TE Vwgh Beschluss 2001/2/16 96/19/3076

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Veröffentlicht am 16.02.2001
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, in der Beschwerdesache des am 16. Dezember 1963 geborenen MR, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Oktober 1996, Zl. 306.660/2- III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, auf Grund der dem Antrag beigelegten Heiratsurkunde sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer am 24. November 1992 eine österreichische Staatsbürgerin geehelicht habe. Seine Gattin habe jedoch auf Befragung niederschriftlich angegeben, dass sie die Ehe mit dem Beschwerdeführer nur eingegangen sei, um ihm die Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung zu vereinfachen. Sie habe weiters angegeben, dass nie eine dem Wesen einer Ehe entsprechende Lebensgemeinschaft gemeinsam geführt worden sei und der Beschwerdeführer während dieser Ehe mit ihr immer Kontakte zu seiner in Wien lebenden Exgattin B gepflegt habe. Sie habe weiters ausgesagt, dass sie "mit ihrem Lebensgefährten RM ein Kind während der aufrechten Ehe mit dem Beschwerdeführer gehabt" habe. Der Lebensgefährte sei wieder mit der geschiedenen Gattin des Beschwerdeführers B verheiratet gewesen. Die Ehe des Beschwerdeführers sei am 24. Oktober 1994 wieder geschieden worden. Die belangte Behörde sei nach Prüfung der Aktenlage zur Ansicht gekommen, dass der Beschwerdeführer diese Heirat nur zwecks Erlangung fremdenrechtlicher Vorteile geschlossen habe und es sich um das Eingehen einer Scheinehe gehandelt habe. Der Oberste Gerichtshof gehe in seinem Erkenntnis 8 Ob 577/93 davon aus, dass auch die ausschließliche oder überwiegende Absicht, durch die Eheschließung nur die unbeschränkte Aufenthaltsmöglichkeit und/oder den ungehinderten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen, also auch ohne nach Erfüllung der Voraussetzungen die österreichische Staatsbürgerschaft anzustreben, für die Nichtigerklärung der Ehe ausreiche. Die Annahme, dass der Aufenthalt eines derartigen Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, bestätige der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung wie folgt:

Die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen stelle ein Verhalten dar, welches dazu führe, dass die öffentliche Ordnung durch den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich gefährdet wäre.

Auf Grund des angeführten Sachverhaltes und der eindeutigen Rechtsprechung sei der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abzulehnen und der Beschwerdeführer somit vom weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet auszuschließen gewesen.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, dass nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen im Rahmen des Art. 8 MRK sei auf Grund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Den beigeschafften Akten der Bundespolizeidirektion Wien ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer mittlerweile von der Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 8. Februar 2000 auf Grund eines am 19. Jänner 2000 gestellten Antrages eine unbefristete Niederlassungsbewilligung mit dem Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erteilt worden ist. Zu der zwischenzeitig erteilten Niederlassungsbewilligung vom Verwaltungsgerichtshof befragt gab der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 1. Februar 2001 bekannt, durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht mehr verletzt zu sein.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich bei dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Antrag des Beschwerdeführers, dessen bis zum 30. November 1997 gültiger Wiedereinreisesichtvermerk mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. November 1995 rechtskräftig für ungültig erklärt worden war, um einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelte. Im Falle seines Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hätte für den Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung (ab 1. Jänner 1998: eine Erstniederlassungsbewilligung) nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung ausgestellt werden können. Da er aber mittlerweile eine Niederlassungsbewilligung erhalten hat, hat er auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 1998, Zl. 96/19/0390).

Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten allerdings einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 16. Februar 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1996193076.X00

Im RIS seit

02.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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