TE OGH 2010/12/15 15Os156/10w

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fries als Schriftführer in der Strafsache gegen Chinonso Christian J***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Benjamine M***** sowie über die diesen Angeklagten betreffenden Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. August 2010, GZ 43 Hv 117/10d-47, weiters über die Beschwerde des Angeklagten M***** gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Kier

I./zu Recht erkannt:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Strafausspruch ebenso wie der Beschluss gemäß § 494a StPO aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Benjamine M***** wird nach § 28 Abs 2 SMG zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft vom 19. April 2010 21:20 Uhr bis 15. Dezember 2010 11:10 Uhr auf die Strafe angerechnet.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last;

II./ den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 53 Abs 1 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 4 StPO wird die zu AZ 20 BE 831/08i des Landesgerichts Linz als Vollzugsgericht Benjamine M***** gewährte bedingte Entlassung aus der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. Oktober 2007, AZ 143 Hv 107/07i, verhängten Freiheitsstrafe widerrufen.

Mit seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten Chinonso Christian J***** sowie einen rechtskräftigen Teilfreispruch des Beschwerdeführers enthält, wurde Benjamine M***** (zu III./) des - im Deliktsstadium des Versuchs verbliebenen - Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Fall und Abs 2 SMG schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(III./) am 19. April 2010 Suchtgift in einer das 15-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz zu erwerben versucht, dass dieses in Verkehr gesetzt werde, indem er mit Chinonso Christian J***** einen Übergabetermin vereinbarte, woraufhin J***** ihn mit 1.145 Gramm Kokain mit zumindest 249 Gramm Reinsubstanz Cocain HCL aufsuchte, jedoch noch vor der Übergabe betreten und festgenommen werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Benjamine M*****, sie ist nur in ihrer Bekämpfung des Strafausspruchs (Z 11) im Recht.

Die Verfahrensrüge nach Z 3 - die ein Unterbleiben der Information nach § 250 Abs 2 StPO rügt - scheitert schon daran, dass sie es verabsäumt, die vermissten Aussageinhalte deutlich und bestimmt zu bezeichnen, hinsichtlich derer sich das Unterbleiben der Mitteilung an den Beschwerdeführer nachteilig ausgewirkt hätte (RIS-Justiz RS0110266; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 249).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen zum voluntativen Vorsatzelement „hinsichtlich der objektiven Tatbestandserfordernisse der Vorschriftswidrigkeit, des Erwerbs von Suchtgift sowie des erweiterten Vorsatzes, um das Suchtgift in Verkehr zu setzen“, ohne darzulegen, weshalb es trotz der dazu konstatierten (von den Tatrichtern nicht zuletzt auch aus der geständigen Verantwortung in der Hauptverhandlung abgeleiteten; vgl US 10 f) und bedingten Vorsatz ohnehin einschließenden (RIS-Justiz RS0088886) Wissentlichkeit des Beschwerdeführers (US 8) zusätzlicher Urteilsannahmen zur inneren Tatseite bedurft hätte.

Ungeachtet dessen argumentiert die Rüge nicht auf Basis des festgestellten Sachverhalts in seiner Gesamtheit (RIS-Justiz RS0099810), wonach der Angeklagte M***** Suchtgift (im Ausmaß der sichergestellten Menge und „mit dem Vorsatz, es in Verkehr zu setzen“) übernehmen „wollte“ (US 13).

Während somit den gegen den Schuldspruch gerichteten Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen und diese im genannten Umfang zu verwerfen war, zeigt die Strafzumessungsrüge (Z 11 erster Fall) zutreffend auf, dass das Erstgericht aufgrund der Annahme eines sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkenden falschen Strafrahmens seine Strafbefugnis überschritten hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 667), auch wenn die ausgemessene Strafe innerhalb des zutreffenden Rahmens liegt (aaO Rz 668c). Denn das Verbrechen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 und Abs 2 SMG ist, entgegen der Annahme der Tatrichter, nicht mit „einem bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe“ (US 14), sondern - ohne Mindeststrafe - nur mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.

Das angefochtene Urteil war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten M***** im ihn betreffenden Strafausspruch aufzuheben und die Strafe - unter Heranziehung des richtigen Strafrahmens des § 28 Abs 2 SMG - neuerlich zu bemessen.

Dabei wertete der Oberste Gerichtshof die einschlägige Vorstrafe als erschwerend, als mildernd hingegen den Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, sowie das teilweise Geständnis.

Unter Rücksichtnahme auf alle für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände erachtete der Oberste Gerichtshof bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe eine solche in der Höhe von zwei Jahren für tat- und tätergerecht.

Der Beschwerde zuwider bedarf es zusätzlich zur Strafe auch des Widerrufs der bedingten Entlassung (mit einem offenen Strafrest von drei Monaten), um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, zumal nicht einmal der Vollzug von 27 Monaten Freiheitsstrafe in der Vergangenheit hinreichend spezialpräventiv wirksam war.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft, mit seiner Beschwerde der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96064

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00156.10W.1215.000

Im RIS seit

06.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten