Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. A***** T*****, vertreten durch Ing. MMag. Dr. Gerhard Benda, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. P***** G*****, 2. E***** M*****, beide *****, vertreten durch Ing. Dr. Stefan Krall und Dr. Oliver Kühnl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. Jänner 2011, GZ 2 R 4/11x-34, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Eine mangelhafte oder unzureichende Beweiswürdigung und ein bereits vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz können im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Mängelrüge oder der Beweisrüge überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (RIS-Justiz RS0043144). Es ist nicht verpflichtet, auf die einzelnen Zeugenaussagen einzugehen, wenn es gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts keine Bedenken hegt. Es muss sich auch nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis und mit jedem Argument des Berufungswerbers auseinandersetzen (RIS-Justiz RS0043371 [T18]). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS-Justiz RS0043150). Alldem genügt das Berufungsgericht mit seinen Ausführungen zur Mängel- und zur Beweisrüge der Berufung des Klägers. Im Übrigen ist es unzutreffend, dass das Erstgericht nicht festgestellt hätte, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufoptionsvertrags der Antrag auf Eröffnung des Konkurses gegen die beklagten Parteien bereits eingebracht worden war (S 18 unten und S 21 zweiter Absatz der Urteilsausfertigung).
List ist die bewusste Täuschung und immer dann anzunehmen, wenn der Vertragspartner durch vorsätzliche Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen in Irrtum geführt oder in seinem Irrtum belassen oder sogar bestärkt und hierdurch zum Abschluss des angestrebten Vertrags veranlasst wurde (RIS-Justiz RS0014805; RS0014829). Für die Beurteilung der listigen Irreführung spielt es keine Rolle, ob die Nachteile tatsächlich eingetreten sind, denen sich der irregeführte Vertragspartner mit dem Abschluss des Vertrags ausgesetzt hat. Maßgebend ist allein, dass der listig irregeführte Vertragspartner den Vertrag nicht geschlossen hätte, hätte er den wahren Sachverhalt gekannt (RIS-Justiz RS0115485). Niemand soll in seinem Entschluss, ein Rechtsgeschäft überhaupt oder doch mit einem bestimmten Inhalt vorzunehmen, durch eine mittels Vorspiegelung falscher oder Verschweigung unwahrer Tatsachen von seinem Geschäftspartner gewollte Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums bewusst mit dem Ziel beeinträchtigt werden, dass dadurch sein rechtsgeschäftlicher Wille beeinflusst wird oder doch beeinflusst werden könnte (RIS-Justiz RS0014789). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des § 870 ABGB erfüllt sind, kommt es maßgeblich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0014829 [T4]).
Die Auffassung des Berufungsgerichts, das die Vortäuschung von Kontakten zu Führungskräften der kreditgebenden Sparkasse und daher der Möglichkeit der schnellen Einigung, der raschen Zahlung eines Abfindungsbetrags sowie der Möglichkeit des Aushandelns einer für die beklagten Parteien günstigen Einigung, stelle Arglist iSd § 870 ABGB dar, ist jedenfalls vertretbar und keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Festgestellt ist, dass die beklagten Parteien vom Abschluss des Kaufoptionsvertrags Abstand genommen hätten, wären sie nicht arglistig vom Kläger getäuscht worden.
Textnummer
E96723European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0060OB00042.11M.0316.000Im RIS seit
06.04.2011Zuletzt aktualisiert am
06.04.2011