TE OGH 2010/12/22 2Ob73/10i

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Veröffentlicht am 22.12.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Linke Wienzeile 18, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei c***** SE, *****, vertreten durch Fiebinger Polak Leon & Partner Rechtsanwälte GmbH, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 26.500 EUR sA), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 4.416,67 EUR) und die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 13.250 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Dezember 2009, GZ 5 R 160/09z-11, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 31. Juli 2009, GZ 39 Cg 31/08i-7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird hingegen Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass hinsichtlich der Klausel 24 das Ersturteil wiederhergestellt wird und die Kostenentscheidung wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.178,04 EUR (darin enthalten 1.325,67 EUR USt und 1.224 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Unternehmerin iSd § 1 KSchG. Sie tritt im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss von Mietverträgen, regelmäßig mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG in rechtsgeschäftlichen Kontakt und verwendet dabei Allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter mit den im Folgenden dargestellten Bestimmungen.

Der Kläger, ein nach § 29 Abs 1 KSchG klageberechtigter Verband, begehrt, die Beklagte habe es zu unterlassen, diese Klauseln zu verwenden bzw sich auf sie zu berufen und begründete dies im Wesentlichen mit Verstößen gegen §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB, § 6 Abs 3 und § 9 KSchG und §§ 3 und 8 MRG iVm § 1096 ABGB. Begehrt wird auch die Urteilsveröffentlichung.

Die Beklagte wendete ein, die Verwendung der Klauseln sei zulässig, die behaupteten Gesetzesverstöße lägen nicht vor. Zudem habe sie zu den Klauseln ergänzende Erklärungen (Ersatzklauseln) abgegeben. Insoweit müsse deren jeweils gesetzeskonforme Verwendung weiterhin zulässig sein. Für Verträge aus einer Zeit vor der Geltung des KSchG könne ein Verstoß gegen dieses nicht releviert werden.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es erachtete die vom Kläger behaupteten Verstöße gegen die ins Treffen geführten Bestimmungen des ABGB, MRG und KSchG in Bezug auf die klagsgegenständlichen Klauseln 3, 16, 17, 21, 24 und 27 im Wesentlichen als gegeben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich der Klauseln 3, 16, 17, 21 und 27 und wies die Klage hinsichtlich der Klausel 24 ab. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Die Entscheidung blieb hinsichtlich der Klauseln 21 und 27 unbekämpft.

Die Revision des Klägers richtet sich gegen die Abweisung der Klage bezüglich der Klausel 24, jene der Beklagten gegen die Stattgebung bezüglich der Klauseln 3, 16 und 17.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig. Die Revision des Klägers ist berechtigt, jene der Beklagten ist nicht berechtigt.

Zu den Klauseln im Einzelnen:

I. „Klausel 3: Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter das Mietobjekt der Vermieterin in ordnungsgemäßem Zustand, das heißt wie bei Mietbeginn übernommen, gereinigt und geräumt von allen nicht mietvertragsgegenständlichen Fahrnissen mit sämtlichen Schlüsseln zu übergeben.“

Dazu brachte der Kläger vor, diese Bestimmung überwälze die zwingende Erhaltungspflicht des Vermieters gemäß § 3 MRG auf den Mieter. Sie sei daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und verstoße gegen § 9 KSchG, weil Gewährleistungsansprüche des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden könnten. Gemäß § 1109 ABGB habe der Mieter für die Abnützung des Bestandgegenstands durch dessen vertragsgemäßen Gebrauch nicht aufzukommen. Darüber hinaus fingiere die Klausel, dass sich das Mietobjekt bei Übernahme durch den Mieter bei Mietbeginn in ordnungsgemäßem Zustand befunden habe. Damit komme es zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Mieters dahin, dass sich das Mietobjekt bei Übernahme nicht in ordnungsgemäßem Zustand befunden habe. Eine solche Bestimmung sei mit § 6 Abs 1 Z 11 KSchG unvereinbar.

Die Beklagte wendete ein, sie übergebe ihre Mietobjekte immer in ausgezeichnetem, voll renoviertem Zustand. Die Abweichung der Vereinbarung von der dispositiven Bestimmung des § 1109 ABGB, die erst durch die Rechtsprechung entgegen ihrem Wortlaut dahin ausgelegt worden sei, dass der Bestandgeber die „normale“ Abnutzung hinzunehmen habe, begründe noch keine Sittenwidrigkeit und keine gröbliche Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB. Der Mieter habe es in der Hand, das Mietobjekt mit erhöhter Sorgfalt zu behandeln und den bei Mietbeginn vorliegenden Zustand selbst herzustellen. Darüber hinaus müsse zwischen dem Unterlassungsanspruch, der die Verwendung der inkriminierten Klausel in Zukunft betreffe, und jenem, der sich auf in der Vergangenheit vereinbarte Klauseln beziehe, unterschieden werden. Hinsichtlich „Altverträgen“ müsse die gesetzeskonforme Verwendung der Klausel weiterhin zulässig sein. Die Beklagte habe ja Ersatzklauseln angeboten. Unberechtigt sei auch das Vorbringen, die Klausel führe zu einer Beweislastumkehr. Darin werde nur geregelt, was als ordnungsgemäßer Zustand gelte. Dabei werde keine Fiktion aufgestellt, sondern eine Definition des ordnungsgemäßen Zustands. Dieser werde von der Beklagten in einem gesonderten Protokoll festgehalten.

Das Erstgericht erklärte die Klausel im Hinblick auf § 1109 iVm § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 1 Z 11 KSchG für unzulässig. Die Klausel gehe vom Grundsatz ab, dass der Mieter für die Abnützung des Bestandgegenstands durch dessen vertragsgemäßen Gebrauch nicht aufzukommen habe. Eine solche Abweichung vom dispositiven Recht sei gröblich benachteiligend. Überdies komme es zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Mieters dahin, dass dieser mit dem Gegenbeweis belastet werde, dass sich das Mietobjekt bei Übernahme nicht in ordnungsgemäßem Zustand befunden habe.

Das Berufungsgericht führte aus, dass die Beklagte selbst davon ausgehe, die gerügte Klausel sei dahin zu verstehen, dass der Vermieter damit die normale Abnützung des Mietobjekts nicht hinnehmen wolle, sondern vom Mieter verlange, es nach Ablauf des Mietvertrags genau in jenem Zustand zurückzustellen, wie er es erhalten habe - nämlich ohne Berücksichtigung der Abnützung. Unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Mietobjekte bei Übergabe fänden sich keine Anhaltspunkte für ein Abgehen von den von der Rechtsprechung zur Abnützung der Wohnung und deren Duldung durch den Vermieter entwickelten Grundsätzen. Danach sei das Bestandobjekt in dem Zustand zurückzustellen, in dem es übernommen worden sei, jedoch mit den Verschlechterungen, die sich aus der gewöhlichen Abnützung und infolge Schäden ergeben, für die der Bestandnehmer nicht hafte. Gemäß der Entscheidung 6 Ob 104/09a habe der Mieter die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch entstandene Abnützung des Bestandobjekts nach § 1109 ABGB nicht zu vertreten, weil eine derartige Abnützung zwingende Folge des bestimmungsgemäßen Gebrauchs sei, für den der Vermieter ohnedies ein Entgelt erhalte. Die Klausel erweise sich daher als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Sie sei bereits aus diesem Grund unzulässig, weshalb es einer Befassung mit der Frage, ob die Bestimmung auch eine Beweislastumkehr in Verletzung des § 6 Abs 1 Z 11 KSchG enthalte, nicht bedürfe. Die Wiederholungsgefahr sei durch die Verfassung von Ersatzklauseln mangels vollständiger Unterwerfung nicht weggefallen. Ein Unterlassungsbegehren sei auch dann gerechtfertigt, wenn die beanstandete Klausel nur teilweise unzulässig sei, weil im Verbandsprozess für die geltungserhaltende Reduktion kein Raum bleibe.

Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, dass dem jeweiligen Mietvertrag Objekte in ausgezeichnetem Renovierungszustand zugrunde lägen. Tatsächlich determiniere aber die Klausel 3 den bei der Übergabe vorhandenen Zustand, sodass - anders als in dem der Entscheidung 6 Ob 104/09a zugrundeliegenden Sachverhalt - die Rückstellungsverpflichtung in ordnungsgemäßem Zustand zu keiner Verbesserung des Bestandobjekts führe. Bei der für die Rückstellung eines Bestandobjekts einschlägigen Bestimmung des § 1109 ABGB handle es sich um dispositives Recht, sodass davon vertraglich - außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG bzw den Beschränkungen des KSchG - in jede Richtung abgegangen werden könne. In der Determinierung des Ausstattungszustands liege weder eine Verletzung von § 879 Abs 3 ABGB noch eine unzulässige Beweislastumkehr gemäß § 6 Abs 1 Z 11 KSchG, sondern eine Erhöhung der Rechtssicherheit. Im Vollanwendungsbereich des MRG habe der Vermieter gar keine Möglichkeit, durch höhere Mietzinszahlungen die Kosten der Sanierung des zurückgegebenen Mietgegenstands anzusetzen. Er habe aber ein Interesse daran, den Mietgegenstand in ordnungsgemäßem Zustand zu übernehmen, um ihn ohne Verzögerung und Kosten wieder neu vermieten zu können.

Der Kläger verweist in seiner Revisionsbeantwortung im Wesentlichen darauf, der Umstand, dass die Beklagte ihre Mietobjekte möglicherweise in ausgezeichnetem Zustand übergebe, könne keine sachliche Rechtfertigung iSd § 879 Abs 3 ABGB dafür abgeben, dass dem Mieter die Verpflichtung auferlegt werde, das Mietobjekt in eben diesem Zustand nach Beendigung des Mietverhältnisses zurück zu stellen. Der Mieter bezahle ja den Mietzins dafür, dass er das Mietobjekt gebrauchen dürfe, was zu einer „normalen“ Abnützung führe. Es sei daher keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, wenn die Klausel dem Mieter die Verpflichtung auferlege, bei Beendigung des Mietverhältnisses die „normale“ Abnützung, die durch seinen ordentlichen Gebrauch bewirkt worden sei, rückgängig zu machen, obwohl er doch den Mietzins dafür bezahlt habe, dass er das Mietobjekt entsprechend benützen dürfe.

         Dazu ist auszuführen:

         1. Nach § 5 ABGB wirken Gesetze nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte, sofern die Übergangsvorschriften nichts Gegenteiliges bestimmen, keinen Einfluss. Einmalige Handlungen und Zustände, aber auch mehrgliedrige und dauernde Sachverhalte, die zur Gänze in die Geltungszeit eines Gesetzes fallen, sind nach diesem Gesetz zu beurteilen. Für Dauersachverhalte gelten die Rechtsfolgen eines neuen Gesetzes ab seinem Inkrafttreten (RIS-Justiz RS0008715). Bei Dauerrechtsverhältnissen ist im Falle einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Gesetzes reichende Teil des Dauertatbestands danach zu beurteilen (6 Ob 263/04a = RIS-Justiz RS0031419 [T24]).

         Bestandverhältnisse sind Dauerrechtsverhältnisse. Das KSchG 1979 ist daher grundsätzlich auch auf Bestandverträge anzuwenden, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen wurden.

         2. Im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG kann keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RIS-Justiz RS0038205). Fügt der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen seiner nach Abmahnung gemäß § 28 Abs 2 KSchG abgegebenen Unterlassungserklärung neu formulierte Ersatzklauseln mit dem Bemerken bei, diese seien von der Unterlassungserklärung ausgenommen, liegt keine vollständige Unterwerfung unter den Anspruch einer gemäß § 29 KSchG klageberechtigten Einrichtung vor. Die Wiederholungsgefahr wird nicht beseitigt. Darauf, ob die neuen Klauseln im Verhältnis zu den beanstandeten Klauseln „sinngleich“ sind, kommt es hiebei nicht an (RIS-Justiz RS0125395).

         Die Revisionswerberin führt keine schlüssigen Argumente ins Treffen, die - im Sinne der in der Literatur geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung (Riss in RdW 2009, 695 und Bollenberger in ÖBA 2010, 304) - in Bezug auf den vorliegenden Fall eine unterschiedliche Sichtweise nahelegen würden.

         3. Es ist zu prüfen, inwieweit die Klausel gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB ist und damit eine sachlich nicht gerechtfertigte Abweichung vom dispositiven Recht darstellt (Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 240; Bollenberger in KBB3 § 879 ABGB Rz 23, jeweils mwN). Anzuknüpfen ist an § 1109 Satz 1 ABGB, wonach der Bestandnehmer die Bestandsache nach Beendigung des Bestandverhältnisses „dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat“ zurückzustellen hat. Nach der Rechtsprechung muss der Bestandnehmer jedoch nicht für die durch den vertragsgemäßen Gebrauch bewirkte Abnützung des Bestandgegenstands aufkommen (RIS-Justiz RS0020760), was auf der Überlegung beruht, dass eine derartige Abnützung zwingende Folge des - bestimmungsgemäßen - Gebrauchs ist, für den der Vermieter ohnedies ein Entgelt enthält (6 Ob 104/09a).

         4. Da § 1109 ABGB dispositives Recht ist, sind anderslautende Vereinbarungen zulässig (RIS-Justiz RS0020737); dies gilt im Vollanwendungsbereich des MRG jedenfalls soweit, als nicht Erhaltungsarbeiten iSv § 3 Abs 2 MRG betroffen sind. Die Entscheidung 10 Ob 79/07a - die keine Konsumentenschutz-Aspekte zu berücksichtigen und (mangels Einwendung) auch keinen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB zu prüfen hatte - erachtete einzeln ausgehandelte mietvertragliche Bestimmungen zu einer Geschäftsraummiete, nach der der Mieter verpflichtet war, das Objekt nach Beendigung des Mietvertrags neu ausgemalt und neu versiegelt zurückzustellen, für zulässig.

         5. In der „1. Klauselentscheidung“ 7 Ob 78/06f - der eine Verbandsklage zugrunde lag - wurde zu einer der klagsgegenständlichen ähnlichen Klausel (dort 32) ausgesprochen, dass bei der gebotenen konsumentenfeindlichsten Auslegung der Mieter jegliche Gebrauchsspuren, die noch so unerheblich sein mögen, beseitigen müsste. Im Übrigen werde damit gegebenenfalls auch die Erhaltungspflicht des Vermieters überwälzt, was im Vollanwendungsbereich des MRG gegen § 3 MRG, im Teilanwendungsbereich bei einem Konsumenten gegen § 9 Abs 1 KSchG verstoße.

         6. Die Entscheidung 6 Ob 104/09a erachtete die in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Endausmalverpflichtung des Mieters für gröblich benachteiligend und somit für nichtig und bejahte im Vollanwendungsbereich des MRG einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.

         7. Auch im vorliegenden Fall führt die angefochtene Vertragsklausel zu einer gröblichen Benachteiligung des Mieters iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die formularmäßige Verpflichtung zur Übergabe „in ordnungsgemäßem Zustand, wie bei Mietbeginn übernommen …“ bedeutet die Verpflichtung des Mieters zur Renovierung des Bestandgegenstands auch bei Abnützung durch bloß bestimmungsgemäßen Gebrauch, welcher Gebrauch aber mit dem Bestandzins bereits abgegolten ist. Die Klausel ist daher gröblich benachteiligend für den Mieter. Ob die Wohnung dem Mieter bei Mietvertragsbeginn ausgezeichnet renoviert übergeben wurde, ist für diese Beurteilung unerheblich, da der Vermieter keinen Anspruch gegen den Mieter auf Beseitigung jeglicher Gebrauchsspuren hat.

         II. „Klausel 16: Unter Hinweis auf § 10 Abs 3 Z 1 MRG vereinbaren die Streitteile die laufenden Erhaltungs-, und soweit erforderlich, Erneuerungspflichten seitens des Mieters hinsichtlich sämtlicher mitgemieteter Einrichtungsgegenstände, Geräte und Anlagen.“

         Der Kläger stützt sich zu dieser Bestimmung darauf, dass mit ihr § 879 Abs 3 iVm §§ 1096, 1109 ABGB und § 3 MRG sowie § 9 KSchG verletzt würden. Die Klausel sei gröblich benachteiligend, da sie die Erhaltungspflicht des Vermieters auf den Mieter überwälze. Darüber hinaus werde das Gewährleistungsrecht des Mieters (Zinsminderungsrecht) eingeschränkt bzw ausgeschlossen. Werde nämlich die Erhaltungs- und Erneuerungspflicht hinsichtlich aller Einrichtungsgegenstände, Geräte und Anlagen dem Mieter überlassen, könnte das Zinsminderungsrecht nie zum Tragen kommen. Schließlich sei die Klausel intransparent, weil unklar sei, inwieweit das Recht auf Aufwandersatz gemäß § 10 Abs 3 Z 1 MRG bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Zusammenhang mit der Erhaltungspflicht des Vermieters während des aufrechten Mietverhältnisses stehen solle.

         Die Beklagte hielt dem entgegen, dass es auch im Vollanwendungsbereich des MRG zulässig sei, die vertragliche Erhaltungs- und Instandhaltungspflicht dem Mieter aufzuerlegen, soweit nicht die in § 3 Abs 2 MRG genannten Arbeiten betroffen seien.

         Das Erstgericht erachtete die Klausel mit der Begründung als unzulässig, es dürfe auch im Vollanwendungsbereich des MRG die Instandhaltungspflicht des Vermieters nach dem MRG nicht abbedungen werden. Die Klausel sei damit gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

         Das Berufungsgericht teilte diese Auffassung. Die Zurverfügungstellung eines brauchbaren Bestandobjekts stehe unter dem Druckmittel der Mietzinsminderung, also eines Gewährleistungsbehelfs.

         Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, dass im Vollanwendungsbereich des MRG § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB für den Graubereich zwischen § 3 MRG und § 8 MRG nicht zur Anwendung gelange, sodass der Vermieter zur Ergreifung weitergehender Erhaltungsmaßnahmen nicht verpflichtet sei. § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB normiere keine Gewährleistungs-, sondern eine Hauptleistungspflicht. Diese sei außerhalb zwingender Normen der Mietrechtsgesetzgebung abdingbar und auf den Bestandnehmer überwälzbar. Der Gesetzestext des MRG spreche - wegen der gesetzlich beschränkten Zinsbildung - dafür, dass eine im Vollanwendungsbereich des MRG geschlossene, dem KSchG unterliegende Vereinbarung, wonach dem Mieter Instandhaltungspflichten für die Zeit ab Übergabe des Bestandobjekts auferlegt würden, als zulässige Vereinbarung zu qualifizieren sei.

         Der Kläger verweist in seiner Revisionsbeantwortung darauf, dass die Klausel das gemäß § 1096 Abs 1 zweiter und dritter Satz ABGB unabdingbare Zinsminderungsrecht einschränke. Diese Einschränkung der Gewährleistungsrechte des Mieters widerspreche § 9 KSchG. Überdies sei die Klausel iSd § 879 Abs 3 ABGB sittenwidrig, weil sie in ihrem Umfang dem Mieter die laufenden Erhaltungs- und soweit erforderlich, Erneuerungspflichten hinsichtlich sämtlicher mitgemieteter Einrichtungsgegenstände, Geräte und Anlagen auch dann auferlege, wenn solche Arbeiten nicht nur aufgrund gewöhnlicher Abnutzung (Zufall), sondern sogar aus Verschulden des Vermieters oder seiner Leute notwendig würden. Die Klausel bringe auch eine gröblich benachteiligende Verschiebung der Gefahrtragung mit sich, als doch gemäß § 1311 ABGB der bloße Zufall denjenigen treffe, in dessen Vermögen er sich ereigne und der Bestandgeber das Risiko für alle auf Zufall beruhenden Umstände trage, die den Ausfall oder eine wesentliche Einschränkung des Gebrauchsnutzens der Bestandsache zur Folge habe.

         Dazu ist auszuführen:

         1. Im Nicht- oder Teilanwendungsbereich des MRG bestimmt sich die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 ABGB. Danach hat der Vermieter den Bestandgegenstand im vertraglich vereinbarten und den bedungenen Gebrauch ermöglichenden Zustand zu übergeben und während der gesamten Vertragszeit in diesem ursprünglich geschuldeten Zustand zu erhalten. Zur Durchsetzung der Erhaltungspflicht des Vermieters steht dem Mieter gemäß § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB ein gesetzliches Zinsminderungsrecht zur Verfügung, auf welches bei unbeweglichen Sachen im Voraus nicht verzichtet werden kann (dritter Satz). Die Erhaltungspflicht des Vermieters ist außerhalb zwingender Normen der Mietrechtsgesetzgebung dispositiv (RIS-Justiz RS0021233).

         2. Im Vollanwendungsbereich des MRG besteht dagegen nach § 3 MRG nur eine eingeschränkte, wenngleich zwingende Erhaltungspflicht des Vermieters. § 3 MRG verpflichtet den Vermieter zur Erhaltung der allgemeinen Teile des Hauses und insoweit auch des Mietgegenstands, als entweder ein ernster Schaden des Hauses zu beheben oder eine vom Mietgegenstand ausgehende erhebliche Gesundheitsgefährdung zu beseitigen ist. Die Erhaltung ist von § 3 MRG vollständig erfasst. Eine subsidiäre Geltung des § 1096 Abs 1 erster Satz ABGB hinsichtlich Erhaltungspflichten ist aufgrund der Systematik und des Wortlauts der Bestimmung des § 3 MRG auszuschließen. § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB gilt aber - als von § 3 MRG unberührt - auch im Vollanwendungsbereich des MRG, sodass der Vermieter dem Mieter für die gesamte Vertragsdauer grundsätzlich die Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauchs schuldet (5 Ob 17/09z; vgl Vonkilch in wobl 2009, 209 [212]). Umgekehrt hat der Mieter gemäß § 8 Abs 1 MRG den Bestandgegenstand zu warten und, soweit es sich nicht um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt, so instand zu halten, dass dem Vermieter und den anderen Mietern des Hauses kein Nachteil erwächst. Im Vollanwendungsbereich des MRG existiert daher ein so genannter „Graubereich“, in dem weder der Vermieter erhaltungs- noch der Mieter instandhaltungspflichtig ist. In diesen Graubereich fällt die Erhaltung jener Geräte, die häufig Anlass zu Streit geben, wie etwa die nicht funktionierende Heizungstherme, der defekte Boiler oder das umstrittene Ausmalen des Mietgegenstands (vgl Pletzer in Zak 2009, 363 mwN).

         3. In der „1. Klausel-Entscheidung“ 7 Ob 78/06f wurde (für den Teilanwendungsbereich des MRG) ausgesprochen, dass die Überwälzung von nach § 1096 Abs 1 S 1 ABGB in die Erhaltungspflicht des Vermieters fallenden Maßnahmen auf den Mieter im Verbrauchergeschäft gegen § 9 KSchG verstoße und daher unzulässig sei. Im Vollanwendungsbereich ergebe sich diese Unzulässigkeit aus einer teilweisen Überschreitung des § 8 MRG.

         In der „2. Klausel-Entscheidung“ 1 Ob 241/06g wurde die Unzulässigkeit der Überwälzungsvereinbarung (im Vollanwendungsbereich des MRG) mit dem darin gelegenen Ausschluss des Zinsminderungsanspruchs des Mieters nach § 1096 Abs 1 S 2 ABGB und somit ebenfalls mit einem Verstoß gegen § 9 Abs 1 KSchG begründet.

         In jüngster Zeit rückte zunehmend § 879 Abs 3 ABGB in den Mittelpunkt des Interesses, wonach Klauseln in AGB und Formularverträgen, die nicht eine der beiden Hauptleistungen betreffen, unwirksam sind, wenn durch sie ein Teil gröblich benachteiligt wird. So qualifizierte etwa die - in einem Verbandsprozess ergangene - Entscheidung 6 Ob 81/09v eine Klausel, die den Mieter zur jährlichen (nachweisbaren) Wartung einer Gas-Kombi-Therme verpflichtete, als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. In 6 Ob 104/09a setzte sich der Oberste Gerichtshof in einem Individualverfahren mit der Frage des Verstoßes einer Endausmalverpflichtung gegen § 879 Abs 3 ABGB auseinander und bejahte eine gröbliche Benachteiligung des Mieters.

         4. Auch im vorliegenden Fall ist daher - mit den Vorinstanzen - zu prüfen, ob die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt. Die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung setzt voraus, dass sich die Erhaltungsvereinbarung auf eine Nebenleistung des Mieters/Vermieters bezieht. Die „1. Klauselentscheidung“ 7 Ob 78/06f bejahte dies, indem sie ausführte, dass die Erhaltungspflicht des Vermieters Ausdruck seiner bestandrechtlichen Gewährleistungspflicht sei. Es entspricht auch der herrschenden Meinung, dass der Begriff der „Hauptleistung“ im gegebenen Zusammenhang eng zu verstehen ist (Krejci in Rummel, ABGB3 § 879 Rz 238; 4 Ob 112/04f; 6 Ob 104/09a).

         In der Entscheidung 3 Ob 20/09a wurde offen gelassen, ob die Gebrauchsverschaffungspflicht des Vermieters gemäß § 1096 ABGB als primäre Leistungs- oder als Gewährleistungspflicht zu qualifizieren ist.

         In der Lehre wird zur Frage, ob die Erhaltungspflicht des Mieters/Vermieters Hauptleistung oder Nebenleistung ist, Unterschiedliches vertreten. So spricht sich etwa Riss (wobl 2007, 62 [71]) uA unter Berufung auf § 28 MRG für die Hauptleistungs-Variante aus, während Böhm (immolex 2007, 262 [270]) die Erhaltung als Gewährleistung sieht, weil die begriffliche Zuordnung nichts „hergebe“ und die ratio der Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB es erfordere, den Regelungskomplex der Nebenleistungen im gegebenen Zusammenhang sehr weit zu verstehen. Unter den Begriff „Hauptleistung“ seien nur jene Punkte zu subsumieren, die von der Willenseinigung umfasst sein müssten, damit der Vertrag nicht aufgrund Dissenses wegen Unbestimmtheit nichtig sei. Die so umschriebene Hauptleistung könne über andere Bestimmungen (zB §§ 879 Abs 2 Z 4, 934 ABGB; Mietzinsbeschränkungen) einer objektiven Äquivalenzkontrolle unterworfen werden und brauche daher nicht „doppelt“ inhaltskontrolliert zu werden. Dies lege es nahe, im gegebenen Zusammenhang die Grenze so zu ziehen, dass neben dem in Zahlen ausgedrückten Mietzins echte Dienstleistungen des Mieters, daneben aber auch inhaltlich bestimmte, von vornherein in Geld bewertbare und einem bestimmten Zeitraum zuordenbare Erhaltungspflichten als Hauptleistungen, die Überwälzung unbestimmter Erhaltungsarbeiten, bei denen das „Ob“, „Wann“ oder „Wieviel“ nicht feststehe, aber als Nebenbestimmungen zu qualifizieren seien. Auch Pletzer (bbl 2010, 131) spricht sich angesichts des traditionell engen Verständnisses der „Hauptleistungspflicht“ in § 879 Abs 3 ABGB für eine prinzipielle Anwendbarkeit dieser Norm auf die hier interessierenden Konstellationen aus.

         Der Senat schließt sich der Auffassung an, wonach die Überwälzung unbestimmter Erhaltungsarbeiten als Nebenbestimmung und nicht als Hauptleistung zu qualifizieren ist. Klauseln, die - wie hier - das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, fallen unter die Inhaltskontrolle iSd § 879 Abs 3 ABGB (vgl 4 Ob 112/04f mwN).

         5. Es bleibt die Prüfung der „gröblichen Benachteiligung“.

         Ob eine gröbliche Benachteiligung vorliegt, hängt im Sinn eines beweglichen Systems einerseits vom Ausmaß der objektiven Äquivalenzstörung und andererseits vom Grad der „verdünnten Willensfreiheit“ des benachteiligten Vertragspartners ab, wobei eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen und im Verbandsprozess die Klausel im kundenfeindlichsten Sinn auszulegen ist (Kolmasch in Schwimann, ABGB TaKomm § 879 Rz 21 mwN).

         Die generelle Überwälzung der Erhaltung des Mietgegenstands auf den Mieter ist zweifellos als gröblich benachteiligend zu erachten. Eine weitgehend einseitige Abweichung vom dispositiven Recht, das für den „Durchschnittsfall“ eine ausgewogene, gerechte Rechtslage anstrebt, kann unter den besonderen Verhältnissen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Hinblick auf die hier typischerweise bestehende „verdünnte Vertragsfreiheit“ des Kunden nicht toleriert werden (6 Ob 81/09v mwN). Auch Böhm (immolex 2007, 262 [271]) hält die Überwälzung der Erhaltung des gesamten Mietgegenstands mit allem Zubehör für „stets und jedenfalls“ gröblich benachteiligend (so auch Pletzer, bbl 2010, 131 [141]). Die von Riss (wobl 2007, 62 [71]) angemeldeten Zweifel an einer gröblichen Benachteiligung mögen im Einzelfall der konkreten Abwägung der beiderseitigen Interessen durchaus zutreffend sein, im - hier gegebenen - Verbandsprozess ist jedoch die generelle Überwälzung von Erhaltungspflichten auf den Mieter, ohne dafür ein entsprechendes Äquivalent zu gewähren, als sachlich nicht gerechtfertigte Abweichung vom dispositiven Recht (§ 1096 ABGB, §§ 3 und 8 MRG) zu qualifizieren.

         Die Klausel ist daher nach § 879 Abs 3 ABGB nichtig, sodass die Prüfung, ob sie noch weitere Gesetzesbestimmungen verletzt, auf sich beruhen kann.

         III. „Klausel 17: Diese Obliegenheit umfasst auch die entsprechenden Pflege- und Servicemaßnahmen im Zusammenhang mit der gesamten Wohnungsausstattung und somit auch der Therme. Darunter fällt unter anderem auch die Verpflichtung zur regelmäßigen Reinigung der Wohnung und der Fenster, der entsprechenden fachgerechten Behandlung der Böden und Fliesen, die Beseitigung geringfügiger Gebrauchsschäden (zB gesprungene Fliesen, beschädigte Sesselleisten, defekte und undichte Armaturen und Syphone, undichte Silikonfugen, klemmende Scharniere, etc).“

         Zu dieser Bestimmung führte der Kläger aus, diese verstoße gegen §§ 879 Abs 3 iVm 1096 ABGB, gegen §§ 3, 8 MRG und §§ 6 Abs 3 und 9 KSchG. Auch hier werde unzulässigerweise die Erhaltungspflicht auf den Mieter überwälzt. Weiters werde ihm unzulässig und intransparent suggeriert, dass Gebrauchsschäden wie etwa eine gesprungene Fliese von ihm zu beheben wären. Dies sei aber aufgrund der vom Vermieter zu duldenden gewöhnlichen Abnutzung nicht zulässig.

         Die Beklagte brachte dazu vor, sie werde sich nur mehr in Altverträgen auf jene Klauselteile berufen, soweit sie zulässig vereinbart worden seien. Die Pflege und Wartung der Wohnungsausstattung sei Sache des Mieters, ihm obliege auch die fachgerechte Behandlung von Böden und Fliesen sowie die Reinigung der Wohnung und Fenster. Diesbezüglich lägen selbstständige - und somit jedenfalls erlaubte - Klauselteile vor. Schließlich sei auf die angebotene Ersatzklausel zu verweisen.

         Das Erstgericht vertrat die Auffassung, auch diese Bestimmung sei unzulässig. Es sei auf die Ausführungen zur Klausel 16 zu verweisen. Dazu komme, dass die Bestimmung intransparent sei. Dem Mieter werde suggeriert, dass beispielsweise jede gesprungene Fliese automatisch als Gebrauchsschaden zu werten sei, dessen Behebung dem Mieter obliege. Tatsächlich könnten solche Defekte auch „von selbst“ auftreten, also Gegenstand gewöhnlicher Abnutzung sein und damit in den Zuständigkeitsbereich des Vermieters fallen. Der Einwand, dass bei derartigen Schäden im Einzelfall eruiert werden müsste, auf welcher Ursache sie beruhten, komme nicht zum Tragen. Eine geltungserhaltende Reduktion einer Klausel auf ein allenfalls zulässiges Ausmaß sei im Verbandsprozess ausgeschlossen.

         Das Berufungsgericht führte aus, dass die Klausel bereits deshalb unzulässig sei, weil deren letzter Satz intransparent sei. Durch die Verwendung des Wortes „etc“ werde nicht eindeutig klar zum Ausdruck gebracht, für welche Schäden in der Wohnung der Mieter konkret aufkommen müsste. Aber auch eine teilweise Aufrechterhaltung der gerügten Bestimmung sei nicht gerechtfertigt. Maßgeblich für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig iSd § 6 KSchG sei nicht die Gliederung des Klauselwerks, sondern es komme darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliege. Dies sei dann der Fall, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden könnten. Hier ergebe sich schon aus dem Einleitungsteil der Bestimmung „diese Obliegenheit“, dass sie zum einen auf der vorangegangenen Bestimmung, der - unzulässigen - Klausel 16 fuße und andererseits dann in einem einzigen Satz die als unzulässig erkannte „Obliegenheit“, gemeint die auf den Mieter überwälzte Erhaltungspflicht des Mietgegenstands, näher definiere. Somit lägen, wenn auch in Form verschiedener Präzisierungen, nicht mehrere, von einander unabhängige Regelungspunkte vor. Vielmehr wolle die Beklagte auch in dieser Bestimmung auf einen einzigen Regelungsbereich zurückkommen, nämlich den, dass sie die Erhaltungspflicht dem Mieter übertragen wolle. Da dies aber nicht zulässig sei, bleibe für eine teilweise Aufrechterhaltung der Klausel kein Raum.

         Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, dass die Klausel den Mieter nur zur Beseitigung von geringfügigen Gebrauchsschäden verpflichte. Um die Unklarheit darüber zu beseitigen, habe die Beklagte eine demonstrative Aufzählung im Sinne einer Determinierung vorgenommen. Einem Durchschnittsverbraucher nach dem europäischen Verbraucherleitbild sei klar, dass eine Beifügung wie „etc“ gleichlautende Sachverhalte meine. Bei den in der Klausel genannten Maßnahmen handle es sich nicht um Erhaltungsmaßnahmen, sondern um Wartungsmaßnahmen, die vom Mieter verlangt werden könnten. Die Klausel 17 könne im Übrigen durchaus selbstständig bestehen bleiben.

         Der Kläger verwies in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit von „Ersatzklauseln“.

         Dazu ist auszuführen:

         1. Zur Problematik der Ersatzklauseln siehe oben zu I.2.

         2. Zur Frage der Zulässigkeit von „Überwälzungsvereinbarungen“ siehe die obigen Ausführungen zu II.1.ff. Die durch die Klausel 17 - welche an Klausel 16 anknüpft - vorgenommene Konkretisierung der generellen Erhaltungs- und Wartungspflicht des Mieters (im Sinne einer umfassenden Überwälzung) vermag an der obigen Beurteilung nichts zu ändern, sondern - im Gegenteil - sie erhärtet den zu Klausel 16 gegebenen Befund einer groben Äquivalenzstörung iSd § 879 Abs 3 ABGB.

         IV. „Klausel 24: Dem Mieter ist es nicht gestattet, Haustiere zu halten.“

         Dazu stützte sich der Kläger auf eine gröbliche Benachteiligung der Untersagung jeglicher Tierhaltung iSd § 879 Abs 3 ABGB.

         Die Beklagte hielt dem entgegen, eine solche Regelung sei sachlich gerechtfertigt. Es müsse dem freien Willen des Eigentümers überlassen bleiben, ob er eine Tierhaltung in seinem Haus ausdrücklich wünsche.

         Das Erstgericht schloss sich der Ansicht des Klägers an und erachtete die Bestimmung als gemäß § 879 Abs 3 ABGB unzulässig.

         Das Berufungsgericht hingegen erachtete die Klausel als sachlich gerechtfertigt und verneinte unter Hinweis auf 6 Ob 129/08a einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB.

         Der Kläger argumentiert in seiner Revision, dass es eine gefestigte Verkehrssitte der Haustierhaltung in (Miet-)Wohnungen gebe und dass vertragliche Vereinbarungen, die - ohne sachliche Rechtfertigung - hievon abwichen, zu einer gröblichen Benachteiligung des Mieters iSv § 879 Abs 3 ABGB führten.

         Die Beklagte bestritt in ihrer Revisionsbeantwortung das Vorliegen einer entsprechenden Verkehrssitte. Diese habe der Kläger in erster Instanz weder vorgebracht noch nachgewiesen. Als sachliche Rechtfertigung für ein generelles Haustierverbot müsse der Wille des Hauseigentümers hinreichen. Keine Form der Tierhaltung könne eine Beeinträchtigung in Form von Schäden oder Belästigungen ausschließen. Ein generelles Haustierverbot sei eindeutig und transparent. Jeder Mieter wisse, worauf er sich einlasse.

         Dazu ist auszuführen:

1. Die Haltung von Haustieren - die für viele Personen wichtige Bezugspunkte sind - in (Miet-)Wohnungen kann als gerichtsnotorische Tatsache gelten (§ 269 ZPO). Offenkundige Tatsachen müssen nicht einmal behauptet werden (RIS-Justiz RS0040240). Das Gericht hat sie seiner Entscheidung auch dann zugrundezulegen, wenn sie nicht vorgebracht wurden (RIS-Justiz RS0037536).

2. Die Entscheidung 6 Ob 129/08a hatte sich nicht mit der Frage der (Un-)Zulässigkeit von Vertragsbedingungen in AGB zu befassen, welche die Haustierhaltung durch Wohnungsmieter generell untersagten, sondern mit der Geltung einer Vertragsbestimmung im Einzelfall, wonach die Tierhaltung der Genehmigung des Vermieters bedurfte.

         3. Die gefestigte Verkehrssitte ist auch im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB zu berücksichtigen, sofern sie mit Treu und Glauben und der berechtigten Bewertung der im Spiel befindlichen Interessen zu vereinbaren ist (vgl 2 Ob 137/08y). Dies ist bei der Haustierhaltung in (Miet-)Wohnungen innerhalb eines vertretbaren Rahmens der Fall. Ein Abgehen hievon ist daher nur dann zulässig, wenn es dafür eine sachliche Rechtfertigung gibt.

         4. Eine sachliche Rechtfertigung kann nicht allein durch das Interesse des Vermieters gegeben sein, sondern es ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Interessenabwägung vorzunehmen und die Natur des Rechtsgeschäfts zu berücksichtigen (Bollenberger in KBB3 § 879 ABGB Rz 23 mwN). Eine gröbliche Benachteilung iSv § 879 Abs 3 ABGB liegt dann vor, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in auffallendem, sachlich nicht gerechtfertigtem Missverhältnis zur vergleichbaren Position des anderen steht.

         5. Unter Zugrundelegung dieses Wertungsmaßstabs stellt sich die Frage, ob es dem Vermieter möglich sein soll, dem Mieter das Halten eines jeden Tieres zu verbieten, mag es noch so üblich und seiner Art nach für Substanz, Mensch und Hausfrieden typischerweise völlig „gefahrlos“ sein. Angesprochen sind nach Pletzer („Katzenverbot“ zulässig?, Zak 2008/675, 383) etwa alle in Behältnissen gehaltenen, wohnungsüblichen Kleintiere wie zB Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten.

         In der Entscheidung 6 Ob 129/08a ging der Oberste Gerichtshof - unter Berufung auf ältere Rechtsprechung - (obiter) von der Zulässigkeit einer allgemeinen Verbotsklausel aus.

         Der BGH judiziert, dass ein formularvertragliches generelles Verbot, Haustiere zu halten, keinen Bestand haben könne, da es nicht die nach § 9 I AGB-Gesetz geschuldete Bilanz der gegenseitigen Interessen berücksichtige. Es erfasse nämlich auch Tiere, deren Vorhandensein von Natur aus - wie es etwa bei Zierfischen im Aquarium der Fall sei - keinen Einfluss auf die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Vermieter und Mieter von Wohnräumen haben könne (NJW 1993, 1061). Eine Klausel in einem formularmäßigen Wohnungsmietvertrag, wonach jede Tierhaltung, insbesondere von Hunden und Katzen, mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, der Zustimmung des Vermieters bedürfe, halte der Inhaltskontrolle nach § 307 I BGB nicht stand, wobei sich die unangemessene Benachteiligung des Mieters daraus ergebe, dass eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nur für Ziervögel und Zierfische bestehe, hingegen nicht für andere Kleintiere wie etwa Hamster und Schildkröten (BGH NJW 2008, 218; vgl auch Häublein in Münchener Kommentar zum BGB5 § 535 Rz 94 mwN).

         6. Die Abwägung von generellen Interessen von Vermietern und Mietern ergibt, dass in der Tat kein sachlicher Grund für ein vertragliches Verbot der Haltung jeglicher Tiere und für die darin gelegene Abweichung vom dispositiven Recht auszumachen ist. Eine formularmäßige Verbotsklausel, die nicht klar zum Ausdruck bringt, dass sie sich nicht auf artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere (vgl die oben genannten Beispiele) bezieht, ist daher grundsätzlich als gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB zu qualifizieren. Bei anderen Tieren kann dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung aber nicht abgesprochen werden.

         Zusammenfassend ergibt sich auch die Unzulässigkeit der Klausel 24 gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

         V. Der Revision des Klägers war daher Folge zu geben und jener der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO. Bei der Revision handelt es sich um keinen verfahrenseinleitenden Schriftsatz iSd § 23a RATG.

Textnummer

E96100

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0020OB00073.10I.1222.000

Im RIS seit

31.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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