Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Karl G*****, vertreten durch Dr. Josef M. Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen 15.329 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Oktober 2010, GZ 4 R 182/10m-22, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 21. Juni 2010, GZ 6 Cg 179/09y-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.567,58 EUR (darin enthalten 388,93 EUR USt und 1.234 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger schloss bei der Beklagten eine Unfallversicherung mit einer Versicherungssumme von 150.000 EUR ab, der die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung - AUVB 2001 zu Grunde liegen. Art 7 der AUVB 2001 lautet:
„1. Wann besteht ein Anspruch auf Leistung für Dauernde Invalidität?
Ergibt sich innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet, dass als Folge des Unfalles eine dauernde Invalidität zurückbleibt, wird - unbeschadet der Bestimmungen des Art 7, Punkt 5 - aus der hierfür versicherten Summe der dem Grade der Invalidität entsprechende Betrag gezahlt.
Ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität ist innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundes zu begründen.
...“
Am 2. 3. 2007 stürzte der Kläger beim Snowboarden, wobei er einen Bruch der rechten Speiche mit „Handgelenksbeteiligung“ erlitt. In der Folge füllte der Kläger eine „Unfall-Schadenmeldung“ seiner Versicherungsmaklerin aus, in welche den „ärztlichen Teil“ sein Hausarzt einfügte. Von diesem wurde als Diagnose „Fract. radii distalis dext.“ angeführt und die im Formular enthaltene Frage hinsichtlich einer auf Dauer verbleibenden Invalidität mit „ja“ angekreuzt, dies allerdings mit dem Zusatz „möglicherweise“. Diese Schadensmeldung wurde am 18. 4. 2007 von der Versicherungsmaklerin an die Beklagte weitergeleitet. Diese reagierte darauf mit Schreiben vom (richtig:) 4. 5. 2007, in dem es heißt:
„... Die Unterlagen zu Ihrem oben angeführten Unfall haben wir erhalten.
Ihre bei unserem Unternehmen bestehende Einzelunfallversicherung sieht für Sie Leistungen aus dem Titel dauernde Invalidität Unfall-Nachsorge vor.
Wir weisen darauf hin, dass ein Anspruch auf Leistung aus dem Titel der bleibenden Invalidität innerhalb von 15 Monaten, vom Unfalltage an gerechnet, geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes zu begründen ist. In diesem Fall setzen Sie sich bitte mit der (Beklagten) in Verbindung. ...“
Der Kläger war auch bei einer weiteren Versicherung unfallversichert. An diese erstattete er ebenfalls eine Schadensmeldung. Am 23. 6. 2008 informierte der Kläger einen Mitarbeiter dieser Versicherung von seinem Wunsch auf Erstellung eines ärztlichen Gutachtens. Der Versicherungsmitarbeiter wandte sich an die Beklagte und vereinbarte, dass von seinem Versicherungsunternehmen die Einholung eines Gutachtens beauftragt und eine Kopie desselben der Beklagten gegen halbe Kostenbeteiligung übermittelt wird. In der Folge erstattete ein Sachverständiger am 11. 9. 2008 ein unfallchirurgisches Gutachten. Danach resultiert als Unfallfolge eine in Verkürzung geheilte periphere Speichenfraktur mit zum Teil schmerzhafter Bewegungseinschränkung des Handgelenks und eine Einschränkung der Unterarmdrehung rechts. Eine Verbesserung des Zustands und der Beweglichkeit sei nicht zu erwarten. Beim Kläger sei eine Minderung des Armwerts vom vollen Armwert der rechten Hand im Sinn einer dauernden Invalidität im Ausmaß von 12 % gegeben.
Das ärztliche Gutachten wurde am 15. 9. 2008 an die Beklagte weitergeleitet. Diese teilte mit Schreiben vom 9. 10. 2008 der Versicherungsmaklerin des Klägers, welche mit Schreiben vom 26. 8. 2008 Ansprüche aus der Leistungsart dauernde Invalidität gestellt hatte, mit, dass die Ansprüche infolge nicht zeitgerechter Geltendmachung (15-Monatsfrist) abgelehnt würden. Mit E-Mail vom 21. 11. 2008 wies die Beklagte die Versicherungsmaklerin des Klägers darauf hin, dass die Anforderung einer Kopie des Gutachtens nicht bedeute, dass die Beklagte auch eine Leistung erbringe. Das Gutachten könne (auch) zwecks Prüfung einer Kulanzlösung verwendet werden. In der Folge lehnte die Beklagte eine solche Kulanzlösung allerdings ab.
Der Kläger begehrt von der Beklagten gestützt auf den Versicherungsvertrag und das Sachverständigengutachten 15.392 EUR sA. Er sei seiner „Vorlagepflicht“ bereits mit der Schadensmeldung samt Bestätigung seines Hausarztes nachgekommen. Aus dieser sei eindeutig der Hinweis auf Dauerfolgen zu entnehmen. Im Rahmen der Gutachterbestellung sei ihm von seiner anderen Unfallversicherung mitgeteilt worden, dass sich diese mit der Beklagten zwecks Abklärung in Verbindung setzen und der Gutachter von beiden Versicherungen bestellt werde. Die anteilige Übernahme der Gutachterkosten bestätige, dass die Gutachtenseinholung auch im Auftrag der Beklagten erfolgt sei. Die Berufung auf die Ausschlussfrist durch die Beklagte sei treuwidrig. Es könne von ihm als Versicherungsnehmer nicht verlangt werden, dass er einen Schaden wiederholt geltend machen müsse. Lege man das Sinnverständnis der Beklagten zu Grunde, widerspreche Art 7.1 AUVB 2001 dem KSchG und sei auch intransparent und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, die Ausschlussfrist des Art 7.1 AUVB 2001 sei vom Kläger nicht eingehalten worden. Die Bestimmung (15-Monatsfrist) sei für ihn nicht überraschend, weil er von ihr mit Schreiben vom 4. 5. 2007 auf diese ausdrücklich nochmals hingewiesen worden sei. Dass die Beklagte der weiteren Unfallversicherung für die Zurverfügungstellung des Gutachtens den halben Kostenanteil bezahlt habe, ändere nichts an den Versicherungsbedingungen. Der Kontakt zwischen ihr und der anderen Unfallversicherung sei erst nach Verstreichen der 15-Monatsfrist entstanden. Das Klagebegehren sei - der Höhe nach - auch unschlüssig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Rechtlich führte es aus, die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist sei treuwidrig. Aus der in der Schadensmeldung enthaltenen ärztlichen Bestätigung ergebe sich ein deutlicher Hinweis auf Dauerfolgen. Das Antwortschreiben der Beklagten vom 4. 5. 2007 erschöpfe sich lediglich in der Wiedergabe des zweiten Satzes des Art 7.1 AUVB 2001. Der Kläger habe seinen Anspruch innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an gerechnet geltend gemacht, sodass er Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität habe. Ausgehend von der Versicherungssumme von 150.000 EUR im Jahr 2002 errechne sich in Verbindung mit der vereinbarten Erhöhung von jährlich 4 % die im Jahr des Schadenereignisses (2007) maßgebliche Versicherungssumme von 182.497,94 EUR. Nach Art 7.2.1. AUVB 2001 sei aufgrund der Bewegungseinschränkung des Handgelenks und der Einschränkung der Armdrehung rechts ein Invaliditätsgrad von 70 % anzusetzen. Als Minderung des vollen Armwerts rechts sei als Endzustand eine dauernde Invalidität im Ausmaß von 12 % gegeben, sodass der zu Recht bestehende Anspruch 15.329,82 EUR (182.497,94 x 70 % x 12 %) betrage.
Das Berufungsgericht änderte über Berufung der Beklagten dieses Urteil mit der angefochtenen Entscheidung in eine gänzliche Klagsabweisung ab und erklärte nachträglich - über Zulassungsantrag des Klägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO - die ordentliche Revision für zulässig.
In der rechtlichen Beurteilung ging es auf die Rüge der Beklagten zu den „überschießenden Feststellungen“ betreffend die Berechnung der Höhe des Klagsanspruchs nicht ein. Nach Art 7.1 AUVB 2001 sei Voraussetzung für den Anspruch auf Leistungen für dauernde Invalidität einerseits, dass diese innerhalb eines Jahres vom Unfalltag an gerechnet feststeht, andererseits, dass der Anspruch auf Leistung innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend gemacht und unter Vorlage eines ärztlichen Befunds begründet werde. Bei der letztgenannten Frist handle es sich um eine Ausschlussfrist. Die 15-Monatsfrist beziehe sich auch auf die Vorlage des ärztlichen Befundberichts. Die Klausel diene dazu, dem Versicherer rechtzeitig Kenntnis von der eingetretenen Invalidität und seiner Leistungspflicht zu verschaffen. Nicht ausreichend für die Geltendmachung der Invalidität sei die bloße Anzeige einer Verletzung oder eine bloße Unfallschilderung, es sei denn, aus Anzeige oder Unfallschilderung ergebe sich bereits eindeutig, dass ärztlicherseits ein Dauerschaden festgestellt worden sei und deshalb Invaliditätsansprüche erhoben würden. Die ärztliche Anmerkung in der Unfallmeldung des Klägers stelle in keinem Fall einen medizinischen Befund dar, mit dem das Vorliegen einer dauernden Invalidität begründet werde. Da diese in Art 7.1 AUVB 2001 genannte Voraussetzung nicht erfüllt sei, könne dahingestellt bleiben, ob in der Unfallmeldung die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Titel der dauernden Invalidität erblickt werden könnte oder nicht. Der richtige Ansatz für die Kontrolle derartiger Risikoabgrenzungen durch Ausschlussfristen sei nicht in den Verjährungsvorschriften, sondern in der Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle zu suchen. Von der Wirksamkeit dieser Klausel sei auch nach ihrer „Inhaltskontrolle (§ 864a ABGB)“ auszugehen.
Die Beklagte habe auch nicht treuwidrig gehandelt. Sie sei ihrer Hinweispflicht auf die Klausel nachgekommen. Nach Ablauf der 15-Monatsfrist sei zwischen der Beklagten und der weiteren Unfallversicherung des Klägers vereinbart worden, dass Letztere das von ihr beauftragte Sachverständigengutachten der Beklagten gegen anteiligen Kostenersatz überlasse. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die weitere Unfallversicherung dem Kläger von der Abrede Mitteilung gemacht habe, sei damit kein Erklärungswert der Beklagten gegenüber dem Kläger verbunden. Konkludente Willenserklärungen könnten nur dann von Bedeutung sein, wenn vom (potentiellen) Empfänger davon ausgegangen werden konnte, dass der Erklärende ihm gegenüber eine Erklärung abgeben habe wollen. Diese Voraussetzung sei bei der internen Vereinbarung zwischen der weiteren Unfallversicherung und der Beklagten nicht gegeben, selbst wenn der Kläger davon Kenntnis erlangt haben sollte.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil vom Berufungsgericht eine nähere Prüfung der strittigen Klausel im Hinblick auf die Inhalts- (§ 879 Abs 3 ABGB) und Transparenzkontrolle (§ 6 Abs 3 KSchG) unterlassen worden sei und die Berechtigung des Klagebegehrens „zumindest“ nicht ausgeschlossen werden könne.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Art 7.1 zweiter Satz AUVB 2001 und wortgleiche oder ganz vergleichbare Klauseln waren bereits Gegenstand zahlreicher oberstgerichtlicher Entscheidungen. Zur 15-Monatsfrist wird in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei um eine Ausschlussfrist handelt, bei deren - auch unverschuldeter - Versäumung der Entschädigungsanspruch des Unfallversicherten erlischt (7 Ob 156/06a mwN). Die Zweckrichtung der Regelung liegt in der Herstellung von möglichst rascher Rechtssicherheit und Rechtsfrieden. Es soll der später in Anspruch genommene Versicherer vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufs geschützt und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeigeführt werden. Die durch Setzung einer Ausschlussfrist vorgenommene Risikobegrenzung soll damit im Versicherungsrecht (in aller Regel) eine Ab- und Ausgrenzung schwer aufklärbarer und unübersehbarer (Spät-)Schäden bezwecken (7 Ob 63/07a mwN). Der richtige Ansatz für die Kontrolle von Risikoabgrenzungen durch Ausschlussfristen liegt in der Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle (7 Ob 156/06a, 7 Ob 63/07a jeweils mwN).
Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die ärztliche Anmerkung in der Unfallmeldung des Klägers sei kein medizinischer Befund, mit dem das Vorliegen einer dauernden Invalidität begründet werde, und seine Zweifel, ob in der Unfallmeldung die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Titel der dauernden Invalidität erblickt werden könnten oder nicht, kann nach den getroffenen Feststellungen nicht geteilt werden:
Innerhalb der 15-Monatsfrist hat der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität nicht nur geltend zu machen, sondern auch „unter Vorlage eines ärztlichen Befundes“ zu begründen (Art 7.1 zweiter Satz AUVB 2001). In der Schadensmeldung des Klägers, die von seiner Versicherungsmaklerin am 18. 4. 2007 an die Beklagte weitergeleitet wurde, sind sowohl der Unfallhergang als auch die Verletzungen und Unfallfolgen vermerkt. Der vom Hausarzt des Klägers eingefügte „ärztliche Teil“ enthält einerseits die medizinische Diagnose und andererseits wird eine auf Dauer verbleibende Invalidität mit dem Zusatz „möglicherweise“ bejaht. Bei verständiger Würdigung dieser der Beklagten fristgerecht zugegangenen Schadensmeldung hat der Kläger entsprechend Art 7.1 zweiter Satz AUVB 2001 seinen Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität geltend gemacht und diesen auch unter Vorlage eines ärztlichen Befunds begründet (vgl 7 Ob 15/88, VersE 1387). Anders als der Sachverhalt, der den Entscheidungen 7 Ob 2167/96v und 7 Ob 11/89 (VersE 1429) zu Grunde liegt, hat hier der Kläger die Voraussetzungen des Art 7.1 zweiter Satz AUVB 2001 erfüllt.
Was unter einem „ärztlichen Befund“ zu verstehen ist, kann den AUVB nicht eindeutig entnommen werden. Der Begriff ist aber wohl so zu verstehen, dass dem Versicherer die ärztlich begründete Wahrscheinlichkeit einer dauernden Invalidität mitgeteilt wird (7 Ob 2362/96w; vgl 7 Ob 52/87, VersR 1989, 419 = VersE 1361). Die genannte Bestimmung der AUVB 2001 hat den Zweck, den Versicherer möglichst rasch mit jenen Ansprüchen zu konfrontieren, mit deren Befriedigung er rechnen muss. Wird ihm daher in einem ärztlichen Bericht mitgeteilt, dass eine bleibende Invalidität mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, so kann er die notwendige Vorsorge treffen. Er wird dann nicht zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem ihm weitere Untersuchungen nicht mehr möglich sind, mit entsprechenden Forderungen überrascht werden (vgl 7 Ob 52/87, VersR 1989, 419 = VersE 1361). Eine solche ärztlich begründete Wahrscheinlichkeit einer dauernden Invalidität wurde der Beklagten in der Schadensmeldung mitgeteilt, in der vom Arzt des Klägers die auf Dauer verbleibende Invalidität mit „ja, möglicherweise“ bestätigt wird.
Der Versicherer ist für das Vorliegen des Ausschlusstatbestands beweispflichtig (7 Ob 2362/96w). Dieser Beweis ist der Beklagten aber nicht gelungen. Mangels feststehender objektiver Versäumung der Ausschlussfrist kommt es weder auf ein allfälliges treuwidriges Verhalten der Beklagten an, noch stellt sich die Frage der Inhalts- und der Transparenzkontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG.
Im Hinblick auf die Abänderung des zweitinstanzlichen Urteils ist auf den inhaltlich der Rechtsrüge zugehörigen Einwand der Beklagten in ihrer Berufung, das Erstgericht habe „überschießende Feststellungen“ zur Berechnung der Höhe des Klagsanspruchs getroffen, einzugehen, den das Berufungsgericht nicht behandelt hat. Werden (unzulässige) überschießende Feststellungen einer Entscheidung zu Grunde gelegt, so wird damit die Sache rechtlich unrichtig beurteilt (vgl 7 Ob 233/07a mwN; RIS-Justiz RS0036933 [T12]; RS0037972 [T11]; RS0040318 [T2]). Die Berechnung des Erstgerichts zur Höhe der Klagsforderung, die von der Beklagten inhaltlich nicht bestritten wird, findet aber im Prozessvorbringen des Klägers im konkreten Fall noch Deckung. Er hat sich zur Höhe der Klagsforderung und damit zur Berechnung der Invaliditätsentschädigung auf die Bedingungen des Versicherungsvertrags, das unstrittige unfallchirurgische Gutachten und die 12%ige „Funktionseinschränkung“ (im Sinn der dauernden Invalidität in diesem Ausmaß) berufen. Ausgehend davon konnte das Erstgericht die dem Kläger zustehende Invaliditätsentschädigung berechnen. „Überschießende Feststellungen“ der ersten Instanz - tatsächliche Feststellungen, die an sich nicht durch ein entsprechendes Prozessvorbringen gedeckt sind - liegen daher nicht vor.
Auch die Berufung der Beklagten im Kostenpunkt, in der sie sich - nach vorangegangenen Einwendungen gemäß § 54 Abs 1a ZPO - gegen die Entlohnung des Schriftsatzes des Klägers vom 2. 2. 2010 (ON 7) ausspricht, ist nicht berechtigt. Die Beklagte zeigt abgesehen von der Anzahl der eingebrachten vorbereitenden Schriftsätze nicht konkret auf, dass dieser Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient hätte.
Der Revision des Klägers ist daher stattzugeben und das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Schlagworte
9 Vertragsversicherungsrecht,Textnummer
E96764European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0070OB00009.11S.0309.000Im RIS seit
11.04.2011Zuletzt aktualisiert am
25.02.2013