Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen J*****, geboren am 8. Mai 1999, und der minderjährigen E*****, geboren am 28. November 2000, beide vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Wien (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie Rechtsvertretung, Bezirk 10, Van-der-Nüll-Gasse 20), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. September 2010, GZ 48 R 259/10h, 48 R 260/10f-42, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Favoriten vom 25. März 2010, GZ 8 PU 327/09z-26 und -27, abgeändert wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Beschlüsse des Erstgerichts wiederhergestellt werden.
Text
Begründung:
Der am 8. 5. 1999 geborene J***** und die am 28. 11. 2000 geborene E***** sind wie ihre Eltern rumänische Staatsbürger. Die Kinder leben mit ihrer Mutter in Wien. Der Vater ist derzeit unbekannten Aufenthalts.
Mit Beschluss vom 11. 1. 2010 verpflichtete das Erstgericht den Vater, ab 5. 5. 2009 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit der Kinder, einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 210 EUR für den minderjährigen J***** und von 180 EUR für die minderjährige E***** zu zahlen. Dieser Beschluss wurde dem für den Vater bestellten Kurator am 26. 1. 2010 zugestellt und erwuchs mangels Anfechtung am 10. 2. 2010 in Rechtskraft.
Am 26. 2. 2010 beantragten die beiden Minderjährigen, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, (neuerlich) die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen in Titelhöhe gemäß den §§ 3, 4 Z 1 UVG.
Das Erstgericht gewährte mit Beschlüssen jeweils vom 25. 3. 2010 Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum von jeweils 1. 3. 2010 bis 31. 1. 2015 in Höhe von monatlich 210 EUR für den minderjährigen J***** und von 180 EUR für die minderjährige E*****. Ein auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen auch für den Monat Februar 2010 gerichtetes Mehrbegehren der beiden Minderjährigen wies es ab. Die allein noch strittige Abweisung dieses Vorschussbegehrens für den Monat Februar 2010 begründete das Erstgericht damit, dass es sich beim Unterhalt für diesen Monat um keinen nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels am 10. 2. 2010 laufenden Unterhalt iSd § 3 Z 2 UVG handle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden Minderjährigen Folge und änderte die Beschlüsse des Erstgerichts jeweils dahin ab, dass den Minderjährigen auch für den Monat Februar 2010 monatliche Unterhaltsvorschüsse in Höhe von 210 EUR (für den minderjährigen J*****) und von 180 EUR (für die minderjährige E*****) gewährt wurden. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Vater den laufenden Unterhaltsbeitrag für den Monat Februar 2010 spätestens am 1. 2. 2010 hätte leisten müssen, weshalb es sich auch beim Unterhalt für diesen Monat um einen laufenden Unterhalt iSd § 3 Z 2 UVG handle.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Bestimmung des § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009 vorliege.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Wiederherstellung der Beschlüsse des Erstgerichts abzuändern.
Revisionsrekursbeantwortungen wurden von den übrigen Verfahrensparteien nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der mittlerweile vorliegenden Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage der Auslegung der Bestimmung des § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009 abgewichen ist, und auch berechtigt.
Zutreffend macht der Revisionsrekurswerber geltend, dass nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die in § 3 Z 2 UVG idF FamRÄG 2009 BGBl I 2009/75, enthaltene Wortfolge „wenn … der Unterhaltsschuldner nach Eintritt der Vollstreckbarkeit den laufenden Unterhaltsbeitrag nicht zur Gänze leistet“ dahin zu verstehen ist, dass der dem Eintritt der Vollstreckbarkeit folgende Fälligkeitstermin erfolglos verstreichen muss, damit ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss nach den §§ 3 Z 2, 4 Z 1 UVG entsteht (vgl 10 Ob 38/10a uva; RIS-Justiz RS0126137, RS0126138). Wird vom geldunterhaltspflichtigen Elternteil an diesem dem Eintritt der Vollstreckbarkeit folgenden Monatsersten der fällige Unterhaltsbeitrag nicht geleistet, steht der Unterhaltsvorschuss monatsbezogen ab diesem Monatsersten zu. Da die Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels im vorliegenden Fall unbestritten erst am 10. 2. 2010 eingetreten ist, konnte ein Verzug mit der Zahlung des nach Eintritt der Vollstreckbarkeit fälligen laufenden Unterhalts frühestens im März 2010 eintreten, weshalb auch ein Vorschussanspruch der Minderjährigen erst ab 1. 3. 2010 besteht.
Es waren daher in Stattgebung des Revisionsrekurses des Bundes die Beschlüsse des Erstgerichts wiederherzustellen.
Schlagworte
UnterhaltsrechtTextnummer
E96920European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00011.11G.0301.000Im RIS seit
28.04.2011Zuletzt aktualisiert am
14.05.2013