TE OGH 2011/2/8 40R76/11i

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Veröffentlicht am 08.02.2011
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Das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht fasst durch die Richter des Landesgerichtes HR Dr. Garai als Vorsitzenden sowie Dr. Fink und Mag. Dr. Hörmann in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1. Mag. Horst R***** und 2. Mag. Adelgunde R*****, beide ***** Wien, *****, beide vertreten durch die Kocher & Bucher Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die Antragsgegnerin R***** Gesellschaft m.b.H., ***** Wien, *****, vertreten durch Dr. Günter Kulnigg, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 6 Abs 1, § 37 Abs 1 Z 2 MRG (Durchführung von Erhaltungsarbeiten) infolge des Rekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 25.11.2010, 4 Msch 17/10s-12 den

B e s c h l u s s :

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens zu behandeln.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig (§ 64 Abs 1 AußStrG).

Text

B e g r ü n d u n g :

Mit angefochtenem Sachbeschluss wies das Erstgericht den Antrag ab, der Antragsgegnerin aufzutragen, die Feuchtigkeitsschäden im Bereich der Decke und der Wände in der Küche der Wohnung Nr. 7 des Hauses 1180 Wien, Bastiengasse 71, sowie deren Ursache binnen einem Monat zu beheben.

Es traf die auf Seite 5 bis 6 der Sachbeschlussausfertigung (Seite 61-62 des Aktes) wiedergegebenen Feststellungen und führte dazu im Wesentlichen rechtlich aus: Gemäß § 4 Abs 3 WEG könne der Hauptmieter des Wohnungseigentumsobjektes mietrechtliche Ansprüche, die sich auf die allgemeinen Teile der Liegenschaft oder auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen, ungeachtet der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers als Vermieter auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen. Nur sie sei - im Gegensatz zum einzelnen Wohnungseigentümer - in der Lage, Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses durchzuführen. Für „alte Mieter“ bedeute dies, dass sie die Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen von der Eigentümergemeinschaft begehren können und nicht den Klagsweg beschreiten müssen. Keinesfalls sei der Wohnungseigentümer der vermieteten Wohnung alleine passiv legitmiert, könne er doch keine Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses veranlassen. Die an die Erhaltungsarbeiten anschließenden Sanierungsarbeiten in der Wohnung, seinen nur deshalb nicht vom Mieter auf seine Kosten herzustellen, weil sie wegen ernster Schäden an der Substanz des Hauses notwendig geworden seien. Auch hier treffe die Ersatzpflicht die Eigentümergemeinschaft.

 

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsteller aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem Abänderungsantrag im Sinne einer Stattgebung des Sachantrages; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist mit seinem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag berechtigt:

Wie das Erstgericht noch richtig ausführt, kann der Hauptmieter des Wohnungseigentumsobjektes bei Altmietverhältnissen gemäß § 4 Abs 3 WEG mietrechtliche Ansprüche, die sich auf die allgemeinen Teile der Liegenschaft oder auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen, ungeachtet der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers als Vermieter auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend machen. § 4 Abs 3 WEG führt daher, wie die Rekurswerber zutreffend ausführen, zu einer solidarischen Haftung in der Hauptsache (RIS-Justiz RS0121465; A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 4 WEG Rz 16). Genau dasselbe vertritt Vonkilch auch in seinem vom Erstgericht zitierten Aufsatz (wobl 2002, 123). Der Hauptmieter kann seinen Anspruch daher wahlweise gegen den Wohnungseigentümer alleine, gegen die Eigentümergemeinschaft alleine oder gegen beide richten (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 4 WEG Rz 8). Wenn das Erstgericht argumentiert, der Wohnungseigentümer könne nicht allein passiv legitimiert sein, weil er keine Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses veranlassen könne, ist dem entgegenzuhalten, dass er sich - im Fall der Bejahung der gegen ihn erhobenen liegenschaftsbezogenen Ansprüche - zur Erfüllung seiner Vermieterpflichten mit den ihm wohnungseigentumsrechtlich zu Gebote stehenden Mitteln an die übrigen Miteigentümer wenden muss (Vgl. Ostermayer, Mietrecht5, 736) und sie allenfalls zwangsweise durchsetzen (§ 30 Abs 1 Z 1 WEG), womit er sie veranlasst.

Da das Erstgericht lediglich Feststellungen zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat, erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren Tatsachenfeststellungen zu den von den Antragstellern behaupteten Schäden zu treffen und auf dieser Grundlage über die Behebungspflicht des dafür passiv legitimierten Antragsgegners zu entscheiden haben.

              Da die Rekurskosten vom Ausgang in der Hauptsache abhängig sind, waren sie der weiteren Entscheidung des Erstgerichtes vorzubehalten.

Textnummer

EWZ0000162

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2011:04000R00076.11I.0208.000

Im RIS seit

27.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

27.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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