Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen B*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs 1. der erblasserischen Mutter E***** und 2. des erblasserischen Bruders R*****, beide vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 13. Jänner 2011, GZ 1 R 400/10x-61, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 166 Abs 1 AußStrG dient das Inventar als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft, nämlich aller körperlichen Sachen und aller vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen und ihres Werts zum Zeitpunkt seines Todes. Schulden sind mit ihren ziffernmäßigen Rückständen samt Nebengebühren zum Todestag anzuführen, sofern dies ohne weitläufige Erhebungen und großen Zeitverlust möglich ist (§ 167 Abs 3 AußStrG).
2. Das Rekursgericht hat unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 8. 7. 2010, 2 Ob 3/10w, ausgesprochen, dass die vom Erblasser abgeschlossene und zur Besicherung eines zur Finanzierung des Wohnungsankaufs aufgenommenen Kredits verpfändete Lebensversicherung mit 200.051,29 EUR als Aktivum und die zum Todestag mit 207.418,94 EUR aushaftende Kreditverbindlichkeit in der Höhe von 200.051,29 EUR als Passivum in das Inventar aufzunehmen seien. Die Revisionsrekurswerber wenden sich ausschließlich gegen die Höhe der als Passivum in das Inventar aufgenommenen Kreditverbindlichkeit. Der Entscheidung 2 Ob 3/10w sei zwar ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde gelegen, doch habe der dortige Erblasser - wie hier - nicht solidarisch als Mitschuldner, sondern als alleiniger Darlehensnehmer gehaftet.
3. Der Umstand, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem völlig vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet noch nicht, dass die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt (RIS-Justiz RS0102181). Allein mit ihrem Hinweis, der Oberste Gerichtshof habe noch keinen gleichgelagerten Sachverhalt entschieden, sprechen die Revisionswerber noch keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung an.
4. Die Forderungen des Versicherungsnehmers „aus der Versicherung“ (§ 15 VersVG) können als Geldforderungen im Allgemeinen ohne weiteres abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden und sind daher als Kreditsicherungsmittel geeignet (7 Ob 304/99b = SZ 73/19). Sind die Ansprüche aus der Lebensversicherung als Tilgungsträger zur Besicherung einer Kreditforderung verpfändet, ist der Pfandgläubiger bis zur Höhe seiner Forderung zur Einziehung der Versicherungsleistung berechtigt (vgl RIS-Justiz RS0080565). Dem solidarisch mithaftenden Hauptschuldner kommt die Schuldtilgung zugute (RIS-Justiz RS0017345 [T1]). In der Anordnung des Rekursgerichts, die offene Kreditforderung in Anlehnung an die Entscheidung 2 Ob 3/10w bis zur Höhe der Versicherungsleistung als Passivum in das Inventar aufzunehmen, liegt daher jedenfalls in der hier vorliegenden Fallgestaltung keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende und korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist damit zurückzuweisen, ohne dass es noch einer weitergehenden Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Textnummer
E96679European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00025.11D.0308.000Im RIS seit
04.04.2011Zuletzt aktualisiert am
06.07.2011