Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schilhan als Schriftführerin in der Strafsache gegen Philipp B***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 1 U 84/10d des Bezirksgerichts Schärding, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 9. August 2010, GZ 1 U 84/10d-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Seidl, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 9. August 2010, GZ 1 U 84/10d-11, verletzt § 494a Abs 1 Z 3 StPO, §§ 12 Abs 1, 15 Abs 1, 16 Abs 1 JGG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die nachträgliche Straffestsetzung sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur Strafneubemessung an das Bezirksgericht Schärding verwiesen.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis vom 16. Juni 2010 auf nachträgliche Straffestsetzung zum Verfahren AZ 1 U 107/09k des Bezirksgerichts Schärding wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit - in gekürzter Form ausgefertigtem - Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 16. November 2009, GZ 1 U 107/09k-9, wurde der am 8. September 1993 geborene Philipp B***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Gemäß § 12 Abs 1 JGG fällte das Bezirksgericht einen Schuldspruch, sah aber von einem Strafausspruch ab.
Mit - gleichfalls gekürzt ausgefertigtem - Urteil vom 9. August 2010, GZ 1 U 84/10d-11, erkannte das selbe Gericht Philipp B***** neuerlich des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig. Er wurde hiefür - im Sinne der Anträge der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis vom 16. Juni 2010 (ON 7) - unter Einbeziehung des Schuldspruchs des Bezirksgerichts Schärding vom 16. November 2009, GZ 1 U 107/09k-9, und gleichzeitiger nachträglicher Straffestsetzung gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO iVm §§ 15, 16 JGG zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je neun Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht dieser Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Ein Schuldspruch ohne Strafe gemäß § 12 Abs 1 JGG erfolgt endgültig, also ohne Festsetzung einer Probezeit, sodass in einem solchen Fall weder ein nachträglicher Strafausspruch gemäß §§ 15 Abs 1, 16 Abs 1 JGG noch ein Absehen davon (§ 15 Abs 2 JGG) möglich und somit auch keine Strafbemessung gemäß § 494a Abs 1 Z 3 StPO vorgesehen ist (Schroll in WK² JGG § 12 Rz 14; RIS-Justiz RS0096655).
Die Einbeziehung des vom Bezirksgericht Schärding mit Urteil vom 16. November 2009 erfolgten Schuldspruchs nach § 12 JGG in das Verfahren AZ 1 U 84/10d dieses Gerichts entbehrt daher einer gesetzlichen Grundlage.
Diese Gesetzesverletzung wirkt sich zum Nachteil des Verurteilten aus, weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, ihre Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen und wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96042European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0120OS00175.10T.1214.000Im RIS seit
04.02.2011Zuletzt aktualisiert am
04.02.2011