Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jahn als Schriftführerin in den Strafsachen gegen Christoph C***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 9 U 55/10p des Bezirksgerichts Hartberg, und AZ 4 U 59/10i des Bezirksgerichts Laa an der Thaya über den Kompetenzkonflikt betreffend die Durchführung des zu AZ 4 U 59/10i des Bezirksgerichts Laa an der Thaya anhängigen Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Für die Durchführung des Strafverfahrens gegen Christoph C***** wegen § 83 Abs 1 StGB, AZ 4 U 59/10i des Bezirksgerichts Laa an der Thaya, ist das Bezirksgericht Hartberg zuständig.
Text
Gründe:
Im Strafverfahren gegen Christoph C***** zu AZ 9 U 55/10p des Bezirksgerichts Hartberg wegen einer am 15. Mai 2010 begangenen, von der Staatsanwaltschaft als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB beurteilten Tat (ON 3) wurde die Hauptverhandlung am 11. August 2010 nach Anbot einer diversionellen Verfahrensbeendigung bei Zahlung eines Geldbetrags (§ 200 iVm § 199 StPO) auf unbestimmte Zeit vertagt (ON 6). Mit Beschluss des Bezirksgerichts Hartberg vom 2. September 2010 (ON 9) wurde dem Beschuldigten Ratenzahlung (sechs Monatsraten ab 1. Oktober 2010) bewilligt.
Im Verfahren AZ 4 U 59/10i des Bezirksgerichts Laa an der Thaya liegt Christoph C***** aufgrund Strafantrags vom 27. Oktober 2010 (ON 3) eine am 27. Juni 2010 begangene, als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB beurteilte Tat zur Last. Nach Abtretung an das Bezirksgericht Hartberg zur Verbindung mit dem zuvor genannten Verfahren wurde dieses Verfahren vom Bezirksgericht Hartberg an das Bezirksgericht Laa an der Thaya mit dem Bemerken rückabgetreten, dass „eine Einbeziehung auf Grund der angebotenen Diversion nicht möglich“ sei, worauf das Bezirksgericht Laa an der Thaya die Akten zur Entscheidung gemäß § 38 dritter Satz StPO vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Nach der - auch im Verfahren vor den Bezirksgerichten geltenden (Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 7) - Bestimmung des § 37 Abs 3 StPO sind, sofern zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anklage rechtswirksam wird, ein Hauptverfahren gegen den Angeklagten anhängig ist (somit im Fall subjektiver Konnexität), die Verfahren zu verbinden, wobei die Zuständigkeit des Gerichts sich auch in diesem Fall nach Abs 1 und 2 leg cit bestimmt. Gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO kommt das Verfahren im Fall mehrerer Straftaten dem Gericht zu, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat fällt.
Nach § 199 StPO ist das Verfahren nach Einbringen der Anklage im Fall einer diversionellen Erledigung unter den für die Staatsanwaltschaft geltenden Voraussetzungen - im Fall der Zahlung eines Geldbetrags (§ 200 StPO) somit nach Leistung desselben (und allfälliger Schadensgutmachung) - bis zum Schluss der Hauptverhandlung mit Beschluss einzustellen.
Ein - wie hier vorliegend - noch nicht mit Einstellungsbeschluss beendetes „Diversionsverfahren“ ändert somit an der den Konnexitätstatbestand des § 37 Abs 3 StPO bedingenden Anhängigkeit des Hauptverfahrens (vgl Oshidari, WK-StPO § 37 Rz 7 zur zeitlichen Zäsur der Urteilsfällung erster Instanz) nichts.
Das Bezirksgericht Hartberg, in dessen Zuständigkeit die frühere Straftat (15. Mai 2010) fällt, ist daher nach § 37 Abs 3 iVm § 37 Abs 2 zweiter Satz StPO für die Durchführung des (demnach zu verbindenden) Strafverfahrens AZ 4 U 59/10i des Bezirksgerichts Laa an der Thaya zuständig.
Textnummer
E96289European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0150NS00082.10T.0119.000Im RIS seit
11.03.2011Zuletzt aktualisiert am
24.10.2011