TE OGH 2010/12/14 3Ob156/10b

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Veröffentlicht am 14.12.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei N***** AG, *****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO) und Anfechtung eines Anerkenntnisses, über den in der außerordentlichen Revision enthaltenen Rekurs der klagenden Partei gegen den im Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Juni 2010, GZ 40 R 114/10a-12, enthaltenen Beschluss, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom 23. März 2010, GZ 7 C 678/09d-8, die Entscheidung des Erstgerichts über das Eventualbegehren aufgehoben und das Eventualbegehren zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine inhaltliche Behandlung der Berufung der klagenden Partei gegen die Abweisung des Eventualbegehrens aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Das von der Klägerin erhobene Oppositionsklagebegehren wurde rechtskräftig abgewiesen. Das klageabweisende Ersturteil wurde vom Berufungsgericht mit Entscheidung vom 15. Juni 2010 bestätigt. Der Senat wies die dagegen von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage mit Beschluss vom 1. September 2010 zurück.

Bereits in der Oppositionsklage stellte die Klägerin das weitere Urteilsbegehren, das von ihr in der Verhandlungstagsatzung abgegebene Anerkenntnis - das zu einem Anerkenntnisurteil führte, welches Grundlage der Räumungsexekutionsbewilligung war - werde aufgehoben. Dieses Klagebegehren wurde zunächst „in eventu für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der … Oppositionsklage“ erhoben.

In der Folge brachte die Klägerin ausdrücklich vor, dass die in der Klage „in eventu für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der Oppositionsklage“ erhobene Anfechtungsklage nunmehr ausdrücklich in eventu ohne Zusatz „für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der Oppositionsklage“ erhoben werde. Dieser Schriftsatz wurde in der Verhandlungstagsatzung am 11. Jänner 2010 vor dem Erstgericht vorgetragen.

Das Erstgericht wies auch das Eventualbegehren ab. Es vertrat rechtlich die Auffassung, das Anerkenntnis sei als Vertrag nur unter bestimmten, hier nicht vorliegenden Voraussetzungen anfechtbar. Im Übrigen liege eine - unzulässige - „alternative Klagenhäufung“ vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe, dass das Klagebegehren laut Punkt 2 des Spruchs (Eventualbegehren) nicht ab- sondern zurückgewiesen werde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands über 30.000 EUR betrage und dass die ordentliche Revision und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig seien.

Das Eventualbegehren erachtete das Berufungsgericht für unzulässig, weil es nur für den Fall der rechtskräftigen Abweisung des Oppositionsklagebegehrens erhoben worden sei. Es handle sich um eine unzulässig bedingte Klage.

In der gegen die gesamte Berufungsentscheidung erhobenen außerordentlichen Revision bekämpft die Klägerin auch die Zurückweisung des Eventualbegehrens. Sie macht inhaltlich geltend, dass das Berufungsgericht übersehen habe, dass die Klägerin ohnedies im Zuge des Verfahrens ein „echtes“ Eventualbegehren gestellt habe, weil sie ausdrücklich die Entscheidung über dieses Eventualbegehren nicht mehr von der rechtskräftigen Abweisung des Oppositionsklagebegehrens abhängig gemacht habe.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Entscheidung des Berufungsgerichts über das Eventualbegehren handelt es sich, wie bereits im Beschluss des Senats vom 1. September 2010 ausgeführt, um einen Beschluss, mit welchem inhaltlich aus Anlass der Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Eventualbegehrens durch das Erstgericht die meritorische Entscheidung des Erstgerichts über dieses Begehren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO).

Damit ist das Rechtsmittel der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts in Ansehung des Eventualbegehrens als Vollrekurs aufzufassen, der auch ohne Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist. Die Falschbezeichnung des Rechtsmittels schadet ebensowenig (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 ZPO Rz 2 mwN) wie der Umstand, dass nach der hier bereits anzuwendenden ZVN 2009 die Rekursfrist im Fall des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nur mehr 14 Tage beträgt. Da eine einheitliche Entscheidung des Berufungsgerichts vorliegt, gilt die längere vierwöchige Revisionsfrist (RIS-Justiz RS0002105; 1 Ob 58/10a).

Nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens wurde der beklagten Partei der Rechtsmittelschriftsatz der Klägerin, der aus den erwähnten Gründen auch einen Rekurs gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält, zugestellt.

Innerhalb der 14-tägigen Rekursbeantwortungsfrist erstattete die beklagte Partei eine Rekursbeantwortung, mit welcher sie beantragt, dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist im Sinne einer Aufhebung des Beschlusses des Berufungsgerichts berechtigt.

Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Begründung des Berufungsgerichts, bei dem von der Klägerin gestellten weiteren Urteilsbegehren handle es sich nicht um ein Eventualbegehren, sondern um eine zweite, unzulässig bedingte Klage, deshalb unzutreffend ist, weil die Klägerin ihr Begehren während des erstinstanzlichen Verfahrens ausdrücklich dahin präzisierte, dass die Anfechtungsklage ausdrücklich in eventu ohne Zusatz „für den Fall der rechtskräftigen Abweisung der Oppositionsklage“ erhoben wurde. Das zweite von der Klägerin gestellte Begehren ist somit als zulässiges Eventualbegehren aufzufassen, über welches das Erstgericht aus den bereits im Beschluss vom 1. September 2010 dargelegten Gründen auch inhaltlich entschied.

Das Berufungsgericht wird sich daher mit der Berufung der Klägerin gegen die Abweisung des Eventualbegehrens durch das Erstgericht inhaltlich auseinanderzusetzen haben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Schlagworte

5 Exekutionssachen,

Textnummer

E95851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00156.10B.1214.000

Im RIS seit

07.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

07.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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