Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. E*****, vertreten durch Dr. Michael Witt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Stefan Riel, Rechtsanwalt, Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 1/2, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der L***** Gesellschaft mbH, wegen 14.543 EUR sA und Feststellung einer Konkursforderung von 15.884,05 EUR, über die „außerordentliche Revision“ der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. September 2010, GZ 3 R 100/09m-70, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. September 2009, GZ 26 Cg 226/02m-66, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht übermittelt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies das vom Kläger erhobene Begehren, der Beklagte als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Schuldnerin sei schuldig, 14.534 EUR sA bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch gegen den Haftpflichtversicherer der Schuldnerin zu bezahlen, ebenso ab wie das Begehren auf Feststellung, dass die vom Kläger im Konkurs gegen die Schuldnerin angemeldete Forderung mit einem Betrag von 15.884,05 EUR als Konkursforderung zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht verwarf die dagegen erhobene Nichtigkeitsberufung des Klägers und gab der Berufung im Übrigen nicht Folge, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Gegen das Berufungsurteil wendet sich die beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 ZPO) eingebrachte „außerordentliche“ Revision des Klägers, der einen Antrag auf Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 ZPO an das Berufungsgericht richtete und diesen Antrag mit einer inhaltlich ausgeführten ordentlichen Revision verband.
Das Erstgericht verfügte einerseits die Vorlage des Akts an den Obersten Gerichtshof, andererseits unter Hinweis auf S 1 der Revision (also auf den Antrag gemäß § 508 ZPO) die Weiterleitung an das Oberlandesgericht Wien.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof ist verfehlt.
Die Zulässigkeit der Revision richtet sich nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000, nicht aber 30.000 EUR übersteigt: Das vom Kläger erhobene Zahlungsbegehren von 14.534 EUR sA bei sonstiger Exekution in den Deckungsanspruch der Schuldnerin gegen ihren Haftpflichtversicherer stellt inhaltlich die Geltendmachung eines Absonderungsanspruchs dar, der sich nach dem Vorbringen des Klägers aus Schmerzengeld für vom Kläger erlittene Unfallfolgen (13.081 EUR) und einer Verunstaltungsentschädigung (1.453 EUR) errechnet.
Das infolge Konkurseröffnung über das Vermögen der Schuldnerin gestellte Feststellungsbegehren über 15.884,05 EUR bezieht sich ebenfalls auf den vom Kläger geltend gemachten Schadenersatzanspruch, nämlich Schmerzengeld in Höhe von 13.081 EUR und Verunstaltungsentschädigung in Höhe von 1.453 EUR. Daraus folgt, dass im Umfang eines Begehrens von 14.534 EUR zwischen dem Zahlungsbegehren (Geltendmachung eines Absonderungsanspruchs) und dem Feststellungsbegehren Identität besteht. Lediglich aus der Besonderheit, die daraus resultiert, dass bei Konkurseröffnung über das Vermögen des Schuldners der Teilnahmeanspruch im Konkurs durch Forderungsanmeldung; bei Bestreitung der Forderung durch ihre Geltendmachung im Prüfungsprozess verfolgt werden muss (§ 110 Abs 1 KO bzw IO), während der vom Kläger ebenfalls geltend gemachte Absonderungsanspruch als Zahlungsanspruch bei Exekution in den Deckungsanspruch der Schuldnerin gegen den Haftpflichtversicherer (§ 11 Abs 1 KO bzw IO) formuliert wurde, resultiert die Erhebung von zwei Begehren durch den Kläger, die allerdings aus den dargelegten Gründen im Umfang des behaupteten Schadenersatzanspruchs in Höhe von 14.543 EUR ident sind. Damit hat aber in diesem Umfang auch keine Zusammenrechnung iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN stattzufinden, weil insoweit nicht „mehrere“ Ansprüche in einer Klage geltend gemacht wurden, sondern nur ein Anspruch behauptet wird, der allerdings aus den dargelegten insolvenzrechtlichen Besonderheiten zur Geltendmachung zweier Begehren führt.
Wie der Kläger selbst - der sein Rechtsmittel lediglich unrichtig als „außerordentliche Revision“ bezeichnete, jedoch einen Abänderungsantrag nach § 508 Abs 1 ZPO an das Berufungsgericht richtete - zutreffend erkannte, beträgt somit der Gesamtstreitwert, über den das Berufungsgericht entschieden hat, 15.884,05 EUR.
Hat in einem solchen Fall das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt, kann eine Partei nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen.
Der Oberste Gerichtshof kann über das Rechtsmittel des Klägers nur entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (stRsp; RIS-Justiz RS0109623).
Das Berufungsgericht wird somit über den bereits gestellten Abänderungsantrag des Klägers inhaltlich zu entscheiden haben.
Textnummer
E96517European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00229.10P.0119.000Im RIS seit
26.03.2011Zuletzt aktualisiert am
17.10.2011