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L92107 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Tirol;Norm
PGG Tir 1997 §12 Abs1 idF 1999/001;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der E in I, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresienstraße 34/2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. September 2000, Zl. Va-999-11.568/22-2000, betreffend Fortsetzung eines Verfahrens zur Gewährung von Pflegegeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. März 1999 wurde dem in der Folge am 27. März 1999 verstorbenen E, geboren 11. März 1903, auf Grund dessen Antrages vom 12. Oktober 1998 gemäß §§ 2, 3, 4 und 6 des Tiroler Pflegegeldgesetzes, LGBl. Nr. 8/1997 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit §§ 1 und 2 der Pflegebedarfsverordnung, LGBl. Nr. 101/1993, ab 1. November 1998 ein Pflegegeld der Stufe 3 in der Höhe von S 5.690,-- gewährt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass über den Antrag des E vom 28. Jänner 1999 auf Erhöhung des Pflegegeldes gesondert entschieden werden wird. Ob dieser Bescheid dem mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 12. November 1998, GZ. 33 P 131/98k, gemäß § 273 ABGB bestellten Sachwalter Dr. L.L. (Kreis der vom Sachwalter zu besorgenden Angelegenheiten gemäß § 273 Abs. 3 Z. 2 ABGB: Vertretung vor Ämtern und Behörden; Vermögensverwaltung) zugestellt worden ist, kann dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht entnommen werde. Eine Auszahlung des bescheidmäßig zuerkannten Pflegegeldes erfolgte infolge Todes des Antragstellers nicht mehr.
Mit Eingabe vom 17. Februar 2000 beantragte die Beschwerdeführerin u.a. die "Fortsetzung des Verfahrens" und bescheidmäßige "Erledigung des Antrages vom 28.1.1999 sowie Auszahlung der bis zum Tod des Pflegebefohlenen angewachsenen Pflegegelder". Begründet wurde dieser Antrag damit, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der Einantwortungskunde des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 26. August 1999, GZ. 33 A 96/99b, Alleinerbin des E sei. Sie habe den Verstorbenen überwiegend selbst gepflegt, zumindest aber überwiegend die Kosten seiner Pflege getragen. Auch im Zeitraum der Unterbringung des Verstorbenen im Pflegeheim habe sie sämtliche notwendigen Besorgnisse des täglichen Lebens für den Pflegebefohlenen vorgenommen und ihn im Heim ständig besucht. Andere Personen seien weder für die Kosten der Pflege aufgekommen noch hätten sie dazu beigetragen.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. September 2000, wurde u.a. der "Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens von E, geb. am 11.03.1903, verst. am 27.03.1999, auf Gewährung bzw. Erhöhung des Pflegegeldes nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz" abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, dass die Pflege des Verstorbenen ab Mitte November 1998 von der Familie G. durchgeführt worden sei, da die Beschwerdeführerin die Pflege nicht mehr allein habe durchführen können. Die Kosten für die Pflegeleistungen durch die Familie G. seien ab Mitte November 1998 durch den Sachwalter des Verstorbenen vom Konto des Verstorbenen beglichen worden. (Im November und Dezember 1998 seien jeweils 150 Stunden für Pflegeleistungen und im Jänner 1999 75 Stunden Pflegeleistungen mit der Familie G. abgerechnet worden.) Der Verstorbene sei nach einem längeren Krankenhausaufenthalt im Zeitraum vom 13. Jänner 1999 bis 8. Februar 1999 am 11. Februar 1999 im Heim am Hofgarten aufgenommen worden. Die Kosten für den Heimaufenthalt seien vom Konto des Verstorbenen vom Sachwalter beglichen worden. Leistungen aus Sozialhilfemitteln nach dem Tiroler Sozialhilfegesetz hätte der Verstorbene im Hinblick auf das vorhandene Vermögen nicht erhalten. Auf Grund der Ermittlungsergebnisse stehe zweifelsfrei fest, dass die Beschwerdeführerin den Verstorbenen im fraglichen Zeitraum (1. November 1998 bis 27. März 1999) nicht überwiegend und ohne angemessenes Entgelt gepflegt habe und auch nicht die überwiegenden Kosten der Pflege getragen habe. Die Voraussetzungen der §§ 12 und 23 des Tiroler Pflegegeldgesetzes lägen daher nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführerin sei zu Unrecht keine Parteistellung gemäß §§ 12 und 23 des Tiroler Pflegegeldgesetzes zuerkannt worden; auch im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Alleinerbin bestehe der von ihr begehrte Anspruch im Sinne der Gesamtrechtsnachfolge des § 531 ABGB.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Im angefochtenen Bescheid werde nicht über eine rein verfahrensrechtliche Frage abgesprochen; die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof sei daher im Hinblick auf die sukzessive Gerichtszuständigkeit des § 20 Tiroler Pflegegeldgesetz unzulässig. Die Forderung nach dem Tiroler Pflegegeldgesetz sei "keinesfalls als nachlasszugehörig zu qualifizieren".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 23 des Gesetzes vom 12. Dezember 1996 über das Pflegegeld (Tiroler Pflegegeldgesetz - TPGG), LGBl. Nr. 8/1997 in der Fassung LGBl. Nr. 1/1999, regelt die Fortsetzung des Verfahrens nach dem Tod des Pflegebedürftigen und hat folgenden Wortlaut:
"Ist im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen ein Verfahren auf Gewährung oder Neubemessung des Pflegegeldes noch nicht abgeschlossen, so können nur die im § 12 Abs. 1 genannten Personen in der dort festgelegten Reihenfolge innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Pflegebedürftigen die Fortsetzung des Verfahrens beantragen."
Der mit "Bezugsberechtigung bei Tod des Pflegebedürftigen" überschriebene § 12 dieses Gesetzes hat folgenden Wortlaut:
"(1) Ist im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen eine fällige Geldleistung noch nicht ausgezahlt, so sind, sofern in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, nur folgende Personen auf ihren Antrag in folgender Reihenfolge bezugsberechtigt:
a) die Person, die den Pflegebedürftigen im Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend und ohne angemessenen Entgelt gepflegt hat;
b) die Person, die für den Zeitraum, für den die fällige Geldleistung gebührt, überwiegend die Kosten der Pflege getragen hat.
Liegt ein Überwiegen im Sinne der lit. a bzw. der lit. b nicht vor, so besteht die Bezugsberechtigung zu gleichen Teilen.
(2) Ein Antrag nach Abs. 1 kann bei sonstigem Verlust des Anspruches nur innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Pflegebedürftigen gestellt werden."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde darüber entschieden, ob die Beschwerdeführerin gemäß § 23 TPGG zur Fortsetzung des vom Verstorbenen E mittels Antrag eingeleiteten Verfahrens berechtigt ist, somit über eine verfahrensrechtliche Frage. In einem solchen Fall handelt es sich um keinen Bescheid, auf Grund dessen gemäß § 20 TPGG Klage hätte erhoben werden können (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0176, mit weiteren Nachweisen, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Ausgehend von den nach einem mängelfreien Verfahren im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen erweist sich die von der belangten Behörde getroffene Schlussfolgerung, die Beschwerdeführerin sei nicht als eine im § 12 Abs. 1 TPGG angeführte bezugsberechtigte Person zu qualifizieren, frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerdeführerin war daher auch nicht berechtigt, das vom Pflegebedürftigen mittels Antrag eingeleitete Verfahren gemäß § 23 leg. cit. fortzusetzen. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid stützen sich nämlich auf die Aussagen der Beschwerdeführerin, deren Richtigkeit auch in der Beschwerde nicht angezweifelt wird. Die belangte Behörde war nicht gehalten, die Würdigung dieses Beweismittels bzw. die darauf gestützte rechtliche Schlussfolgerung dem Vertreter der Beschwerdeführerin oder ihr selbst noch vor der Bescheiderlassung zur Kenntnis zu bringen.
Im hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1997, Zl. 97/08/0410, hat der Verwaltungsgerichtshof eingehend begründend ausgeführt, dass § 23 TPGG über die Fortsetzung des Verfahrens nach dem Tode des Pflegebedürftigen keine abschließende Regelung des Personenkreises der zur Verfahrensfortsetzung berechtigten Personen enthält.
Durch das Gesetz vom 9. Dezember 1998, mit dem das Tiroler Pflegegeldgesetz geändert wird, LGBl. Nr. 1/1999, wurde die im vorzitierten hg. Erkenntnis noch anzuwendende Rechtslage dahingehend geändert, dass nunmehr im Abs. 1 des § 12 im Einleitungssatz vor der Wortfolge "folgende Personen" das Wort "nur" eingefügt wurde. Ebenso wurde im § 23 ausdrücklich festgeschrieben, dass in im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen noch nicht abgeschlossenen Verfahren auf Gewährung oder Neubemessung des Pflegegeldes nur die im § 12 Abs. 1 genannten Personen die Fortsetzung des Verfahrens beantragen können.
In den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf dieser Novelle wird festgehalten, dass mit der Novellierung der vorzitierten Gesetzesstellen " die ausdrückliche Einschränkung der Antrags- und damit Bezugsberechtigung auf die in diesen Bestimmungen genannten Personen" bewirkt werden soll.
Die vorzitierte Novelle ist für die hier anzuwendenden Gesetzesstellen gemäß Artikel III mit 1. Jänner 1999 in Kraft getreten und war daher auf den Beschwerdefall von den Behörden bereits anzuwenden.
Da die im hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1997, Zl. 97/08/0410, angestellten Erwägungen durch die Neuregelung des § 23 TPGG betreffend die Fortsetzung des Verfahrens nach dem Tod des Pflegebedürftigen nicht mehr zutreffen, vermag die Beschwerdeführerin ihren Rechtsanspruch auch nicht auf ihre Stellung als Gesamtrechtsnachfolgerin des verstorbenen Pflegebedürftigen gemäß § 531 ABGB zu stützen. § 12 TPGG beruft nunmehr ausdrücklich nur jene Personen, die die Lasten der Pflege tatsächlich überwiegend getragen haben, zur Rechtsnachfolge und gewährt nur diesen Personen Parteistellung in einem im Zeitpunkt des Todes des Pflegebedürftigen noch nicht abgeschlossenen Verfahren auf Gewährung oder Neubemessung des Pflegegeldes nach dem TPGG.
Der angefochtene Bescheid ist daher frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000110277.X00Im RIS seit
30.04.2001