TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/31 98/09/0159

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Veröffentlicht am 31.01.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;

Norm

AVG §18;
AVG §56;
AVG §73 Abs1;
AVG §8;
DMSG 1923 §1 Abs2;
DMSG 1923 §1 Abs3;
DMSG 1923 §3 Abs1;
DMSG 1923 §3 Abs3;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der  W in H, vertreten durch Dr. Leopold Specht, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 3B/12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 3. April 1998, Zl. 17.202/1-IV/3/98, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Einstellung des Denkmalschutzverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. September 1994 teilte das Bundesdenkmalamt der Beschwerdeführerin als Eigentümerin eines Grundstückes in H (EZ x, KG G) im Sinne der §§ 37 und 45 Abs. 3 AVG mit, dass es beabsichtige, die ur- und frühgeschichtliche Siedlung "Alte Gottesäcker - Herrschaftliche Gründe" in V und G, Gemeinde H, Gdst.Nr. 848/1 (EZ a), 848/2, 848/3 (EZ b), 846 (EZ c), 847 (EZ d), 845 (EZ e), KG V, und Gdst.Nr. 117/6 (EZ x), KG G, wegen ihrer geschichtlichen und kulturellen Bedeutung gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz wegen öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung unter Denkmalschutz zu stellen, sowie in Ansehung der auf Gdst.Nr. 844 (EZ f), KG V, gelegenen Teile dieser ur- und frühgeschichtlichen Siedlung gemäß § 2 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz festzustellen, dass ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung tatsächlich gegeben sei.

In ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 1994 beantragte die Beschwerdeführerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens über das Vorliegen einer ur- und frühgeschichtlichen Siedlungszone im Bereich der in der Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes vom 15. September 1994 angeführten Grundstücke, sowie ihr im Anschluss daran Akteneinsicht zu gewähren und Gelegenheit zu einer weiteren Stellungnahme einzuräumen. Als Eventualantrag verlangte sie "das Verwaltungsverfahren einzustellen und von der Erlassung eines Bescheides gemäß § 1 DMSG Abstand zu nehmen". Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines wurde der Beschwerdeführerin für eine abschließende Stellungnahme zum Ergebnis des Augenscheines eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Mit Stellungnahme vom 24. August 1995 machte die Beschwerdeführerin Verfahrensfehler des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens geltend und beantragte abschließend "1. das Verwaltungsverfahren einzustellen und von der Erlassung eines Bescheides gemäß § 1 Denkmalschutzgesetz Abstand zu nehmen und 2. ...".

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, auf den infolge Devolution die Zuständigkeit übergegangen war, den von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1994 bzw. vom 24. August 1995 eingebrachten Antrag auf Einstellung des Denkmalschutzverfahrens betreffend die ur- und frühgeschichtliche Siedlung "Alte Gottesäcker - Herrschaftliche Gründe" gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Denkmalschutzgesetz (DMSG) als unzulässig zurück. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, das Bundesdenkmalamt habe am 15. September 1994 einer Reihe von Liegenschaftseigentümern, darunter auch der Beschwerdeführerin, die Absicht bekannt gegeben, die Reste einer ur- und frühgeschichtlichen Siedlung gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz unter Denkmalschutz zu stellen. In der Folge sei ein Augenschein vorgenommen und es seien die Ergebnisse desselben den Parteien zur Kenntnis gebracht worden. Es habe sich sohin um ein Ermittlungsverfahren nach den Bestimmungen des AVG gehandelt, um einen allfälligen Unterschutzstellungsbescheid gesetzgemäß erlassen zu können. Die Beschwerdeführerin habe sowohl zu der erklärten Unterschutzstellungsabsicht als auch zu den weiteren Ergebnissen von Erhebungen (Lokalaugenschein) jeweils eine Stellungnahme samt einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens eingebracht. Die bescheidmäßige Einstellung eines Ermittlungsverfahrens sei weder im AVG noch im DMSG vorgesehen. Die diesbezüglichen Anträge seien daher gesetzlich nicht gedeckt. Im Hinblick darauf, dass die weiteren Erhebungen offensichtlich ergeben hätten, dass eine ausreichende geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung nicht gegeben sei, jedenfalls nicht in einem Ausmaß, das ein öffentliches Interesse an der weiteren Erhaltung durch bescheidmäßige Feststellung rechtfertige, seien weder vom Bundesdenkmalamt noch von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde irgendwelche weiteren Schritte zu setzen gewesen, ausgenommen eben der vorliegende Bescheid auf Zurückweisung des gegenständlichen Antrages als unzulässig. Es sei sohin spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 DMSG hat das Bundesdenkmalamt darüber, ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmales, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht, unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre.

Soweit Verfahren gemäß § 2, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale betreffen, kommt gemäß § 1 Abs. 3 DMSG Parteistellung nur dem Eigentümer (§ 3 Abs. 3), dem Landeshauptmann, der Gemeinde und dem Bürgermeister, im Falle des Vorliegens eines Baurechtes auch dem Bauberechtigten, zu.

Nach § 3 Abs. 1 DMSG gilt bei Denkmalen, die nicht kraft gesetzlicher Vermutung unter Denkmalschutz stehen (§ 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1), ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid).

Als Eigentümer im Sinne dieses Gesetzes gilt nach § 3 Abs. 3 DMSG bei unbeweglichen Gegenständen der grundbücherliche Eigentümer.

Das von der belangten Behörde eingeleitete Verwaltungsverfahren war unbestrittenermaßen ein amtswegiges Verfahren. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein von Amts wegen eingeleitetes Verfahren, bei dem für die Parteien kein Anspruch auf Erlassung eines Bescheides besteht, jederzeit eingestellt werden. Eine nach außen in Erscheinung tretende Form einer derartigen Verfahrenseinstellung ist - anders als bei einem Verwaltungsstrafverfahren nach dem VStG - in den Verwaltungsverfahrensgesetzen nicht vorgesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0085).

Insbesondere ist eine bescheidmäßige Einstellung des Verfahrens zur Unterschutzstellung nach § 3 Abs. 1 DMSG im Gesetz nicht vorgesehen. Der von einem solchen Verfahren Betroffene hat daher nicht die Möglichkeit, durch einen förmlichen und ausdrücklich gestellten Antrag auf Einstellung des Verfahrens die Entscheidungspflicht der Behörde gemäß § 73 Abs. 1 AVG (im Sinne einer Pflicht zur inhaltlichen Entscheidung über den Antrag) auszulösen und damit den Abschluss des Verfahrens herbeizuführen. In einem solchen Fall sind in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren mit Einwendungen in der Sache verbundene "Einstellungsanträge" im Zweifel auch nicht so zu verstehen, dass damit die im Gesetz nicht vorgesehene bescheidmäßige Einstellung bewirkt werden solle, was die Zurückweisung eines späteren Devolutionsantrages zur Folge haben kann. Wird die bescheidmäßige Einstellung förmlich und ausdrücklich beantragt, so ist ein solcher Antrag als unzulässig zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 97/20/0329).

Die Beschwerdeführerin bringt vor, für die Begründung der Entscheidungspflicht komme es nicht darauf an, ob das Verfahren, in dem ein Antrag gestellt worden sei, von Amts wegen eingeleitet worden sei. Auch dann, wenn eine Partei einen Antrag stelle, obzwar die Behörde auch von Amts wegen vorzugehen habe, liege ein Antrag im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG vor. Durch einen Antrag auf bescheidmäßige Verfahrenseinstellung habe sie einen Rechtsanspruch auf Bescheiderlassung erworben. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid ihrer Entscheidungspflicht - im Sinne einer Zurückweisung ihrer Anträge -

nachgekommen ist. Dass der Beschwerdeführerin im Verfahren gemäß § 3 Abs. 1 DMSG Parteistellung zukommt, vermag ihr entgegen ihrem Beschwerdevorbringen nach der dargestellten Rechtslage keinen Anspruch auf bescheidmäßige Einstellung des amtswegig eingeleiteten Verfahrens zu verschaffen. Dem gemäß konnte das von Amts wegen eingeleitete Verfahren jederzeit und nach Außen formfrei eingestellt werden. Insoweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, mit einer Bescheiderlassung gemäß § 3 Abs. 1 DMSG seien weitreichende rechtliche Beschränkungen des Eigentumsrechtes verbunden, woraus sich ein rechtliches Interesse an der bescheidmäßigen Feststellung der Einstellung des Verfahrens ergäbe, ist ihr zu entgegnen, dass sie durch ein Unterbleiben der Einstellung des Verfahrens in ihren Rechtspositionen nicht beeinträchtigt wird. Erst durch die Erlassung eines Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 DMSG könnten die von ihr behaupteten möglichen Beschränkungen ihrer Rechtsposition Relevanz erhalten. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, es sei dem Protokoll des Lokalaugenscheines vom 9. August 1995 nicht zu entnehmen, ob das Ermittlungsverfahren tatsächlich eingestellt worden sei, ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach die Einstellung eines von Amtswegen eingeleiteten Verfahrens keiner bestimmten, nach Außen in Erscheinung tretenden Form bedarf.

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die Anträge der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßige Einstellung des Verfahrens zu verstehen waren. Selbst wenn ihre Anträge (objektiv) nicht auf bescheidmäßige Verfahrenseinstellung gerichtet waren, konnte die Beschwerdeführerin im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde nicht schon den von ihr gestellten Devolutionsantrag im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen hat, durch die Entscheidung der belangten Behörde nicht in ihren Rechten verletzt werden.

Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Jänner 2001

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete DiversesAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1998090159.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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