Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und gefährdeten Partei W***** F*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei D***** AG, *****, vertreten durch Burgstaller & Preyer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 21.800 EUR sA, über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. November 2010, GZ 7 Ra 143/10s-20, womit ihrem Rekurs gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 31. August 2010, GZ 36 Cga 73/10h-6, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende und gefährdete Partei (in der Folge: Kläger) ist definitiv gestellter Angestellter der Beklagten, einer Vorarlberger Sparkasse, und war seit Beginn seines Dienstverhältnisses in deren Niederlassung Wien in leitender Funktion tätig. Ab April 2009 war er bis auf Widerruf dienstfrei gestellt. Mit Schreiben vom 7. Juli 2010 widerrief die Beklagte die Dienstfreistellung des Klägers und forderte ihn zum Dienstantritt am 1. September 2010 als Kommerzkundenbetreuer an ihrem Sitz in Vorarlberg auf.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, diese ihm zugewiesene Tätigkeit zu verrichten. Zur Sicherung dieses Klagebegehrens beantragte er die Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, der Beklagten a) die Erteilung einer Weisung zur Aufnahme der im Urteilsbegehren genannten Arbeitsleistungen und b) das Setzen disziplinärer Maßnahmen wegen des Nichtantritts der verlangten Dienstleistung zu verbieten.
Beide Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab, das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs mangels über den Einzelfall hinaus erheblicher Rechtsfragen für nicht zulässig. Die in § 381 EO genannten Voraussetzungen für die Erlassung einer Provisorialmaßnahme seien nicht erfüllt, weil weder die Verfolgung des Feststellungsanspruchs des Klägers ohne die begehrten Maßnahmen erschwert werde, noch die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens bescheinigt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zwar nicht jedenfalls unzulässig (§ 402 Abs 1 EO), bringt aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO zur Darstellung.
Grundsätzlich können auch Feststellungsbegehren, für die eine Zwangsvollstreckung nicht in Betracht kommt, durch Provisorialmaßnahmen gesichert werden, wenn hinter dem Feststellungsbegehren bedingte oder zukünftige Leistungsansprüche stecken (RIS-Justiz RS0005153 [T8]; 2 Ob 138/08w - Ausübung von Gesellschafterrechten; 10 Ob 50/06k, 6 Ob 174/07t, 9 Ob 17/02v, 7 Ob 283/02x ua - Rechte aus einer Vereinsmitgliedschaft). Ziel des vorliegenden Feststellungsbegehrens ist jedoch gerade das Gegenteil, nämlich die Verweigerung einer vom Prozessgegner beanspruchten Leistung. Der Kläger befindet sich in der umgekehrten Parteirolle eines Beklagten in einem Leistungsstreit, der seine Leistung grundsätzlich nur auf eigenes Prozessrisiko zurückhalten kann, ohne sich gegen die im Fall des Unterliegens eintretenden Verzugsfolgen durch einstweilige Verfügung absichern zu können. Unstrittig ist, dass das Dienstverhältnis des Klägers unkündbar gestaltet ist, sodass er nur dann wirksam für eine Verweigerung des Dienstantritts entlassen werden könnte, wenn er im vorliegenden Verfahren unterliegt.
Abgesehen davon ist die Frage, ob der Kläger eine über das allgemeine Prozessrisiko hinausgehende Erschwerung der Verfolgung oder Durchsetzung seines Anspruchs dargetan hat, eine solche des Einzelfalls (7 Ob 102/08p; 6 Ob 52/08b; RIS-Justiz RS0005118; vgl auch RS0005103). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die diese Voraussetzung verneint haben, ist vor dem Hintergrund des unstrittigen Sachverhalts, insbesondere der Definitivstellung des Klägers, nicht korrekturbedürftig.
Dasselbe gilt auch für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 381 Z 2 EO. Ein Schaden im Sinn dieser Gesetzesstelle ist dann unwiederbringlich, wenn ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder Personen eingetreten ist, die Zurückversetzung in den vorigen Zustand nicht tunlich ist und Schadenersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (RIS-Justiz RS0005270). Die in der Revision relevierte Frage, ob die dem Kläger bei einem Dienstantritt in Vorarlberg drohenden materiellen und immateriellen Nachteile mit Geld adäquat ausgeglichen werden könnten, stellt sich im vorliegenden Fall überhaupt nicht. Gegenstand des Sicherungsbegehrens kann nämlich nur die Sicherung des Klageanspruchs, also des Nichterscheinens in Vorarlberg, sein. Ein vorläufiger Dienstantritt des Klägers aus Vorsichtsgründen wäre aber ein Handeln wider den eigenen Prozessstandpunkt, dessen Folgen nicht unter § 381 Z 2 EO subsumiert werden können.
Schlagworte
11 Arbeitsrechtssachen,Textnummer
E96462European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:008OBA00095.10V.0222.000Im RIS seit
14.03.2011Zuletzt aktualisiert am
20.05.2011