Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Teja H. Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die verpflichtete Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Brunner Kohlbacher Stummvoll Advokatur GmbH in Graz, wegen Räumungsexekution, über den Rekurs der Einschreiterin Verlassenschaft nach Dr. Maria L*****, vertreten durch Mag. Klaudia Hufnagl als Verlassenschaftskuratorin, Graz, Mühlgasse 35, diese vertreten durch Mag. Petra Cernochova, Rechtsanwältin in Wien, diese vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 9. September 2010, GZ 6 R 190/10w-288, womit der Antrag der Einschreiterin auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs im Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. Juli 2010, GZ 6 R 190/10w-279, zurückgewiesen wurde, und über den Revisionsrekurs der Einschreiterin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 13. Juli 2010, GZ 6 R 190/10w-279, womit über Rekurs der Einschreiterin der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 20. Mai 2010, GZ 213 E 194/07v-264, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
2. Der Antrag auf Vorlage des Aktes an den Verfassungsgerichtshof, „um die Regelung der Zulässigkeitsbeschränkungen beim Obersten Gerichtshof auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen“, wird zurückgewiesen.
3. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
1. Das Erstgericht schob das gegen die Verpflichtete geführte Räumungsexekutionsverfahren mit Beschluss vom 20. Mai 2010 (ON 264) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Einschreiterin als Klägerin gegen die betreibende Partei als Beklagte eingebrachte Exszindierungsklage (AZ 212 C 611/07t des Erstgerichts) weiterhin gegen Erlag einer ergänzenden Sicherheitsleistung in der Höhe von 48.000 EUR innerhalb von 14 Tagen auf, wobei es aussprach, dass bei nicht fristgerechtem Erlag der ergänzenden Sicherheitsleistung die Exekution über Antrag fortzusetzen sei.
Dem dagegen von der Einschreiterin erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei (ON 279).
Gegen die Rekursentscheidung wendete sich der (innerhalb der gesetzten Verbesserungsfrist rechtzeitig verbesserte) Revisionsrekurs der Einschreiterin. In diesem Revisionsrekurs, der am Deckblatt als „Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs verbunden mit Revisionsrekurs“ bezeichnet ist, erklärte die Einschreiterin zu Beginn, einen an den Obersten Gerichtshof gerichteten „außerordentlichen“ Revisionsrekurs gegen die bestätigende Rekursentscheidung zu erheben, legte in der Folge dar, worin eine erhebliche Rechtsfrage begründet sein soll, die den Revisionsrekurs zulässig mache, beantragte davon ausgehend, das Rekursgericht möge den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses abändern und den Revisionsrekurs zulassen und führte schließlich den Revisionsrekurs inhaltlich aus, wobei sie an den Oberste Gerichtshof den Antrag stellte, den Beschluss des Rekursgerichts abzuändern.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht den Antrag der Einschreiterin auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs mit der Begründung zurück, dass nach dem klaren Wortlaut des gemäß § 78 EO anzuwendenden § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands der Revisionsrekurs jedenfalls absolut unzulässig sei.
Dagegen wendet sich der rechtzeitige (vgl ON 292 iVm ON 293) Rekurs der Einschreiterin, in welchem sie erklärt, den Beschluss des Rekursgerichts vom 9. September 2010 zu bekämpfen, wobei sie allerdings ihren Rekursantrag an das Rekursgericht richtet und beantragt, dieses möge den - im nun bekämpften Beschluss gar nicht erklärten - Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses dahin abändern, dass der Revisionsrekurs für zulässig erklärt werde. Ferner wird der Antrag gestellt, „das Rekursgericht“ möge die Rechtssache dem Verfassungsgerichtshof vorlegen „um die Regelung der Zulässigkeitsbeschränkungen beim Obersten Gerichtshof auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen“.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass sich aus der Anfechtungserklärung im Rekurs zweifelsfrei ergibt, dass die von der Einschreiterin bekämpfte Entscheidung jene des Rekursgerichts vom 9. September 2010 (ON 288) ist, mit welchem der gegen die Rekursentscheidung vom 13. Juli 2010 (ON 279) gerichtete Abänderungsantrag der Einschreiterin (ON 283) zurückgewiesen wurde.
Funktionell zuständig für die Behandlung von Rekursen gegen Zurückweisungsbeschlüsse des Rekursgerichts ist der Oberste Gerichtshof. Der im Rechtsmittel „an das Rekursgericht“ gestellte Antrag ist daher als an den Obersten Gerichtshof gerichtet zu verstehen. Ebenfalls erkennbar ist, dass die Einschreiterin eine Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichts dahin begehrt, dass der Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts aufgehoben wird.
Der Rekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht den „Abänderungsantrag“ mit der Begründung zurückwies, ein Abänderungsantrag könne wegen der auch im Exekutionsverfahren geltenden Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht gestellt werden. Ein Beschluss des Rekursgerichts, mit dem der Abänderungsantrag deshalb zurückgewiesen wurde, weil ein Anwendungsfall des § 508 Abs 1 ZPO (hier: iVm § 528 Abs 2 lit a ZPO) nicht vorliegen soll, ist bekämpfbar (RIS-Justiz RS0112034 [T1 und T2]).
Der Rekurs ist jedoch nicht berechtigt, weil - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - § 528 Abs 2 Z 2 ZPO auch im Verfahren nach der Exekutionsordnung gilt (stRsp; RIS-Justiz RS0012387). Damit war aber der Abänderungsantrag der Einschreiterin tatsächlich unzulässig, weshalb das Rekursgericht diesen Antrag zutreffend zurückwies.
2. Der im Rekurs von der Einschreiterin gestellte Antrag auf Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens bezieht sich erkennbar auf die Frage der Verfassungskonformität der Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 78 EO. Der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO steht jedoch nicht im Widerspruch zu Art 92 Abs 1 BVG. Die Garantie eines durchlaufenden Instanzenzugs an den Obersten Gerichtshof ist aus dieser Verfassungsbestimmung nicht abzuleiten (stRsp; RIS-Justiz RS0044092; RS0053031; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 Vor §§ 502 ff ZPO Rz 59 f mwN).
Da den Parteien ein Antragsrecht nicht zukommt, ist der Antrag der Einschreiterin auf Befassung des Verfassungsgerichtshofs zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0056514; RS0058452).
3. Aus den zu 1. dargelegten Gründen ist der gleichzeitig mit dem Abänderungsantrag ausgeführte, als „außerordenticher Revisionsrekurs“ bezeichnete Revisionsrekurs der Einschreiterin gegen die bestätigende Rekursentscheidung ON 279 absolut unzulässig. Dieser vom Rekursgericht - das nur den Abänderungsantrag, nicht aber den gleichzeitig erhobenen Revisionsrekurs zurückwies -
nicht behandelte Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Schlagworte
ExekutionsrechtTextnummer
E95973European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00233.10A.1214.000Im RIS seit
17.01.2011Zuletzt aktualisiert am
19.04.2012