TE OGH 2011/2/22 8Ob13/11m

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Veröffentlicht am 22.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners S***** P*****, geboren am *****, vertreten durch Mag. Robert Igáli-Igálffy, Rechtsanwalt in Wien, Insolvenzverwalter Dr. Peter Zens, Rechtsanwalt in Wien, wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 5. Jänner 2011, GZ 28 R 313/10w-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, Erhebungen über die Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung in der Insolvenzdatei sowie über den Tag des Einlangens der Telefaxsendung mit dem Rekurs des Schuldners ON 6 durchzuführen und im Anschluss daran die Akten dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der Bestimmung des § 257 Abs 2 IO ist für den Beginn der 14-tägigen Rekursfrist (§ 260 Abs 1 IO) gegen die Insolvenzeröffnung (§ 2 iVm § 74 IO) die öffentliche Bekanntmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei (§ 255 IO) maßgeblich. Nach ständiger Rechtsprechung wird mit der öffentlichen Bekanntmachung die Zustellung bewirkt, und zwar unabhängig davon, ob auch noch eine besondere Zustellung an die Beteiligten erfolgt ist (8 Ob 125/10f mwN). Für die Zustellungswirkung ist die Veröffentlichung maßgeblich. Damit kann sich der Rechtsmittelwerber jederzeit genaue Kenntnis vom kundgemachten Beschluss verschaffen (8 Ob 161/09y).

Der Schuldner geht zutreffend davon aus, dass dem in der Insolvenzdatei angegebenen Datum der Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung eine dem Rückschein bei Postzustellungen vergleichbare Funktion beigemessen werden kann. Laut Insolvenzdatei erfolgte die Bekanntmachung am 17. 11. 2010. Im gegebenen Zusammenhang nimmt der Schuldner im außerordentlichen Revisionsrekurs allerdings auch auf die Veröffentlichung der Verfahrensdaten im Internet Bezug und behauptet, dass die Abrufbarkeit der Insolvenzeröffnung erst am 18. 11. 2010 gegeben gewesen sei.

Sollte die Zustellungswirkung erst am 18. 11. 2010 eingetreten sein, so wäre auch ein am 2. 12. 2010 eingebrachter Rekurs rechtzeitig gewesen.

2. Für die fristwahrende Übertragung einer Rechtsmittelschrift mittels Telefax muss das Schriftstück rechtzeitig und grundsätzlich vollständig beim Empfangsgerät der Einlaufstelle des zuständigen Gerichts einlangen (vgl RIS-Justiz RS0119013).

Der Schuldner behauptet nicht etwa einen technischen Übertragungsfehler, sondern den rechtzeitigen Eingang der Telefaxsendung bereits am 1. 12. 2010. In dieser Hinsicht beruft er sich auf das von ihm vorgelegte Journal des Empfangsgeräts des Erstgerichts. Die Übermittlung mit der Nummer 6296 um 23:56 Uhr des 1. 12. bestehend aus zehn Seiten betreffe die Übertragung des zugrunde liegenden Rekurses vom Telefax seines Vertreters mit der Kennung „*****“. Das Telefaxgerät seines Vertreters habe einen technischen Defekt in der Angabe der Uhrzeit aufgewiesen, indem die angegebene Übertragungszeit (00:11 Uhr) mit der tatsächlichen Uhrzeit (23:56 Uhr) nicht übereingestimmt habe.

Ausgehend von einer Bekanntmachung der Insolvenzeröffnung in der Insolvenzdatei am 17. 11. 2010 wäre die Rekursfrist am 1. 12. 2010 abgelaufen. Laut Faxvermerk auf dem Rekurs ON 6 wurde das Telefax am 2. 12. 2010 an das Erstgericht übermittelt. Auch der vom Vertreter des Schuldners vorgelegte Sendebericht gibt als Startzeit „2. 12., 00:11 Uhr“ und die Übertragungsdauer mit „1´43“ an. Das Journal des Empfangsgeräts des Erstgerichts weist unter der Nummer 6296 eine Sendung bestehend aus zehn Seiten am 1. 12., 23:56 Uhr (Anfangszeit), mit einer Dauer von „1´46“ auf. Eine Kennung der Gegenstelle ist zu dieser Sendung im Journal nicht angeführt.

Zugunsten des Schuldners kann ins Treffen geführt werden, dass die Sendung mit der Nummer 6296 so wie der Rekurs ON 6 aus zehn Seiten bestanden hat. Die im vorgelegten Journal angegebene Übertragungsdauer (1´46) stimmt mit der Dauer laut Sendebericht (1´43) bis auf drei Sekunden überein. Auffällig ist, dass das vom Schuldner vorgelegte Journal am 2. 12. kurz nach Mitternacht keinen Eingang aufweist, der mit dem Sendebericht (00:11 Uhr) in Beziehung gesetzt und diesem zugeordnet werden kann. In diesem Zusammenhang kommt der Behauptung des Vertreters des Schuldners Bedeutung zu, sein Telefaxgerät habe aufgrund eines technischen Defekts die Übertragungszeit nicht richtig angegeben.

3. Die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels ist so wie die Frage der Wirksamkeit einer Zustellung von Amts wegen zu prüfen. Die Prüfung ist im Allgemeinen vom Prozessgericht ohne Auftrag der Rechtsmittelinstanz durchzuführen (vgl Kodek in Rechberger3 § 469 ZPO Rz 1).

Aufgrund des Vorbringens im außerordentlichen Revisionsrekurs sind weitere Erhebungen zur Rechtzeitigkeit des Rekurses ON 6 erforderlich. Im Anschluss daran ist der Akt vom Erstgericht im direkten Weg wieder dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

Textnummer

E97139

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0080OB00013.11M.0222.000

Im RIS seit

13.05.2011

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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