TE OGH 2011/3/1 10ObS12/11d

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Veröffentlicht am 01.03.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Irene Kienzl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei F*****, vertreten durch Mag. Gerald Planner, Rechtsanwalt in Voitsberg, gegen die beklagte Partei Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3, vertreten durch Nusterer & Mayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, wegen Rückforderung von Krankengeld (Streitwert 18.058,64 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Dezember 2010, GZ 8 Rs 209/10g-18, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Hinweis des Berufungsgerichts, der in erster Instanz nicht qualifiziert vertreten gewesene Kläger habe den Einwand des gutgläubigen Verbrauchs des von ihm bezogenen Krankengelds im Verfahren erster Instanz nicht erhoben, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach auch im Rechtsmittelverfahren in Sozialrechtssachen nach dem ASGG ausnahmslos das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO gilt (vgl 10 ObS 52/09h ua; RIS-Justiz RS0042049). Gegen diese Beurteilung finden sich auch in der außerordentlichen Revision des Klägers keine inhaltlichen Ausführungen. Aber auch die weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, dieser vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einwand sei auch inhaltlich nicht berechtigt, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Nach den maßgebenden Feststellungen der Vorinstanzen verschwieg der Kläger im Zusammenhang mit der von ihm beim Arbeitsmarktservice beantragten Zuerkennung von Arbeitslosengeld auf die Frage, ob er sich in Ausbildung befinde, die Tatsache, dass er vom 22. 10. 1997 bis 30. 4. 2004 sowie vom 1. 10. 2004 bis 30. 4. 2007 an der Technischen Universität Wien für das Studium der Technischen Physik als ordentlicher Hörer zugelassen war. Da der Kläger damit nach der damals geltenden Rechtslage (§ 12 Abs 3 lit f und Abs 4 AlVG idF BGBl I 2004/77) nicht als arbeitslos galt, wurde mit rechtskräftigen Bescheiden des Arbeitsmarktservice Wiener Neustadt jeweils vom 30. 1. 2009 die Zuerkennung des Arbeitslosengeld- und des Notstandshilfsbezugs an den Kläger für bestimmte Zeiträume widerrufen und der Kläger zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengelds und der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet. Durch diesen Widerruf der Zuerkennung des Arbeitslosengeld- und Notstandshilfsbezugs ist die gesetzliche Grundlage für die Pflichtversicherung des Klägers bei der beklagten Partei und damit auch sein Anspruch auf Krankengeld für die näher bezeichneten Zeiträume weggefallen. In der Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Kläger habe durch sein Verhalten einen Rückforderungstatbestand des § 107 Abs 1 ASVG (bewusste Verschweigung maßgebender Tatsachen bzw Verletzung der Meldevorschriften) verwirklicht, kann keine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden. Auch die weitere Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Grundsätze des Judikats 33 neu über den gutgläubigen Verbrauch könnten im Zusammenhang mit der in mehreren Sozialversicherungsgesetzen ausdrücklich geregelten Rückforderung zu Unrecht erbrachter Geldleistungen (§ 107 ASVG, § 76 GSVG, § 72 BSVG, § 49 B-KUVG ua) keine Anwendung finden, weshalb sich ein Leistungsempfänger, der einen dieser genannten Rückforderungstatbestände verwirklicht habe, nicht mehr mit Erfolg auf Gutgläubigkeit berufen könne, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS-Justiz RS0114485 ua). Die Revisionsausführungen des Klägers bieten keinen Anlass für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung.

Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Schlagworte

Sozialrecht

Textnummer

E96834

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:010OBS00012.11D.0301.000

Im RIS seit

15.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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