Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Eigentümergemeinschaft des Hauses *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin I***** I***** L***** GmbH, *****, vertreten durch Eckert & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen §§ 31 Abs 3, 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Mai 2010, GZ 40 R 57/10v-13, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Hernals vom 27. Jänner 2010, GZ 6 Msch 34/09a-9, abgeändert wurde, den
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 373,68 EUR (darin 62,28 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Antragsgegnerin war von 2004 bis 31. 12. 2008 Verwalterin der Liegenschaft *****. Nunmehrige Verwalterin ist die Dr. M***** I***** GmbH.
Die Antragstellerin (Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft) begehrte, die Antragsgegnerin zu verpflichten, sämtliche Auftragsschreiben, Regiescheine, Rechnungen und Belege, jeweils im Original, zu den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 sowie die Originalkontoauszüge vom Tag der Errichtung bis zur Schließung eines näher bezeichneten Kontos der Eigentümergemeinschaft binnen 14 Tagen an die nunmehrige Verwalterin herauszugeben. Alle Rechnungen müssten - richtig ausgestellt - auf die Antragstellerin lauten. Die Unterlagen seien keine den Parteien gemeinschaftlichen Urkunden; vielmehr sei der Verwalter nur deren Verwahrer und folglich zur Herausgabe verpflichet.
Bei der Verhandlung vor dem Erstgericht am 25. 11. 2009 erklärte die Antragstellerin, sich auch mit der Ausfolgung von Kopien der genannten Urkunden zu „begnügen“, sofern diese entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen geordnet übergeben würden. Das Erstgericht wertete dieses Vorbringen als Eventualbegehren.
Die Antragsgegnerin beantragte Antragsabweisung. Sie habe zuletzt allen Wohnungseigentümern die Abrechnung für das Jahr 2008 gelegt, aber weder von diesen noch von der Eigentümergemeinschaft oder der nunmehrigen Hausverwaltung eine Stellungnahme oder Genehmigung erhalten. Die Antragstellerin beabsichtige, Schadenersatz bzw Honorarminderungsansprüche gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen. Ohne die Originalunterlagen könne die Antragsgegnerin nicht nachweisen, dass sie kein Fehlverhalten zu vertreten habe. Die Antragsgegnerin sei bereit, der Antragstellerin Urkundeneinsicht zu gewähren und gegen Kostenersatz Kopien aller gewünschten Belege zur Verfügung zu stellen.
Das Erstgericht wies das Begehren der Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzutragen, sämtliche Auftragsschreiben, Regiescheine, Rechnungen und Belege, jeweils im Original, zu den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 sowie die Originalkontoauszüge vom Tag der Errichtung bis zur Schließung eines näher bezeichneten Kontos der Eigentümergemeinschaft binnen 14 Tagen an die nunmehrige Verwalterin herauszugeben, ab. Es gab jedoch dem Eventualbegehren dahin statt, dass es die Antragsgegnerin verpflichtete, der Antragstellerin Kopien der von dieser beanspruchten Urkunden herauszugeben.
Das Erstgericht ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass die Antragsgegnerin für die Jahre 2004 bis 2008 die Betriebskostenabrechnungen gelegt hat, sich noch im Besitz der Originalbelege befindet und eine Entlastung der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin „bis dato“ nicht erfolgt ist.
Rechtlich war das Erstgericht - zusammengefasst - der Ansicht, dass der Verwalter nach Beendigung seiner Tätigkeit grundsätzlich verpflichtet sei, die Originalunterlagen herauszugeben, doch bestehe diese Verpflichtung nicht, solange - wie hier - die Entlastung des Verwalters noch nicht erfolgt sei. Der Antragstellerin stehe aber jedenfalls die Ausfolgung von Kopien zu.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und verpflichtete die Antragsgegnerin zur Herausgabe der Originalurkunden. Rechtlich führte das Rekursgericht (zusammengefasst) aus, dass eine vom Erstgericht als Voraussetzung für die Herausgabe der Originale angenommene Entlastung des Verwalters im WEG nicht vorgesehen sei. Selbst im Rechtsstreit zwischen Machthaber und Machtgeber, sei dieser wegen seiner Nähe zum Beweis zur Vorlage der Originalurkunden verpflichtet, sodass deren Herausgabe kein Hindernis entgegenstehe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der (gemeint: ordentliche; vgl § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG) Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu der vom Rekursgericht verneinten Notwendigkeit einer Entlastung des weichenden Wohnungseigentumsverwalters für dessen Verpflichtung zur Herausgabe der Originalbelege keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der (ordentliche) Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses.
Die Antragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Die Vorinstanzen und beide Parteien gehen (inhaltlich) zutreffend davon aus, dass das Begehren der Antragstellerin im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren geltend zu machen ist, soweit sich deren Anspruch auf die Pflichten der Antragsgegnerin aus dem Verwaltungsvertrag bezieht (vgl RIS-Justiz RS0083562; RS0111727). Der von der Antragstellerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung relevierte dingliche Anspruch („Eigentum“) an den begehrten Originalurkunden kann dagegen nicht Gegenstand dieses außerstreitigen Verfahrens sein.
2. Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die Antragstellerin habe ihren Rechtsschutzantrag nicht, wie es das Erstgericht angenommen habe, um ein - auf die Herausgabe von (geordneten) Kopien gerichtetes - Eventualbegehren ergänzt, sondern überhaupt auf letztgenanntes Begehren „eingeschränkt“. Das Erstgericht habe damit dem Sachantrag der Antragstellerin zur Gänze stattgegeben, weshalb dieser die Beschwer zur Rekurserhebung gefehlt habe.
2.1. Bei der Auslegung von Prozesshandlungen ist ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl RIS-Justiz RS0097531). Die Antragstellerin hat im Zusammenhang mit der Ausfolgung von Kopien erklärt, ihr Begehren werde „ausgedehnt (sic!) bzw konkretisiert“ (Seite 2 in ON 8). Schon nach dem gemeinhin anerkannten, üblichen Sinn dieser Worte kann der Antragstellerin gerade nicht der Wille unterstellt werden, sie habe ihr Begehren damit einschränken wollen. Durch den die Pflicht zur Herausgabe der Originalbelege verneinenden erstgerichtlichen Sachbeschluss war daher die Antragstellerin beschwert.
2.2. Den - rechtlich selbstständigen - Aspekt, dass das Rekursgericht das vom Erstgericht als Eventualbegehren qualifizierte Vorbringen der Antragstellerin (inhaltlich) als Lösungsbefugnis wertete und diese - entgegen einer Ankündigung in der Begründung seines Sachbeschlusses - nicht in den Spruch aufnahm, greift die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs nicht auf; darauf ist somit nicht einzugehen (vgl RIS-Justiz RS0065553 [T3]; 5 Ob 54/09s; 5 Ob 189/09v).
3.1. Der Oberste Gerichtshof hat schon in 5 Ob 86/84 (= MietSlg 37.654/10) zu § 26 Abs 1 Z 4 WEG 1975 (idF BGBl 1975/417) dargestellt, dass durch die Auflösung des Verwaltungsvertrags nicht alle Rechtsbeziehungen zwischen Verwalter und Wohnungseigentümer(n) beendet seien. Es entspreche vielmehr dem Wesen des Verwaltungsvertrags als Dauerschuldverhältnis, dass auch noch nach Auflösung dieses Rechtsverhältnisses gegenseitige Rechte und Pflichten weiterbestünden. Der Verwalter sei - so diese Entscheidung - weiterhin zur Rechnungslegung im Allgemeinen und über die Rücklage im Besonderen verpflichtet (so auch 5 Ob 29/85 = MietSlg 37.654).
3.2. Es folgt auch aus dem Recht der Geschäftsbesorgung („Bevollmächtigungsvertrag” - §§ 1002 ff ABGB), dass der Verwalter den ihm aus seiner Tätigkeit erwachsenen Nutzen, insbesondere den sich aus der Abrechnung ergebenden Überschuss und auch die Verwaltungsunterlagen herauszugeben hat (vgl Apathy in Schwimann³, § 1009 ABGB Rz 17 mit zahlreichen Judikaturbeispielen; 4 Ob 597/87 = RdW 1988, 386 = MietSlg 40.080). Diese Verpflichtung, namentlich zur Herausgabe von Verwaltungsunterlagen, hat der Oberste Gerichtshof auch schon für den Wohnungseigentumsverwalter bejaht (5 Ob 64/99v = immolex 1999/154, 277 = MietSlg 51.573; 5 Ob 115/05f = wobl 2005/133, 353 [Call] = MietSlg 57.510/12 = immolex 2006/10, 25; 5 Ob 46/06k = immolex 2006/120, 285 [Prader]).
3.3. Schließlich hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 277/06f (= wobl 2007/101, 254 [Call] = immolex 2007/107, 216) erneut die auf dem materiellen Recht der Geschäftsbesorgung fußende und auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (weiter) bestehende Pflicht des Verwalters auf Herausgabe der Verwaltungsunterlagen bekräftigt. In dieser Entscheidung war - entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin im Revisionsrekurs - die Urkundenherausgabepflicht nicht etwa nur hinsichtlich einer „Vorverwaltung“, sondern sehr wohl auch betreffend eine Periode zu beurteilen, in der die seinerzeitige Antragsgegnerin der (gekündigte) Verwalter war. Call merkte zu dieser Entscheidung an, „dass der gekündigte WE-Verwalter gut beraten sein wird, von wichtigen Verwaltungsunterlagen - freilich mangels Regelung auf eigene Kosten! - Kopien zu Beweiszwecken anzufertigen“.
Eine Stellungnahme zur Frage, ob die Herausgabe der Originalbelege von einer vorherigen Entlastung des Verwalters oder einer Genehmigung seiner Rechnung abhängig gemacht werden könne, war in den zuvor genannten Entscheidungen nicht erforderlich.
4. Hier beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass die Antragstellerin bereits Ansprüche auf Schadenersatz bzw Minderung des Verwalterhonorars angekündigt habe. Nach vorliegender Rechtsprechung sei aber der Verwalter erst dann zur Herausgabe der Originalunterlagen verpflichtet, wenn ihm Entlastung erteilt oder dessen Schlussrechnung genehmigt worden sei. Die Ausfolgung von Kopien gegen Kostenersatz habe die Antragsgegnerin nicht verweigert und damit werde die antragstellende Eigentümergemeinschaft nicht schlechter gestellt, als es dem Recht des einzelnen Wohnungseigentümers auf Belegeinsicht entspreche.
4.1. In 1 Ob 233/26 (= SZ 8/92) führte der Oberste Gerichtshof im Fall eines rechnungslegungspflichtigen Hausverwalters aus, dass dem Machtgeber die Rechnungsbelege vorerst nur vorzulegen seien, aber so lange nicht ausgefolgt werden müssten, als die Verwalterrechnung nicht genehmigt sei. Bis dahin seien die Belege gemeinsames Eigentum des Verwalters und des Hauseigentümers. Erst wenn der Machthaber nach seiner Entlastung die Belege dem Machtgeber übergebe, würden sie dessen Alleineigentum. Habe der Beauftragte volles Vertrauen zum Auftraggeber, so werde er ihm die Belege ausfolgen; befürchte er, dass in der Hand des Auftraggebers für ihn wichtige Belege verloren gehen könnten oder dass sonst ein Missbrauch geschähe, so habe der Machthaber das Recht, sich mit der Vorlage zur Einsicht zu begnügen.
4.2. Nach der in 1 Ob 717/29 (= Rsp 1929/371) vertretenen Ansicht müsse der zur Rechnungslegung verpflichtete Verwalter dem Machtgeber nicht nur Rechnung legen, sondern auch die Belege vorlegen. Wenn auch die Rechnungsbelege, die der Machthaber erhalten habe, solange ihm nicht Entlastung erteilt worden sei, als gemeinschaftliche Urkunden anzusehen seien, müssten dem Machtgeber die Urkunden doch vorgelegt werden. Dies habe durch Übersendung oder Überbringung der gelegten Rechnung samt Belegen zu geschehen. Glaube der Machthaber, dem Machtgeber nicht trauen zu können, so stehe ihm frei, sich die erforderlichen Abschriften zurückzuhalten
4.3. In 5 Ob 135/64 (= JBl 1965, 90) wird aus § 1009 ABGB ganz allgemein - allerdings ohne ausdrücklichen Bezug auf Rechnungsbelege und eine erfolgte Entlastung - die Pflicht des Geschäftsführers abgeleitet, im Fall der Beendigung der Geschäftsführung „ohne unnötigen Aufschub“ alles herauszugeben, was er zum Zweck der Geschäftsbesorgung erhalten habe. Diese Rechtsansicht wird in Ds 6/71 (= EvBl 1973/11, 20) auch einem Notar entgegengehalten, der nach Widerruf des Mandats die Rückgabe der ihm von seinem Mandanten übergebenen Belege und Urkunden bis zur Zahlung seiner Kosten abgelehnt hatte.
4.4. In den Entscheidungen 3 Ob 44/55, 3 Ob 459/55, 5 Ob 45/81 (= MietSlg 33.090), 3 Ob 594/87 (= RdW 1988, 385) und 4 Ob 597/87 (= RdW 1988, 386) wird insbesondere unter Berufung auf SZ 8/92 und den Umstand, dass die Rechnungsbelege dem Machthaber und dem Machtgeber gemeinsame Urkunden seien, zunächst nur die Vorlagepflicht, die Herausgabepflicht dagegen erst nach Genehmigung der Rechnung bzw Entlastung des Machthabers angenommen.
5. Nach geltender Rechtslage vertritt der erkennende Senat - entgegen der zuvor dargestellten Judikatur zumindest für die Verwaltung im Wohnungseigentum - die Auffassung, dass der Verwalter nach Beendigung seiner Tätigkeit der Eigentümergemeinschaft „ohne Verzug“ auch die Originalbelege auszufolgen hat. Für diese Rechtsansicht sprechen folgende Erwägungen:
5.1. Der einleitend zu 1 Ob 233/26 (= SZ 8/92) vertretene Standpunkt von der Einschränkung der Herausgabepflicht des Machthabers nach der Beendigung der Geschäftsführung hinsichtlich der Rechnungsbelege bis zur Entlastung (Genehmigung der Rechnung) vermag sich auf keine konkrete gesetzliche Bestimmung zu stützen und er wird auch in der dieser Entscheidung folgenden Judikatur nicht überzeugend hergeleitet. Folglich vertritt etwa auch Stanzl (in Klang IV/I², 823) dezidiert die Ansicht, der Beauftragte dürfe die Herausgabe von Unterlagen nicht von einer förmlichen Entlastung abhängig machen.
5.2. Soweit die Rechnungsbelege als dem Machthaber und dem Machtgeber gemeinschaftliche Urkunden bezeichnet werden, ist dies - gegebenenfalls - nur für die prozessuale Vorlagepflicht relevant, während die Pflicht zur Herausgabe von Urkunden allein nach bürgerlichem Recht zu beurteilen ist (vgl RIS-Justiz RS0010856).
5.3. Nach § 31 Abs 2 WEG 2002 ist die Rücklage für die Deckung von Aufwendungen zu verwenden. Sie ist entweder auf einem für jeden Wohnungseigentümer einsehbaren Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder auf einem ebenso einsehbaren Anderkonto fruchtbringend anzulegen. Das in einzelnen Entscheidungen, insbesondere in 1 Ob 233/26 (= SZ 8/92), an den Rechnungsbelegen angenommene Miteigentum des Machthabers und des Machtgebers ist mit der (derzeitigen) Konstruktion der Rücklage als Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft (vgl dazu RIS-Justiz RS0110524; RS0108664) nicht (mehr) vereinbar.
5.4. Gemäß § 31 Abs 3 WEG 2002 hat der Verwalter bei Beendigung eines Verwaltungsvertrags ohne Verzug über die Rücklage Rechnung zu legen und den Überschuss an den neuen Verwalter oder bei Fehlen eines solchen an die Eigentümergemeinschaft herauszugeben. Wird der Verwaltungsvertrag durch das Gericht aufgelöst, so ist dem Verwalter die Herausgabe des festgestellten Überschusses binnen 14 Tagen bei Zwangsvollstreckung aufzutragen. Diese Regelungen ermöglichen einen raschen und möglichst reibungslosen Übergang vom bisherigen zum neuen Verwalter. Die Möglichkeit des bisherigen Verwalters, mangels einer - namentlich im Recht des Wohnungseigentums nirgends gesetzlich angelegten - Entlastung die Originalbelege (nach Ansicht der Antragsgegnerin bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche) zurückzuhalten, würde den Verwalterwechsel und die Tätigkeit des neuen Verwalters tendenziell erschweren, kann dieser doch bei der Vertretung der Eigentümergemeinschaft in Auseinandersetzungen mit Dritten (zB: Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche) auf die Verfügbarkeit von Originalunterlagen angewiesen sein.
5.5. Durch die Pflicht zur Herausgabe der Originalunterlagen sieht sich die Antragsgegnerin auch deshalb unbillig beschwert, weil sie sich zur Wahrung ihrer Rechte gegen Ansprüche der Antragstellerin auf Schadenersatz- bzw Honorarminderungsansprüche Kopien der Originalunterlagen anfertigen müsste. Praktisch wird allerdings der Verwalter häufig schon während laufender Tätigkeit (auf eigene Kosten) Belegkopien herstellen (müssen), um dem einzelnen Wohnungseigentümer im gebotenen Ausmaß Einsicht geben zu können (s dazu 5 Ob 11/08s = wobl 2008/63, 177 [Call] = ecolex 2008/181, 526 [Friedl] = immolex 2008/118, 278 [Prader] = NZ 2008/93, 347). Im Übrigen folgt die Aushändigung der Originalbelege an den Machtgeber gerade bei einer von diesem beabsichtigten Anspruchserhebung gegen den Machthaber der prozessualen Beweislastverteilung, wird doch in solchen Fällen regelmäßig der Machtgeber relevierte Anspruchsvoraussetzungen in tatsächlicher Hinsicht zu beweisen haben. Überdies kommt dann dem Machthaber gerade die prozessuale Vorlagepflicht für gemeinschaftliche Urkunden zugute (vgl § 304 ZPO).
6. Aus all diesen Gründen folgt daher zusammenfassend:
Der Verwalter im Wohnungseigentum hat nach Beendigung seiner Funktion „ohne Verzug“ (vgl § 31 Abs 3 WEG 2002) alle seine Tätigkeit betreffenden Originalbelege an den neuen Verwalter bzw an die Eigentümergemeinschaft herauszugeben. Diese Verpflichtung hängt nicht von einer vorherigen Entlastung des Verwalters bzw der Genehmigung der von ihm gelegten Rechnung ab.
Dieser Rechtsansicht entspricht das vom Rekursgericht gewonnene Ergebnis, weshalb dem von der Antragsgegnerin dagegen erhobenen Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben muss.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.
Schlagworte
Außerstreitiges WohnrechtTextnummer
E96209European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00149.10P.0124.000Im RIS seit
14.02.2011Zuletzt aktualisiert am
08.02.2013