TE OGH 2010/12/2 2Ob7/10h

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Veröffentlicht am 02.12.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei (nunmehr) W***** AG *****, vertreten durch Mag. Alexandra Knapp, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Ing. Josef B*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl und andere Rechtsanwälte in Salzburg, und 2. Prof. DI Roman A*****, vertreten durch Dr. Anita Weich, Rechtsanwältin in Salzburg, wegen 91.140,87 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 10.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Mai 2009, GZ 2 R 72/09k-52, womit das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichts Salzburg vom 26. Jänner 2009, GZ 3 Cg 160/06w-40, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird auf „W***** AG *****“ berichtigt.

II. Den Revisionen wird teilweise Folge gegeben.

Die Teil- und Zwischenurteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass diese zu lauten haben:

1. Das Leistungsbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 91.140,87 EUR samt 4 % Zinsen aus 85.379,15 EUR vom 25. 4. 2006 bis 16. 9. 2008 und aus 91.140,87 EUR seit 17. 9. 2008 binnen 14 Tagen zu bezahlen, besteht dem Grunde nach zur Hälfte zu Recht.

2. Es wird festgestellt, dass die beklagten Parteien der klagenden Partei zur ungeteilten Hand im Ausmaß der Hälfte der von dieser als Haftpflichtversicherer aufgrund des Unfalls vom 30. 8. 2003 auf der Sommerrodelbahn B***** künftig an die Geschädigten zu erbringenden Schadenersatzleistungen haften.

3. Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 45.570,44 EUR samt 4 % Zinsen aus 42.689,58 EUR vom 25. 4. 2006 bis 16. 9. 2008 und aus 45.570,44 EUR seit 17. 9. 2008 zu bezahlen, wird abgewiesen.

4. Das weitere Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien im Ausmaß der weiteren Hälfte der von der klagenden Partei künftig an die Geschädigten zu erbringenden Schadenersatzleistungen wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

Aus dem Firmenbuch geht hervor, dass die klagende Partei zunächst mit Beschluss der Hauptversammlung vom 24. 4. 2009 ihren Firmenwortlaut von „W***** AG *****“ in „V***** AG“ änderte. Am 29. 6. 2010 beschloss die Hauptversammlung (ua) die Spaltung zur Aufnahme in die „V***** AG“ durch Übertragung des Versicherungsbetriebs gemäß Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 10. 5. 2010. Am 3. 8. 2010 wurde die Spaltung sowohl bei der übertragenden (FN *****) als auch bei der übernehmenden (FN *****) Gesellschaft im Firmenbuch eingetragen, womit die übertragenen Vermögensteile im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft übergegangen sind (§ 14 Abs 2 Z 1 iVm § 17 SpaltG). Gleichzeitig änderte die übernehmende Gesellschaft ihren Firmenwortlaut in „W***** AG *****“. Die Parteienbezeichnung war daher auf Antrag der klagenden Partei gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.

Zu II.:

Am 30. 8. 2003 ereignete sich auf der von der S***** GmbH betriebenen Sommerrodelbahn in B***** ein Unfall, bei welchem insgesamt 5 Personen verletzt wurden (Rosa M*****, Uwe und Kathrin S***** sowie deren Kinder Julia und Alexander). Die klagende Partei ist der Haftpflichtversicherer der Bahnbetreiberin, der an die Geschädigten Schadenersatz leistete. Der Erstbeklagte ist der Konstrukteur und Hersteller der Bahn sowie des in die Rodeln eingebauten Bremssystems; der Zweitbeklagte ist jener Sachverständige, der die Anlage auf ihre Sicherheit überprüfte. Gegenstand des Prozesses ist der auf § 67 VersVG gestützte Regressanspruch der klagenden Partei. Von folgendem Sachverhalt ist im Wesentlichen auszugehen:

Die Sommerrodelbahn besteht aus einem Schienenrohr („Alu-Rundrohr“) mit aufgeschweißtem Führungsprofil und ist etwa 30 bis 70 cm über dem Boden montiert. Die Abstützung erfolgt durch eine feuerverzinkte Stahlkonstruktion, die mit Erdnägeln im Erdreich verankert ist. Das Maximalgefälle der Bahn liegt bei 57 %.

Die S***** GmbH hatte dem Erstbeklagten im Jahr 1999 den Auftrag zur Herstellung der Bahn erteilt. Dieser nahm als Projektant auch an der an Ort und Stelle abgehaltenen „Bauverhandlung“ teil. Der Amtssachverständige hielt in seinem Gutachten fest, dass die Rodeln eine Höchstgeschwindigkeit von 10 m/sec (= 36 km/h) nicht überschreiten würden. Er schlug Auflagen vor, wonach ua eine Betriebsvorschrift auszuarbeiten und nach Fertigstellung der Gesamtanlage eine Abnahmeprüfung durch einen Zivilingenieur oder eine Prüfanstalt durchzuführen sei; die darüber auszustellende Bestätigung habe „einerseits die maximale Fahrgeschwindigkeit sowie Bremsverzögerung zu beinhalten und andererseits sind die Bremswerte bei trockener Fahrbahn als auch nasser Fahrbahn vorzunehmen“. Die Behörde übernahm diese Auflagen in ihren Genehmigungsbescheid vom 19. 7. 2000.

Schon dem vom Erstbeklagten mit der Erstellung eines Lageplans beauftragten Geometer und dem mit der Berechnung der Geschwindigkeiten und der einwirkenden Kräfte betrauten Mitarbeiter des T***** waren Fehler unterlaufen (Angabe eines zu geringen Maximalgefälles im Lageplan; Vernachlässigung der Kurvenwiderstände; Annahme eines zu hohen Luftwiderstandbeiwerts). Besonders schwerwiegend wirkte sich jedoch die Ausstattung der Rodeln mit einem (vor allem bei Nässe) unzulänglichen (aus Fliehkraftbremse, Federspeicherbremse und Kulissenbremse bestehenden) Bremssystem aus:

Die automatisch wirkenden Fliehkraftbremsen, welche die Höchstgeschwindigkeit durch Drehzahlbegrenzung auf maximal 40 km/h beschränken sollten, erbrachten infolge Unterdimensionierung und schlechter Wärmeabfuhr selbst bei trockenen Bedingungen keine ausreichende Bremsleistung. Bei Regen drang Regenwasser in die Fliehkraftbremsen ein, wodurch sich das Bremsmoment nach einigen hundert Metern Fahrt auf nur mehr 0,1 bis 0,3 nm (statt der vorgegebenen 15 nm) verringerte. Dies hatte zur Folge, dass schon bei Trockenheit Geschwindigkeiten bis zu 60 km/h und bei Nässe Geschwindigkeiten bis zu 78 km/h erzielt werden konnten, obwohl der behördliche Genehmigungsbescheid zulässige Höchstgeschwindigkeiten von zunächst 36 km/h, dann (2001) 40 km/h enthielt. Die Kulissenbremse, die mit einem Bedienhebel betätigt wird, hatte wiederum den Nachteil, dass der Hebel ergonomisch-geometrisch „äußerst ungünstig“ angeordnet war, weil er schräg zum Körper der Aufsassen zeigte. Körperlich schwächere Personen waren deshalb - noch dazu, wenn sie ein Kind vor sich sitzen hatten - nicht in der Lage, die erforderliche Bremskraft auf den Bedienhebel zu bringen, sodass sich dieser „bei sehr nassen Fahrbedingungen“ als unbrauchbar erwies.

Bei starker Nässe war das Bremssystem somit schlicht unbrauchbar. Dem Erstbeklagten waren diese Umstände bekannt. Dennoch gab er in einer von ihm verfassten technischen Beschreibung an, dass die Rodeln „nur eingebremst durch die Fliehkraftbremse (ohne Betätigung der Gleit- oder Kulissenbremse) theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit von 10,03 m/sec“ (= rund 36 km/h) erreichen würden. Auf einer Schautafel in der Talstation platzierte er außerdem folgenden Text: „Die extrem gute Kulissenbremse tritt durch das Anziehen des Hebels in Wirkung, auch bei Nässe.“ Beide Hinweise waren objektiv falsch.

Die Ausstattung mit auch bei Nässe gut funktionierenden Bremsen wäre mit wirtschaftlich und technisch vertretbaren Mitteln leicht möglich gewesen. Nach dem gegenständlichen Unfall wurden die Rodeln auch entsprechend umgebaut.

Der Zweitbeklagte erhielt den Auftrag zur Abnahmeprüfung der Anlage. Er teilte der Bahnbetreiberin bereits am 4. 8. 2000 mit, dass die Sommerrodelbahn den behördlichen Auflagen entspreche und gegen den Betrieb kein Einwand bestehe; ein ausführliches Gutachten werde demnächst erstellt. In diesem Gutachten (vom 13. 12. 2000), in dem er die Bahnbetreiberin als Auftraggeber bezeichnete, führte er aus, dass er die Geschwindigkeitsmessung unter Mithilfe eines Polizeibeamten mit einem Lasergeschwindigkeitsmessgerät (einer sogenannten „Radarpistole“) durchgeführt habe, die Zeitmessung sei mit einer Handstoppuhr erfolgt. Es hätten Messungen auf trockener und auf nasser Bahn stattgefunden, dabei seien Geschwindigkeiten zwischen 35 und 38 km/h gemessen worden. Die Bremsverzögerungen, die auf einem Streckenabschnitt mit einer Neigung von 21° ermittelt worden seien, hätten bei Trockenheit 5,2 bis 5,7 m/sec² und bei Nässe 3,5 bis 3,6 m/sec² betragen.

Die dem Gutachten zugrunde liegenden Geschwindigkeitsmessungen hatte der Zweitbeklagte nur an trockenen Abschnitten der Bahn, die Bremsversuche sowohl an trockenen als auch an - mittels einer Gießkanne - befeuchteten Stellen durchgeführt. Die Honorarnote für die Abnahmeprüfung richtete er an den Erstbeklagten, der den Rechnungsbetrag auch bezahlte.

Dem Gutachten war die vom Zweitbeklagten gemeinsam mit dem Betriebsleiter der Bahnbetreiberin ausgearbeitete Betriebsvorschrift angeschlossen, die ua folgende Punkte enthält:

5.06 Bei Nässe, Dunkelheit oder schlechten Sichtverhältnissen, die einen Betrieb nicht mehr gewährleisten, ist dieser einzustellen.

6.03 Falls durch außergewöhnliche Witterungsverhältnisse (zB Sturm, Gewitter, Regen) Gefahr für den Betrieb der Anlage besteht, ist der Betrieb einzustellen, und es sind auch die sonst erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und Schäden zu treffen. Die gesamte Anlage ist nach Gewittern und Platzregen zu kontrollieren.“

Mit Bescheid vom 3. 7. 2001 wurde auf Antrag der Bahnbetreiberin die Anhebung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 36 auf 40 km/h behördlich genehmigt. Aus diesem Anlass wiederholte der Zweitbeklagte die Geschwindigkeitsmessungen, wieder mit einem den Bahnbetrieb befürwortenden Resultat.

In den Folgejahren (2002 und 2003) führte der Zweitbeklagte im Auftrag der Bahnbetreiberin im Frühjahr vor der Inbetriebnahme der Bahn weitere Überprüfungen auf deren „ordnungsgemäßen, sicheren Zustand“ durch, den er jeweils bestätigte. Das Honorar wurde jeweils von der Bahnbetreiberin bezahlt.

Der Bahnbetreiberin war bekannt, dass es bei Nässe zu gefährlich werden könnte. Warntafeln mit dem Hinweis, dass bei Nässe nicht gefahren werden dürfte, waren weder bei der Tal- oder der Bergstation noch entlang der Strecke aufgestellt.

Die Bahn ist 2,2 km lang, die Fahrzeit beträgt (unter der Prämisse, dass die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h nicht überschritten wird) zumindest 4 Minuten. Am Unfalltag war der Himmel stark bewölkt. Ab dem Nachmittag bestand die Befürchtung, dass es zu regnen beginnen könnte. Der an der Bergstation Dienst verrichtende Ferialpraktikant meldete ab etwa 14 Uhr per Funk zur Talstation, dass es vermutlich gleich zu regnen beginnen werde. Der Betriebsleiter entschied jedoch, dass der Betrieb vorerst aufrecht erhalten bleibe. Erst gegen 16 Uhr ließ er keine Bergfahrten mehr zu. Er wies die Mitarbeiter in der Bergstation an, den Betrieb selbständig einzustellen, wenn es zu regnen beginnen sollte.

Die Personengruppe, der die Verunglückten angehörten, wurde noch zu Tal gelassen. Nachdem sie die Bergstation betreten hatten, hatten sie sich bei dem Studenten noch erkundigt, ob sie angesichts der schlechten Wetteraussichten noch ins Tal abfahren dürften. Dies wurde mit dem Hinweis bejaht, dass sie zügig fahren sollten.

Zuerst fuhr Harald G*****, dahinter Rosa M*****. Danach folgten Uwe S***** mit dem Sohn Alexander und Kathrin S***** mit der Tochter Julia. Als sich zumindest die ersten drei Rodeln bereits auf der Bahn befanden, begann es sehr stark zu regnen. Kathrin S***** blieb kurz nach dem Start noch stehen, um ihrer Tochter die Kapuze der Jacke überzuziehen. Harald G***** kam als Einziger unversehrt ins Tal. Bei allen anderen ließ die Wirkung der Bremsen zunehmend nach, bis sie schließlich ungebremst zu Tal rasten. Rosa M***** prallte in der Talstation mit voller Wucht gegen die geparkten Rodeln und zog sich Brüche (eines Lendenwirbels und der rechten Speiche) sowie eine Prellung des Dammbeinkamms zu. Uwe S***** hatte während der Fahrt seinen Sohn losgegurtet und auf eine Wiese geworfen; er selbst wurde aus dem Schlitten geschleudert, als seine Gattin auf ihn auffuhr. Während sein Sohn eine Schädelprellung erlitt, kam Uwe S***** mit Brand- und Schnittwunden an der Hand davon. Kathrin und Julia S***** stürzten kurz vor Erreichen der Talstation mitsamt der Rodel von der Bahn. Kathrin S***** erlitt eine Gelenksverrenkung des rechten Sprungbeinknochens und eine Beckenprellung, ihre Tochter brach sich das Schien- und das Wadenbein sowie den linken Daumen.

Aufgrund dieser Verletzungen sind Dauerfolgen nicht auszuschließen. Die klagende Partei muss daher mit weiteren Ansprüchen der Geschädigten rechnen.

Im Strafverfahren wurde der Betriebsleiter des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung rechtskräftig für schuldig erkannt; die beiden Beklagten wurden hingegen in zweiter Instanz freigesprochen. Der Erstbeklagte habe eine „Schönwettersommerrodelbahn“ gebaut und dies auch in der Betriebsvorschrift festgehalten; der Zweitbeklagte habe keinen eindeutigen Auftrag zur Überprüfung der Rodelbahn bei Regen gehabt.

Die klagende Partei begehrte mit der am 17. 8. 2006 beim Erstgericht eingelangten Klage von den beklagten Parteien (zuletzt) 91.140,87 EUR sA sowie die Feststellung deren Haftung für alle ihr künftig noch entstehenden „Schäden bzw Ersatzleistungen“ aus dem Unfall vom 30. 8. 2003. Der Erstbeklagte hafte, weil die von ihm errichtete Bahn nicht dem Stand der Technik entsprochen habe und das Bremssystem für den Fahrbetrieb bei Nässe völlig unbrauchbar gewesen sei. Es sei für ihn voraussehbar gewesen, dass bei nassen Witterungsverhältnissen ein sicheres Abfahren ins Tal nicht möglich sei. Dem Zweitbeklagten sei vorzuwerfen, ungeeignete Messmethoden und -punkte verwendet und die technischen Mängel des Bremssystems daher nicht erkannt zu haben. Er habe ferner eine Sicherheitsprüfung bei nassen Fahrbedingungen unterlassen und deshalb nicht erkannt, dass die vorgegebene Geschwindigkeit fast um das Doppelte überschritten worden sei. Das Fehlverhalten beider Beklagter sei für den Unfall kausal gewesen. Da die Anteile an den Schäden nicht bestimmbar seien, hafteten sie solidarisch. Die Ersatzansprüche der Bahnbetreiberin seien gemäß § 67 VersVG auf die klagende Partei übergegangen.

Der Erstbeklagte wandte ein, die Unfälle seien auf den extremen Regen zurückzuführen. Für solche Witterungsverhältnisse habe er die Rodelbahn nicht konstruiert. Die ua den Betrieb bei Nässe der Bahn untersagenden Regelungen der Betriebsvorschrift seien in allseitiger Kenntnis des Umstands getroffen worden, dass ein sicherer Betrieb nur bei Trockenheit gewährleistet sei. Das alleinige Verschulden liege bei der Bahnbetreiberin, die den Betrieb nicht rechtzeitig eingestellt habe.

Auch der Zweitbeklagte wandte das Alleinverschulden der Bahnbetreiberin ein. Er sei überdies nicht passiv legitimiert, weil er die Überprüfung der Rodelbahn vor deren Abnahme im Auftrag des Erstbeklagten vorgenommen habe. Er stehe in keiner vertraglichen Beziehung zur Bahnbetreiberin, sodass dieser keine Ansprüche zustünden, die auf die klagende Partei übergehen hätten können. Die Messungen habe er ordnungsgemäß durchgeführt, es sei nicht definiert worden, was unter einer „nassen“ Strecke zu verstehen sei.

Das Erstgericht erkannte das Leistungsbegehren dem Grunde nach als mit einem Viertel zu Recht bestehend und gab dem Feststellungsbegehren im Umfang eines Viertels statt. Das Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Zusätzlich zum eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt traf es noch folgende (in zweiter Instanz bekämpfte) Feststellungen:

Da die Fliehkraftbremsen die zur Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit erforderliche Bremsleistung selbst bei trockenen Bedingungen nicht erbrachten, was für mit der Materie vertraute Techniker erkennbar war, entsprach die Sommerrodelbahn insoweit nicht dem Stand der Technik. Nach dem Stand der Technik vorzugehen bedeutet, alle zum maßgeblichen Zeitpunkt auf einem bestimmten Gebiet bekannten und gesicherten Erkenntnisse von Wissenschaft, Technik und Erfahrung zum Einsatz zu bringen, wobei auch die technische und wirtschaftliche Machbarkeit zu berücksichtigen ist.

Der Zweitbeklagte verwendete ungeeignete Messpunkte und -methoden. Es ist technisch unabdingbar, dass nach Erbauung und Inbetriebnahme Geschwindigkeitsmessungen im gesamten Streckenbereich durchgeführt werden. Für die Ermittlung der höchsten Geschwindigkeit ist nicht allein das Gefälle der Bahn entscheidend. Die vom Zweitbeklagten gewählte Stelle, die in einer Kurvenkombination liegt und ein tatsächliches Gefälle von etwas mehr als 40 % aufweist, ist bei Weitem nicht die mit der tatsächlich höchsten Geschwindigkeit. Das maximale Gefälle der Rodelbahn beträgt 57 % und liegt bei Rohr Nr. 322. Da jedoch dort die Fahrgeschwindigkeit durch Kurvenwiderstände verringert wird, befindet sich die tatsächlich schnellste Stelle im Bereich des Streckenkilometers 2.010 bei Rohr Nr. 340, wo ein Gefälle von 46 bis 47 % nach einer 45 m langen geraden Schienenstrecke besteht. Der Lageplan des Geometers weist für diesen Bereich nur ein Gefälle von 36 % auf. Das liegt daran, dass der Geometer zur Bestimmung des Gefälles jeweils die Messpunkte zwischen zwei Richtungsänderungen verwendete. Der Mitarbeiter des T***** erwähnte diesen Umstand in seinen Berechnungen vom 16. 6. 2000 in einer Randbemerkung. Der Zweitbeklagte vernachlässigte hingegen diesen sehr entscheidenden Umstand.

Sichere Geschwindigkeitswerte wären nur bei Verwendung einer Messmethode mit Lichtschranken erzielbar gewesen. Messungen mit Laserpistolen sind aufgrund von Unschärfen durch Bewegungen des Rodlers einerseits und den sogenannten „Stufeneffekt“ andererseits zu ungenau. Hinsichtlich der Bremswirkung bei Nässe sind richtige Werte nur zu erzielen, wenn tatsächlich bei Regen gemessen wird; das Benetzen eines kurzen Abschnitts der Rodelbahn führt zu keinen realistischen Ergebnissen.

Aus sicherheitstechnischer Sicht wäre es die Aufgabe des mit der Überprüfung der Sommerrodelbahn beauftragten Zivilingenieurs gewesen, die Mängel des Bremssystems und die überhöhten Geschwindigkeiten zu erkennen und darauf aufmerksam zu machen. Der Zweitbeklagte führte keine Sicherheitsüberprüfungen bei nassen Bahnbedingungen durch. Bei Vornahme von Geschwindigkeitsmessungen bei nasser Witterung wäre leicht erkennbar gewesen, dass die vorgegebene Höchstgeschwindigkeit bei Weitem übertroffen werden kann. Der Zweitbeklagte hätte auch erkennen können, dass sich die Fliehkraftbremsen bei zunehmender Fahrzeit erwärmen und deshalb eine Messstelle weiter talwärts wählen müssen. Die jährliche Überprüfung der Sommerrodelbahn auf „ordnungsgemäßen, sicheren Zustand“ hätte auch wieder eine Prüfung der Bremswirkung und der erzielbaren Geschwindigkeiten umfassen müssen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich dabei im Vergleich zur Endabnahme im Jahr 2000 bzw 2001 keine Neuerungen ergeben hätten, wenn die Messpunkte und das Messsystem nicht verändert worden wären.

Der Betriebsleiter wusste, dass die Rodeln bei nassem Bahnzustand weit überhöhte und die Betriebssicherheit nicht gewährleistende Geschwindigkeiten erreichen, und erkannte auch die mangelhafte Bremsleistung auf nasser Fahrbahn. Es war für ihn erkennbar, dass sich durch einen Betrieb der Bahn bei nasser Witterung entgegen den Zulassungsbedingungen besonders gefährliche Verhältnisse einstellten und zwar insbesondere beim Mitfahren eines vor dem Lenker sitzenden Kindes und der damit einhergehenden Bewegungseinschränkung oder bei Personen mit unterdurchschnittlicher Armkraft. Dass ihm die gefährlichen Verhältnisse bei nassen Bedingungen bekannt waren, ergibt sich daraus, dass er - zumindest in der Anfangszeit - den Betrieb der Bahn in der Regel bereits vor Beginn des Regens bzw schon dann einstellte, wenn Regenwolken aufzogen. Ob der Regen bereits beim Losfahren der Kathrin S***** eingesetzt hatte, steht nicht fest.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Erstbeklagte habe damit rechnen müssen, dass sich auch bei Nässe (noch) Rodler auf der Bahn befinden könnten. Er hätte daher die technischen Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass selbst bei einsetzendem stärkerem Regen eine sichere Talfahrt noch möglich sei. Das Verschulden des Erstbeklagten werde durch den irreführenden Hinweis auf die auch bei Nässe „extrem gut“ funktionierende Kulissenbremse zusätzlich verstärkt.

Dem Zweitbeklagten seien die begangenen Fehler bei der Abnahmeprüfung, aber auch bei den jährlichen Überprüfungen vorzuwerfen; bei letzteren wären (abermals) Geschwindigkeits- und Bremswirkungsmessungen durchzuführen gewesen.

Das überwiegende Verschulden treffe aber die Bahnbetreiberin, die trotz Kenntnis der fast völlig fehlenden Bremswirkung bei starkem Regen und obwohl mit dem jederzeitigen Einsetzen von Regen zu rechnen gewesen sei, noch Rodler zum Start zugelassen habe.

Eine Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Lasten der Bahnbetreiberin sei angemessen; die klagende Partei habe sich deren Verschuldensanteil anrechnen zu lassen.

Das von sämtlichen Parteien angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es dem Klagebegehren, soweit sich dieses gegen den Erstbeklagten richtet, zur Gänze (hinsichtlich des Leistungsbegehrens nur dem Grunde nach) stattgab; im Übrigen, also hinsichtlich des Zweitbeklagten wies es das Klagebegehren hingegen ab. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Zur Haftung des Erstbeklagten führte das Berufungsgericht aus, der zwischen der Bahnbetreiberin und dem Erstbeklagten über die Herstellung der Sommerrodelbahn abgeschlossene Werkvertrag habe keine ausdrücklichen Vertragsbestimmungen über die Nässe-(un-)tauglichkeit der Bahn enthalten. Im Hinblick auf die Punkte 5.06 und 6.03 der Betriebsvorschrift müsse aber wohl Einvernehmen darüber bestanden haben, dass die Sommerrodelbahn grundsätzlich nicht bei Nässe bzw Regen betrieben werde. Hätte der Erstbeklagte die Rodeln mit vier statt nur mit zwei Fliehkraftbremsen versehen, diese Bremsen wasserfester gebaut, vor allem aber die Bedienhebel für die Kulissenbremse günstiger angeordnet und ausgestaltet, dann wären auch bei nassem Bahnzustand brauchbare, für ein sicheres Abbremsen ausreichende Bremseigenschaften erzielbar gewesen. Der Bahnbetreiberin sei zwar klar gewesen, dass die Bremsleistung bei Regen nachlassen und sich daraus ein gewisses Gefahrenpotenzial ergeben werde. Infolge des Hinweises auf die auch bei Nässe „extrem gut“ funktionierende Kulissenbremse habe sie jedoch davon ausgehen dürfen, dass sich die Rodeln auch bei Nässe bremsen lassen „und zwar zumindest so gut, dass man trotz feuchtigkeitsbedingt verlängerter Bremswege bei entsprechend angepasster Fahrweise (früherer, länger andauernder und/oder stärkerer Bremseinsatz) einigermaßen sicher ins Tal komme. Die Bahnbetreiberin habe jedenfalls nicht damit rechnen müssen, dass es unter gewissen Umständen zu einem völligen Ausfall der Bremsleistung und somit dazu kommen könnte, dass mit Personen besetzte Rodeln unkontrollierbar und unbeherrschbar talwärts rasen. Unabhängig von der Existenz spezieller Rechtsvorschriften oder einschlägiger technischer Normen für derartige Anlagen sei es allgemein sorgfaltswidrig und daher auch vertragswidrig, eine Sommerrodelbahn mit solchen Mängeln herzustellen. Der Erstbeklagte hätte auf die Möglichkeit plötzlich einsetzenden Regens Bedacht nehmen, wenigstens aber die Bahnbetreiberin nachhaltig und ausdrücklich auf die ganz außergewöhnliche Gefahr hinweisen müssen. Die Anordnung in der Betriebsvorschrift, den Betrieb bei Nässe einzustellen, reiche dazu nicht aus. Den ihm nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis, dass ihn an der konstatierten Sorgfalts- bzw Vertragswidrigkeit kein Verschulden treffe, habe der Erstbeklagte nicht erbracht.

Ein ins Gewicht fallendes Mitverschulden der Bahnbetreiberin liege nicht vor:

Der Erstbeklagte habe diesbezüglich nur geltend gemacht, der Bahnbetreiberin sei bekannt gewesen, dass sich die Bremswirkung bei Nässe als problematisch bzw schlecht(er) darstelle, (deshalb) ein sicherer Betrieb nur bei Trockenheit gewährleistet sei und (dementsprechend) auf der Rodelbahn nur bei Trockenheit gefahren werden dürfe; ungeachtet dessen habe sie die später Verletzten trotz erkennbar drohenden Regens, Kathrin S***** und deren Tochter sogar erst nach dem Einsetzen leichten Regens abfahren lassen. Die Feststellung des Erstgerichts, der Bahnbetreiberin sei bekannt gewesen, dass es bei Nässe im Hinblick auf die den Fahrgästen mangelnde Fahrpraxis zu gefährlich werden könnte, sei durch diesen Einwand gedeckt.

Auf weitere - von der klagenden Partei bekämpfte - Feststellungen (der Betriebsleiter habe gewusst, dass bei nassem Bahnzustand weit überhöhte und die Betriebssicherheit nicht mehr gewährleistende Geschwindigkeiten erreicht werden; für ihn sei erkennbar gewesen, dass sich durch einen Betrieb der Bahn bei nasser Witterung - insbesondere beim Mitfahren eines Kindes und der damit einhergehenden Bewegungseinschränkung des Fahrers oder bei Personen mit unterdurchschnittlicher Armkraft - besonders gefährliche Verhältnisse einstellen) treffe dies allerdings nicht zu. Prozessbehauptungen des Erstbeklagten über die konkrete Kenntnis des Betriebsleiters lägen nicht vor. Damit scheide eine Berücksichtigung dieser Feststellungen von vornherein aus.

Der Bahnbetreiberin sei somit nur anzulasten, „über die grundsätzlich mit einem Bahnbetrieb verbundene Gefahrenerhöhung Bescheid gewusst zu haben, die aus einer nässebedingten Verminderung der Bremsleistung bzw Verlängerung des Bremswegs resultiert, der durch ein früheres, längeres und/oder stärkeres Bremsen zu begegnen ist. Hingegen kann ihr schon mangels eines entsprechenden Vorwurfs des Erstbeklagten nicht unterstellt werden, sie sei (auch) darüber in Kenntnis gewesen, dass die Rodeln sich bei bestimmten Bedingungen (Einsetzen von Starkregen, Mitfahren eines Kindes und/oder geringe Armkraft des Fahrers) überhaupt nicht mehr bremsen lassen und (unter größter Gefahr für die körperliche Integrität und das Leben der Fahrgäste) unkontrolliert talwärts rasen würden.“

Der Betriebsvorschrift sei nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass der Betrieb auch schon vor Einsetzen von Regen einzustellen sei. Ein derartiges Verständnis würde darauf hinauslaufen, dass die Bahn nur bei wolkenlosem oder kaum bewölktem Himmel benützt werden dürfe, was zu einer empfindlichen Einschränkung ihrer Betriebszeit führen würde. Eine verlässliche Prognose, wann Regen einsetzen werde, sei in der Regel nicht möglich. Im Zweifel sei der Bahnbetreiberin daher zuzubilligen, dass sie den Betrieb erst bei tatsächlich einsetzendem Regen stoppe. Der Umstand, dass sie den Betrieb am Unfalltag trotz (schon während des gesamten Nachmittags) drohenden Regens nicht früher eingestellt habe, begründe demnach kein Mitverschulden.

Ein solches sei aus den Feststellungen auch nicht für die Schäden von Kathrin und Julia S***** ableitbar. Die das Einsetzen des Regens vor oder nach dem Start ihrer Rodel betreffende Negativfeststellung werde zwar von beiden Seiten bekämpft. Diese Tatfrage könne jedoch dahingestellt bleiben, womit sich auch ein Eingehen auf die wegen Unterbleibens einer (nochmaligen) Einvernahme der Kathrin S***** ausgeführte Mängelrüge erübrige. Sollte es nämlich tatsächlich schon bei bzw unmittelbar vor deren Losfahren zu regnen begonnen haben, so wäre dies im Vergleich zur „Alternativkonstellation“ eines noch zulässigen Wegfahrens unmittelbar vor Einsetzen des Regens nicht ausschlaggebend dafür gewesen, ob und in welchem Ausmaß ein Schaden eingetreten sei; sei doch der Sturz von der Bahn ohnedies erst nach einer knapp 2 km langen Fahrt erfolgt. Es sei daher davon auszugehen, dass der genaue Zeitpunkt des Beginns des Regens keinen Einfluss auf den Ablauf und die Verletzungsfolgen gehabt habe. Hätte aber der Verstoß gegen die Betriebsvorschrift zu keinen anderen und/oder schwereren Schadensfolgen als das alternativ erlaubte Verhalten geführt, könne daraus kein oder bloß ein zu vernachlässigendes Mitverschulden abgeleitet werden.

Zur (verneinten) Haftung des Zweitbeklagten führte das Berufungsgericht aus, die Feststellungen über die Erteilung des Auftrags zur Durchführung der Abnahmeprüfung seien dahin zu verstehen, dass in Wahrheit der Erstbeklagte Auftraggeber gewesen sei. Der Bahnbetreiberin stünden daher keine (direkten) vertraglichen Ansprüche gegen den Zweitbeklagten wegen allfälliger Mängel des Gutachtens zu. Auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter könne sich die Bahnbetreiberin deshalb nicht berufen, weil sie deckungsgleiche vertragliche Ansprüche gegen den Erstbeklagten habe. Eine deliktische Haftung komme ebenfalls nicht in Betracht, weil bei der Bahnbetreiberin ein bloßer Vermögensschaden eingetreten sei. Fehler bei der Abnahmeprüfung könnten daher nur im (weiteren) Regressverhältnis zwischen den beiden Beklagten von Bedeutung sein.

Die nachfolgenden Überprüfungen in den Jahren 2001 bis 2003 seien zwar im Auftrag der Bahnbetreiberin erfolgt. Da sich der Unfall bei trockenen Bedingungen nicht ereignet hätte, komme es darauf an, ob die Schwäche des Bremssystems bei Nässe für den Zweitbeklagten erkennbar gewesen sei. Bei der Nässeuntauglichkeit der Bremsen handle es sich um einen konstruktionsbedingten Systemfehler, den der Zweitbeklagte bereits bei der Abnahmeprüfung erkennen hätte müssen. Es sei von ihm aber nicht zu verlangen, diese „systembezogenen Überlegungen und Versuche“ bei jeder weiteren Überprüfung zu wiederholen. Diese Überprüfungen hätten sich vielmehr auf die Klärung beschränken können, ob es seit der letzten Prüfung zu relevanten Veränderungen (etwa durch Verschleiß oder Schäden) an der Bahn oder den Rodeln gekommen sei. Aus diesem Grund gelange man im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu dem Ergebnis, dass die Prüfungsaufträge der Bahnbetreiberin nicht auch die Verpflichtung umfassten, „die tatsächliche Bremswirkung und Höchstgeschwindigkeit der Rodeln (insbesondere auch bei Nässe) jährlich aufs Neue durch aufwändige empirische Versuche und Messreihen zu ermitteln (und damit immer wieder die grundsätzliche Eignung des gewählten Bremssystems unter Beweis zu stellen)“. Die Unterlassung solcher Messungen begründe daher keine Vertragswidrigkeit und damit auch keine Haftung des Zweitbeklagten. Auf dessen Tatsachen- und Mängelrüge sei nicht weiter einzugehen.

Gegen diese Berufungsentscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Erstbeklagten. Während die klagende Partei beantragt, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens auch gegenüber dem Zweitbeklagten abzuändern, strebt der Erstbeklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens an. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Zweitbeklagte und die klagende Partei begehren in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen jeweils, die gegnerische Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig, weil dem Berufungsgericht bei der Beurteilung der Haftungsfrage eine im Sinne der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Sie sind auch teilweise berechtigt.

Der Erstbeklagte macht im Wesentlichen geltend, das Berufungsgericht habe den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Werkvertrag falsch ausgelegt, habe doch über den Nichtbetrieb der Bahn bei Regen und Nässe Einvernehmen geherrscht; dem Aushang in der Talstation komme für die Ermittlung des Vertragsinhalts keine Bedeutung zu. Es habe aber auch ein Mitverschulden der Bahnbetreiberin grob unrichtig verneint. Die Kenntnis von den gefährlichen Fahrverhältnissen bei Streckennässe hätte sie dazu veranlassen müssen, den Bahnbetrieb schon bei drohendem Regen einzustellen. Schließlich habe das Berufungsgericht die Eigenschaft der behördlich genehmigten Betriebsvorschrift als Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB verkannt.

Die klagende Partei steht auf dem Standpunkt, aus den Auftragserteilungen in den Jahren 2002 und 2003 sei rückzuschließen, dass die Bahnbetreiberin auch schon Auftraggeber des Abnahmegutachtens gewesen sei. Das Berufungsgericht habe dem Zweitbeklagten zu Unrecht zugestanden, sich bei den Überprüfungen in den Jahren 2002 und 2003 auf seine Fehler bei der Abnahmeprüfung „verlassen“ zu dürfen und von den bei jeder Sicherheitsprüfung erforderlichen Messungen Abstand zu nehmen. Die Nichtbehebung der seinerzeitigen Fehler anlässlich der Folgeüberprüfungen sei vertragswidrig gegenüber der Bahnbetreiberin.

Hiezu wurde erwogen:

1. Zum Anspruchsübergang nach § 67 VersVG:

1.1 Diese Bestimmung, die auch in der Haftpflichtversicherung gilt (RIS-Justiz RS0080632), normiert, dass ein Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer übergeht, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung setzt die darin geregelte Legalzession nicht die Befriedigung der Forderung eines Dritten voraus, sondern die Befriedigung des Versicherungsnehmers, die in der Haftpflichtversicherung durch die Deckung des Drittschadens geschieht (2 Ob 78/06v mwN; RIS-Justiz RS0081235 [T1]). Der Ausdruck „Schadenersatzansprüche“ in § 67 VersVG erfasst nicht nur Schadenersatzansprüche im engeren Sinn; er ist vielmehr im weitesten Sinn dahin zu verstehen, dass er sich auch auf Regressansprüche, Ausgleichsansprüche, Bereicherungsansprüche etc bezieht. Durch den Forderungsübergang ändert sich die Rechtsnatur des Anspruchs nicht (2 Ob 78/06v; RIS-Justiz RS0080594, RS0080533).

1.2 Im vorliegenden Fall resultiert der Schaden der Bahnbetreiberin (unstrittig) aus ihrer eigenen Haftpflicht gegenüber den geschädigten Dritten. Die klagende Partei behauptet auf sie übergegangene Schadenersatzansprüche gegen die beiden Beklagten, die jeweils auf der Schlechterfüllung der mit der Bahnbetreiberin abgeschlossenen Verträge beruhen. Da sich die Rechtsstellung des haftpflichtigen Schädigers durch den Forderungsübergang nicht ändert, stehen den Beklagten alle Einwendungen offen, die ihnen auch gegenüber der Bahnbetreiberin zugestanden wären. Dies ist hier insbesondere für den erhobenen Einwand des Allein- bzw Mitverschuldens der Bahnbetreiberin relevant (2 Ob 332/00p).

2. Zur Haftung des Erstbeklagten:

2.1 Der Erstbeklagte wurde im Jahr 1999 von der Bahnbetreiberin beauftragt, eine Sommerrodelbahn zu planen und herzustellen, sowie die als Zubehör zu liefernden Fahrbetriebsmittel (Rodeln) mit geeigneten Bremsen auszustatten. Das Berufungsgericht beurteilte dieses Vertragsverhältnis als Werkvertrag, was erkennbar auch der Rechtsauffassung der Streitteile entspricht. Dagegen bestehen trotz der Zweifelsregel des § 1166 ABGB keine Bedenken, ist doch bei der Errichtung einer derartigen, von den örtlichen Gegebenheiten abhängigen, weitläufigen Anlage typischerweise davon auszugehen, dass der Parteiwille auf die Erbringung einer nach den Bedürfnissen und Wünschen des Bestellers individualisierten Leistung statt auf die Lieferung einer nur gattungsmäßig bestimmten Sache (dies würde einen Kaufvertrag indizieren) gerichtet war (vgl 2 Ob 85/05x; RIS-Justiz RS0021657; M. Bydlinski in KBB³ § 1166 Rz 1).

Überlegungen zu sachenrechtlichen Aspekten, zur Kaufmannseigenschaft des Erstbeklagten (im Sinne der hier noch maßgeblichen §§ 1 ff HGB) und zu einer allfälligen Mängelrügepflicht nach den §§ 377, 381 Abs 2 HGB, die auch für den Schadenersatzanspruch des Rügepflichtigen von Bedeutung wäre (RIS-Justiz RS0022870; vgl Kramer in Straube, HGB³ I §§ 377, 378 Rz 53), wurden von den Parteien nicht angestellt und können schon mangels entsprechenden Vorbringens des insoweit behauptungspflichtigen Erstbeklagten auf sich beruhen (vgl RIS-Justiz RS0062341, RS0062662; Kramer aaO §§ 377, 378 Rz 28).

2.2 § 922 ABGB, der gemäß § 1167 letzter Satz ABGB (jeweils in der vor dem Inkrafttreten des GewRÄG 2001 geltenden Fassung) auch auf Werkverträge zur Anwendung kommt, bestimmt, dass nicht nur für die ausdrücklich bedungenen, sondern auch für die gewöhnlich dabei vorausgesetzten Eigenschaften Gewähr zu leisten ist. Daraus folgt, dass diese Eigenschaften mangels gegenteiliger Abrede als stillschweigend mitvereinbart gelten, wobei für die Konkretisierung des Leistungsinhalts im Einzelnen die Verkehrsauffassung und die Natur des Geschäfts von Bedeutung sind (vgl RIS-Justiz RS0114333; Reischauer in Rummel, ABGB³ I §§ 922, 923 Rz 4; P. Bydlinski in KBB³ § 922 Rz 9).

In ständiger Rechtsprechung wird etwa die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines von einem Händler erworbenen Gebrauchtwagens als schlüssig zugesichert angesehen (1 Ob 414/97g; RIS-Justiz RS0110191). Ein Unternehmer, der eine Reifenfachwerkstätte betreibt, gebe zu erkennen, dass er über jene technischen Kenntnisse verfüge, die für die betriebssichere Ausrüstung von Fahrzeugen mit Reifen notwendig sind. Von ihm könne erwartet werden, dass er überdurchschnittliche Sorgfalt darauf verwende, Fahrzeuge mit geeigneten Reifen auszustatten und diese betriebssicher zu montieren (SZ 45/75).

Diese Grundsätze sind auch auf einen Werkvertrag übertragbar, bei dem die Hauptleistungspflicht des Unternehmers in der Herstellung einer Sommerrodelbahn und der Ausstattung der Rodeln mit einem tauglichen Bremssystem besteht. Der Besteller kann nach der Verkehrsauffassung in einem solchen Fall erwarten, dass ihm die nach seinen Bedürfnissen errichtete Anlage samt Zubehör in verkehrs- und betriebssicherem Zustand übergeben wird. Diese Beschaffenheit entspricht auch der Natur des Geschäfts, ist doch den Vertragsparteien klar gewesen, dass die Anlage dem öffentlichen Verkehr, somit auch Kindern, gewidmet ist. Dies setzt aber geeignete Vorkehrungen zur Sicherstellung der gefahrlosen Benützung geradezu als selbstverständlich voraus.

In diesem Sinne hat ja auch der Betreiber der Anlage selbst alles Zumutbare vorzukehren, um eine gefahrlose Benützung der Anlage durch seine Kunden zu ermöglichen (vgl 1 Ob 570/85; 6 Ob 2343/96v; 5 Ob 52/09x; RIS-Justiz RS0113602), woraus sich sein inhaltsgleiches Interesse an einer entsprechenden Ausführung der Anlage ergibt.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Herstellung einer verkehrs- und betriebssicheren Sommerrodelbahn (einschließlich der Rodeln) vertraglich geschuldeter Leistungsgegenstand des Erstbeklagten war. Das erforderte die Bedachtnahme auf alle vorhersehbaren Sicherheitsrisiken, zu denen auch -  von der Bahnbetreiberin nicht rechtzeitig erkannte oder ignorierte - Wetterumschwünge zu zählen sind. Zur Ausschaltung der daraus resultierenden Gefahren war es daher unumgänglich, die Rodeln mit Bremsen auszustatten, die auch bei plötzlich einsetzendem Regen eine sichere Beendigung der Fahrt ermöglichen.

2.3 Auf die Unkenntnis dieser qualitativen Anforderungen an die von ihm zu erbringende Leistung kann sich der Erstbeklagte nicht berufen, hat er doch von der Bahnbetreiberin den ein bestimmtes Können und Fachwissen voraussetzenden Auftrag übernommen, sodass er als Sachverständiger iSd § 1299 ABGB gilt. Der Umstand, dass in der - nicht von ihm, sondern vom Zweitbeklagten gemeinsam mit dem Betriebsleiter der Bahnbetreiberin erarbeiteten - Betriebsvorschrift (ua) bei Nässe und Regen die Einstellung des Bahnbetriebs durch die Betreiberin verpflichtend vorgesehen ist, lässt entgegen seiner Auffassung keine abweichende Beurteilung zu. Im Sinne der obigen Ausführungen durfte sich der Erstbeklagte nicht darauf verlassen, dass sich bei Regen keine Rodeln auf der Bahn befinden könnten.

Da das Bremssystem der Rodeln für diese Fälle nicht geeignet war, hat der Erstbeklagte den Werkvertrag nur mangelhaft erfüllt.

2.4 Nach den (insoweit unbekämpften) Feststellungen der Vorinstanzen unterließ es der Erstbeklagte, die Rodeln mit auch bei Nässe gut funktionierenden Bremsen auszustatten, obwohl dies mit wirtschaftlich und technisch vertretbaren Mitteln leicht möglich gewesen wäre. Dabei war ihm bewusst, dass mit den von ihm eingebauten Bremsen bei „sehr nasser Witterung“ ein sicheres Abfahren mit den Rodeln nicht mehr möglich ist. Dennoch bewarb er auf einer Schautafel in der Talstation die auch bei Nässe „extrem gut“ wirkende Kulissenbremse. Aus diesen Umständen ist abzuleiten, dass der Mangel der Werkleistung auf einer Verletzung der vom Erstbeklagten und seinen Fachgenossen typischerweise geschuldeten Sorgfalt beruht.

Der Erstbeklagte hat den ihm nach § 1298 ABGB obliegenden Beweis seines fehlenden Verschuldens (8 Ob 158/08f; 8 Ob 127/09y; RIS-Justiz RS0112247) nicht erbracht. Er hat daher der Bahnbetreiberin gegenüber für die durch den Mangel verursachten Folgeschäden einzustehen.

3. Zur Haftung des Zweitbeklagten:

3.1 Das Erstgericht unterließ die Feststellung, wer den Zweitbeklagten im Jahr 2000 (und 2001) mit der Abnahmeprüfung der Anlage beauftragt hat. Das Berufungsgericht hat diesen Feststellungsmangel nicht aufgegriffen, sondern die vorhandenen Feststellungen dahin ausgelegt, dass nicht die Bahnbetreiberin, sondern der Erstbeklagte Auftraggeber des Zweitbeklagten war. Diese Auslegung ist aber keineswegs zwingend, hat doch der Zweitbeklagte in seinem damaligen Gutachten die Bahnbetreiberin, an die auch der Bescheid adressiert war, als Auftraggeber bezeichnet und gemeinsam mit ihrem Betriebsleiter die Betriebsvorschrift erstellt. Demgegenüber erscheint es eher sekundär, dass der Erstbeklagte das Honorar beglich. Letztlich ist aber die Frage, in wessen Auftrag der Zweitbeklagte in den Jahren 2000 und 2001 tätig wurde, aus den folgenden Gründen ohnedies nicht entscheidungsrelevant:

3.2 Der Zweitbeklagte wurde in den Jahren 2002 und 2003 (unstrittig) von der Bahnbetreiberin gegen Entgelt jeweils damit beauftragt, die Anlage auf ihren „ordnungsgemäßen, sicheren Zustand“ zu überprüfen. Auch der Vertrag über die Erstellung eines derartigen Gutachtens ist ein Werkvertrag (vgl SZ 57/140; RIS-Justiz RS0021664), bei dem sich die für den Gutachter gebotene Sorgfalt nach dem Maßstab des § 1299 ABGB richtet (RIS-Justiz RS0112247).

3.3 Vertragsgegenstand war jeweils ein Gutachten über die Verkehrs- und Betriebssicherheit der Bahn und der Rodeln. Irgendwelche Beschränkungen des Prüfungsumfangs enthielten die Aufträge der Bahnbetreiberin nicht. Das im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung erzielte gegenteilige Ergebnis des Berufungsgerichts vermag nicht zu überzeugen. Gerade wenn - wie das Berufungsgericht annahm - der Auftraggeber der Abnahmeprüfung mit jenem der Folgeaufträge nicht ident war, konnte sich der Zweitbeklagte diesem gegenüber nicht auf frühere Messungsergebnisse berufen (was er ohnehin nicht tat). Davon abgesehen entsprach es dem Interesse der Bahnbetreiberin, vor dem Saisonbeginn Aufschluss über alle sicherheitsrelevanten Umstände zu erlangen, um gegebenenfalls zwecks Hintanhaltung ihrer eigenen Haftung die erforderlichen Vorkehrungen veranlassen zu können. Diese - allgemein einleuchtende - Interessenlage musste auch dem Zweitbeklagten als Fachmann geläufig sein.

In Punkt 2. wurde schon erörtert, dass zu den für die Sicherheit bedeutsamen Umständen auch die erzielbaren Geschwindigkeiten und Bremsverzögerungen unter vorhersehbaren Witterungsbedingungen zu zählen sind. Dass dabei - trotz des Inhalts der Betriebsvorschrift - auch die Möglichkeit plötzlich einsetzenden Regens beachtet werden musste, wurde dort ebenfalls bereits dargelegt.

3.4 § 1299 ABGB geht von einem objektiven Maßstab aus, wobei es auf die übliche Sorgfalt jener Personen ankommt, die die betreffende Tätigkeit ausüben (2 Ob 51/09b; RIS-Justiz RS0026524). In Bezug auf die Frage der schadensverursachenden Haftung ist der Gutachtensauftrag jener Maßstab, an dem die Tauglichkeit und Richtigkeit des Gutachtens zu messen ist (2 Ob 51/09b).

Wie der Zweitbeklagte in seiner Berufung selbst zugestand, blieb die Untauglichkeit des Bremssystems der Rodeln bei Regennässe deshalb unerkannt, weil er keine Messungen bei nasser Witterung vorgenommen hat (AS 331). Seine Auffassung, derartige Messungen seien vom Auftrag der Bahnbetreiberin nicht erfasst gewesen, beruht nach den obigen Darlegungen auf einer Fehlinterpretation. Gerade wenn, wie der Zweitbeklagte aus dem Wortlaut der Verhandlungsschrift und des behördlichen Genehmigungsbescheids vom 19. 7. 2000 abzuleiten sucht, der seinerzeitige Auftrag solche Messungen nicht umfasst haben sollte (dieser Frage ist nicht weiter nachzugehen), hätten sie umso eher im Rahmen der späteren, keinen Einschränkungen unterworfenen Überprüfungsaufträge nachgeholt werden müssen.

3.5 Der Zweitbeklagte haftet - Kausalität vorausgesetzt - als Sachverständiger im Rahmen des Vertragsverhältnisses zur Bahnbetreiberin nach § 1300 Satz 1 ABGB bereits dann, wenn er durch bloß fahrlässiges Verhalten einen reinen Vermögensschaden verursacht hat (vgl 4 Ob 137/10s; Karner in KBB³ § 1295 Rz 2). Der Zweitbeklagte hat jeweils den „sicheren Zustand“ der Anlage bestätigt und damit eine (objektiv) unrichtige Auskunft erteilt. Der Grund dafür lag darin, dass der Zweitbeklagte die erforderlichen Messungen von Geschwindigkeiten und Bremsverzögerungen bei nasser Witterung unterließ. Als Fachmann hätte er aber die Notwendigkeit solcher Messungen erkennen müssen, weshalb ihm Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Da sich das nicht erkannte Sicherheitsrisiko bei dem Unfall in voller Tragweite verwirklicht hat, war die unrichtige Auskunft für den Schadenseintritt auch kausal.

Der Zweitbeklagte hat daher gemäß § 1300 Satz 1 ABGB für die Folgen seiner unrichtigen Auskunft einzustehen. Auf die von ihm bekämpften Feststellungen über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit der Messmethoden und Messpunkte der Messungen in den Jahren 2000 und 2001 kommt es nicht entscheidend an. Die (ebenfalls bekämpften) Feststellungen zu dem sich aus den späteren Überprüfungsaufträgen (2002 und 2003) ergebenden Umfang seiner Leistungspflicht beinhalten überwiegend Rechtsausführungen, die der - soeben überprüften - rechtlichen Beurteilung des Falls zuzurechnen sind.

4. Zum Mitverschulden der Bahnbetreiberin:

4.1 Eine Betriebsvorschrift, auch wenn sie sich nur an Betriebsangehörige richtet, ist ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB, wenn sie auf dem Bescheid einer Verwaltungsbehörde beruht und hiedurch eine Gefährdung von Personen vermieden werden soll (5 Ob 223/08t; RIS-Justiz RS0027539). Sie wird Bestandteil der mit den Kunden des Betreibers einer Anlage begründeten Vertragsverhältnisse und löst auf Seiten des Betreibers vertragliche Nebenpflichten aus (vgl 2 Ob 84/08d; RIS-Justiz RS0023697, RS0023706).

Der Bahnbetreiberin wurde in der auf einer Auflage des Bescheids vom 19. 7. 2000 beruhenden Betriebsvorschrift die Verpflichtung auferlegt, den Betrieb (ua) bei Nässe, die einen Betrieb nicht mehr gewährleistet (5.06), oder bei Gefahr für den Betrieb der Anlage durch außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, wie etwa Sturm, Gewitter oder Regen (6.03), einzustellen und „auch die sonst erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und Schäden zu treffen“ (6.03). Ihrem Sinn nach sind diese Vorschriften insgesamt dahin auszulegen, dass im Interesse der Bahnbenützer jedes witterungsbedingte Sicherheitsrisiko vermieden werden soll. Das bedeutet, dass der Betrieb nicht erst nach Einsetzen des Regens, sondern bereits bei drohendem Niederschlag einzustellen ist.

Auch in anderem Zusammenhang (etwa der Streupflicht) obliegt dem Verkehrssicherungspflichtigen die Beobachtung der Wetterlage, wenn Anhaltspunkte für deren bedenkliche Entwicklung bestehen (vgl 2 Ob 21/05k; 2 Ob 59/05y; 2 Ob 115/08p). Dies entspricht auch dem Sicherheitsbedürfnis beim Betrieb von Sommerrodelbahnen (vgl dazu auch Rzeszut/Wallner, Sorgfaltspflichten beim Betrieb und bei der Benützung von „Sommerrodelbahnen“, ZVR 2007/203, 316 [317 und 318 f] zur - allerdings keine Rechtsnormqualität aufweisenden - These 9 des 24. Ötztaler Diskussionsforums).

4.2 Im vorliegenden Fall konnte für den Betriebsleiter kein Zweifel bestehen, dass mit Niederschlag zu rechnen war; hatte doch sogar der Ferialpraktikant in der Bergstation schon „ab 14.00 Uhr“ mitgeteilt, dass es vermutlich gleich regnen werde und hatten selbst die später Verunglückten vor der Fahrt noch gefragt, „ob sie angesichts der schlechten Wetteraussichten mit der Rodel noch ins Tal fahren könnten“. Dem Betriebsleiter war überdies bekannt, dass es „bei Nässe zu gefährlich werden könnte.“ Unter diesen Umständen hätten aber die Fahrten der später Verunglückten nicht mehr zugelassen werden dürfen.

Darin, dass dies dennoch geschah, liegt das Verschulden der Bahnbetreiberin, das ihre Haftung gegenüber den Geschädigten begründete und im Regressprozess gegen die Beklagten als Mitverschulden am Eintritt ihres Vermögensschadens zu berücksichtigen ist.

5. Zur Verschuldensteilung:

Den Erstbeklagten trifft der Vorwurf, bei der Ausstattung der Rodeln mit einem für nasse Witterungsbedingungen untauglichen Bremssystem wesentliche Sicherheitsaspekte vernachlässigt zu haben. Dem Zweitbeklagten ist anzulasten, dass er die Sicherheit der Anlage bestätigte, ohne die erforderlichen Messungen bei nassen Bedingungen je durchgeführt zu haben. Beide Vertragsverletzungen waren für den Unfall und damit für den Schaden der Bahnbetreiberin kausal, den die klagende Partei durch ihre bisherigen (und künftigen) Versicherungsleistungen abzudecken hat. Mangels Bestimmbarkeit der von ihnen jeweils verursachten Schadensanteile haften die Beklagten nach § 1302 ABGB solidarisch (RIS-Justiz RS0026719).

Aber auch das Fehlverhalten der Bahnbetreiberin wiegt schwer, weil sie in der konkreten Situation die Gefahr beherrschte und aus kommerziellen Gründen ein Sicherheitsrisiko eingegangen ist. Es erscheint daher sachgerecht, das Ausmaß ihres Mitverschuldens mit der Hälfte zu bemessen.

6. Ergebnis und Kosten:

Aus den dargelegten Gründen kommt beiden Revisionen teilweise Berechtigung zu. Das Teil- und Zwischenurteil der Vorinstanzen ist daher im Sinne gleichteiligen Verschuldens abzuändern, wobei dem Urteilsspruch hinsichtlich des Feststellungsbegehrens eine klarere Fassung zu geben war (RIS-Justiz RS0039357, RS0041254).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2, hinsichtlich des Zwischenurteils auf § 393 Abs 4 ZPO.

Schlagworte

Gruppe: Verkehrsrecht,Verkehrsopfergesetz

Textnummer

E95815

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00007.10H.1202.000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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