TE OGH 2011/3/1 14Os80/10m

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Veröffentlicht am 01.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst S***** und Rudolf E***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 3. März 2010, GZ 40 Hv 57/07x-225, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ernst S***** (zu I./) und Rudolf E***** (zu II./A./) des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB, Letzterer auch nach § 12 dritter Fall StGB, sowie Rudolf E***** darüber hinaus des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (zu II./B./) schuldig erkannt.

Danach haben

I./ Ernst S***** in W***** in 39 im Urteilsspruch durch Nennung der bezughabenden Rechnungen näher bezeichneten Angriffen die ihm durch Gesetz bzw Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, als Prokurist bzw Geschäftsführer über das Vermögen der „M*****“ *****gmbH zu verfügen oder diese zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dieser Gesellschaft einen Vermögensnachteil von zumindest 5.700.000 Euro zugefügt, indem er Werbeartikel zu weit überhöhten Preisen beschaffte, und zwar

1./ von der I***** GmbH von Herbst 1999 bis Ende 2002;

2./ von der H*****gmbH von Frühjahr 2001 bis Ende 2005;

3./ von der MP***** GmbH von Frühjahr 2003 bis Frühjahr 2004;

4./ von der A***** GmbH am 13. September 2004 und am 17. Dezember 2004;

II./ Rudolf E*****

A./ in W*****, L***** und an anderen Orten Österreichs von Frühjahr 2001 bis Ende 2005 zu der unter I./2./ beschriebenen strafbaren Handlung des Ernst S***** beigetragen, indem er als Prokurist bzw Angestellter und faktischer Machthaber der H*****gmbH Werbeartikel im Wissen um den Befugnismissbrauch des Ernst S***** jeweils zu weit überhöhten Preisen an die „M*****“ *****gmbH verkaufte, wobei der zu verantwortende Differenzschaden 4.384.626 Euro beträgt (US 12);

B./ von 15. April 1999 bis April 2006 in W***** dadurch, dass er bei der Abgabe eines Vermögensverzeichnisses nach § 85 KO vor dem Bezirksgericht Hietzing lediglich seine Provisionsansprüche gegenüber der H*****gmbH in Höhe von 145,35 Euro (= 2.000 ATS) monatlich deklarierte und seinen Gläubigern weitere Provisionszahlungen aus einer Geschäftsbeziehung mit der C***** GmbH in Höhe von 508.710,28 Euro vorenthielt, einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger im zu AZ 12 S 11/99i des Bezirksgerichts Hietzing anhängigen Schuldenregulierungsverfahren gemäß §§ 181 ff KO geschmälert, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro bei weitem übersteigenden Schaden herbeiführte.

Gegen diesen Schuldspruch wenden sich die getrennt ausgeführten, jeweils auf § 281 Abs 1 Z 1, 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten, in Ansehung der Schuldspruchpunkte I./ bzw II./A./ nahezu identen Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ernst S*****:

Der Begriff der „ganzen Verhandlung“ in § 281 Abs 1 Z 1 StPO entspricht jenem der „ganzen Hauptverhandlung“ in Z 1a, womit - wenn der Oberste Gerichtshof auch Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung in den Anwendungsbereich einbezieht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 122, 149) - nur die der Urteilsfällung unmittelbar vorangehende gemeint ist (RIS-Justiz RS0117403; vgl auch 14 Os 9/10v [14 Os 10/09s]). Indem die Besetzungsrüge Nichtigkeit aus Z 1 darin erblickt, dass die an der angefochtenen Entscheidung beteiligte Schöffin Bettina O***** der am 30. Jänner 2008 durchgeführten Hauptverhandlung nicht beiwohnte, gleichzeitig aber einräumt, dass diese am 20. Jänner 2009 gemäß § 276a StPO neu durchgeführt wurde, und Anwesenheit der Genannten von diesem Zeitpunkt bis zum Schluss der Hauptverhandlung nicht bestreitet, macht sie den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund nicht geltend. Willkürlichen Austausch der Laienrichter behauptet sie nicht (RIS-Justiz RS0119769).

              Mit dem Einwand, die in Rede stehende Schöffin habe keine Kenntnis vom Inhalt der vierstündigen Hauptverhandlung vom 30. Jänner 2008 gehabt, weil das darüber aufgenommene Protokoll - entgegen der entsprechenden Protokollierung am 2. September 2009 - weder verlesen noch gemäß § 252 Abs 2a StPO vom Vorsitzenden zusammengefasst vorgetragen wurde, wird Nichtigkeit aus Z 1 nicht angesprochen (zu - hier nicht geltend gemachter - Relevanz des Nichtvorkommens von Beweismitteln, auf die sich das Urteil stützt, aus Z 5 vierter Fall vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 459 ff).

Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich gegen die Abweisung (ON 224 S 197) des vom Verteidiger des Ernst S***** in der Hauptverhandlung vom 3. März 2010 (ON 224 S 191) gestellten Antrags auf Beischaffung und Übermittlung von Unterlagen an den Sachverständigen Dr. K*****, und zwar „der Buchhaltung von M*****/P***** und/oder der B***** AG bzw des R***** Konzerns betreffend den Tatzeitraum der Anklageschrift zum Beweis dafür, dass Sonderwerbekostenzuschüsse, die von der Industrie wie zB heute in der Hauptverhandlung gehört des Unternehmens Ma***** vom Angeklagten S***** auf verschiedene Konten von M*****/P***** gebucht wurden und nicht wie von Zeugen und Angestellten der B***** AG angegeben immer auf dasselbe Werbekostenkonto und auch dafür, dass eine Überweisung auf andere Konten sohin möglich ist und auch passierte“. Zur Relevanz dieses Beweises führte der Verteidiger aus, dass „sich dadurch herausstellt, wohin die gewährten Sonderwerbekostenzuschüsse geflossen sind, nämlich auf Konten des Dienstgebers des Angeklagten S***** und damit kein Schaden entstanden ist, da um dieses Geld die gegenständlichen Werbeartikel gekauft wurden“. Weiters beantragte der Erstangeklagte „die zeugenschaftliche Einvernahme der jeweiligen informierten Vertreter der Firmen, die Sonderwerbekostenzuschüsse an M*****/P***** überwiesen haben, zum Beweis dafür, dass diesen bekannt war, wofür die Sonderwerbekostenzuschüsse verwendet wurden, nämlich für die Anschaffung der gegenständlichen Werbeartikel“ (ON 224 S 191 bis 193).

Entgegen dem Beschwerdestandpunkt folgte das Erstgericht diesen Anträgen zu Recht nicht, weil sie sich nicht auf für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage erhebliche Umstände bezogen.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass ihm nicht zur Last liegt, Sonderwerbekostenzuschüsse nicht auf Konten seines Dienstgebers gebucht oder die gegenständlichen Werbeartikel nicht damit bezahlt zu haben, sondern ihm vielmehr vorgeworfen wird, die Werbemittel zu weit überhöhten Preisen angekauft und dadurch gegen seine Verpflichtung verstoßen zu haben, seinem Machtgeber wirtschaftlichen Nutzen zu bringen, wobei sich der inkriminierte Schaden aus der Differenz zwischen den an die H*****gmbH bezahlten Preisen und den am Markt normalerweise verhandelbaren Preisen für gleichwertige Werbeprodukte errechnet.

Völlig ohne jede Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die Vertreter der Sonderwerbekostenzuschüsse zahlenden Unternehmen den Verwendungszweck ihrer Gelder kannten.

Eine Zweckbindung dahingehend, dass diese Werbekostenzuschüsse nur für die inkriminierten Ankäufe von Werbemitteln zu überhöhten Preisen verwendet werden sollten, wurde im Antrag gar nicht behauptet.

Die den Beweisantrag ergänzenden Beschwerdeausführungen sind schon deshalb unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS-Justiz RS0099618, RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Soweit die Rüge (in diesem Zusammenhang sowie nominell auch gestützt auf Z 5a) die Durchführung der in den in Rede stehenden Anträgen begehrten Beweisaufnahmen aus dem Blickwinkel der Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsfindung einfordert, verkennt sie die insoweit bestehende Subsidiärität der Aufklärungs- gegenüber der Verfahrensrüge, die daraus resultiert, dass andernfalls die wesentlichen Inhaltserfordernisse letzterer unterlaufen würden (13 Os 84/07p mwN).

Entgegen dem Standpunkt der Mängelrüge wurden die Feststellungen zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauchs und zum Schädigungsvorsatz nicht unzureichend (Z 5 vierter Fall) begründet. Die Tatrichter leiteten die kritisierten Konstatierungen nämlich aus einer vernetzten Betrachtung einer Reihe von - in der Beschwerde zudem prozessordnungswidrig unvollständig zitierten (vgl RIS-Justiz RS0119370) - Verfahrensergebnissen (etwa aus der langjährigen Berufserfahrung des bekannt harten Verhandlers Ernst S*****, der den Ankauf der Werbegeschenke - im Gegensatz zu allen anderen Tätigkeiten - ohne Einbeziehung zur Verfügung stehender Mitarbeiter oder des zentralen Einkaufs der R***** AG [US 11] völlig alleine umsetzte [US 7], aus der unterlassenen Einholung von Vergleichsangeboten, aus dem Umstand, dass es dem Unternehmen nach den für glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen G***** möglich war, innerhalb von zehn Tagen Vergleichsanbote mit einer um 70 % niedrigeren Anbotsumme zu erhalten [US 16, 18], aus der Auftragserteilung trotz vielfach überteuerter Angebote, dem zeitlichen Zusammentreffen von Zahlungen der Privatbeteiligten an die H*****gmbH mit Bareinzahlungen in die Vermögenssphäre des Erstangeklagten [US 11 iVm US 21 f] und aus der Nichtaufnahme von Zahlungen in Höhe von 253.444,20 Euro in die Buchhaltung der letztgenannten Gesellschaft [US 22]) ab und erachteten auf dieser Basis die insoweit leugnende Verantwortung des Angeklagten für widerlegt (US 14 ff), was aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.

              Einzelne dieser erheblichen Umstände, die erst in ihrer Zusammenschau die Grundlage für die bekämpfte Feststellung bilden, können isoliert unter dem Aspekt der Z 5 nicht bekämpft werden, soweit die Tatrichter darin nicht - was hier nicht der Fall ist - erkennbar eine notwendige Bedingung für Feststellungen hinsichtlich einer entscheidenden Tatsache erblickt haben (RIS-Justiz RS0116737).

              Indem die Beschwerde die Eignung einzelner vom erkennenden Gericht herangezogener Argumente mit eigenen Beweiserwägungen zu einzelnen Verfahrensergebnissen als zur Begründung der subjektiven Tatseite ungeeignet bezeichnet und den Urteilsannahmen eigene Auffassungen und Erwägungen gegenüberstellt (etwa: der Beschwerdeführer sei betriebsintern keinen Beschränkungen unterworfen gewesen, seine Erfahrung im Einkauf und Kenntnis von der hiebei üblichen Vorgehensweise begründe den „zur Last gelegten Befugnismissbrauch … nicht“, die Nichteinbindung dem Beschwerdeführer unterstellter Einkäufer oder Assistenten stelle keinen Befugnismissbrauch dar, oder: aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K***** zur fehlenden Aufnahme eines Betrags von 253.444,20 Euro in die Buchhaltung der H*****gmbH könnten keine Rückschlüsse auf den Tatplan der Angeklagten gezogen werden, jene des Erstgerichts würden „das Bestreben des Gerichts“ widerspiegeln, „selbst mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten den Schuldspruch zu begründen“), wird solcherart bloß unzulässig die erstgerichtliche Beweiswürdigung in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Soweit sich der Beschwerdeführer unter dem Aspekt offenbar unzureichender Begründung auch gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten Rudolf E***** wendet, fehlt ihm die erforderliche Legitimation (§ 282 Abs 1 StPO; Ratz, WK-StPO § 282 Rz 27; RIS-Justiz RS0099257 [T3]).

Die in der Nichtigkeitsbeschwerde als „bloße Hypothese“ bezeichneten Geldrückflüsse von der H*****gmbH an den Erstangeklagten sind ebenso wenig entscheidungswesentlich wie die auch im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) problematisierte Frage, ob eine Finanzierung der inkriminierten Aufträge durch Werbekostenzuschüsse erfolgte und in welcher Höhe diese als erwiesen angenommen wurden. Soweit die Tatrichter die Bezahlung von Werbekostenzuschüssen angenommen haben (US 19), gingen sie davon aus, dass diese von den Lieferanten als Entgelt für bessere Platzierungen bzw für Zweitplatzierungen ihrer Waren in den Geschäften der P*****- und M*****gruppe erfolgten und für die Werbekostenzuschusszahler die weitere Verwendung ihrer Gelder ohne Bedeutung war, während den Angeklagten der Vorwurf trifft, eingegangene Werbekostenzuschüsse nicht unter Wahrung der wirtschaftlichen Interessen seines Dienstgebers, sondern wissentlich missbräuchlich für massiv überteuerte Werbeartikel verwendet zu haben, wobei der Differenzschaden zum Ankauf gleichwertiger Werbeartikel zu marktüblichen Preisen den angelasteten Schaden von 5,7 Mio Euro verursachte.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht mit der Behauptung, der Erstangeklagte hätte sich nicht über „Begrenzungen im Innenverhältnis“ hinweggesetzt sowie allfällige Fehler beim ohne Einholung von Vergleichsanboten nur an Katalogpreisen orientierten Einkauf der Werbeartikel würden auf bloßer Fahrlässigkeit beruhen, die auf US 10 f und US 24 getroffenen Feststellungen zum wissentlichen Befugnismissbrauch. Die prozessordnungsgemäße Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Erstgericht bei der Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 ff).

Mit Hinweisen auf das Fehlen von Verpflichtungen zur Einholung von Vergleichsangeboten, von Genehmigungen und Ermächtigungen, zur Einschaltung von unterstellten Einkäufern oder Assistenten sowie auf die Erfahrung und die hervorragende Qualifikation des Erstangeklagten und letztlich auf die Möglichkeit, „in irgend einer Ecke dieser Welt“ immer günstigere Anbieter zu finden, versucht die Rüge bloß dessen leugnender Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen und bekämpft damit - auch unter diesem Nichtigkeitsgrund unzulässig - die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei der Vollständigkeit halber daran erinnert, dass ein Machthaber prinzipiell größtmöglichen spezifischen Nutzen für seinen Machtgeber zu erzielen hat, was einen Ankauf der Werbeartikel zum niedrigstmöglichen Preis bedingt hätte (RIS-Justiz RS0094918), sodass es zur Verwirklichung des Tatbestands keiner Feststellungen zu Verstößen gegen konkret auferlegte einzelne Verpflichtungen bedurfte.

Die Ausführungen zur Überzeugung des Beschwerdeführers von der Richtigkeit des allen Verantwortlichen bekannten, eine erhöhte Kundenbindung durch Gratisgeschenke anstrebenden (US 6) Werbekonzepts, das - aus einer noch im Jänner 2005 gewährten Gehaltserhöhung ersichtlich - von der Geschäftsleitung akzeptiert und keinesfalls unvertretbar war, betreffen keine rechtlich relevanten Umstände, gehen sie doch am verfahrensgegenständlichen Vorwurf der treuwidrigen Beschaffung der Werbeartikel zu weit überhöhten Preisen vorbei.

Soweit die Rechtsrüge das Vorliegen eines Schädigungsvorsatzes bestreitet und unter Berücksichtigung „unmittelbarer Vor- und Nachteile des Geschäfts“, insbesondere im Hinblick auf durch Werbegeschenke erzielte Umsatzzuwächse und damit verbundene Gewinnerhöhungen vom Fehlen eines Vermögensnachteils ausgeht, weicht der Beschwerdeführer einmal mehr von den getroffenen Feststellungen (US 11 f) ab und bringt damit den materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung. Im Übrigen übergeht der Rechtsmittelwerber, dass die positiven Auswirkungen der Werbemaßnahmen auf Umsätze und Gewinne auch durch gleichwertige, jedoch nicht zu weit überhöhten Preisen angekaufte Werbegeschenke erzielbar gewesen wären. Bei § 153 StGB findet eine die gesamte Geschäftsführung erfassende Vorteilsausgleichung nicht statt; eine solche liefe auf eine Kompensation des allfälligen Nutzens aus der ordentlichen Geschäftsführung mit dem durch unerlaubte Geschäfte entstandenen Schaden hinaus (SSt 62/10).

Mit dem Einwand, es wäre im Hinblick auf die unzureichende Beweislage für die Annahme von konkreten Geldrückflüssen an beide Angeklagte „angebracht und vor allem fair gewesen, wenn das Gericht zu diesem Problemkreis ausdrücklich eine negative Feststellung getroffen hätte ...“, und der darauf basierenden Argumentation, eine persönliche Bereicherung wäre das „einzig überzeugende Motiv für einen wissentlichen Befugnismissbrauch“, behauptet die Rüge gar nicht, dass derartige Konstatierungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich gewesen wären, und orientiert sich solcherart einmal mehr nicht am Verfahrensrecht (RIS-Justiz RS0104981).

Die letztlich aufgeworfene Frage, warum lediglich Rudolf E***** und nicht auch Ing. Markus St***** als Lieferant von Werbeartikeln der Beteiligung am Verbrechen der Untreue angeklagt wurde, betrifft keinen für den Beschwerdeführer rechtlich relevanten Umstand.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf E*****:

Zu dem mit den Ausführungen des Ernst S***** wortidenten Vorbringen der Besetzungsrüge (Z 1) ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Die Verfahrensrüge (Z 4) dieses Beschwerdeführers scheitert am Fehlen seiner diesbezüglichen Legitimation, weil er die erwähnten Anträge - auch nach dem Beschwerdevorbringen - weder selbst gestellt noch sich jenen des Mitangeklagten S***** angeschlossen hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 324; für alle: RIS-Justiz RS0119854).

Mit dem Vorwurf reiner Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen, wonach Rudolf E***** vom wissentlichen Befugnismissbrauch des Ernst S***** wusste (US 21), geht die - lediglich auf einzelne Passagen aus der ausführlichen Beweiswürdigung (US 20 ff) rekurrierende - Mängelrüge nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0119370).

Zum weiteren, im Wesentlichen mit den Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ernst S***** identen Vorbringen der Mängel- (Z 5), Tatsachen- (Z 5a) und Rechtsrüge (Z 9 lit a) wird, soweit es sich auf Rudolf E***** bezieht, auf die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten verwiesen.

Soweit damit lediglich Feststellungen zu für den Schuldspruch des Angeklagten Ernst S***** entscheidenden Tatsachen angegriffen werden, fehlt auch diesem Beschwerdeführer die erforderliche Legitimation (§ 282 Abs 1 StPO; Ratz, WK-StPO § 282 Rz 27; RIS-Justiz RS0099257 [T3]).

Die gegen den Schuldspruch II./B./ gerichtete Tatsachenrüge (Z 5a) geht schon deshalb fehl, weil sie mit dem Pauschalverweis auf die - nicht existente - „Beilage 160“ (gemeint möglicherweise die - umfangreiche - ON 160, die indes sowohl für als auch wider die Verantwortung des Rudolf E***** sprechende Beweisergebnisse enthält) dem Erfordernis der genauen Angabe der Fundstelle der nach Ansicht des Beschwerdeführers erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen auslösenden Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0124172) nicht entspricht.

              Im Übrigen haben sich die Tatrichter mit der vom Zeugen Yves-Rando D***** übergebenen Auflistung der an den Beschwerdeführer überwiesenen Provisionszahlungen, in der - anders als im zugrunde liegenden schriftlichen Handelsagentenvertrag vom 28. Mai 1996 (ON 160 S 191 f) - als „Vertragspartner“ der C***** GmbH nicht Rudolf E*****, sondern „H.*****“ und die „H***** GmbH“ angeführt ist (ON 160 S 195 ff), auseinandergesetzt und ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sie dennoch davon ausgingen, dass die ursprüngliche Vereinbarung entgegen der Verantwortung des Beschwerdeführers nicht geändert wurde, dieser damit im Tatzeitraum rechtmäßiger Empfänger der Zahlungen war und diese Einkünfte im Schuldenregulierungsverfahren mit auf Schmälerung der Befriedigung seiner Gläubiger gerichtetem Vorsatz bewusst verschwieg (US 22 ff; va US 23). Indem die Rüge aus diesen Verfahrensergebnissen andere für den Zweitangeklagten günstigere Schlüsse zieht als die des Erstgerichts, bekämpft sie bloß unzulässig dessen Beweiswürdigung in Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Soweit der Beschwerdeführer mit Aufklärungsrüge die unterbliebene Beischaffung eines nach seinen Angaben im Februar 1998 mit Gründung der H*****gmbH auf diese umgeschriebenen Vertrags mit der C***** GmbH bemängelt, legt er nicht dar, wodurch er selbst an der Vorlage dieser Vereinbarung, deren Existenz von ihm behauptet wird, bzw an einem begründeten Antrag auf Beischaffung dieses Vertrags gehindert war (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Mit dem Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) verkennt die Rüge das Wesen des solcherart nominell herangezogenen Nichtigkeitsgrundes. Dieser liegt nur dann vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467), was hier mit dem Vorbringen, der Beschwerdeführer habe die Vorlage der in Rede stehenden Urkunde nicht - wie im Urteil unterstellt - „angekündigt“, sondern bloß in den Raum gestellt, über diese zu verfügen, gar nicht behauptet wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96814

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0140OS00080.10M.0301.000

Im RIS seit

15.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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