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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags eines Arztes (Arbeitsmediziner) auf Aufhebung der Beschränkung der arbeitsmedizinischen Versorgung auf arbeitsmedizinische Zentren im Bundesbediensteten-SchutzG mangels Legitimation; Antragsteller nicht Normadressat der angefochtenen BestimmungenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Schriftsatz vom 2. September 1997 stellt der Einschreiter den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge "den §3 a Abs3 zur Gänze sowie als Folge die mit diesem in Zusammenhang stehenden Bestimmungen des §3 b Abs1 bis 3 Bundesbediensteten-Schutzgesetz idF BGBl 631/1994, insoweit diese von der Aufhebung betroffen sind, da sie eine Beschränkung der arbeitsmedizinischen Versorgung auf arbeitsmedizinische Zentren vorsehen, aufheben."
Zur Antragslegitimation wird vorgebracht:
"Der Beschwerdeführer ist Arzt im Sinne des Ärztegesetzes und zugelassener Arbeitsmediziner. Für die Zulassung als Arbeitsmediziner ist - nach Absolvierung des allgemeinen Medizinstudiums - eine zwölfwöchige umfassende theoretische und praktische Ausbildung erforderlich (§14 Ärztegesetz). Mit dieser Ausbildung erwirbt der Mediziner die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung 'Arbeitsmediziner' und kann darüber hinaus mit dem durch die Ausbildung erworbenen theoretischen und praktischen Wissen bzw. den erworbenen Kenntnissen den Bestimmungen des Ärztegesetzes entsprechend die umfassende Betreuung von im Arbeitsprozeß eingebundenen Personen durchführen.
Notwendigerweise ist daher das Tätigkeitsfeld eines Facharztes der Arbeitsmedizin auf Personen eingeschränkt, die in einem privatrechtlichen oder öffentlichen Anstellungsverhältnis stehen.
...
Erforderlich für die Umsetzung der durch die Ausbildung erworbenen Berechtigung, als Arbeitsmediziner tätig zu werden, ist es, daß diese von dem für arbeitsmedizinische Betreuung prinzipiell offenstehenden Markt nicht zur Gänze oder größtenteils willkürlich und ohne sachliche Rechtfertigung ausgeschlossen werden. ... (Es) stellt ... einen massiven Eingriff in die Rechte einer Berufsgruppe dar, wenn der Gesetzgeber ohne sachlich gerechtfertigte Gründe große Teile eines bestehenden Marktes dem Tätigkeitsfeld einer gesamten Berufsgruppe zur Gänze entzieht, um solcher Art eine Monopolisierung zugunsten von mit dieser Berufsgruppe in Konkurrenz stehenden Anbietern zu erreichen.
Da durch §§3a und 3b Bundesbediensteten-Schutzgesetz die Betreuung sämtlicher Bundesbediensteten nunmehr direkt ausschließlich durch arbeitsmedizinische Zentren vorgesehen ist, wird ein Anteil von 20 % an der gesamterwerbstätigen Bevölkerung Österreichs ... der Betreuung durch niedergelassene Arbeitsmediziner unwiderruflich und ohne weiteres behördliches oder gerichtliches Verfahren entzogen. So hat sich der Beschwerdeführer beim Bundesministerium für Landesverteidigung für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Betreuung beworben. Unter Hinweis auf die nunmehr angefochtenen Bestimmungen wurde dem Beschwerdeführer jedoch mitgeteilt, daß eine Betrauung nicht möglich sei, da er weder ein arbeitsmedizinisches Zentrum noch der Leiter eines solchen sei. Es ist daher dem Beschwerdeführer durch das gänzliche Fehlen eines verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahrens nicht möglich, die Wahrung seiner gesetzlichen Rechte im Zuge eines solchen Verfahrens zu betreiben, weshalb die gesetzlichen Bestimmungen der §§3a und 3b des Bundesbediensteten-Schutzgesetzes unmittelbar in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreifen und ihn daher zur Antragstellung im Sinne des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG berechtigen."
Im Anschluß an diese Ausführungen werden Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmungen im Hinblick auf die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung dargelegt.
2. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den Antrag stellt, den vorliegenden Antrag als unzulässig zurückzuweisen, in eventu die bekämpften Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben. Die Bundesregierung vertritt die Rechtsauffassung, daß der Antragsteller nicht Normadressat der bekämpften Bestimmungen und daher nicht antragslegitimiert sei. Darüber hinaus entspreche der vorliegende Antrag ihrer Auffassung nach nicht den Formerfordernissen des §62 Abs1 VerfGG.
3. Die §§3 a und 3 b des Bundesbediensteten-Schutzgesetzes, BGBl. Nr. 164/1977 idF BGBl. Nr. 631/1994 (im folgenden: BSchG) haben folgenden Wortlaut:
"§3 a. (1) Der Bund hat für die unter den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Dienststellen eine arbeitsmedizinische Betreuung einzurichten.
(2) ...
(3) Die arbeitsmedizinische Betreuung hat durch vom Bundesminister für Arbeit und Soziales gemäß den §§80 oder 116 Abs3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, BGBl. Nr. 450/1994, bewilligte arbeitsmedizinische Zentren zu erfolgen.
(4) Durch Verordnung der Bundesregierung sind die zu betreuenden Dienststellen (Dienststellenteile) unter Bedachtnahme auf ihre geographische Lage und bestmögliche Erreichbarkeit zu arbeitsmedizinischen Betreuungsgebieten zusammenzufassen."
"§3 b. (1) Das arbeitsmedizinische Zentrum hat die Aufgabe, den Dienststellenleiter und seine Bevollmächtigten, den für die Aufgaben des staatlichen Hochbaues dieser Dienststelle zuständigen Gebäudeverwalter, die Bediensteten dieser Dienststelle und die Vertreter der zuständigen Personalvertretung auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes, der auf die Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheitsförderung und der menschengerechten Arbeitsgestaltung zu beraten und die Vertreter des Dienstgebers bei der Erfüllung ihrer Pflichten auf diesen Gebieten zu unterstützen.
(2) Der Dienststellenleiter und seine Bevollmächtigten sowie der für die Aufgaben des staatlichen Hochbaues dieser Dienststelle zuständige Gebäudeverwalter haben dem arbeitsmedizinischem Zentrum alle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen, insbesondere betreffend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente, Aufzeichnungen und Berichte über Dienst- und Arbeitsunfälle, die Ergebnisse von Messungen betreffend gefährliche Arbeitsstoffe und Lärm sowie von sonstigen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz maßgebenden Messungen und Untersuchungen. Das arbeitsmedizinische Zentrum ist gesondert zu informieren, wenn Bedienstete aufgenommen oder der betreffenden Dienststelle länger als drei Monate dienstzugeteilt werden.
(3) Die Vertreter des Dienstgebers haben das arbeitsmedizinische Zentrum hinzuzuziehen:
1. in allen Fragen der Erhaltung und Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz,
2.
bei der Planung von Arbeitsstätten,
3.
bei der Beschaffung oder Änderung von Arbeitsmitteln
4.
bei der Einführung oder Änderung von Arbeitsverfahren und der Einführung von Arbeitsstoffen,
5. bei der Erprobung und Auswahl von persönlichen Schutzausrüstungen,
6. in arbeitsphysiologischen, arbeitspsychologischen und sonstigen ergonomischen sowie arbeitshygienischen Fragen, insbesondere des Arbeitsrhythmus,
der Dienstzeit- und Pausenregelung, der Gestaltung der Arbeitsplätze und des Arbeitsablaufes,
7.
bei der Organisation der Ersten Hilfe,
8.
in Fragen des Arbeitsplatzwechsels sowie der Eingliederung und Wiedereingliederung Behinderter in den Arbeitsprozeß,
9. bei der Ermittlung und Beurteilung möglicher Gefahren für die Bediensteten,
10. bei der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung und
11. bei der Organisation der Unterweisung und bei der Erstellung von Betriebsanweisungen."
4. Der Antrag ist unzulässig.
4.1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist, daß die Norm nicht bloß faktische Wirkung zeitigt, sondern in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und sie im Fall der Rechtswidrigkeit verletzt. Anfechtungsberechtigter ist also - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat - von vornherein nur ein Rechtsträger, an den oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat). Bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).
4.2. Mit seinem Vorbringen vermag der Antragsteller nicht darzutun, daß die §§3 a und 3 b BSchG in seine Rechtssphäre eingreifen. Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zutreffend ausführt, ist der Antragsteller nicht Normadressat der genannten Gesetzesbestimmungen. §3 a BSchG ordnet an, daß die arbeitsmedizinische Betreuung durch vom Bundesminister für Arbeit und Soziales bewilligte arbeitsmedizinische Zentren zu erfolgen hat. §3 b leg.cit. regelt Aufgaben, Information und Beiziehung des arbeitsmedizinischen Zentrums. Diese Bestimmungen richten sich nicht an Arbeitsmediziner im Sinne des §14 Ärztegesetz. Adressaten dieser Regelung sind ausschließlich der Bund bzw. die für ihn handelnden Personen.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß §3 a Abs3 BSchG unter Umständen die wirtschaftliche Position von Arbeitsmedizinern beeinflußen kann; dabei geht es jedoch nur um wirtschaftliche Reflexwirkungen der angefochtenen Regelung. Diese ändern aber nichts daran, daß die in Rede stehende Bestimmung die Rechtsstellung des Antragstellers nicht gestaltet, weshalb die bekämpften Bestimmungen nicht in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen können (vgl. zB VfSlg. 14274/1995, 14463/1996 und die unter 4.2. zitierte Rechtsprechung).
Der Antrag erweist sich sohin mangels Legitimation des Einschreiters als unzulässig. Er war daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen, ohne daß zu prüfen war, ob er den strengen Formerfordernissen des §62 Abs1 VerfGG entspricht.
4.3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, ArbeitnehmerschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1998:G415.1997Dokumentnummer
JFT_10019385_97G00415_00