Kopf
Das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht fasst durch HR Dr. Garai als Vorsitzenden sowie die weiteren Richter des Landesgerichtes Mag. Dr. Hörmann und Dr. Fink in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Dr. Cornelia K***** Wien, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) A***** GmbH, ***** Wien, vertreten durch Dr. Hartmut Mayer, Rechtsanwalt in Wien, 2.) DI Kazemzahdeh N*****, ***** Wien, 3.) DI Stefan Viktor Christoph Sch*****, ebendort, beide vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in Wien, 4.) R***** GmbH, ***** ***** Wien, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in Wien, wegen Verwalterabberufung (§ 21 Abs 3 WEG), infolge Rekurses der Erst- und Viertantragsgegner, sowie Kostenrekurses der Zweit- und Drittantragsgegner gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 29.10.2010, 5 Msch 11/09i-19, den
Spruch
S a c h b e s c h l u s s :
Sämtlichen Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Erst- und die Viertantragsgegner sind jeweils schuldig, der Antragstellerin deren mit € 311,87 bestimmte Kosten des Rekursverfahrens (darin € 51,98 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Zweit- und Drittantragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Antragstellerin deren mit € 247,36 bestimmte Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt nicht € 10.000,--.
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
B e g r ü n d u n g :
Mit dem angefochtenen Sachbeschluss berief das Erstgericht die Viertantragsgegnerin als Verwalterin der im 19. Wiener Gemeindebezirk gelegenen Liegenschaft, an der Wohnungseigentum begründet ist, ab. Weder diese Viertantragsgegnerin, noch eine mit Renate Ü***** in Verbindung stehende Hausverwaltung dürfe neuerlich bestellt werden. Es verhielt alle Antragsgegner zum Kostenersatz an die Antragstellerin iHv € 2.324,35.
Das Erstgericht stellte den auf Seiten 16 bis 21 wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich könne der Verwalter auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht wegen grober Pflichtverletzung abberufen werden. Voraussetzungen seien gravierende, die Vertrauensbasis störende Pflichtverletzungen. Aus den Feststellungen ergebe sich, dass hinsichtlich der finanziellen Gebarung der Hausverwaltung eine eindeutige Kollusion mit der Mehrheitseigentümerin, der Erstantragsgegnerin zur Lasten der restlichen Miteigentümer gegeben sei. Erwiesen sei, dass die Erstantragsgegnerin in den Zeiten der Verwaltungsübernahme der Viertantragsgegnerin ihre Wohnbeiträge nicht leistete. Die Hausverwaltung treffe die Verpflichtung, alle der Eigentümergemeinschaft betreffenden Ein- und Auszahlungen entweder über ein für jeden Wohnungseigentümer einsehbares Eigenkonto der Eigentümergemeinschaft oder über ein ebenso einsehbares Anderkonto durchzuführen. Gegen diese Bestimmung habe die Viertantragsgegnerin gröblich verstoßen. Abrechnungen die die Viertantragsgegnerin vorlegte, seien ungenügend und würden gerade diesen entscheidenden Punkt der Bedeckung der Wohnbeiträge offenkundig bewusst ausklammern. Das Bestätigungsschreiben, dass per 30.6.2008 keine Rückstände seitens der Wohnungseigentümer bestünden, sei offensichtlich unrichtig. Es sei vielmehr tatsächlich zu einem schädigenden Zusammenwirken der Erstantragsgegnerin (Mehrheitseigentümerin) mit der Viertantragsgegnerin (Hausverwalterin) gekommen. Dies dergestalt, dass die Erstantragsgegnerin die auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Wohnbeiträge während der Verwaltungstätigkeit der Viertantragsgegnerin nicht entrichtete und die Viertantragsgegnerin dies ohne Klagsführung geschehen ließ. Damit sei eine dermaßen gröbliche Pflichtverletzung erwiesen, die schon alleine dieser Grund die Enthebung der Hausverwaltung rechtfertige. Dazu komme, dass die Finanzgebarung auch ansonsten durchaus mangelhaft erscheine. Das von der Vorhausverwaltung übernommene Guthaben scheine nicht auf dem Wohnbeitragskonto auf. Für eine € 11.000,-- teure Kanalsanierung seien keine Kostenvoranschläge, sondern lediglich ein „Kostenvoranschlag“ im Nachhinein pro forma eingeholt worden. Dass es der Viertantragsgegnerin offensichtlich um Verschleierung und Missachtung der Rechte der Antragstellerin gehe, sei auch unschwer dem Umstand zu entnehmen, dass eine bloße Quadratmeteraufstellung der einzelnen Top-Nummern das einzige Produkt einer Vorsprache der Erstantragsstellerin in der Kanzlei der Hausverwaltung war.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Sachbeschluss wenden sich die Rekurse der Erst- und Viertantragsgegner. Weiters erheben die Zweit- und Drittantragsgegner gegen die sie auch belastende Kostenentscheidung, Kostenrekurs.
Die Antragstellerin beantragte sämtlichen Rekursen nicht Folge zu geben.
Die Rekurse sind nicht berechtigt.
Zum Rekurs der Erstantragsgegnerin:
Die Mehrheitseigentümerin wendet sich gegen die Abberufung der Hausverwalterin mit Beweis- und Rechtsrüge. Ihre Beweisrüge richtet sich gegen die Feststellung auf Seite 17 des Sachbeschlusses, dass die Erstantragsgegnerin im Jahr 2008 keinerlei Einzahlungen auf das von der Viertantragsgegnerin geführte Hauskonto leistete. Sie versucht die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu widerlegen. Entgegen den Rekursausführungen, dass es keine Beweisergebnisse für die Feststellung gebe, ist die bekämpfte Beweiswürdigung völlig zutreffend. Die Rechtsmittelausführungen sind nicht stichhältig (§ 60 Abs 2 letzter Satz AußStrG). Der Vertreter der Erstantragsgegnerin und ihr Geschäftsführer wollten gar nicht den Beweis einer Zahlung erbringen, die Geschäftsführerin der Viertantragsgegnerin zeigte nur ihr Unvermögen, über einen konkreten Geldfluss von der Erstantragsgegnerin auf das Konto der Eigentümergemeinschaft zu berichten.
Die Beweisrüge ist nicht berechtigt.
Die bekämpfte Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass die Erstantragsgegnerin und die Viertantragsgegnerin in einem schädigenden Zusammenwirken in der Gestalt handeln, dass die Erstantragsgegnerin offenkundig die auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Wohnbeiträge während der Verwaltungstätigkeit der Viertantragsgegnerin nicht entrichtet hat und die Viertantragsgegnerin dies ohne die erforderlichen Schritte, insbesondere ohne entsprechende Klagsführung geschehen ließ, ist zutreffend. Nicht nur, dass festgestelltermaßen keine Zahlungen der Mehrheitseigentümerin auf das Konto der Eigentümergemeinschaft erfolgten, wurde auch die bereits gegen diese Mehrheitseigentümerin geführte Klage der Eigentümergemeinschaft während der Verwaltung durch die Viertantragsgegnerin ruhen gelassen, obwohl eine Zahlung an die Eigentümergemeinschaft nicht erfolgte. Ohne jede Frage ist dies ein schädigendes Zusammenwirken. Nicht nur, dass dem Miteigentümer, der an die Eigentümergemeinschaft seine Wohnbeiträge leistet, bei Nichtzahlung anderer Miteigentümer, die Mithaftung für den Ausfall künftig treffen könnte, verhindert die Nichtzahlung zunächst einmal die Liquidität der Eigentümergemeinschaft und kann damit die Unmöglichkeit notwendiger Reparaturen - wie auch hier - mit sich bringen. Die Rechtsrüge der Erstantragsgegnerin vermag keinen Fehler in der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes aufzuzeigen.
Zum Rekurs der Viertantragsgegnerin:
Auch die Viertantragsgegnerin bekämpft den Sachbeschluss mit Beweisrüge und mit Rechtsrüge. Die Beweisrüge wendet sich gegen die Feststellung, dass weder die Viertantragsgegnerin, noch die Erstantragsgegnerin bereit sind, Aufklärung über die tatsächlichen Zahlungsflüsse und Zahlungsmodalitäten zu geben. Diese Feststellung ist, wie bereits in den Ausführungen zum Rekurs der Erstantragsgegnerin zu ersehen ist, völlig korrekt. Hinsichtlich der Erstantragsgegnerin betrifft es ihr Verhalten im Verfahren, hinsichtlich der Viertantragsgegnerin das festgestellte Verhalten beim zunächst vergeblichen Versuch der Antragstellerin Einsicht in die Abrechnungsunterlagen und das Konto der Eigentümergemeinschaft zu erhalten. Die Viertantragsgegnerin strebt die Feststellung an, dass die Erstantragsgegnerin sehr wohl ihre Wohnbeiträge in der Zeit der Verwaltungstätigkeit der Viertantragsgegnerin leistete. Dafür gab es überhaupt keine Anhaltspunkte im Verfahren. Die Geschäftsführerin der Viertantragsgegnerin vermochte keinen Nachweis zu erbringen. Die Erstantragsgegnerin bzw ihr Geschäftsführer verweigerten eine Mitwirkung im Beweisverfahren.
Ausgehend von den nicht wirksam bekämpften Feststellungen ist auch die Rechtsrüge nicht berechtigt. Vom Mehrheitseigentümer die Wohnbeiträge nicht, vom Minderheitseigentümer sehr wohl zu kassieren, ist pflichtwidrig. Die geradezu unverfrorene Verunmöglichung der jederzeitigen Einsehbarkeit des Anderkontos iSd § 12 Abs 6 WEG ist eine weitere grobe Pflichtverletzung. Auch in weiterer Folge dieser Versuche verhinderte die Viertantragsgegnerin und ihre Geschäftsführerin die Ausübung der Kontrollrechte der Antragstellerin massiv. Allein das Verhindern einer Fotokopie oder Fotografie der Unterlagen mit dem Effekt, den Wohnungseigentümer, dessen Interesse der Hausverwalter eigentlich wahren und fördern sollte, zu einer Abschreibübung zu verhalten, um nach einer Stunde zu sagen, dass die Hausverwalterin mehr Zeit hiefür nicht gewährt, rechtfertigt bereits ein tiefes Misstrauen gegen die Einhaltung der Interessenswahrungspflicht der Hausverwalterin. Die Nichtzurverfügungstellung der gewünschten Unterlagen, die Notwendigkeit anwaltlicher Intervention bei Ausübung der Kontrollrechte im Zusammenhang mit den falschen Behauptungen über die Zahlungen der Erstantragsgegnerin rechtfertigen die sofortige Abberufung der Hausverwalterin wegen grober Pflichtverletzung.
Damit war auch dem Rekurs der Viertantragsgegnerin der Erfolg zu versagen.
Zum Kostenrekurs der Zweit- und Drittantragsgegner:
Die Kostenentscheidung des Erstgerichtes führt dazu, dass alle vier Antragsgegner jeweils € 581,09, der Antragstellerin zu ersetzen haben. Das Rekursinteresse der Zweit- und Drittantragsgegner beträgt daher € 1.162,18. Sie finden diese Kostenersatzpflicht unbillig, weil sie unverschuldet in dieses Verfahren zur Abberufung der Hausverwalterin gezogen worden seien. Sie hätten auch inhaltlich zum Verfahren nichts beitragen können, da ihnen die erforderliche Sachlage unbekannt gewesen sei. Sie hätten ja auch dem Sachantrag zugestimmt, hätten selbst eine Rechtsvertretung beiziehen müssen und sollten daher nicht sowohl die Kosten ihrer Rechtsvertretung, wie auch die Kosten der Antragsstellerin mittragen müssen. Die Rekurswerber hätten auch nicht den gegenständlichen Rechtsstreit und die damit verbundenen Kosten verhindern können. Eine von ihnen nicht beeinflussbare formale Antragsgegnerstellung begründet keine Kostenersatzpflicht. Durch diese Kostenentscheidung seien die Mehrheitseigentümerin, die Erstantragsgegnerin, wie auch die Verwalterin, die Viertantragsgegnerin begünstigt, da sie plötzlich nur die Hälfte des Kostenersatzes an die Antragsstellerin zu tragen hätten.
Tatsächlich brachten die Zweit- und Drittantragsgegner in der ersten Verhandlung vom 15.10.2009, Protokoll ON 3, vor, dass sie mit den Privatangelegenheiten der Antragstellerin nicht befasst seien, andererseits seien sie auch mit einigen Punkten der Hausverwaltungsführung durch die Viertantragsgegnerin nicht zufrieden, insbesondere sei es nur schwer möglich, Kontakt mit der Hausverwalterin zu erlangen und sei die Ehegattin des Drittantragsgegners von der Hausverwalterin beschimpft worden. Sodann schritt ein Rechtsanwalt für die beiden Rekurswerber ein. Mit Schriftsatz erklärten sie, der Antragstellung auf Abberufung bzw Änderung der Hausverwaltung zuzustimmen, würden sich inhaltlich weder für noch gegen die Rechtsansicht der Antragstellerin aussprechen. Sie hätten kein Interesse eine Position zugunsten oder zulasten der Erst- und/oder Viertantragsgegnerin zu beziehen. In diesem Sinne würden sich die nunmehrigen Rekurswerber auch nicht den Anträgen der Antragstellerin bzw der übrigen Antragsgegner anschließen. In der Verhandlung vom 9.3.2010 bestritten sie aber sehr wohl das Vorbringen der Antragsteller (Seite 4 des Protokolls ON 12).
Der Kostenrekurs ist nicht berechtigt.
Gemäß § 37 Abs 3 Z 17 MRG sind die Verfahrenskosten nach Billigkeit zu tragen, wofür zu berücksichtigen ist, in welchem Ausmaß die Parteien mit ihren Anträgen durchgedrungen sind, in wessen Interesse das Verfahren durchgeführt wurde, welcher nicht zweckentsprechende Verfahrensaufwand zumindest überwiegend durch das Verhalten einzelner Parteien verursacht wurde und ob eine Partei durch den Kostenersatz an eine Vielzahl von Verfahrensgegnern übermäßig belastet würde. Die Kostenrekurswerber unterstützten die siegreiche Antragstellerin im Verfahren nicht. Sie beteiligten sich aber am Verfahren, schließlich auch vertreten durch einen Rechtsanwalt der letztlich auch Kostenersatz ansprach. Angesichts ihrer diffusen Stellungsnahme im Verfahren, die aber auch darin bestand, dass sie als Verfahrensparteien sowohl Tatsachenvorbringen, wie auch Rechtsvorbringen der Antragstellerin bestritten, ist es durchaus billig, dass sie der Antragstellerin auch Kosten des erstgerichtlichen Verfahrens anteilig ersetzen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich ebenfalls auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die mit ihrem Kostenrekurs unterliegenden Antragsgegner haben der Antragstellerin die Kosten der Rekursbeantwortung, allerdings nur ausgehend vom bereits angeführten Rekursinteresse und einem bloß 10%-igen Streitgenossenzuschlag zu ersetzen. Der Antragstellerin standen diesbezüglich nur die beiden Antragsgegner gegenüber. Hinsichtlich der Kosten der zwei Rekursbeantwortungen zu den Rekursen der Erst- und Viertantragsgegner war zu beachten, dass für die jeweilige Rekursbeantwortung der Antragstellerin keine Streitgenossen gegenüberstanden.
Mangels einer Rechtsfrage der in § 62 Abs 1 AußStrG genannten Qualität war der Revisionsrekurs nicht zuzulassen.
Textnummer
EWZ0000164European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00003:2011:04000R00118.11S.0222.000Im RIS seit
30.05.2011Zuletzt aktualisiert am
30.05.2011