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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, in der Beschwerdesache des F in K, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Kirchgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. Juli 1998, Zl. 1998/11/132-1, wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen ein Straferkenntnis wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluss ablehnen, wenn weder eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, noch die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der angefochtene Bescheid von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem Beschwerdeführer am 13. Jänner 1998 zugestellten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel war er als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a i.V.m. § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) wegen unerlaubter Beschäftigung von Ausländern in zwei Fällen für schuldig erkannt und über ihn Geldstrafen von je S 10.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von je fünf Tagen verhängt und ihm Verfahrenskosten von je S 1.000,-- auferlegt worden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 3. Juli 1998 wurde seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 28. April 1998 gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das angeführte Straferkenntnis keine Folge gegeben. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, der Beschwerdeführer habe sich eines Boten bedient, der das Straferkenntnis den Rechtsvertretern seiner Ges.m.b.H. zwecks Erstattung einer Berufung hätte überbringen sollen. Der Bote habe den Auftrag versäumt, und der Beschwerdeführer habe es an der ausreichenden Wahrnehmung seiner Pflicht zur Überwachung des Boten fehlen lassen.
In der gegen diesen Bescheid am 17. Dezember 1998 zur Post gegebenen Beschwerde wird zu deren Rechtzeitigkeit ausgeführt, der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe durch eine Zahlungserinnerung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel veranlasst am 5. November 1998 Akteneinsicht genommen und bei dieser Gelegenheit eine Kopie des angefochtenen Bescheides angefertigt. Zwar befinde sich im Akt ein Rückschein, auf dem eine mit 15. Juli 1998 datierte, mit dem Namen "Seidl H." unterfertigte, für den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erteilte Übernahmebestätigung aufscheine; in der Kanzlei der Vertreter des Beschwerdeführers sei jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Person mit diesem Namen beschäftigt gewesen. Der Mangel der Zustellung des angefochtenen Bescheides sei daher erst durch die Kenntnisnahme durch den Rechtsvertreter anlässlich der Akteneinsicht geheilt worden, und die Beschwerde rechtzeitig.
Die belangte Behörde meint, die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei bereits am 15. Juli 1998 erfolgt, weshalb die Beschwerde verspätet sei.
Ob eine wirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides bereits am 15. Juli 1998 erfolgte und die Beschwerde daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen wäre, braucht der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, weil die Voraussetzungen für die Ablehnung ihrer Behandlung gegeben sind.
Gemäß § 33a VwGG darf der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde auch gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache dann ablehnen, wenn der verfahrensrechtliche Bescheid nicht zur Möglichkeit der Verhängung einer gravierenderen Strafe als einer geringfügigen Geldstrafe im Sinn des § 33a VwGG führt. Zum Einen schließt nämlich der Begriff "Verwaltungsstrafsache" auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 25. Februar 1985, Slg. N. F. Nr. 11.682/A, und vom 24. Februar 1993, Zl. 93/02/0016), zum Anderen ist dem Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Art. 131 Abs. 3 B-VG die Befugnis zur Ablehnung der Behandlung von Beschwerden gegen Bescheide in Verwaltungsstrafsachen nur dann eingeräumt, wenn es um eine geringfügige Geldstrafe im Sinne dieser Bestimmung geht.
Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall erfüllt, weil gegen den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen von jeweils nicht mehr als S 10.000,-- verhängt worden sind und die Verhängung einer höheren Strafe in diesem Verfahren nicht mehr möglich ist. Dass dabei für die - bloß geringfügigen - Geldstrafen im Grunde des § 16 VStG auch Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden, hindert die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde deswegen nicht, weil der Begriff der "geringen Geldstrafe" in Art. 131 Abs. 3 B-VG die bei der Verhängung jeder Geldstrafe gemäß § 16 VStG festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe miteinschließt (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0144, und vom 22. April 1997, Zl. 94/11/0049). Auch der Umstand, dass die beiden Geldstrafen zusammengenommen eine höhere Strafsumme als jene einer bloß geringfügigen Geldstrafe ergäben, steht der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde nicht im Wege, weil der Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass das AuslBG in § 28 Abs. 1 für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer eine eigene Strafdrohung aufstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 94/09/0321), wegen zweier, selbstständig zu behandelnder Straftaten bestraft wurde.
Zwar meint die belangte Behörde zu Unrecht, der Beschwerdeführer habe sich eines Boten zwecks Überbringung zur Erstattung einer Berufung bedient, und seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei deswegen zu Recht nicht stattgegeben worden, weil er den Boten nicht ausreichend überwacht hätte. Die im Beschwerdefall erfolgte Aushändigung des Straferkenntnisses an eine dritte Person zwecks Beauftragung eines - nicht näher bestimmten - Rechtsanwalts mit der Erhebung des notwendigen Rechtsmittels schließt es aus, den Dritten als bloßen Boten zu qualifizieren, vielmehr ist ein Bevollmächtigungsvertrag zu Stande gekommen, in welchem Fall das Verschulden des Machthabers dem Vertretenen zuzurechnen ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Wien 1998, zu § 71 AVG unter E 92 dargestellte hg.
Rechtsprechung). Weshalb dem mit der Veranlassung der Erhebung der Berufung Beauftragten im vorliegenden Fall aber gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe, wurde im vorliegenden Fall nicht glaubhaft gemacht, daher war die Nichtstattgebung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis gesetzmäßig und auch im Einklang mit der hg. Rechtsprechung (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., zu § 71 unter E 298 ff dargestellte hg. Rechtsprechung).
Der vorliegende Beschwerdefall wirft sohin keine Rechtsfragen auf, denen im Sinne des § 33a VwGG grundsätzliche Bedeutung zukäme; der angefochtene Bescheid weicht nicht von einer bestehenden und nicht uneinheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, auch sonst wird keine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen.
Für die Ausübung des dem Verwaltungsgerichtshof im Grund des Art. 131 Abs. 3 B-VG eingeräumten Ermessens, die Behandlung der Beschwerde abzulehnen, war einerseits die offensichtlich fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde maßgeblich, anderseits - angesichts der bestehenden Überlastung des Verwaltungsgerichtshofes - die Zielsetzung der Aufrechterhaltung einer so weit wie möglich effektiven Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Für den Fall der Ablehnung ist eine Regelung über einen Kostenzuspruch im Gesetz nicht vorgesehen, sodass gemäß § 58 Abs. 1 VwGG jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat.
Wien, am 21. Februar 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1998090355.X00Im RIS seit
26.04.2001