Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §4 Abs7 idF 1995/257;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des S in R, vertreten durch Dr. Felix Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 24. Juli 1997, Zl. LGSV/III/13113/1996 ABB 1705202, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 16. Mai 1996 beim Arbeitsmarktservice Feldkirch die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für D, einer Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, für die berufliche Tätigkeit "Köchin"; das Erfordernis spezieller Kenntnisse oder einer besonderen Ausbildung wurde im Antrag zwar bejaht, Angaben darüber, welche Kenntnisse oder Ausbildung damit angesprochen werden, fehlen.
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Feldkirch mit Bescheid vom 5. Juni 1997 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG (im Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997) ab.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er rügte darin unter anderem, dass die Überschreitung der Bundeshöchstzahl nicht in einem ausreichendem Ermittlungsverfahren nachgewiesen worden sei und demnach die festgestellte Überschreitung "nicht nachvollziehbar ist".
Mit Schreiben vom 27. Juni 1997 gewährte die belangte Behörde im Berufungsverfahren Parteiengehör. Im Rahmen dieses Vorhaltes der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer unter Anschluss einer zum Stichtag Ende Mai 1997 erstellten statistischen Aufstellung über die Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl von der Überschreitung der für das Kalenderjahr 1997 festgesetzten Bundeshöchstzahl, die zur Anwendung kommenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG und die im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren in Kenntnis gesetzt.
Der Beschwerdeführer nahm zu diesem Vorhalt dahingehend Stellung, dem "statistischen Material" sei nicht zu entnehmen, aus welcher Quelle es stamme und es sei nicht ersichtlich, woraus sich die Bundeshöchstzahl 1997 ergebe und welche Beschäftigungsverhältnisse bei Berechnung ihrer Ausschöpfung angerechnet worden seien.
Die belangte Behörde brachte dem Beschwerdeführer daraufhin mit Schreiben vom 14. Juli 1997 zur Kenntnis, dass das statistische Material entsprechend dem § 2 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung aus den vom Arbeitsmarktservice Österreich monatlich veröffentlichten Arbeitsmarktdaten und der Statistik über die bewilligungspflichtig beschäftigten AusländerInnen stamme und übermittelte dem Beschwerdeführer diese in den vorgelegten Verwaltungsakten befindliche (44 Seiten umfassende) Broschüre.
Der Beschwerdeführer nahm daraufhin mit Schriftsatz vom 22. Juli 1997 dahingehend Stellung, aus dem ihm zur Verfügung gestellten statistischen Material sei zu ersehen, dass Ende Mai 1997 (laut Tabelle BA 801) die Gesamtsumme der bewilligungspflichtig beschäftigten Ausländer nur 252.098 betrage und demnach die Bundeshöchstzahl 1997 nicht überschritten sei. Darüber hinaus habe die belangte Behörde auf die Bundeshöchstzahl offenbar Ausländer angerechnet, die nicht anzurechnen seien wie zum Beispiel türkische Arbeitnehmer, die aufgrund des Assoziationsabkommens beschäftigt werden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG und im Zusammenhalt mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997 und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsmarktservice Feldkirch vom 5. Juni 1997 bestätigt.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262.246) seien nach der Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich zum Stichtag Ende Juni 1997 bereits 268.768 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach - wie dies dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. Juni 1997 zum Stichtag Ende Mai 1997 vorgehalten worden sei - überschritten. Die Überschreitung habe auch zum Stichtag Ende Juni 1997 bestanden. Zu dem auf die Tabelle BA 801 gestützten Vorbringen sei zu erwidern, dass auch die arbeitslosen Ausländer auf die Bundeshöchstzahl anzurechnen seien. Die Rechtsauffassung, dass türkische Staatsangehörige, die aufgrund ihres assoziationsrechtlichen Anspruches beschäftigt werden, nicht auf die Bundeshöchstzahl anzurechnen seien, sei unrichtig, weil durch das Assoziationsabkommen lediglich die Beschränkungen nach den §§ 4 Abs. 7 und 12a Abs. 2 AuslBG auf türkische Staatsangehörige nicht anzuwenden seien, hingegen seien die §§ 12a Abs. 1 und 13a AuslBG davon nicht berührt. Ob ein Feststellungsbescheid erlassen oder eine sonstige Berechtigung nach dem AuslBG erteil worden sei, sei unerheblich. Die beantragte ausländische Arbeitskraft gehöre nicht zu dem Personenkreis, der bereits auf die Bundeshöchstzahl anzurechnen sei. Keine der Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten ausländischen Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 Bundeshöchstzahlüberziehungsverordnung liege vor und der Beschwerdeführer habe auch in dieser Hinsicht kein Vorbringen erstattet. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 23. Februar 1998, B 2308/97-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem gestellten Eventualantrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in seiner Beschwerdeergänzung vom 16. Juli 1998 durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (in Verbindung mit § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.
Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 (leg. cit.) Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm die belangte Behörde im Rahmen des Parteiengehörs die Broschüre über die Arbeitsmarktdaten und das statistische Material zum Stichtag Ende Mai 1997 überließ. Er rügt aber, die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid die Daten zum Stichtag Ende Juni 1997 zugrunde gelegt und diese Argumentation könne er aufgrund der übermittelten Unterlagen nicht überprüfen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0315, und vom 21. Oktober 1998, Zl. 98/09/0103) ist auf das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorhandene statistische Material zurückzugreifen. Im Beschwerdefall war dies die zuletzt ermittelte Zahl per Ende Juni 1997. Das Verlangen, nachdem die Überschreitungszahl des Vormonates (Ende Mai 1997) zur Stellungnahme vorgehalten worden war, neuerlich die nachfolgende Überschreitungszahl per Ende Juni 1997 vorzuhalten, kommt einem Begehren nach einem "perpetuum mobile" (also einer niemals zu einem Ende führenden Anhörung der Partei zum Ergebnis von Ermittlungsergebnissen) gleich, welches eine Bescheiderlassung auf Dauer unmöglich machen würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat deshalb die Auffassung vertreten, dass bei einer eklatanten Überschreitung der Höchstzahl (Bundeshöchstzahl oder Landeshöchstzahl) mit steigender Tendenz durch Monate hindurch der Vorhalt des im Zeitpunkt des Vorhaltes vorliegenden statistischen Materials trotz geringfügiger Abweichungen gegenüber der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegenden Zahl unter der Voraussetzung den Erfordernissen eines gesetzmäßigen Verfahrens entspricht, dass die belangte Behörde sicht nicht im angefochtenen Bescheid auf dazu vom Beschwerdeührer erstattetes relevantes Vorbringen hinwegsetzt (vgl. das angeführte Erkenntnis vom 24. Februar 1995).
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, es sei ihm lediglich die Überschreitungszahl per Ende Mai 1997 (266.951) und nicht die danach weiter angestiegene Überschreitungszahl per Ende Juni 1997 (268.768) zur Stellungnahme vorgehalten worden, keinen Verfahrensmangel darzustellen vermag.
Der Beschwerdeführer kommt auf sein im Berufungsverfahren erstattetes Vorbringen, die Bundeshöchstzahl sei aufgrund der aus der Tabelle BA 801 sich ergebenden Aufstellung per Ende Mai 1997 nicht überschritten gewesen, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, nicht mehr zurück. Er wiederholt im Beschwerdeverfahren lediglich seine Behauptung, Feststellungsbescheide für türkische Staatsangehörige seien zu Unrecht angerechnet worden, weil Feststellungsbescheide keine "Bewilligungen" seien.
Mit diesem Vorbringen wird keine fehlerhafte Berechnungsmethode bei der Ermittlung der Überschreitung der Bundeshöchstzahl dargetan (vgl. die hg. Erkenntnisse jeweils vom 10. Februar 1999, Zl. 97/09/0218, und Zl. 97/09/0304). Der Beschwerdeführer lässt bei seiner auf "Bewilligungen" gestützten Argumentation unberücksichtigt, dass bis zur Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 78/1997 die aus § 12a Abs. 3 zweiter und dritter Satz leg. cit. sich ergebende Einrechnungsausnahmen nicht bestanden und diese Regelung (auch) vor dem Hintergrund einer gleichzeitig mit der genannten Novelle vorgenommenen Umsetzung der Bestimmungen des ARB 1/1980 durch die Sonderbestimmung des § 4c AuslBG, die auch für türkische Staatsangehörige einen Befreiungsschein und eine Beschäftigungsbewilligung vorsieht, erfolgte. Dass nach Sonderbestimmungen auszustellenden Berechtigungen bzw. Nachweise über Rechte türkischer Staatsangehöriger wie Berechtigungen nach dem AuslBG auf Höchstzahlen unverändert anzurechnen sind, ist den Gesetzesmaterialien (vgl. 689 Blg. NR XX.GP, 14) und auch der Übergangsregelung des § 32 Abs. 2 AuslBG zu entnehmen. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 für Feststellungsbescheide türkischer Staatsangehöriger eine Einrechnungsausnahme bestand oder deren Beschäftigung nicht dem AuslBG unterlägen wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun.
Das zur Überschreitung der Bundeshöchstzahl und der Berechnung dieser Überschreitung weitere Vorbringen wird erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet und stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vlg. § 41 Abs. 1 VwGG). Der Beschwerdeführer übersieht bei diesem Vorbringen zudem, dass seine darin geäußerten Zweifel an der Berechnung und seine Behauptung, statistisches Material hinsichtlich näher dargelegter Umstände nicht überprüfen oder nicht nachvollziehen zu können, letztlich keine objektive Unrichtigkeit nachweisen und im Rahmen der ihm gegen die bekämpfte Statistik offenstehenden Gegenbeweisführung daher inhaltlich nicht geeignet sind, Feststellungen auf Grund des vorliegenden statistischen Materials als unzulässig erscheinen zu lassen (vgl. hiezu nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 94/09/0315).
Die belangte Behörde ist - im Hinblick auf die Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1997 - zu Recht davon ausgegangen, dass die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren zu prüfen war.
Die Beurteilung der belangten Behörde, dass an der Beschäftigung der beantragten ausländischen Arbeitskraft ein gesamtwirtschaftliches Interesse nicht besteht und die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV; BGBl. Nr. 278/1995) auch in anderer Weise nicht erfüllt sind, wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 31. Jänner 2001
Schlagworte
Allgemein Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998090142.X00Im RIS seit
20.03.2001