Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Resch als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael M***** wegen des Verbrechens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5, Z 7 StGB, AZ 5 Hv 16/09h des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 24. April 2009, GZ 5 Hv 16/09h-24, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Holzleithner, und der Verteidigerin Dr. Scheimpflug zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 24. April 2009, GZ 5 Hv 16/09h-24, verletzt in seinem Punkt I./ - soweit damit auch die bedingte Entlassung aus dem Vollzug des nicht bedingt nachgesehenen Teils der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. Jänner 2008, GZ 24 Hv 175/07b-61, verhängten Freiheitsstrafe widerrufen wurde - § 53 Abs 1 zweiter Satz StGB.
Der Beschluss wird aufgehoben und vom Widerruf der bedingten Entlassung - allerdings nur soweit davon die zu AZ 24 Hv 175/07b des Landesgerichts für Strafsachen Graz verhängte Freiheitsstrafe betroffen ist - abgesehen.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. Jänner 2008, GZ 24 Hv 175/07b-61, wurde Michael M***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde der Vollzug eines Teils dieser Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Weiters wurde Bewährungshilfe angeordnet und eine Weisung erteilt.
Mit weiterem, gleichfalls rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 12. Februar 2008, GZ 5 Hv 183/07i-131, wurde Michael M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 erster Fall und 15 StGB sowie der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das vorgenannte Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. Jänner 2008, GZ 24 Hv 175/07b-61, zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt.
Zufolge Beschlusses des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 29. April 2008, GZ 3 BE 135/08p-7, wurde der genannte Verurteilte - nach Verbüßung von 8 Monaten und 10 Tagen - am 17. Mai 2008 aus dem Vollzug der Freiheitsstrafen zu AZ 24 Hv 175/07b (unbedingter Strafteil von zehn Monaten) und AZ 5 Hv 183/07i (Freiheitsstrafe von einem Monat), je des Landesgerichts für Strafsachen Graz, bedingt entlassen und die Probezeit mit drei Jahren bestimmt; unter einem wurde für den Entlassenen die Bewährungshilfe angeordnet.
Schließlich wurde Michael M***** mit - in gekürzter Form ausgefertigtem - Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 24. April 2009, GZ 5 Hv 16/09h-24, des - in der Nacht zum 30. Dezember 2008 begangenen - Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5, Z 7 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Zugleich wurde der Beschluss (Punkt I./; s ON 24 S 3) gefasst, gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die dem Genannten mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht vom 29. April 2008 zu AZ 3 BE 135/08p gewährte bedingte Entlassung zu widerrufen; vom Widerruf der zu GZ 24 Hv 175/07b-61 des Landesgerichts für Strafsachen Graz hinsichtlich eines Teils der verhängten Freiheitsstrafe (im Ausmaß von 20 Monaten) gewährten bedingten Nachsicht wurde jedoch unter gleichzeitiger Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre abgesehen (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO; Punkt II./ des Beschlusses, s ON 24 S 3). Das Urteil und der Beschluss erwuchsen in Rechtskraft.
Die auf den Widerruf bezogene Strafvollzugsanordnung (ON 29 in 5 Hv 16/09h des Landesgerichts für Strafsachen Graz) wurde kurz nach deren Erlassung widerrufen (ON 33).
Rechtliche Beurteilung
Punkt I./ des mit dem Urteil verkündeten Beschlusses des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 24. April 2009, GZ 5 Hv 16/09h-24, steht (soweit damit auch die bedingte Entlassung aus dem Vollzug des gemäß § 43a Abs 3 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teils der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. Jänner 2008, GZ 24 Hv 175/07b-61, verhängten Freiheitsstrafe widerrufen wurde) - wie die Generalprokuratur gemäß § 23 Abs 1 StPO zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß dem durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2008, BGBl I 2007/109, eingefügten zweiten Satz des § 53 Abs 1 StGB dürfen die bedingte Nachsicht eines Teils einer Freiheitsstrafe und die bedingte Entlassung aus dem nicht bedingt nachgesehenen Strafteil nur gemeinsam widerrufen werden. Ein Widerruf der bedingten Entlassung aus dem gemäß § 43a Abs 3 oder 4 StGB nicht bedingt nachgesehenen Teil einer Freiheitsstrafe ist daher unzulässig, wenn zugleich - wie hier - in Ansehung des bedingt nachgesehenen Teils der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 28. Jänner 2008, GZ 24 Hv 175/07b-61, verhängten Strafe vom Widerruf abgesehen wird (RIS-Justiz RS0125448; 15 Os 74/10m).
Da sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten auswirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 292 letzter Satz StPO veranlasst, Punkt I./ des genannten Beschlusses vom 24. April 2009 aufzuheben und gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO vom Widerruf der Michael M***** mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 29. April 2008, GZ 3 BE 135/08p-7, gewährten bedingten Entlassung - allerdings nur soweit davon die zu AZ 24 Hv 175/07b des Landesgerichts für Strafsachen Graz verhängte Freiheitsstrafe betroffen ist - abzusehen. Über die noch nicht vollzogene (vgl neuerlich 15 Os 74/10m) einmonatige Freiheitsstrafe aus dem Verfahren AZ 5 Hv 183/07i des Landesgerichts für Strafsachen Graz wird - unter Berücksichtigung der zwischenweiligen Entwicklungen (§ 53 Abs 1 Satz 1 StGB) - das Landesgericht für Strafsachen Graz als Vollzugsgericht zu AZ 23 BE 135/08p zu entscheiden haben (§§ 16 Abs 2 Z 12, 17 Abs 3, 179 Abs 2, 180 Abs 1 StVG iVm §§ 494a, 495 Abs 1 StPO; vgl auch 13 Os 46/03, EvBl 2003/181, 851 = SSt 2003/42 sowie 11 Os 76/09z ua [RIS-Justiz RS0125585] und Jerabek, WK-StPO § 495 Rz 1).
Schlagworte
StrafrechtTextnummer
E96975European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00023.11H.0317.000Im RIS seit
04.05.2011Zuletzt aktualisiert am
04.05.2011