TE OGH 2011/2/9 5Ob236/10g

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Veröffentlicht am 09.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin B***** Gesellschaft m.b.H, *****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Einverleibung eines Pfandrechts ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. Oktober 2010, AZ 2 R 315/10d, womit über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 27. September 2010, TZ 3523/2010, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich des bestätigenden Teils -
insgesamt wie folgt zu lauten haben:

„Der Antragstellerin wird aufgrund des am 26. August 2010 vor dem Bezirksgericht Bludenz (GZ 3 C 256/10g-18) geschlossenen Vergleichs ob der im Alleineigentum der E*****, stehenden Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Vormerkung des Pfandrechts im Betrag von 7.057,36 EUR zugunsten der ***** Gesellschaft m.b.H. ***** bewilligt.

Das Mehrbegehren der Antragstellerin, die Einverleibung des Pfandrechts ob der im Alleineigentum der E*****, stehenden Liegenschaft EZ ***** GB ***** zu bewilligen, wird abgewiesen.

Hievon werden verständigt:

1. E*****

2. B***** Gesellschaft m.b.H., *****

3. Mag. Johannes Michaeler, Rechtsanwalt, 6824 Schlins, Walgaustraße 24-26

4. Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt, 6780 Schruns, Gerichtsweg 2 unter Rückschluss der Originalurkunde (Vergleichsausfertigung)

5. Bezirksgericht Bludenz zu 3 C 256/10g

6. Finanzamt 6800 Feldkirch.

Vollzug und Verständigung der Parteien obliegen dem Erstgericht.“

Text

Begründung:

Die Antragstellerin - eine GmbH mit Sitz in L***** (Österreich) - beantragte aufgrund eines mit der Alleineigentümerin der Liegenschaft am 26. 8. 2010 vor dem Bezirksgericht Bludenz geschlossenen Vergleichs (AZ 3 C 256/10g), der eine Aufsandungserklärung der Alleineigentümerin enthält, die Einverleibung des Pfandrechts im Betrag von 7.057,36 EUR zu ihren Gunsten.

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren mit der Begründung ab, dass der Erwerb von Pfandrechten durch Ausländer an Grundstücken oder Bauwerken iSd § 435 ABGB, sofern Gläubiger nicht ein Kreditinstitut oder ein Versicherungsunternehmen sei oder nicht die Vormerkung der Erwirkung des Pfandrechts stattfinde, gemäß § 7 Abs 1 lit f des Vorarlberger Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken (LGBl 2004/42 idgF; in der Folge: VbgGVG) der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfe. Die Antragstellerin habe einen entsprechenden Nachweis nicht erbracht.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs nicht Folge. Es billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Es fügte ergänzend an, dass nach § 28 Abs 2 lit b VbgGVG der Nachweis der Staatsangehörigkeit nur dann nicht erbracht werden müsse, wenn das Gericht mit Sicherheit annehmen könne, dass der Rechtserwerb nicht in den Anwendungsbereich der Regelung über den Grundverkehr durch Ausländer falle. Damit könne nur gemeint sein, dass ein seiner Art nach nicht genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft bzw ein Ausnahmetatbestand nach den Bestimmungen des § 9 VbgGVG vorliege oder - bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall - die Inländereigenschaft (die Staatsbürgerschaft zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union) notorisch sei. Letzteres treffe nicht zu. Das Unternehmen der Antragstellerin habe zwar seinen Sitz im Inland; das besage aber nichts über die derzeitige Staatsangehörigkeit des Gesellschafters und Geschäftsführers iSd § 2 Abs 5 lit c VbgGVG. Es müsse daher entweder eine Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde oder der Nachweis der Inländereigenschaft vorgelegt werden. Ein verbesserungsfähiger Mangel liege nicht vor.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs bei dem 30.000 EUR nicht übersteigenden Wert des Entscheidungsgegenstands nicht zulässig sei, erst über Zulassungsvorstellung der Antragstellerin änderte es seinen Zulässigkeitsausspruch nachträglich dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs doch für zulässig erklärte, dass sich das Rekursgericht nicht mit der Frage befasst habe, ob trotz mangelnden Nachweises der Inländereigenschaft des Gesellschafters der Antragstellerin jedenfalls eine Vormerkung des Pfandrechts zu bewilligen gewesen wäre, weil § 7 Abs 1 lit f VbgGVG eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht für den Fall vorsehe, dass nur die Vormerkung der Erwirkung des Pfandrechts stattfinde.

In ihrem Revisionsrekurs strebt die Antragstellerin eine Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinne der beantragten Einverleibung des Pfandrechts an. Hilfsweise beantragt sie erkennbar als „Minus“ zur beantragten Einverleibung die Vormerkung des Pfandrechts zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig und teilweise berechtigt.

1. § 7 Abs 1 lit f des VbgGVG bestimmt, dass der Erwerb des Pfandrechts an Grundstücken oder Bauwerken iSd § 435 ABGB durch Ausländer, sofern Gläubiger nicht ein Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen ist „oder nicht nur die Vormerkung der Erwirkung des Pfandrechtes stattfindet“, der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf.

2. Als Ausländer gelten gemäß § 2 Abs 5 lit c VbgGVG juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich oder überwiegend Ausländer gemäß lit a oder b beteiligt sind oder deren geschäftsführenden Organen mindestens zur Hälfte Ausländer angehören. Österreichischen Staatsbürgern stehen die Staatsbürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleich (RIS-Justiz RS0111645; 5 Ob 235/04a; so nun ausdrücklich § 3 VbgGVG).

3. Dem Grundbuchsgesuch war weder ein Nachweis der österreichischen (oder einer ihr gleichgestellten) Staatsangehörigkeit des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Antragstellerin angeschlossen, noch ist hier mit Sicherheit anzunehmen, dass „der Rechtserwerb nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen über den Grunderwerb durch Ausländer fällt“ (§ 28 Abs 2 lit b VbgGVG). Damit kann - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - nur gemeint sein, dass ein seiner Art nach nicht genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft bzw ein Ausnahmetatbestand nach den Bestimmungen des § 9 VbgGVG vorliegt oder - bezogen auf den hier zu beurteilenden Fall - die Inländereigenschaft (die Staatsbürgerschaft zu einem Mitgliedstaat der Europäischen Union) notorisch ist. Letzteres trifft nicht zu. Auch wenn das Unternehmen der Antragstellerin seinen Sitz im Inland hat, ist damit nichts über die derzeitige Staatsangehörigkeit des Alleingesellschafters und Geschäftsführers ausgesagt. Grundsätzlich zutreffend haben daher die Vorinstanzen erkannt, dass für die Einverleibung des Pfandrechts eine Genehmigung bzw Negativbescheinigung der Grundverkehrsbehörde vorzulegen oder dem Gericht iSd § 28 Abs 2 lit a VbgGVG die Inländereigenschaft der Antragstellerin nachzuweisen ist.

4. Zutreffend macht die Antragstellerin allerdings geltend, dass aus dem klaren Gesetzeswortlaut des § 7 Abs 1 lit f VbgGVG abzuleiten ist, dass diese Grundsätze nicht für die bloße Vormerkung eines Pfandrechts gelten:

Die Regelung, dass der Erwerb des Pfandrechts an Grundstücken durch Ausländer der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf, sofern der Gläubiger kein Kreditinstitut oder Versicherungsunternehmen ist oder nicht nur die Vormerkung der Erwirkung des Pfandrechts stattfindet, kann nur so verstanden werden, dass die Pfandrechtsvormerkung von der Genehmigungspflicht ausdrücklich ausgenommen ist. Jede andere Auslegung würde der Regelung über die „Vormerkung der Erwirkung des Pfandrechts“ als Ausnahme von der Genehmigungspflicht jeden Anwendungsbereich entziehen.

5. Wenn nicht alle in den §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung vorliegen, die Urkunde aber die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, kann gemäß § 35 GBG die Vormerkung bewilligt werden. Fehlt es - wie hier - nur am Nachweis der Inländereigenschaft der Antragstellerin, dann darf dies nicht zur gänzlichen Abweisung des Gesuchs, sondern nur des Einverleibungsbegehrens führen, während - als Minus (vgl § 96 iVm § 85 Abs 3 GBG) - die Vormerkung zu bewilligen ist (5 Ob 76/07y; Hoyer zu 5 Ob 327/98v = NZ 2000/457). Die klare Regelung des § 7 Abs 2 VbgGVG steht der Anwendung des allgemein in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes entgegen, dass die Vormerkung dann nicht bewilligt werden darf, wenn zweifelhaft ist, ob das dem Eintragungsbegehren zugrunde liegende Recht der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde bedarf (RIS-Justiz RS0060427).

6. Da die Urkunde, auf die sich das Eintragungsbegehren gründet, im Übrigen den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG und § 35 GBG entspricht (zur Prüfpflicht des Grundbuchsgerichts in Ansehung einer gerichtlichen Vergleichsausfertigung vgl 5 Ob 91/03y), war in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses als Minus zur beantragten Einverleibung des Pfandrechts die Vormerkung des Pfandrechts zu bewilligen. Zur Rechtfertigung ist entweder eine Negativbescheinigung iSd § 16 VbgGVG oder der Nachweis der Inländereigenschaft des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Antragstellerin vorzulegen.

Schlagworte

7 Grundbuchsachen,

Textnummer

E96646

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00236.10G.0209.000

Im RIS seit

06.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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