TE OGH 2011/3/22 8Ob22/11k

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Veröffentlicht am 22.03.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** K*****, geboren am *****, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Karl Schirl, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Krugerstraße 17/3, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der M***** K***** (***** des Bezirksgerichts Klosterneuburg), wegen Herausgabe (Streitwert 18.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 2. November 2010, GZ 21 R 295/10w-28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 24. Juni 2010, GZ 4 C 114/09h-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 17. 12. 2008 wurde über das Vermögen der Tochter der Klägerin zu ***** das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Im Rahmen des Konkursverfahrens wurde das der Klage zugrunde liegende Fahrzeug Pkw Mini Cooper S Cabrio, Baujahr 2008, das im Exekutionsverfahren zu ***** des Bezirksgerichts Klosterneuburg am 27. 10. 2008 zugunsten einer anderen Gläubigerin gepfändet worden war, dem Beklagten übergeben. Der Pkw wurde am 18. 4. 2008 als Neufahrzeug bei einem Fahrzeughändler angekauft. Das Fahrzeug wurde von der Schuldnerin ausgesucht, die dieses auch begutachtete und darin Probe saß. Die Gespräche über die Bezahlung des Fahrzeugs wurden von einem Bekannten der Schuldnerin geführt. Diese erkundigte sich beim Vertreter des Fahrzeughändlers, ob es ein Problem darstelle, dass der Kaufvertrag auf ihre Mutter ausgestellt werde. Das Fahrzeug wurde von der Schuldnerin verwendet, die darüber auch verfügungsbefugt war. Die Geldmittel zur Anschaffung des Fahrzeugs stammten nicht aus dem Vermögen der Klägerin.

Die Klägerin begehrte die Herausgabe des Fahrzeugs, zumal sie dieses erworben und auch bezahlt habe. Das Fahrzeug sei zudem auf ihren Namen angemeldet und versichert worden. Der Beklagte habe dieses zu Unrecht in die Konkursmasse vereinnahmt.

Der Beklagte entgegnete, dass das Fahrzeug dem Vermögen der Schuldnerin zuzuordnen sei. Dieses werde von der Schuldnerin verwendet, von der das Geld für den Ankauf stamme und auch die Betriebsmittel finanziert würden. Die Klägerin sei lediglich „offiziell“ als Käuferin aufgetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin habe zu keiner Zeit ein Rechtsgeschäft über das Fahrzeug abschließen wollen, weshalb eine Willenseinigung mit dieser nicht vorliege. Die Schuldnerin habe den Pkw auch nicht als Vertreterin ihrer Mutter übernommen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Schuldnerin sei beim Ankauf des Fahrzeugs nicht von der Klägerin bevollmächtigt gewesen. Zudem habe diese die Offenlegung einer Bevollmächtigung unterlassen. Der Name der Klägerin sei in den Kaufvertrag lediglich zum Schein eingesetzt worden. Über Antrag der Klägerin nach § 508 ZPO sprach das Berufungsgericht nachträglich aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts wendet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in der Weise abzuändern, dass der Klage zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, der Revision den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Das Erstgericht hat den Zweck und die Hintergründe des Ankaufs des Fahrzeugs sowie die Erklärungen und Begleitumstände anlässlich des Abschlusses des Kaufvertrags in klarer und umfassender Weise festgestellt. Die Frage, ob eine ordnungsgemäße bzw ausreichende Offenlegung einer (allfälligen) Vertretungsmacht stattgefunden hat, betrifft die rechtliche Beurteilung.

Mit ihren Ausführungen zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie zum Vorliegen eines sekundären Feststellungsmangels vermag die Klägerin keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

2.1 Eine wirksame Stellvertretung setzt neben dem Handeln des (geschäftsfähigen) Stellvertreters im Namen des Vertretenen das Vorliegen von Vertretungsmacht voraus, die hinreichend offen gelegt werden muss. Vollmachtsloses Handeln im fremden Namen führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts (vgl RIS-Justiz RS0105992; RS0019586).

Nach ständiger Rechtsprechung muss derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines Anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen (RIS-Justiz RS0019427). Legt der Vertreter daher nicht offen, dass er im Namen eines Anderen handeln will, so kommt das Geschäft im Zweifel im eigenen Namen zustande (RIS-Justiz RS0019540). Im Hinblick auf diesen Offenlegungsgrundsatz bedarf es in jedem Einzelfall, in dem ein ausdrückliches Handeln im fremden Namen nicht vorliegt, sorgfältiger Prüfung, wie der Dritte von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen das Auftreten des Handelnden verstehen musste (RIS-Justiz RS0019516; RS0019500). Für den Geschäftspartner muss das Handeln im fremden Namen nach der Verkehrssitte ohne weiteres oder zumindest aus den besonderen Umständen eindeutig erkennbar sein (RIS-Justiz RS0014156).

2.2 Die Vorinstanzen sind von diesen Grundsätzen nicht abgewichen. Ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalls auch eine andere Lösung der Frage, ob ein Rechtssubjekt im eigenen oder fremden Namen gehandelt hat, vertretbar wäre, bildet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0108494).

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung keineswegs nur darauf gestützt, dass die Schuldnerin der Offenlegung des Vorliegens einer allfälligen Bevollmächtigung durch die Klägerin nicht nachgekommen sei. Vielmehr hat es schon das Vorliegen einer Bevollmächtigung durch die Klägerin verneint und dazu ausgeführt, dass der Name der Klägerin im Kaufvertrag lediglich zum Schein eingesetzt worden sei. Diese Beurteilung ist ebenso wenig korrekturbedürftig wie die Schlussfolgerung, dass auch keine ordnungsgemäße Offenlegung einer Vertretungsmacht erfolgt sei.

Der Vertreter des Fahrzeughändlers musste aufgrund des Verhaltens der Schuldnerin anlässlich des Fahrzeugkaufs bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgehen, dass das Fahrzeug für sie selbst bestimmt ist und von ihr gekauft wird. Nach dem Erkenntnishorizont eines redlichen Erklärungsempfängers war die Frage der Schuldnerin, ob es ein Problem darstelle, dass der Kaufvertrag nicht auf sie, sondern auf die Mutter ausgestellt werde, ein eindeutiger Hinweis auf eine Scheinerklärung dahin, dass der Kaufvertrag lediglich pro forma auf den Namen der Klägerin ausgestellt werden sollte. Der Umstand, das ein Lichtbildausweis der Klägerin vorgelegt werden musste, vermag an diesem Erklärungsinhalt nichts zu ändern. Die geforderte Urkundenvorlage diente dem Fahrzeughändler als Instrumentarium dafür, den Kundenwünschen zu entsprechen, auch wenn es sich dabei um Scheinerklärungen handelte. Seitens der Klägerin hat somit weder ein Geschäftswille zum Ankauf des in Rede stehenden Fahrzeugs noch eine Bevollmächtigung ihrer Tochter bestanden.

2.3 Entgegen den Ausführungen in der Revision wurde der Kaufvertrag nicht im Namen der Klägerin abgeschlossen und fungierte die Schuldnerin beim Kauf und bei der Übernahme des Fahrzeugs nicht als rechtsgeschäftliche Vertreterin ihrer Mutter.

Abgesehen vom mangelnden Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren bleibt auch für die behauptete nachträgliche Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch die Klägerin kein Raum, zumal eine solche Genehmigung eine (Schein-)Vertretung im Namen der Klägerin voraussetzen würde.

3. Insgesamt gelingt es der Klägerin nicht, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in seiner Revisionsbeantwortung nicht hingewiesen.

Textnummer

E96937

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0080OB00022.11K.0322.000

Im RIS seit

26.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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