Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des S Ü, (geboren am 3. Juni 1983), in Wien, vertreten durch seine Eltern H und S Ü in Wien, diese vertreten durch Dr. Reinhard Rosskopf, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 8/II/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Oktober 2000, Zl. SD 802/00, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Die Bundespolizeidirektion Wien hat mit Bescheid vom 12. September 2000 gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
1.2. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Oktober 2000 wurde die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 63 Abs. 5 iVm § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.
Die belangte Behörde führte begründend aus, dass die Berufungsfrist - und darauf sei der Beschwerdeführer auch in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides ausdrücklich hingewiesen worden - zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides betrage. Da der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer am 21. September 2000 in der Justizanstalt Gerasdorf zugestellt worden sei und er die Übernahme eigenhändig bestätigt habe, habe die vierzehntägige Rechtsmittelfrist am 5. Oktober 2000 geendet. Die zwar mit 5. Oktober 2000 datierte Berufung sei jedoch erst am 6. Oktober 2000 zur Post gegeben worden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er minderjährig sei und daher die Behörde erster Instanz ihren Bescheid nicht an ihn, sondern an seinen - ihr bekannten - gesetzlichen Vertreter hätte zustellen müssen. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides sei daher noch nicht rechtswirksam erfolgt. Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde den Bescheid der Behörde erster Instanz beheben müssen.
2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.
Gemäß § 9 AVG ist die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Damit wird die prozessuale Rechts- und Handlungsfähigkeit an die materiellrechtliche Rechts- und Handlungsfähigkeit geknüpft. Es gilt der Grundsatz, dass die Rechtsfähigkeit die Parteifähigkeit und die Handlungsfähigkeit die Prozessfähigkeit begründet. Ob eine Person rechts- und/oder handlungsfähig und damit gemäß § 9 AVG auch partei- und/oder prozessfähig ist, bestimmt sich primär nach den Verwaltungsvorschriften. (Vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, 1999, Rz 131).
Gemäß § 95 Abs. 1 erster Satz FrG sind minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr vollendet habe, in Verfahren nach dem 3., 4. und 6. Hauptstück handlungsfähig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ist im 3. Hauptstück des FrG geregelt.
Da der am 3. Juni 1983 geborene Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz am 21. September 2000 bereits 17 Jahre alt war, war er in diesem Zeitpunkt prozessfähig. Die Zustellung dieses Bescheides an ihn ist damit rechtswirksam erfolgt.
Die gemäß § 63 Abs. 5 AVG zweiwöchige Berufungsfrist endete daher am 5. Oktober 2000. Der Beschwerdeführer bringt nicht vor, eine die Berufungsfrist wahrende Handlung bereits vor dem 6. Oktober 2000, dem von der belangten Behörde festgestellten Tag der Postaufgabe der Berufung, gesetzt zu haben. Die Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde als verspätet kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3. Da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Prozessgegenstand allein die Frage ist, ob die belangte Behörde die Berufung zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat, geht das gegen die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbots gerichtete Beschwerdevorbringen ins Leere.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahrens als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 20. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001180006.X00Im RIS seit
08.06.2001Zuletzt aktualisiert am
19.05.2016