TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/15 99/20/0297

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Veröffentlicht am 15.02.2001
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FrG 1997 §57;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde der am 1. Jänner 1969 geborenen VE in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Freyung 7, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. März 1999, Zl. 206.405/0- XI/33/98, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine am 13. Juli 1998 in das Bundesgebiet eingereiste Staatsangehörige von Nigeria, stellte am 14. Juli 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Anlässlich ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt gab sie (zusammengefasst) an, vor ihrer Eheschließung habe sie nicht gewusst, dass ihr Mann sowie die Familie ihres Mannes Mitglieder der Sekte "Ekaka" seien. Sie selbst sei römisch-katholisch. Ekaka sei eine ganz brutale Sekte, in deren Gebäude sie nur einmal gewesen sei. Die Mitglieder brächten Blutopfer dar und an der Wand des Gebäudes habe sie den abgetrennten (nicht skelettierten) Kopf einer Frau gesehen. Nachdem sie einmal in dem Gebäude dieser Sekte gewesen sei, habe sie gewusst, dass sie dort nicht heiraten und auch sonst nichts mit der Sekte zu tun haben wolle. Sie habe sich geweigert, der Sekte beizutreten und auch ihre Kinder nicht der Sekte beitreten lassen, weshalb sie Ärger mit der Familie ihres Mannes gehabt habe. Es sei immer wieder versucht worden, ihre Kinder im Sinne dieser Sekte zu beeinflussen. Ihr Mann sei Ende März 1998 an Asthma erkrankt und sie habe in der Apotheke Medizin für ihn besorgt. Nach der Einnahme der Medizin habe sie das Gefühl gehabt, dass sein Asthma etwas besser geworden sei. Gleichzeitig habe ihre Mutter einen Schlaganfall erlitten und ihr Vater, der sie gepflegt habe, sei ebenfalls krank geworden. Als die Beschwerdeführerin der Ansicht gewesen sei, dass sich der Zustand ihres Gatten am 21. März 1998 soweit gebessert habe, dass sie die Reise zu ihrem Vater riskieren könne, sei sie zu ihren Eltern gefahren. Als sie am Abend des 31. März bei ihrem Vater angekommen sei, sei dieser bereits sehr krank gewesen, am Morgen des 1. April gestorben und gleich begraben worden. Sie sei noch am gleichen Tag zurück zu ihrem Ehemann gefahren, um ihm den Tod ihres Vaters mitzuteilen. Als sie zwischen 17.00 und 18.00 Uhr angekommen sei, sei ihr Ehegatte bereits tot gewesen. Die Familie ihres Mannes habe ihr daraufhin vorgeworfen, am Tod ihres Ehegatten schuld gewesen zu sein; die drei Brüder ihres Mannes hätten die ganze Wohnung ausgeräumt. Die Begräbnisfeier nach dem Tod ihres Gatten hätte bei der Sekte stattgefunden, man habe ihren Mann mit Wasser gewaschen und sie gezwungen, dieses Wasser zu trinken. Sie sei wieder beschuldigt worden, am Tode ihres Gatten schuld zu sein. Sie habe sich geweigert, ihre Kinder an die Familie ihres Gatten herauszugeben und ihre beiden Söhne zu Freunden gebracht; ihre kleine Tochter habe sie bei einer Freundin gelassen und die ganze Nacht in der Kirche im Gebet zugebracht. Als sie am nächsten Tag in der Früh zu ihrer Freundin gekommen sei, sei überall in der Wohnung Blut gewesen. Ihre Freundin habe ihr erzählt, in der Nacht seien Männer mit großen Messern gekommen und hätten nach ihr gefragt. Die Männer hätten jemanden im Bett liegen sehen und gedacht, dass sie es wäre und seien mit den Messern auf ihre kleine Tochter losgegangen. Ihre Tochter sei verletzt worden und habe so viel Blut verloren, dass sie kurz danach gestorben sei. Noch am gleichen Morgen habe sie ihre kleine Tochter begraben. Sie habe keine Anzeige erstattet, weil es keinen Sinn gehabt habe und sie auch nicht das dafür notwendige Geld besäße. Außerdem wäre den Brüdern ihres Mannes sowieso nichts passiert. Sie sei danach zu einer ihr gut gesinnten Schwägerin gefahren und habe ihr von dem Vorfall erzählt. Diese habe sie darauf hingewiesen, dass man sie töten wolle und es besser wäre, wenn sie flüchten würde. Ihr Mann (der Schwager der Beschwerdeführerin) habe gesagt, dass er versuchen würde, die Beschwerdeführerin zu finden und zu töten. Am 8. April 1998 seien ihre Söhne nach der Schule nicht mehr nach Hause gekommen, weil sie von einem ihrer Schwager abgeholt worden seien. Ihre Schwägerin habe ihr versichert, dass ihren Söhnen nichts passieren würde; ihre Tochter sei auch nur wegen einer tragischen Verwechslung getötet worden. Für sie selbst sei es aber notwendig zu fliehen, weil man sie sonst töten würde. Sie habe also dafür gesorgt, dass sich jemand um ihre Mutter kümmere, sei am 10. Juni 1998 zu einer anderen Freundin gefahren und habe zwei Tage später ihre Flucht angetreten.

Auf Nachfrage erklärte die Beschwerdeführerin, sowohl ihre Schwager als auch die Sekte wollten sie umbringen; diese gehörten zusammen. Eine Anzeige bei der Polizei habe sie deshalb unterlassen, weil sie kein Geld habe. Man müsse die Beamten geradezu bestechen, damit eine Anzeige behandelt werde. Ihre Ersparnisse hätten aber ihre Schwager zusammen mit den anderen Dingen aus der Wohnung mitgenommen. Die Sekte hätte sie auch in anderen Teilen Nigerias gefunden, weil ihre Mitglieder im ganzen Land verbreitet seien. Für einen Anwalt hätte sie ebenfalls kein Geld gehabt; ihre einzigen Bargeldmittel habe sie für die Flucht benötigt. Auch in den Nachbarstaaten hätten sie ihre Schwager ausfindig machen können. Die Sekte habe Möglichkeiten, Leute überall auszuforschen. Wie sie das mache, wisse sie nicht. Sie wisse auch nicht, wie viele Mitglieder die Sekte habe.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 11. November 1998 unter Spruchpunkt I den Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) ab und sprach unter Spruchpunkt II aus, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria sei gemäß § 8 AsylG zulässig. Nach Wiedergabe des Vorbringens der Beschwerdeführerin führte die Behörde erster Instanz aus, die Angst der Beschwerdeführerin vor Verfolgung durch ihre Familie sei objektiv nicht nachvollziehbar, weil nicht wahrscheinlich sei, dass sie von den Brüdern ihres Ehegatten in einer anderen Stadt oder in einem anderen Landesteil Nigerias gefunden worden wäre. Zur Verfolgung durch die Sekte machte das Bundesasylamt geltend, in Nigeria gebe es nach einem Botschaftsbericht der Österreichischen Botschaft in Lagos Hunderte von Sekten und Religionsgemeinschaften, die für österreichische Verhältnisse mehr oder weniger sonderbare Rituale aufwiesen. Bei der von der Beschwerdeführerin genannten Sekte dürfte es sich um eine lokal begrenzte Sekte handeln, wofür auch der Umstand spreche, dass die Beschwerdeführerin außer dem Namen der Sekte keinerlei konkrete Angaben dazu machen konnte, sodass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beschwerdeführerin bei immerhin 104 Millionen Einwohnern (davon 10 Millionen in der Stadt Lagos, wo nicht einmal Meldepflicht bestehe) das Land verlassen habe. Die Beschwerdeführerin hätte auch vor den Sektenmitgliedern jederzeit in eine große Stadt oder einen anderen Landesteil flüchten können. Darüber hinaus sei das Verhalten der Sekte nicht dem Staat zurechenbar und die Beschwerdeführerin habe nicht glaubhaft machen können, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt gewesen wäre, etwaige Verfolgungen durch Sektenmitglieder hintanzuhalten, weil sie wegen der von ihr geschilderten Vorfälle weder Anzeige erstattet und auch nicht versucht habe, diese Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Eine Asylgewährung sei daher nicht in Frage gekommen.

Zu Spruchpunkt II führte die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, für die Beschwerdeführerin habe eine innerstaatliche Fluchtalternative existiert; es wäre der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen sich in einem anderen Landesteil Nigerias niederzulassen. Eine allgemeine extreme Gefährdungslage, in der jeder einzelne Asylwerber im Falle seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, liege ebenfalls nicht vor, sodass davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführerin die Rückkehr nach Nigeria zumutbar wäre. Mangels konkreter, substantiierter und für das Bundesasylamt nachvollziehbarer Angaben zur individuellen Situation der Beschwerdeführerin in Nigeria im Hinblick auf die Verfolgungsgefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 und 2 FrG 1997 sei die Abschiebung der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung zulässig.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie ausführte, im Gegensatz zu der von der Behörde erster Instanz getroffener Wertung sei die von ihr genannte Sekte sehr wohl imstande, eine Person wie sie in jedem Ort ihrer Heimat ausfindig zu machen. Solche Sekten übten "verschiedenste Formen des Terrors" aus, vom psychologisch begründeten Terror gegen Mitglieder, damit diese die Sekte nicht verließen, bis zu gezielten Terrormaßnahmen, Überfällen, Exekutionen von Gegnern der Sekte, was diese Bezeichnung "auch immer bedeuten möge". Außerdem könne nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich bei der von der Beschwerdeführerin subjektiv erlebten Furcht, bedingt durch die verschiedensten gegen sie eingesetzten Mittel der Beeinflussung und der Beherrschung, um durchaus auch objektiv nachvollziehbare Formen der physischen und psychischen Unterdrückung gehandelt habe. Sie werde bemüht sein, entsprechende Beweismittel vorzulegen und auch Zeugen für die von ihr erlittene Verfolgung zu nennen, um die Nachvollziehbarkeit ihres Vorbringens zu ermöglichen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde unter Spruchpunkt I die Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG abgewiesen und unter Spruchpunkt II gemäß § 8 leg. cit. in Verbindung mit § 57 FrG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria zulässig sei. Die belangte Behörde verwies hinsichtlich der Darstellung des Vorbringens der Beschwerdeführerin auf den diesbezüglichen Teil des erstinstanzlichen Bescheides und führte zu Spruchpunkt I aus, die Ausführungen zu den Riten des Kultes seien einer Objektivierung nicht zugänglich; sie stellten bloße Behauptungen dar, die mangels Untermauerung durch entsprechende Bescheinigungsmittel in keiner Weise zur Glaubhaftmachung der angeblich aktuellen Bedrohungssituation geeignet seien. Selbst dann, wenn sie als glaubhaft angesehen würde, sei die von der Beschwerdeführerin dargestellte Bedrohung ihrer Person nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumieren, weil sie nicht dem Staat zuzurechnen wäre. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergebe sich nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass die von ihr beschriebene Gefahr, Bedrohung bzw. Verfolgung vom Staat ausginge oder von ihm zumindest gebilligt würde. Eine lediglich von Privatpersonen ausgehende Gefahr (und sei es auch in Gestalt einer Geheimorganisation) könne aber unter die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention nicht subsumiert werden. Voraussetzung einer Verfolgungsgefahr sei darüber hinaus auch, dass die staatliche Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften des Asylwerbers erfolge. Werde jedoch die Verfolgungshandlung ausschließlich etwa durch die religiöse Überzeugung des Täters geleitet, so vermöge eine asylrelevante Verfolgung ebenfalls nicht erkannt zu werden. Derartige Übergriffe, mögen sie auch religiös motiviert sein, seien dann nicht anders zu beurteilen, als solche gewöhnlicher Krimineller bzw. krimineller Organisationen.

Die belangte Behörde verwies weiters auf Angaben der Österreichischen Botschaft in Lagos über die Situation der Sekten in Nigeria und meinte weiters, es liege im Fall der Beschwerdeführerin auch die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative vor, was dieser anlässlich ihrer Einvernahme auch vorgehalten worden sei und worauf sie lediglich bemerkt habe, die Sekte würde sie überall finden; wie, wisse sie nicht. Dies habe sie jedoch nicht bescheinigen bzw. glaubhaft machen können, weshalb die erkennende Behörde zur Abweisung ihres Antrages gekommen sei.

Zu Spruchpunkt II führte die belangte Behörde aus, hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des § 57 Abs. 1 FrG sei es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildere und dass diese Gründe objektivierbar seien. Die Gefahr müsse sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und eine drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein. Dabei setze die das "Refoulement-Verbot" enthaltende Bestimmung voraus, dass die dort umschriebene Gefahr für den Fremden vom Staat ausgehe. Eine Bedrohung, die ohne Billigung durch staatliche Stellen nur von Privatpersonen ausgehe, falle nicht darunter. Wie bereits unter Spruchpunkt I dargelegt, liege im gegenständlichen Verfahren weder staatliche Verfolgung vor noch beziehe sich die Gefahr auf das gesamte Staatsgebiet in Nigeria, weshalb auch die Abschiebung der Asylwerberin gemäß § 8 AsylG in Verbindung mit § 57 Abs. 1 und 2 FrG nach Nigeria zulässig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde (jeweils) in der Begründung ihrer beiden Spruchpunkte u.a. den Umstand als wesentlich genannt, dass der Beschwerdeführerin in Nigeria eine innerstaatliche Fluchtalternative offen gestanden wäre. Dieser Argumentation ist die Beschwerde, die sich lediglich in allgemeinen, nicht näher substantiierten Behauptungen erschöpft, nicht entgegengetreten. Wie schon im Verwaltungsverfahren wird auch in der Beschwerde nicht näher dargelegt, auf welche Weise es den Familienmitgliedern der Beschwerdeführerin oder den Mitgliedern der (nur lokal verbreiteten) Sekte möglich sein sollte, die Beschwerdeführerin in anderen Landesteilen bzw. in einer großen Stadt Nigerias zu finden. Dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative für die Beschwerdeführerin ausgegangen ist, hat die Beschwerde somit nicht aufzeigen können.

Es kann daher im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Beschwerdeführerin überhaupt mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen gehabt hätte. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte sich die Verfolgungsgefahr aber - um asylrelevant zu sein - auf das gesamte Staatsgebiet des Herkunftsstaates beziehen müssen. Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen die Inanspruchnahme des Schutzes ihres Herkunftsstaates auch zumutbar ist, bedürfen sie nicht des Schutzes durch die beantragte Gewährung von Asyl. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführerin ein Ortswechsel, z.B. in die Millionenstadt Lagos, nicht zumutbar oder nicht möglich gewesen wäre, hat diese nicht geltend gemacht und sind auch nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin hätte sich daher - auch unter Zugrundelegung der von ihr nicht bestrittenen Angaben des Botschaftsberichtes über die lokale Begrenztheit der Geheimgesellschaften - der Gefahr einer Verfolgung durch diese durch Verlegung ihres Wohnsitzes entziehen können.

Bereits aus diesem Grund erweist sich die Abweisung des Asylantrages (Spruchpunkt I) als frei von Rechtsirrtum (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 98/20/0477).

Die Beschwerdeführerin, die auch keinen Versuch einer Inanspruchnahme staatlichen Schutzes unternommen hat, hat auch die Argumentation der belangten Behörde zu Spruchpunkt II, wonach sich keine auf das gesamte Staatsgebiet bezogene Gefahr vorliege, nicht substantiiert bekämpft. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, im Fall der Beschwerdeführerin sei jedenfalls wegen der Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit dem Eintritt eines Nachteiles gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG 1997 zu rechnen. Gegen die Feststellung gemäß § 8 AsylG bestehen daher ebenfalls keine Bedenken.

Zu den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Verfahrensmängeln ist schließlich zu bemerken, dass sie es verabsäumt darzutun, welches Vorbringen sie im Falle der Unterlassung der der Behörde nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin unterlaufenen Verfahrensfehler erstattet hätte und inwiefern dieses Vorbringen geeignet gewesen wäre, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu gelangen. Dies zeigt die Beschwerdeführerin durch die bloße Behauptung, aufgrund ihrer Fluchtsituation könnten ihr allfällige Unklarheiten bezüglich des Fluchtvorganges, der Termine etc. nicht als "Unstimmigkeiten zur Last gelegt" werden, nämlich schon deshalb nicht auf, weil die Annahme solcher Unstimmigkeiten keinen tragenden Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides bildet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Februar 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999200297.X00

Im RIS seit

24.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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