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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art103 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in D, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Mag. Martin Mennel und andere Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 13. November 2000, Zl. Ib-277-51/2000, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.A. Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2000 (zugestellt am 4. August 2000) wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Dauer von 36 Monaten, unter Nichteinrechnung allfälliger Haftzeiten, entzogen. Dieser Maßnahme lag ein vom Beschwerdeführer begangenes Verbrechen nach § 28 Abs. 2 Suchtmittelgesetz zu Grunde. Der Bescheid enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass eine Berufung nicht zulässig sei und innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden könne.
Mit Schreiben vom 15. September 2000 begehrte der Beschwerdeführer gemäß § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und erhob Berufung gegen den Bescheid vom 26. Juli 2000. Er machte geltend, die Rechtsmittelbelehrung sei unrichtig gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge und führte begründend aus, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Der Beschwerdeführer vertrete die Auffassung, unter Berücksichtigung der Haftzeit betrage die Entziehungsdauer mehr als fünf Jahre, weshalb gemäß § 123 KFG 1967 eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg zulässig gewesen sei. Dem sei zu erwidern, dass gemäß § 35 Abs. 1 Führerscheingesetz - FSG für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darin nichts anderes bestimmt sei, in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig sei. Damit sei § 123 Abs. 1 zweiter Satz KFG 1967 materiell derogiert. Der Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2000 sei somit ein letztinstanzlicher Bescheid, weshalb sich die erteilte Rechtsmittelbelehrung als richtig erweise.
Gegen den angefochtenen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Nach § 123 Abs. 1 KFG 1967 ist für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig. Bei Bescheiden, mit denen für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine Lenkberechtigung entzogen oder das Recht, von einem ausländischen Führerschein Gebrauch zu machen, aberkannt wird, entscheiden über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern. Entscheidet der Landeshauptmann in erster Instanz, haben über dagegen eingebrachte Berufungen die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern zu entscheiden.
Nach § 35 Abs. 1 FSG ist für die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Amtshandlungen, sofern darin nichts anderes bestimmt ist, in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, und in zweiter Instanz der Landeshauptmann zuständig.
Gemäß § 43 Abs. 1 FSG ist dieses Bundesgesetz - abgesehen von im Beschwerdefall unerheblichen Ausnahmen - mit 1. November 1997 in Kraft getreten.
Gemäß § 43 Abs. 3 leg.cit. sind mit Ablauf des 31. Oktober 1997 folgende Bestimmungen des KFG 1967 samt Überschriften außer Kraft getreten: §§ 64, 64a, 65, 66, 67, 68, 68a, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 75a, 76 und 77.
Gemäß § 41 Abs. 1 FSG sind die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängigen Verfahren auf Grund der §§ 64 bis 77 KFG 1967 nach der bisher geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Ausgenommen hievon ist die - für den Beschwerdefall unerhebliche - Bestimmung des § 11 Abs. 4.
Gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG endet in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der administrative Instanzenzug, sofern der Landeshauptmann als Rechtsmittelbehörde zu entscheiden hat und nicht durch Bundesgesetz ausnahmsweise auf Grund der Bedeutung der Angelegenheit ausdrücklich anderes bestimmt ist, beim Landeshauptmann; steht die Entscheidung in erster Instanz dem Landeshauptmann zu, so geht der Instanzenzug in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung, wenn nicht bundesgesetzlich anderes bestimmt ist, bis zum zuständigen Bundesminister.
Aus § 35 Abs. 1 FSG in Verbindung mit Art. 103 Abs. 4 B-VG folgt, dass der Landeshauptmann in Verfahren nach dem FSG als Rechtsmittelbehörde in zweiter Instanz entscheidet und damit der administrative Instanzenzug erschöpft ist. Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen einen derartigen Bescheid des Landeshauptmannes an den unabhängigen Verwaltungssenat bedürfte es gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG einer entsprechenden Anordnung im FSG, die dieses Gesetz jedoch nicht enthält.
Durch das FSG wurde den die Erteilung und die Entziehung von Lenkerberechtigungen regelnden Bestimmungen die KFG 1967 einschließlich der im KFG 1967 dazu enthaltenen Verfahrensvorschriften materiell derogiert. Das FSG enthält zu diesen Gegenständen eine abschließende neue Regelung, sodass im Hinblick auf die Übergangsvorschrift des § 41 Abs. 1 FSG nur in den im Zeitpunkt des Inkrafttretens des FSG anhängigen Verfahren auf Grund der §§ 64 bis 77 KFG 1967 die die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern regelnden Bestimmungen des § 123 Abs. 1 KFG 1967 weiterhin anzuwenden sind, während für die erst nach dem Inkrafttreten des FSG anhängig gewordenen Verfahren betreffend die in diesem Gesetz geregelten Angelegenheiten die durch dieses Gesetz geschaffene Rechtslage maßgebend ist. In diesen Verfahren endet demnach im Rechtsmittelverfahren der Instanzenzug beim Landeshauptmann.
An diesem Ergebnis kann auch der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand nichts ändern, dass § 123 Abs. 1 KFG 1967 in der im § 43 Abs. 3 FSG enthaltenen Aufzählung der mit Ablauf des 31. Oktober 1997 außer Kraft tretenden Bestimmungen des KFG 1967 nicht genannt ist. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass eine formelle Derogation des gesamten § 123 Abs. 1 KFG 1967 schon deshalb nicht in Betracht gekommen wäre, weil zu den im KFG 1967 vorgesehenen Amtshandlungen nicht nur die Erteilung und Entziehung der Lenkberechtigung gehören, weshalb für die nach dem Inkrafttreten des FSG weiterhin im KFG 1967 geregelten Angelegenheiten die Zuständigkeitsbestimmungen des § 123 Abs. 1 KFG 1967 (mit Ausnahme des zweiten Satzes) erforderlich sind.
Die Rechtsmittelbelehrung der belangten Behörde in ihrem Bescheid vom 26. Juli 2000 erweist sich demnach als zutreffend, weshalb dem auf § 71 Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers mit Recht der Erfolg versagt wurde.
Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. Februar 2001
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001110036.X00Im RIS seit
11.07.2001