TE OGH 2011/3/9 7Ob28/11k

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Veröffentlicht am 09.03.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** AG *****, vertreten durch Mag. Kurt Decker, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. E***** G*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der I***** Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. (20 S 92/07s des Landesgerichts Wels) und die Nebenintervenientin Z*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 965.542,65 EUR (sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Dezember 2010, GZ 4 R 160/10t-33, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die bei einer Sachversicherung bestehende Vermutung, dass es dem Versicherer regelmäßig gleichgültig ist, wessen Interessen versichert sein sollen, weshalb in einem solchen Fall die Versicherung als auf fremde Rechnung genommen anzusehen ist, falls der Wille des Versicherungsnehmers darauf gerichtet ist (RIS-Justiz RS0080806), gilt für eine Vermögensschadensversicherung (insbesondere - wie hier - einer Haftpflichtversicherung) nicht. Darauf hat schon das Erstgericht zutreffend hingewiesen. Insbesondere bei einer Haftpflichtversicherung liegt es auf der Hand, dass der Abschluss für fremde Rechnung nicht nur voraussetzt, dass die Absicht des Versicherungsnehmers auf eine solche Versicherung gerichtet war, sondern auch, dass der Versicherer diese Absicht (zumindest) aus den Umständen erkennen konnte (RIS-Justiz RS0080895). Hängt doch das versicherte Risiko bei einer Haftpflichtversicherung von der Person des Versicherten ab. Für das Risiko der Nebenintervenientin (und damit auch für die Höhe der Prämien) war es daher selbstverständlich nicht gleichgültig, ob die betriebliche Tätigkeit der GmbH als Versicherungsnehmerin oder (auch) jene der Beklagten versichert sein sollte. Ausdrücklich wurde im Versicherungsschein (Polizze) neben der GmbH als Versicherungsnehmerin auch „Ing. W***** G***** Einzelfirma“ als weiterer Versicherungsnehmer (bzw Versicherter) benannt. Da es ein Leichtes gewesen wäre, auch die Beklagte als Versicherte anzuführen, spricht die Vermutung zunächst nicht dafür, sondern dagegen, dass neben den Genannten auch die Beklagte Versicherter sein sollte.

Die Frage, ob - wie die Klägerin behauptet - entgegen dieser Vermutung eine Erstreckung der Betriebshaftpflichtversicherung auch auf die Beklagte konkludent vereinbart wurde, hängt von den Umständen des vorliegenden Einzelfalls ab und ist zufolge dieser Einzelfallbezogenheit nicht revisibel. Sowohl die Vertragsauslegung im Einzelfall als auch die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung stellen nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; RS0043253), es sei denn, es läge eine Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (7 Ob 58/07s, RIS-Justiz RS0042776 [T11] uva). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Das Berufungsgericht hat sich mit den für und gegen eine schlüssige Erstreckung des Versicherungsschutzes auch auf die unternehmerischen Tätigkeiten der Beklagten sprechenden Aspekten im Einzelnen auseinandergesetzt. Seine eine Erstreckung des Versicherungsschutzes auch auf die Beklagte verneinende Ansicht ist im Hinblick auf den strengen Maßstab des § 863 ABGB („kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln“) zumindest vertretbar. Zutreffend hat das Berufungsgericht insbesondere auch ausgeführt, dass der Einwand, ohne Einbeziehung der Tätigkeiten der Beklagten in das versicherte Risiko läge eine „zweckverfehlte Versicherung“ im Sinn des § 68 VersVG vor, unberechtigt ist.

Keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts kann auch darin gesehen werden, dass dieses, ausgehend vom Fehlen entsprechenden Tatsachenvorbringens der Klägerin in erster Instanz, deren Einwand einer Versicherung „für wen es angeht“ zufolge des Neuerungsverbots des § 482 ZPO für unbeachtlich erachtet hat.

Schließlich geht auch der im Rahmen der Rechtsrüge noch erhobene Einwand, gerade für die Betriebshaftpflichtversicherung sehe das VersVG mit § 151 eine großzügige Einbeziehung von Fremdinteressen in den Versicherungsvertrag vor, ins Leere. Die Revisionswerberin übersieht, dass die Beklagte nicht als Vertreterin der in der Polizze ausdrücklich als Versicherungsnehmer Bezeichneten (GmbH und Einzelfirma) angesehen werden kann.

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist das Berufungsgericht von den - zur Sachversicherung entwickelten - Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Versicherung für fremde Rechnung nach den §§ 74 ff VersVG nicht abgewichen und ist ihm, wie ausgeführt, auch keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen. Ein tauglicher Zulassungsgrund wird von der Klägerin auch sonst nicht aufgezeigt. Ihr außerordentliches Rechtsmittel ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Dies bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

Schlagworte

Vertragsversicherungsrecht

Textnummer

E96633

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00028.11K.0309.000

Im RIS seit

29.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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