Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fries als Schriftführer in der Strafsache gegen Aslan A***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 18. Mai 2010, GZ 27 Hv 4/10f-76, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Aslan A***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er „am 12. September 2009 gegen 0:50 Uhr in Linz im K***** in der ***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem bislang unbekannten Täter mit einer schwarzen Sturmhaube und einer Schirmkappe maskiert Wagan K***** durch Drohen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89) unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, indem sie unter Vorhalt einer Pistole, der wiederholten Forderung 'Wo ist Geld' bzw 'Wo Geld' und Ansetzen eines Messers mit einer Klingenlänge von ca 10 cm in der rechten Rippengegend zwei Laden nach Bargeld durchsuchten, Wagan K***** zum Aufsperren der Kassenlade zwangen und daraus insgesamt 1.825 Euro Bargeld entnahmen“.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 1, 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Diese verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Unter der Z 1 macht der Beschwerdeführer eine Befangenheit des vorsitzenden Richters geltend, die sich aus dessen Äußerungen am Ende der (auf vorerst unbestimmte Zeit vertagten) Hauptverhandlung am 26. März 2010 ergebe.
Die Teilnahme eines gemäß § 43 Abs 1 Z 3 StPO ausgeschlossenen Richters kann erfolgreich mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden, wenn der Rechtsmittelwerber den die Nichtigkeit begründenden Tatumstand sofort, nachdem er in dessen Kenntnis gelangt ist, gerügt hat (§ 281 Abs 1 Z 1 StPO). Im vorliegenden Fall sollen die Äußerungen des vorsitzenden Richters am Ende der Hauptverhandlung am 26. März 2010 anlässlich eines Wortwechsels gefallen sein, der sich deshalb entspann, weil der Verteidiger keine Zustimmung zur Verlesung der Aussagen des Zeugen M***** gab. Dies wurde vom Verteidiger weder in der fortgesetzten Hauptverhandlung am 4. Mai 2010 noch in jener vom 18. Mai 2010 gerügt. Erst nach Schluss der Verhandlung und nach Abschluss seines Schlussplädoyers stellte er den Antrag auf Ablehnung des vorsitzenden Richters wegen Befangenheit (ON 75 S 11). Im Hinblick auf die sofortige Rügeverpflichtung des bereits am 26. März 2010 zur Kenntnis des Verteidigers gelangten Sachverhalts (vgl ON 62 S 83 f; Blg./I zu ON 75) war der Antrag aber verspätet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 132, 139; Lässig, WK-StPO § 44 Rz 11), die geltend gemachte Nichtigkeit liegt somit nicht vor.
Nach den Feststellungen der Tatrichter wurde der Überfall auf das Wettbüro von zwei Mittätern verübt, wobei einer eine schwarze Schildkappe mit dem Aufdruck „Myrtle Beach“ (= Täter 1) und der andere eine graue Schildkappe (= Täter 2) trug. Dabei bedrohte Täter 1 den Angestellten des Wettbüros mit einer Pistole, Täter 2 setzte diesem ein Messer in der rechten Rippengegend an. Täter 2 verlor beim Verlassen des Wettbüros seine schwarze Schirmkappe, währenddessen Täter 2 aus der Kassenlade Banknoten in der Höhe von 1.825 Euro nahm. Welcher der beiden Täter der Angeklagte war, konnte nicht festgestellt werden.
Die Mängelrüge (Z 5) moniert nun einen inneren Widerspruch der Konstatierungen, weil das Erstgericht die schwarze Kappe einmal dem Täter 1 und das andere Mal dem Täter 2 zuordne. Weiters habe das Erstgericht „nicht unterschieden, wer von den beiden Tätern die Pistole bzw das Messer verwendet bzw mitgeführt hat“. Im Hinblick auf die festgestellte Mittäterschaft (US 11 iVm US 3) kommt der Frage, wer Träger der schwarzen Schirmkappe war bzw wer welche Waffe verwendete, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Die widersprüchliche Zuordnung der Kappen an einer Stelle im Urteil (US 4) beruht offensichtlich auf einem Schreibfehler.
Mit der Wiederholung dieser Argumentation und dem Vorbringen, eine idente DNA-Spur (auf der schwarzen Schirmkappe bzw am linken Arm des Opfers) könne denkunmöglich von zwei verschiedenen Tätern stammen, gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Soweit sie vorbringt, es sei nicht nachzuvollziehen, „warum das Erstgericht nicht davon ausgeht, dass der Angeklagte jener als Täter Nr 1 bezeichnete sei“, ist sie nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers ausgeführt.
Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit von Zeugen (hier: der von den Tatrichtern als unglaubwürdig erachteten Entlastungszeugen) aufgrund des von diesen in der Hauptverhandlung gewonnen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher ist einer Anfechtung aus der Z 5a entzogen (RIS-Justiz RS0099649).
Die Subsumtionsrüge (Z 10), die argumentiert, das bloße Zugehen mit einer Pistole auf das Opfer bzw deren bloße Mitnahme erfülle „per se“ nicht „eine derartige Raubdrohung“ geht schon deshalb fehl, weil sie prozessordnungswidrig die Konstatierungen der Tatrichter zur Mittäterschaft der beiden Täter und zum Ansetzen eines Messers in der rechten Rippengegend durch einen der Täter übergeht (US 4). Im Übrigen legt sie nicht aus dem Gesetz entwickelt dar, weshalb das Vorhalten einer Pistole unter der wiederholten Forderung „Wo ist Geld?“ nicht zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 142 StGB) ausreichend sein sollte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96053European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0150OS00132.10S.1215.000Im RIS seit
04.02.2011Zuletzt aktualisiert am
04.02.2011