Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen A*****, geboren am 29. Juni 1997, und der minderjährigen A*****, geboren am 25. Jänner 2000, beide vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung für die Bezirke 3 und 11, 1030 Wien, Karl-Borromäus-Platz 3), wegen Unterhaltsvorschuss, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. November 2010, GZ 43 R 581/10s, 43 R 582/10x-36, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 1. Juli 2010, GZ 9 PU 122/10g-11 und -12, teilweise abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Das Erstgericht gewährte mit Beschlüssen vom 1. 7. 2010 (ON 11 und 12) den Minderjährigen die beantragten Unterhaltsvorschüsse gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG in Höhe von 105,40 EUR monatlich für die Zeit vom 1. 6. 2010 bis 31. 5. 2015.
Das vom Bund angerufene Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass die Unterhaltsvorschüsse für die Zeit vom 1. 7. 2010 bis 31. 5. 2015 gewährt wurden und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Dagegen erhob der Bund, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage.
Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden - Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachtet wird.
Da Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten sind, übersteigt im vorliegenden Fall der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR. Das Rechtsmittel des Bundes wäre demnach nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen; dies wird nunmehr das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der darin (nicht ausdrücklich) gestellte Antrag auf Zulassung des Revisionsrekurses den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (vgl jüngst 10 Ob 76/10i und 10 Ob 78/10h mwN).
Textnummer
E96526European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00006.11X.0201.000Im RIS seit
31.03.2011Zuletzt aktualisiert am
14.05.2013