Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Dezember 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, Mag. Marek und Mag. Michel in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Fries als Schriftführer in der Strafsache gegen Mihailo J***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB und einer strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 9. September 2010, GZ 607 Hv 3/10m-176, und die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mihailo J***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (1) und des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung - am 12. Jänner 2010 in Wien den Exekutivbeamten Mario R***** durch die Abgabe von drei Schüssen aus einer Entfernung von 2,2 m zu töten versucht (1).
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) verlangt die deutliche und bestimmte Bezeichnung jenes Sachverhalts, auf den die Rechtsbegriffe der §§ 312 ff StPO abstellen (RIS-Justiz RS0119417).
Der Einwand, die anklagekonforme Schuldfrage nach §§ 15, 75 StGB enthalte keinen Hinweis darauf, dass das Tatopfer vor der Lebensgefahr bewirkenden Schussabgabe in die Schulter bereits durch den Schuss in das Knie zusammengebrochen sei, lässt die gebotene Ausrichtung am Gesetz vermissen.
Die Beschwerde legt nämlich nicht dar, aus welchem Grund der angesprochene Zusatz erforderlich gewesen sein sollte, obwohl er nicht Teil des Wortlauts des § 75 StGB ist und § 312 Abs 1 StPO bezogen auf den Tatbestand ausschließlich die Aufnahme der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung und auf der Sachverhaltsebene keine erschöpfende Beschreibung der Tat, sondern nur deren - hier nicht bestrittene - Individualisierung und Konkretisierung verlangt (Schindler, WK-StPO § 312 Rz 47 ff; RIS-Justiz RS0100780 [T6]).
Mit anhand eigener Beweiswerterwägungen entwickelten Spekulationen, wonach die Geschworenen bei Aufnahme des genauen Ablaufs der Schussabgabe in die Hauptfrage den Tötungsvorsatz allenfalls verneint hätten, wendet sich der Beschwerdeführer nach Art einer in kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Geschworenen.
Im Übrigen wurde eine Eventualfrage wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung gestellt, blieb aber zufolge Bejahung des Tötungsvorsatzes durch die Geschworenen unbeantwortet.
Ebenso verfehlt die eine irreführende Unvollständigkeit der Erklärung des bedingten Vorsatzes behauptende Instruktionsrüge (Z 8) die Ausrichtung am Verfahrensrecht (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 58, 65), weil sie die Erläuterungen der Rechtsbelehrung auf Seite 10 f vernachlässigt, wonach das Verbrechen des Mordes begeht, wer einen anderen Menschen vorsätzlich tötet, wobei - sodann nicht nur durch die Legaldefinition des § 5 Abs 1 StGB, sondern auch durch weitere unmissverständliche Erläuterungen in Worten des allgemeinen Sprachgebrauchs dargelegter bedingter Vorsatz genügt.
Weshalb eine iSd § 321 Abs 2 StPO richtige Rechtsbelehrung dennoch der vom Beschwerdeführer geforderten weiteren deliktsbezogenen Konkretisierung bedurft hätte, legt die Rüge nicht dar und entzieht sich auch solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96127European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00166.10H.1228.000Im RIS seit
11.02.2011Zuletzt aktualisiert am
11.02.2011