** K***** und 2. F***** K*****, gegen die beklagten Parteien 1. B***** S*****, 2. H***** AG, *****, wegen 3.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Parteien den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Delegierungsantrag wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerinnen brachten beim Bezirksgericht Purkersdorf eine selbst verfasste Klage ein, mit der sie die Bezahlung von 3.000 EUR an Schadenersatz wegen eines von der Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfalls verlangten. Da die Klägerinnen den Vorladungen des Erstgerichts zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens keine Folge leisteten, wies das Erstgericht die Klage zurück; sie entspreche nicht den Richtlinien der §§ 1 Abs 1 und 2 ADV-Formverordnung. Ablehnungsanträge der Klägerinnen wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Nun stellt die Erstklägerin in einem nicht unterfertigten Schreiben mehrere Anträge, nämlich (neuerliche) Ablehnung der Gerichtsvorsteherin des Bezirksgerichts Purkersdorf, „Unzuständigkeit der Richterin“, Ablehnung des Präsidiums des Landesgerichts Wien und des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag, Entschuldigung für den Termin vom 29. 6. 2010, Delegierung an ein Gericht außerhalb des Gerichtssprengels des Oberlandesgerichts Wien und Fristsetzung gemäß § 91 GOG. Sie verweist darauf, dass die Gerichtsvorsteherin des Bezirksgerichts Purkersdorf ganz offenkundig unzuständig und befangen sei. „Über die Ablehnungsanträge ist wegen der ebenfalls gerichtsbekannten Befangenheit des LG Wien Präsidium und LG-Richter, und auch des OLG Präsidium und anderer OLG-Richter die Entscheidung jedenfalls nur durch ein unbefangenes Gericht, welches jedenfalls außerhalb des Gerichtssprengels OLG Wien gelegen sein muss, erfolgen kann. Es wird überdies die Delegierung der Rechtssache an ein unbefangenes Gericht außerhalb des Gerichtssprengels OLG Wien beantragt.“
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht zulässig.
Offenbar meinen die Klägerinnen, dass die Rechtssache über ihren Antrag an ein anderes Gericht delegiert werden müsste, weil alle Richter des OLG Sprengels Wien (pauschal) parteiisch seien. Dabei wird übersehen, dass im Fall, dass ein Gericht aus einem der in § 19 JN vorgesehenen Gründe an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert wird, dasselbe diese Behinderung dem im Instanzenzug übergeordneten Gericht anzuzeigen hat und dieses dann ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen hat (§ 30 JN). Es handelt sich um eine amtswegige Delegation (vgl RIS-Justiz RS0046103), die Klägerinnen sind zur Antragstellung nicht legitimiert (3 Ob 120/93; Ballon in Fasching/Konecny2, § 30 JN Rz 6). Abgesehen davon fehlt es an der Voraussetzung, dass das zuständige Gericht infolge erfolgreicher Ablehnung an der Ausübung der Gerichtsbarkeit gehindert ist (RIS-Justiz RS0113796). Solange nach der Vertretungsregelung gemäß § 77 Abs 2 RDG noch ein zur Vertretung berufener Richter zur Verfügung steht, ist für die Anwendung der Delegierungsvorschrift des § 30 JN kein Raum (RIS-Justiz RS0046091).
Eine Delegierung aus Gründen der Zweckmäßigkeit nach § 31 JN, die ohnehin nicht dargelegt werden, kommt schon deshalb zur Zeit nicht in Frage, weil die unverbesserte Klage zurückgewiesen wurde.
Textnummer
E95724European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0070NC00025.10A.1124.000Im RIS seit
07.01.2011Zuletzt aktualisiert am
07.01.2011