TE OGH 2011/2/17 2Ob216/10v

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Veröffentlicht am 17.02.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny in der Rechtssache der klagenden Partei B*****versicherung, *****, vertreten durch Mag. Erik Focke, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. September 2010, GZ 15 R 50/10y-48, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 4. Jänner 2010, GZ 4 Cg 279/08t-43, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 978,84 EUR (darin 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist der deutsche gesetzliche Unfallversicherer des LKW-Lenkers eines deutschen Speditionsunternehmens. Er half auf dem Betriebsgelände des Beklagten dem von diesem beauftragten Fahrer eines Hubstaplers beim Abladen von Paletten mit Bindegarnrollen von der Ladefläche des LKW-Anhängers. Er hängte eine im Betrieb des Beklagten vorhandene Stange mit einem Haken an jedem Ende jeweils bei einer Palette und beim Hubstapler so ein, dass die Paletten vom Hubstapler bis zur Verladekante des Anhängers vorgezogen werden konnten, damit sie in weiterer Folge der Hubstapler aufnehmen und abladen konnte. Nachdem die letzte Palette derart zur Verladekante vorgezogen worden war und der Hubstapler die Palette aufgenommen hatte und damit zurückgefahren war, kippte die Palette aus ungeklärter Ursache um und begrub den LKW-Lenker, der gerade im Begriff war sich weiter vom Stapler zu entfernen und anschließend den Anhänger verschlossen hätte, unter sich. Seine Hilfe beim Entladen des Hängers war im Zeitpunkt des Unfalls beendet.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts war der Verletzte bei seiner Hilfstätigkeit beim Abladen der Paletten in den Betrieb des Beklagten eingegliedert (vgl 2 Ob 24/86; 2 Ob 24/05a; 2 Ob 114/08s). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, das das Dienstgeberhaftungsprivileg gemäß § 333 Abs 1 ASVG verneint hat, ist aber dennoch im Ergebnis nicht korrekturbedürftig, weil die Rechtsansicht des Erstgerichts vertretbar ist, dass mit der Beendigung der Hilfe im Unfallszeitpunkt die Eingliederung des Verletzten (der als Nächstes mit dem Verschließen des Anhängers eine eigenbetriebliche Tätigkeit ausführen wollte) in den Betrieb des Beklagten bereits beendet war (vgl 8 Ob 28/86 = RIS-Justiz RS0084127; Wellner in Geigel, Haftpflichtprozess25 Kap 31 Rn 53).

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein besonders sorgfältiger Staplerfahrer hätte mit dem Abladevorgang so lange zugewartet, bis der LKW-Lenker sich ganz aus dem Bereich des vom Hubstapler beim Abladen zurückgelegten Wegs entfernt gehabt hätte. Dies begründe eine Sorgfaltswidrigkeit des Staplerfahrers, die das Gelingen des Entlastungsbeweises gemäß § 9 EKHG verhindere.

Diese im vorliegenden Einzelfall (RIS-Justiz RS0111708) vorgenommene Beurteilung der nach § 9 Abs 2 EKHG gebotenen Sorgfalt hält sich im Rahmen des dem Berufungsgericht zukommenden Beurteilungsspielraums.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E96480

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0020OB00216.10V.0217.000

Im RIS seit

15.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2015
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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