Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die verpflichtete Partei Gabriele (auch Gabriela) R*****, wegen 184.839,04 EUR sA, über den Revisionsrekurs der Drittschuldnerin A***** GmbH, *****, vertreten durch den Zustellkurator MMag. Dr. Michael Hasenöhrl, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Juli 2009, GZ 46 R 352/09v-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 28. Mai 2009, GZ 19 E 2367/09f-3, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs der Drittschuldnerin A***** GmbH wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Die betreibende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Aufgrund eines Versäumungsurteils beantragte die betreibende Partei wider die Verpflichtete zur Hereinbringung von 184.839,04 EUR sA die Bewilligung der Exekution durch Pfändung der der Verpflichteten gegenüber den beiden Drittschuldnern 1. A***** GmbH und 2. einen Rechtsanwalt aufgrund von zwei näher genannten Kaufverträgen über zwei konkret bezeichnete, mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteilen „zustehenden Ansprüche aus den Titeln Gewährleistung und Schadenersatz sowie vertragliche und bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche“. Der betreibenden Partei möge die Ermächtigung erteilt werden, diese Ansprüche im Namen der Verpflichteten geltend zu machen, dafür Verbesserung und/oder Preisminderung und/oder Wandlung sowie Rückzahlung zu begehren, von diesen Kaufverträgen zurückzutreten und die sonst zur Ausübung, Nutzbarmachung und Verwertung der gepfändeten Rechte erforderlichen Erklärungen wirksam für die verpflichtete Partei abzugeben. Der Verpflichteten möge geboten werden, sich jeder Verfügung über diese Rechte zu enthalten (§§ 331 ff EO). An die beiden Drittschuldner möge das Verbot erlassen werden, an die Verpflichtete Leistungen zu erbringen.
Das Erstgericht wies diesen Exekutionsantrag ab, weil die von der betreibenden Partei genannten Exekutionsobjekte keine nach den §§ 331 ff EO pfänd- und verwertbaren Vermögensrechte seien.
Das Rekursgericht änderte den angefochtenen Beschluss über Rekurs der betreibenden Partei ab und bewilligte die beantragte Pfändung der Ansprüche der Verpflichteten „aus Gewährleistung, Schadensersatz, Rückzahlung und Bereicherung“. An die verpflichtete Partei erging das Gebot, sich jeder Verfügung über die genannten Rechte zu enthalten. Den beiden Drittschuldnern wurde verboten, aufgrund der gepfändeten Rechte an die Verpflichtete Leistungen zu erbringen. Die Entscheidung über die Verwertung blieb dem Erstgericht vorbehalten. Entscheidend sei, dass für die Verpflichtete und die Drittschuldner klar erkennbar sei, worauf das Gebot, sich jeder Verfügung über die gepfändeten Rechte zu enthalten, und das Verbot, aufgrund der gepfändeten Rechte nicht an die Verpflichtete zu leisten, gerichtet sei. Mit der genauen Umschreibung der Kaufverträge im Exekutionsantrag sei diesem Erfordernis jedenfalls Genüge getan. Bei den hier gepfändeten Exekutionsobjekten handle es sich um "andere Vermögensrechte" iSd § 331 EO. Schadenersatzansprüche könnten auch solche auf Naturalrestitution sein, beim "Bündel“ der hier gepfändeten Rechte handle es sich daher nicht um bloße Geldforderungen gegen einen Drittschuldner iSd § 294 EO.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob Rechte aus Gewährleistung, Schadenersatz, Rückzahlung und Bereicherung ein bestimmtes Vertragsverhältnis betreffend geeignete Exekutionsobjekte, wenn ja, ob sie Vermögensrechte iSd § 331 EO seien, keine aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Drittschuldnerin mit dem Antrag, den Exekutionsantrag abzuweisen, hilfsweise die Exekutionsbewilligung aufzuheben und die Exekutionssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die betreibende Partei erstattete, ohne dass ihr das freigestellt worden wäre, eine Revisionsrekursbeantwortung, in der sie unter anderem auf die fehlende Rechtsmittellegitimation der Drittschuldnerin hinwies.
Der Revisionsrekurs erweist sich aus folgenden Gründen mangels erheblicher Rechtsfragen als unzulässig:
1. Nach herrschender Auffassung steht dem Drittschuldner, dem iSd § 331 Abs 1 EO das gerichtliche Verbot, zu leisten, zugestellt wurde, ein Rekursrecht gegen die Exekutionsbewilligung nur dann zu, wenn ihn diese gesetzwidrig belastet oder sie gesetzwidrig erfolgt ist oder wenn ihm ungerechtfertigte Aufträge erteilt werden (RIS-Justiz RS0003998; Oberhammer in Angst, EO2, § 331 Rz 70; Frauenberger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 331 Rz 64). Der erkennende Senat hat dazu klargestellt, dass die Zulässigkeit des Rechtsmittels des Drittschuldners nicht von der materiellen Richtigkeit der bekämpften Entscheidung abhängt; vielmehr muss der Drittschuldner einen Beschwerdegrund geltend machen, der, läge er vor, eine gesetzwidrige Belastung des Drittschuldners bedeuten würde. Ob etwa die gepfändete Forderung zu Recht besteht ua, berührt die Rechtssphäre des Drittschuldners nicht, wohl aber, wenn ihm etwas verboten wird, was nicht verboten werden darf, etwa weil Unpfändbarkeit vorliegt, wenn unklar ist, was dem Drittschuldner verboten wird, und dergleichen mehr (3 Ob 36/88).
2. Die Drittschuldnerin macht weder ein unzulässiges Drittverbot noch Unklarheit des ihr gegenüber ausgesprochenen Verbots geltend. Sie bestreitet aber die Verwertbarkeit der gepfändeten Ansprüche der Verpflichteten.
Anders als der Revisionsrekurs unterstellt, verlangte die betreibende Partei weder eine Pfändung nur von Naturalrestitutionsansprüchen (von solchen ist nur in der Begründung des Rekursgerichts die Rede, nicht aber im Spruch der Exekutionsbewilligung) noch eine Pfändung von aus der Ausübung eines Gestaltungsrechts fließenden Einzelrechten der Verpflichteten, sondern - wie die gebotene Gesamtschau von Pfändungs- und Verwertungsantrag zeigt - die Pfändung des aus der mangelhaften Erfüllung der Kaufverträge resultierenden Gesamtrechts der Verpflichteten als Käuferin; dazu zählen primär die Gestaltungsrechte auf Wandlung und Preisminderung (RIS-Justiz RS0018641) und Rücktritt vom Vertrag (RIS-Justiz RS0013908) und damit zusammenhängende Rückabwicklungsansprüche, deren Ausübung im Exekutionsverfahren der Nutzbarmachung bereits vorhandener Vermögenswerte der Verpflichteten dient (3 Ob 217/05s = SZ 2006/66). Von der Offenkundigkeit der Unpfändbarkeit des Rechts wegen Unverwertbarkeit (RIS-Justiz RS0004048) ist daher nicht auszugehen (vgl auch RIS-Justiz RS0120349; RS0120619).
Auf das Prozessrisiko (vermutlich gemeint: im Drittschuldnerprozess) kommt es im Stadium der Exekutionsbewilligung nicht an, weil dabei die Prüfung des Bestehens des zu pfändenden Rechts zu unterbleiben hat (RIS-Justiz RS0000085).
3. Das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen ist - auch nach Inkrafttreten der Änderung des § 521a ZPO durch die ZVN 2009 BGBl I 30 (der nach dem neu geschaffenen § 65 Abs 3 EO mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen im Exekutionsverfahren nicht gilt) - einseitig, sofern nicht eine Beantwortung im Einzelfall geboten erscheint; weil das hier nicht der Fall ist, sind Beantwortungen zwar nicht zurückzuweisen, führen jedoch nicht zu einem Kostenersatz (RIS-Justiz RS0118686 [T11 und T13]).
Textnummer
E96824European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00217.10Y.0223.000Im RIS seit
17.04.2011Zuletzt aktualisiert am
16.06.2011