TE OGH 2010/12/21 10Ob87/10g

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Veröffentlicht am 21.12.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj E*****, geboren am 14. Dezember 2005, vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirk 21, 1210 Wien, Am Spitz 1), wegen Unterhaltsvorschuss, infolge Revisionsrekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. September 2010, GZ 48 R 244/10b-15, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom17. Juni 2010, GZ 2 PU 306/09g-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Beginndatum in Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses vom 17. Juni 2010 statt: „01. 06. 2010“ „01. 07. 2010“ zu lauten hat.

Das auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG auch für den Monat Juni 2010 gerichtete Mehrbegehren des Kindes wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Minderjährige ist die Tochter von H***** und R*****. Sie lebt bei ihrem Vater.

Mit einstweiliger Verfügung vom 31. 5. 2010 verpflichtete das Erstgericht die Mutter gemäß § 382a EO ab 3. 5. 2010 für die Dauer bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren der Minderjährigen einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 105,40 EUR zu zahlen, wobei der Betrag am Ersten eines jeden Monats im Voraus und erstmals sofort nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zu bezahlen sei. Dieser Beschluss wurde der Mutter am 7. 6. 2010 durch Hinterlegung zugestellt.

Am 16. 6. 2010 beantragte die Minderjährige, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, auf der Grundlage der einstweiligen Verfügung vom 31. 5. 2010 die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen in Titelhöhe nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG.

Das Erstgericht gewährte mit Beschluss vom 17. 6. 2010 Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom 1. 6. 2010 bis 31. 5. 2015 in Titelhöhe für die Minderjährige. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Unterhaltsschuldnerin nach der am 7. 6. 2010 eingetretenen Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhalt nicht zur Gänze geleistet habe und gegen sie am 17. 6. 2010 beim Bezirksgericht Floridsdorf eine Exekution nach § 294a EO beantragt worden sei.

Das Rekursgericht gab dem - auf Gewährung der Unterhaltsvorschüsse erst ab 1. 7. 2010 gerichteten - Rekurs des Bundes nicht Folge. Im vorliegenden Fall sei die Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels am 7. 6. 2010 eingetreten. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 17. 6. 2010 sei der Unterhaltsbeitrag für Juni 2010 bereits fällig gewesen und sei von der Unterhaltsschuldnerin nicht geleistet worden, weshalb die Voraussetzungen für die Bewilligung der Unterhaltsvorschüsse bereits ab 1. 6. 2010 erfüllt seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Auslegung des § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009 vorliege.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Bundes mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Gewährung der Vorschüsse erst ab 1. 7. 2010.

Die übrigen Verfahrensparteien haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der mittlerweile vorliegenden ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage der Auslegung der Bestimmung des § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009 abgewichen ist, und auch berechtigt.

Zutreffend macht der Revisionsrekurswerber geltend, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die in § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009, BGBl I 2009/75, enthaltene Wortfolge „wenn … der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbeitrag nicht zur Gänze leistet“ dahin zu verstehen ist, dass der dem Eintritt der Vollstreckbarkeit folgende Fälligkeitstermin erfolglos verstreichen muss, damit ein Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse nach den §§ 3 Z 2, 4 Z 1 UVG entsteht (vgl 10 Ob 38/10a, 10 Ob 39/10y, 10 Ob 52/10k uva; RIS-Justiz RS0126137, RS0126138). Wird vom geldunterhaltspflichtigen Elternteil an diesem dem Eintritt der Vollstreckbarkeit folgenden Monatsersten der fällige Unterhaltsbeitrag nicht geleistet, steht der Unterhaltsvorschuss monatsbezogen ab diesem Monatsersten zu. Da die Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels im vorliegenden Fall am 7. 6. 2010 eingetreten ist (vgl RIS-Justiz RS0123159 = 10 Ob 4/08y), konnte ein Verzug mit der Zahlung des nach Eintritt der Vollstreckbarkeit fälligen laufenden Unterhalts frühestens im Juli 2010 eintreten, weshalb auch ein Vorschussanspruch der Minderjährigen erst ab 1. 7. 2010 besteht (vgl 10 Ob 53/10g).

Es waren daher in Stattgebung des Revisionsrekurses des Bundes die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass Unterhaltsvorschüsse erst ab 1. 7. 2010 gewährt werden.

Textnummer

E96115

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0100OB00087.10G.1221.000

Im RIS seit

02.02.2011

Zuletzt aktualisiert am

15.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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