Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann G***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 1. Oktober 2010, GZ 12 Hv 97/10a-86, und die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann G***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2, 130 vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannten fremde bewegliche Sachen durch Einbruch, und zwar
(1) in der Nacht zum 4. November 2009 in A***** Gewahrsamsträgern des A***** durch Aufzwängen eines Lagerfensters und einer Metalltür und anschließendes Einsteigen durch ein Schiebefenster 15 Euro Bargeld weggenommen und durch Aufstemmen eines eingemauerten Tresors weiteres Bargeld und andere Wertgegenstände wegzunehmen versucht;
(2) in der Nacht zum 13. Mai 2010
a) in M***** Gewahrsamsträgern des Transportunternehmens S***** GmbH durch Aufzwängen der Eingangstür und Aufbrechen von drei versperrten Bürotüren ein Apple iPhone im Wert von 149 Euro sowie 250 Euro Bargeld und
b) in S***** Helmut T***** durch Aufbrechen der Eingangstür mit einem Geißfuß sowie Aufbrechen von Spiel- und Kaffeeautomaten ca 300 Euro Bargeld weggenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 5a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Dem Einwand unvollständiger, unzureichender und aktenwidriger Begründung (Z 5 zweiter, vierter und fünfter Fall) der Feststellungen zum Schuldspruch 1 zuwider wurde die insoweit leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers mit logisch und empirisch einwandfreier, sämtliche für und wider ihn sprechende erhebliche Verfahrensergebnisse (wie insbesonders die Sicherstellung einer ihm zuzuordnenden DNA-Spur auf einem am Tatort aufgefundenen, beim Einbruch verwendeten Hammer, die für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugen Johann O***** und Markus B*****, sowie demgegenüber jene der ehemaligen Mithäftlinge Herbert A*****, Markus E*****, Hannes Au***** und Helmut S*****) ausführlich erörternder, aktenkonformer Begründung als widerlegt erachtet (US 5-7). Einzelne Details seiner Einlassung (wie die Behauptung bei Einbruchsdiebstählen generell Handschuhe getragen zu haben), die die Beschwerde (auch im Rahmen der Tatsachenrüge) hervorhebt, waren daher nicht erörterungsbedürftig im Sinn der Z 5 zweiter Fall.
Indem der Nichtigkeitswerber unter Vernachlässigung der gebotenen vernetzten Betrachtung der Gesamtheit der Gründe einzelne beweiswürdigende Erwägungen des Schöffengerichts jeweils isoliert und kontextentkleidet herausgreift, diesen selektiv Fragmente der Aussage des Zeugen Johann O***** und seiner eigenen - urteilsfremd interpretierten - Einlassung gegenüber-stellt, eigene Beweiswert- und Plausibilitätserwägungen anstellt und auf dieser Basis seiner leugnenden Verantwortung zum Durchbruch verhelfen will, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung, ohne aber ein Begründungsdefizit im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.
Dass lediglich auf einem - nach den Urteilsfeststellungen beim Einbruch verwendeten (US 3) - Hammer dem Angeklagten zuzuordnende DNA-Anhaftungen sichergestellt werden konnten, während sich auf weiteren neben dem in Rede stehenden Tresor aufgefundenen Werkzeugen keine derartigen Spuren fanden, steht - mögen diese Geräte auch ebenfalls bei der Tat benützt worden sein - den Feststellungen zu seiner Täterschaft nicht entgegen und bedurfte daher keiner Erörterung im Urteil.
Mit den Angaben der oben genannten Mithäftlinge des Beschwerdeführers, die von einem Geständnis des Zeugen Markus B***** berichteten, die dem Schuldspruch 1 zugrunde liegende Tat allein begangen zu haben, hat sich das Erstgericht - wie dargelegt - ausführlich auseinandergesetzt, sodass Gleiches für die - ebenfalls als unberücksichtigt geblieben monierte (Z 5 zweiter Fall) - Bemerkung des Letztgenannten, er könne sich nicht vorstellen, warum ihn diese Zeugen belasten, obwohl sie ihm „sogar während der Haft recht geholfen haben“, gilt.
Aus welchem Grund es zur Beurteilung der - von den Tatrichtern für gegeben erachteten (US 7) - Glaubwürdigkeit dieses Zeugen erforderlich gewesen wäre, im Urteil die einzelnen Schritte der - nur pauschal angeführten (US 7) - polizeilichen Erhebungen, die insgesamt keine Indizien für eine Täterschaft des Genannten ergeben hatten, aufzuzählen und zu erörtern, erklärt die Beschwerde nicht (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 424).
Soweit letztlich unter dem Aspekt der Aufklärungsrüge (Z 5a) die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Verantwortung des Angeklagten, wonach seine DNA-Spur im Zuge einer etwa acht Monate vor der Tat in der Werkstatt der Geschädigten durchgeführten Reparatur eines Fahrzeugs auf das spätere Tatwerkzeug gelangte, kritisiert wird, lässt die Rüge eine Darlegung vermissen, was den Beschwerdeführer an sachgerechter Antragstellung gehindert hat (RIS-Justiz RS0114036).
Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) die Ausführungen der Mängelrüge im wesentlichen wiederholt, aus einzelnen - in der angefochtenen Entscheidung ausführlich erörterten - Verfahrensergebnissen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse zieht als jene des Erstgerichts und die Glaubwürdigkeit des Zeugen Markus B***** auf dieser Basis bestreitet (vgl dazu RIS-Justiz RS0099649), verlässt sie den Anfechtungsrahmen des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (für viele: RIS-Justiz RS0118780) und überschreitet solcherart erneut die Grenze zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099674). Mit der (auch im Rahmen der Mängelrüge erfolgten) Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 zweiter Halbsatz StPO) wird schließlich weder ein Begründungsmangel im Sinn der Z 5 noch ein aus Z 5a beachtlicher Fehler behauptet (RIS-Justiz RS0102162).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) reklamiert zum Schuldspruch 1 den Strafaufhebungsgrund freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB), unterlässt dabei aber die gebotene Orientierung am Urteilssachverhalt, indem sie die Feststellungen, wonach die Täter nach Einbruch in das Bürogebäude der Geschädigten einen Bargeldbetrag an sich nahmen und der Versuch, einen eingebauten Tresor mit Hilfe dort aufgefundenen Werkzeugs aufzustemmen, misslang (US 3) übergeht, und leitet nicht aus dem Gesetz ab, weshalb ihm der in Rede stehende Strafaufhebungsgrund trotz solcherart bereits vollendeter Tatbegehung und fehlgeschlagenen Versuchs, weiteres Bargeld und Wertgegenstände zu erbeuten, zugute zu halten sein soll (vgl zum Ganzen für viele: Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 157 ff mwN).
Der Einwand mangelnder Feststellungen zur subjektiven Tatseite hinsichtlich der Gewerbsmäßigkeit ignoriert prozessordnungswidrig die tatrichterlichen Erwägungen und die Bezugnahme auf die Mehrzahl der innerhalb von etwa sechs Monaten begangenen Tathandlungen, die schlechten finanziellen Verhältnisse und den Besitz entsprechenden Einbruchswerkzeugs (US 3 iVm US 1 und 8). Da solcherart ein Sachverhaltsbezug hergestellt wird, beeinträchtigt die Konstatierung der subjektiven Tatseite durch Verwendung der verba legalia - der Behauptung der Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider - deren Wirksamkeit nicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 8; RIS-Justiz RS0098664).
Indem die Beschwerde gewerbsmäßiges Handeln unter Hinweis auf die den Tatentschluss auslösende - im Übrigen keine erhebliche Tatsache betreffende und damit auch nicht erörterungsbedürftige - „abrupt aufgetretene Verschlechterung“ der Einkommensverhältnisse und den Anstieg der finanziellen Verpflichtungen des Beschwerdeführers, mit welchen Umständen sich die Tatrichter zudem ohnedies befassten (US 3, 8), bestreitet, greift sie ein weiteres Mal unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung an und bringt damit weder den in Anspruch genommenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund noch einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 prozessordnungsgemäß zur Darstellung.
Aus welchem Grund die geplante Verwendung der durch die Straftaten lukrierten Einnahmen für Nachzahlung von Alimentationsverpflichtungen des Beschwerdeführers - einer Subsumtion unter § 130 vierter Fall StGB entgegenstehende - fehlende Eigennützigkeit des Tatverhaltens bewirken sollte, leitet die Rüge, die insoweit unter Hinweis auf dessen Verantwortung einen Feststellungsmangel behauptet, mit der bloßen Berufung auf zwei - jeweils einen gänzlich anderen Sachverhalt betreffende - Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (SSt 62/18, 11 Os 27/02) nicht aus dem Gesetz ab (vgl dazu im Übrigen Jerabek in WK² § 70 Rz 15).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96812European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00001.11W.0301.000Im RIS seit
15.04.2011Zuletzt aktualisiert am
15.04.2011